Hallo zusammen,
von Samstag auf Sonntag herrschten auf der Alb mal wieder hervorragende Bedingungen. Deswegen habe ich die Chance genutzt, nach Monduntergang noch eine Weile lang zu beobachten. Ich war auf einem abgelegenen Feld in der Nähe eines 600-Einwohner Dorfs. Zum Glück wurden dort nach Mitternacht die Straßenlampen ausgeschaltet. Ich war erstaunt, wie viele Sterne dann abseits der Milchstraße im Großen Bären sichtbar waren. Um den Zenit herum konnte ich 6.8 mag Sterne mit bloßen Augen erkennen.
In dieser Gegend wollte ich ein paar Deep-Sky-Objekte anschauen.
Vor einigen Wochen zog ja der Komet 41P nah an M97 und M108 vorbei. Das habe ich leider wegen schlechten Wetters verpasst, wollte aber die beiden Messier-Objekte nochmal anschauen.
Messier 108 (Gx, 10.0 mag, 8.7 x 2.2 arcmin, SBc, 697 km/s)
Sehr lange und dünne Galaxie, besonders beeindruckend bei 275x Vergrößerung. Sieht aus wie eine Laugenstange. In der Mitte befindet sich ein 15.2 mag Vordergrundstern. Mehrere Knoten heller Gebiete erkennbar. Die südliche Seite erschien mir schärfer abgegrenzt. Schwache Ausläufer richtung Osten und Westen.
Messier 97 (PN, 9.9 mag, 3.4 arcmin)
Sehr beeindruckender Planetarischer Nebel, insbesondere mit O-III Filter. Man erkennt aber auch ohne Filter schon recht viel. Grobe Struktur kreisrund. Zwei dunkle runde Flecken innerhalb dieser Struktur. Die südöstliche dieser Strukturen ist auffälliger als die nordwestliche. Insgesamt wirkt die nordöstliche Hälfte des Nebels heller als die südwestliche.
In der Mitte des Nebels habe ich den 14.3 mag Zentralstern gesehen.
Hier ist eine Zeichnung der beiden Messier-Objekte:
Etwas nördlich des OdM 04/2017, zwischen beta und gamma UMa, befindet sich der 5.6 mag Stern HR 4457. Um diesen herum sieht man eine Menge Galaxien, von denen einige zum Galaxienhaufen Abell 1318 in ca. 260 Millionen Lichtjahren Entfernung gehören.
Die Ausdehnung des Galaxienhaufens beträgt etwa 1 Grad, damit konnte ich mir eine gute Übersicht im 12-Zoll Dobson schon bei 47x Vergrößerung mit Weitwinkelokular verschaffen. Für Detailbeobachtungen und zum Erkennen lichtschwächerer Galaxien nutzte ich aber 275x Vergrößerung.
3 der beobachteten Galaxien sind im Vordergrund des Galaxienhaufens, mindestens 6 gehören zu dem Galaxienhaufen.
NGC 3756 (11.5 mag, 4.4 arcmin, SABb, 1299 km/s)
Diese Galaxie erschien recht groß und unregelmäßig geformt. Recht homogene Helligkeit.
Der Fluchtgeschwindigkeit nach handelt es sich um eine Vordergrundgalaxie.
NGC 3738 (11.7 mag, 2.2 x 1.6 arcmin, I, 226 km/s)
Hier sah ich einen flächigen etwas gekrümmten Fleck. Es ist gut nachvollziehbar, dass es sich um eine Irreguläre Galaxie handelt. Recht großer heller Zentralbereich, zum Rand hin schwächer und diffus auslaufend. Vordergrundgalaxie in etwa 12 Millionen Lichtjahren Entfernung, die zur M81/M82-Gruppe gehört. Also in unserer Nachbarschaft.
NGC 3733 (12.0 mag, 3.4 x 1.1 arcmin, SABc, 1184 km/s)
Diese Galaxie befindet sich nur etwa 4 arcmin nördlich von HR 5567. Sie erscheint recht groß und elongiert. Vordergrundgalaxie.
PGC 35611 (14.8 bmag, 1.1 x 0.6 arcmin, E-S0, 6227 km/s)
Kleiner aber flächiger runder Fleck mit etwas hellerem Zentrum, ansonsten diffus. Gehört zu dem Galaxienhaufen.
PGC 35799 (14.9 bmag, 0.9 x 0.6 arcmin, Sc, 8374 km/s)
Runder heller Fleck, in der Mitte etwas heller. Gehört zu dem Galaxienhaufen.
Von der Fluchtgeschwindigkeit her könnte es evtl. eine Hintergrundgalaxie sein.
NGC 3737 (14.0 bmag, 1.1 x 0.9 arcmin, S0, 5816 km/s)
Heller stellarer Zentralbereich, umgeben von diffusem äußerem Bereich. Gehört zu dem Galaxienhaufen.
IC 2943 (14.8 mag, 0.4 x 0.2 arcmin, Sa, 5802 km/s)
Kleiner kompakter strukturloser Fleck. Gehört zu dem Galaxienhaufen.
NGC 3759 (14.0 mag, 1.0 x 1.0 arcmin, S0, 5572 km/s)
Sieht etwas unsymmetrisch aus, ansonsten homogen und strukturlos. Gehört zu dem Galaxienhaufen.
NGC 3759A (14.2 mag, 1.1 x 1.0 arcmin, Sbc, 5776 km/s)
Großer aber lichtschwacher runder Fleck. Strukturlos. Gehört zu dem Galaxienhaufen.
PGC 36139 (14.8 bmag, 0.9 x 0.5 arcmin, S?, 5960 km/s)
Heller Kern, umgeben von diffusem Außenbereich, etwas länglich. Gehört zu dem Galaxienhaufen.
Hier ist eine Zeichnung des Galaxienhaufens und seiner Umgebung:
Dann noch was ganz abgefahrenes, das mir schon länger im Kopf herumgeht, wo ich mich aber bisher noch nicht herangetraut hatte, weil ich den Himmel nicht für dunkel genug hielt.
Auf seiner Website http://bbastrodesigns.com/Hershels%20Ghosts.html und in einem Sky&Telescope Artikel (Herschel’s Ghosts, Sky&Telescope 04/2017, Seiten 30-35) beschreibt Mel Bartels Beobachtungen einiger Objekte des Galaktischen Cirrus (Integrated Flux Nebula - IFN) mit Rich Field Teleskopen.
Es handelt sich dabei um Staub, also Reflexionsnebel, der nicht von einzelnen Sternen, sondern vom Gesamtlicht der Milchstraße angeleuchtet wird.
Einen weiteren Beobachtungsbericht gibt es z.B. hier:
https://stargazerslounge.com/t…bodes-nebula-and-the-ifn/
Da der Himmel an meinem Standort heute aber vergleichsweise dunkel war, wollte ich es einfach mal wissen...
Mandel-Wilson 3 (Vulkannebel, Galaktischer Cirrus, ca. 9h50m +70°40')
Orientiert habe ich mich an diesem Foto aus dem Internet, dessen IFN-Strukturen ich auf eine aus Cartes du Ciel ausgedruckte Sternkarte einzeichnete:
http://innerberg-astro.lima-ci…idefields/M81_M82_IFN.jpg
Etwas weniger als ein Grad nördlich von Messier 82 befindet sich eine Nebelstruktur, die als Mandel-Wilson 3 oder Volcano Nebula bezeichnet wird.
Tatsächlich konnte ich mit 47x Vergrößerung (6.4 mm Durchmesser der Austrittspupille) zwischen dem 8.3 mag Stern TYC4386-00993-1 und dem 8.7 mag Stern TYC4386-00428-1 eine sehr lichtschwache und diffuse Aufhellung im Vergleich zur umgebenden Himmelshelligkeit erahnen. Ich bewegte das Teleskop etwas hin und her, um sicherzugehen, dass es sich nicht um irgendeinen Reflex handelte. Tatsächlich blieb die Aufhellung aber stationär relativ zu den umgebenden Sternen. Insbesondere zwischen den 3 Sternen TYC4386-00428-1, TYC4386-00342-1 und TYC4386-00586-1 fiel mir auf, dass der Himmel etwas dunkler ist, dort also kein Nebel ist. Eine Aufhellung konnte ich in einem Bogen über eine Länge von etwa 45 Bogenminuten verfolgen. Von der Erscheinung her wirkte das ähnlich wie eine Zwerggalaxie mit geringer Flächenhelligkeit.
Mel Bartels konnte mit einem Instrument mit viel größerem Gesichtsfeld, aber kleinerer Öffnung, unter einem 21.4 mag/sqarcsec Himmel den Nebel über einen deutlich größeren Bereich verfolgen (siehe Skizze auf seiner Website). Mangels SQM kann ich nicht sagen, wie dunkel der Himmel an meinem Standort war, aber ich konnte 6.8 mag Sterne mit bloßen Augen erkennen. 21.4 mag/sqarcsec klingt jetzt nicht so extrem dunkel.
Diese Region des Galaktischen Cirrus ist recht schmal und deswegen auch auf Fotos recht scharf abgegrenzt. Vermutlich ist sie dadurch einfacher erkennbar als an den Stellen, an denen der Galaktische Cirrus viel großflächiger ist.
Ich habe versucht, das zu zeichnen. Es stellte sich aber als äußerst schwierig heraus, die Helligkeitsverhältnisse auch im Scan einigermaßend treffend hinzubekommen. Eigentlich müsste man das mit dunkelgrauem Stift auf dunkelgraues Papier zeichnen. Ich habe einfach versucht, mit einem Wischer auf Druckerpapier herumzustreichen.
M81/82 zeichnete ich ganz grob als helle Flecken der Einfachheit halber ohne jegliche Strukturen ein.
Hat jemand von euch das schon mal beobachtet?
Clear skies
Robin