Hallo zusammen, ich bin neu hier herempfohlen worden und dachte mir, dass meine Beobachtungsberichte hier gut aufgehoben sind.
Ich heisse Henning, komme auch Nordbrandenburg und bin 35 Jahre alt.
Hier kommt der erste Bericht:
17.-18. Mai, 22:30-03:30 Uhr
8" Dobson, 10x43 Fernglas
Was für eine Nacht!
Nachdem ich einem Freund abends noch mal eben ein paar Objekte im Fernglas gezeigt hatte und darüber locker eine Stunde verstrichen war, machte ich mich gut vorbereitet in den Garten auf, denn die Nacht versprach gut zu werden.
Hatten wir Jupiter und seine Monde noch unter der Strassenbeleuchtung beobachtet und spätestens bei h&chi Persei im noch hellen Osten das Ende der Fernglaskapazitäten erreicht, sollte es nun, kurz vor Mitternacht, so richtig los gehen.
Komet C/2015 V2 Johnsen wartete nochmal im Bootes auf mich und obwohl es dann auch irgendwann etwas an Reiz verliert, schaute ich ihn mir ein weiteres Mal an, denn bald ist er ja nicht mehr da. Diesmal sah ich definitiv, aber indirekt zwei Schweife, etwa rechtwinklig geöffnet.
Angestachelt von meiner gesehenen, aber nicht sicher bestimmten Edge-on-Galaxie im Sternbild Jungfrau hatte ich mich für diese Region vorbereitet, fand auch die Galaxie wieder, nur bestimmen konnte ich sie immer noch nicht. So richtig passte die Umgebung nicht zu den Kandidaten in meinen Karten.
Na, die wird ja mir ja noch ein paar Jahrzehnte zur Verfügung stehen. Nach einigem Rumgejage gab ich die Virgoregion erstmal auf, bis auf weiteres.
Epsilon Lyrae wartete darauf, nochmal angefahren zu werden und das wurde er (wurden sie) dann auch, wobei ich bemerkte, dass das Seeing doch nicht so ganz perfekt war, obwohl ich mich beim Blick zur Milchstrasse am liebsten am Beckenrand festgehalten hätte, wie damals beim Schwimmkurs.
Dennoch stürzte ich mich die Tiefe verachtend zu Albireo, heute nur ungewürdigt hastig gesucht als Wegmarke zu M56, einem Kugelsternhaufen, den ich noch nicht hatte.
Hab ich jetzt.
Da schwante es mir, hier gab es noch eine offene Rechnung. Ich schubste runter zum Pfeil, kurzer Schwenk, ob ich richtig war, und vorsichtig gings von gamma Sagitta zurück Richtung Albireo, mit leichtem Linksdrall. Und da war er, endlich, zum ersten Mal wie hatte ich den nur übersehen könnnen:
Der Hantelnebel, ein fettes, graues Teil, soviel präsenter als der Ringnebel in der Leier. Da saß er also, wie ein abgegessener Apfel, und ich äugte um ihn herum, bis ich der Meinung war, dass es reicht.
Gegen mittlerweile 02:10 Uhr fand ich M71 im Pfeil, der Kugelsternhaufen erschien mir eher wie ein Dreieck, weshalb ich zunächst nicht sicher war, ob er es ist. Ist er aber.
M29 versucht, aber in der Ecke waren einfach zu viele Sterne, ich denke, ich habe ihn gesehen, dennoch, klar bestimmen konnte ich ihn nicht.
Ich muss dann kurz vom Teleskop aufgeschaut haben, als mir im Augenwinkel etwas sehr helles erschien. Das musste die ISS sein, klarer Fall. Bekloppt, wie man ist, riss ich das Teleskop herum und knallte mir den Sucher vor die Brille. Fand die ISS, die letze Sicherung flog mir raus und ich schaute durchs Okular, bei ca. 50x, leider ja ohne Graufilter. Unglaublich, ich kriegte sie zu packen und schlenkerte ihr hastig hinterher, wild fokussierend, rein ins Blickfeld, wieder raus, unscharf, scharf, verloren, Sucher, zack, nix, wieder Sucher, dann Okular, nochmal eingefangen, wieder verloren. So fünfmal deke ich, konnte ich sie mit Unterbrechungen im Okular halten, und obwohl überblendet, meine ich Strukturen erkannt zu haben. Mir bot sich ein relativ rundes Bild, ja, ich meine die ISS, links und rechts begrenzt durch blendend helle Punkte und in der Mitte eben etwas kreuzförmiges, vielleicht auch eine H-Form. Besser gings nicht. Ich endete mit einem Bein in der Luft, den Stuhl auf Kipp balancierend, mit meiner einäugigen Velours-Skibrille im Gesicht, als die ISS errötend am Horizont verschwand. Vielleicht habe ich irgendwas mit Filter geschrien oder es war ein lauter Wunschgedanke, jedenfalls konnte ich den Gedanken daran, von Deep Sky zur spontanen ISS Beobachtung an einen Filter zu kommen, noch eine Weile nicht loslassen. Richtung Horizont, weniger hell, wurde sie leider auch schnell zu klein, um noch irgendwelche Details zu offenbaren und verschwand marsgleich gegen 2:29 Uhr im Dunst über dem Wald. Yeah!
Zeit für ruhigere Objekte. Komet Johnson war nun bereits weit im Südwesten und nicht mehr sehr präsent, denn der aufkommende Mond hellte den Himmel zu sehr auf. Warum also nicht gleich hinschwenken und sehen, was da so geht.
Viel Gewabere so horizontnah, da aber nun einmal der Polarisationfilter drin war, konnte ich ebensogut kurz zu Saturn rüber. Ich freute ich, ihn nach so langer Zeit erstmals wieder zu sehen. Der mit seiner blöden Frühschicht. Die Ringe konnte ich cassinisch nicht teilen, dafür kam mir die Frage, ob die nahebei stehenden Sternchen vielleicht Monde von Saturn sind.
Das bedarf noch der Recherche. Schön, aber seeingbedingt nicht sehr scharf. Oder ist es mein Teleskop?
Zurück zum Mond, denn ich hatte mir vorgenommen, die Landestelle von Apollo 15 zu beobachten, genauer die Hadley-Rille und den Hadley-Krater. Leider ging mein Plan nicht ganz auf. Zwar verbesserte sich das Bild, je höher der Mond stieg, leider war der Mondterminator aber bereits zu weit fortgeschritten und mir kam der Gedanke, dass eine Beobachtung der Region vielleicht besser bei zunehmendem Mond gelingt. Dabei hatte ich zunehmend mit angestrengten Augen zu kämpfen und Reflexionen, die ich immer erleide, wenn ich sehr helle, flächige Objekte beobachte. Damit meine ich natürlich den Mond.
Es wurde zunehmend heller draussen, die Sonne hellte den Nordhorizont auf, die Vögel versuchten noch lauter zu werden, als sie es sowieso schon die ganze Nacht gewesen waren.
Mein Fernglassessel hatte Taufeuchte gesammelt, nur kurz zwischendrin hatte ich ein bisschen darin gesessen und mir h&Chi in voller Pracht angesehen, ebenso den Granatstern und ein wenig Milchstrasse. Nördlich von Deneb habe ich einen wunderschönen Doppelstern gefunden, ähnlich Albireo, aber schon bei 10x so schön wie Albireo bei ca. 120x und mit einem kleinen Begleiter beim hellblauen Stern (Stimmt meine Erinnerung?).
Es wurde Zeit, einzupacken. Ich trug den Kram die 20 Meter ins Zelt, nahm den Rest mit ins Haus und ergänzte noch meine Notizen, so dass ich gegen 04:00 Uhr sternensatt ins Bett taumelte.
Meine neuen Sternkarten erwiesen sich als sehr hilfreich, Vorbereitung ist immer gut. Der Wecker erinnerte mich an den Mond, als ich schon lange meine Blicke über die Mondberge schweifen liess, in sehr lauer Morgenluft.
M13, Capella, Bode's- und die Zigarrengalaxie per Fernglas sollen auch nicht unerwähnt bleiben.
Danke fürs Durchlesen!
Henning