LHS 1140b - Supererde in habitabler Zone

  • <b>Ein Exoplanet, der 40 Lichtjahre von der Erde entfernt einen roten Zwergstern umkreist, könnte in naher Zukunft der beste Ort sein, um außerhalb des Sonnensystems nach Hinweisen auf Leben zu suchen. Die „Supererde“, die den lichtschwachen Stern LHS 1140 in seiner bewohnbaren Zone umkreist, wurde von einem internationalen Astronomenteam mit dem HARPS-Instrument der ESO am La Silla-Observatorium sowie anderen Teleskopen weltweit entdeckt. Der Planet ist etwas größer und deutlich massereicher als die Erde, hat aber wahrscheinlich den größten Teil seiner ursprünglichen Atmosphäre halten können. Das, und die Tatsache, dass er auf seiner Umlaufbahn direkt vor seinem Mutterstern vorbeizieht, machen ihn zu einem der spannendsten Ziele für zukünftige atmosphärische Untersuchungen. </b>


    Die neu entdeckte Supererde LHS 1140b umkreist seinen Mutterstern, den lichtschwachen roten Zwergstern LHS 1140 im Sternbild Walfisch (lat. Cetus), in der habitablen Zone [1]. Rote Zwerge sind deutlich kleiner und kühler als die Sonne. Obwohl LHS 1140b seinen Stern zehnmal näher umkreist als die Erde die Sonne und in der Mitte der habitablen Zone liegt, erhält er nur halb so viel Sonnenlicht von seinem Stern wie die Erde. Seine Umlaufbahn sehen wir von der Erde aus fast genau von der Seite, so dass der Exoplanet alle 25 Tage vor dem Stern vorbeizieht und damit für kurze Zeit einen kleinen Teil des Lichts des Sterns blockiert.


    „Das ist der spannendste Planet, der mir in den vergangenen Jahrzehnten untergekommen ist”, meint Jason Dittmann vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge in den USA, der Erstautor der Studie, in der die Entdeckung beschrieben wird. „Wir hätten uns kaum ein besseres Ziel wünschen können für eine der spannendsten Herausforderungen in der Wissenschaft – die Suche nach Hinweisen für Leben jenseits der Erde.“


    „Die derzeitigen Rahmenbedingungen des roten Zwergs sind besonders günstig – LHS 1140 dreht sich im Vergleich zu ähnlich massearmen Sternen langsamer um seine eigene Achse und emittiert weniger hochenergetische Strahlung“, erläutert Teammitglied Nicola Astudillo-Defru von der Sternwarte Genf [2].


    Damit Leben, wie wir es kennen, existieren kann, muss ein Planet flüssiges Wasser auf der Oberfläche besitzen und in der Lage sein, dauerhaft eine Atmosphäre zu halten. Aufgrund der Größe des Planeten könnte es einst für Millionen von Jahren einen Ozean aus Lava auf seiner Oberfläche gegeben haben. Lange nachdem sich die Aktivität des Sterns beruhigt hat, könnte dieser kochend heiße Ozean dafür gesorgt haben, dass Dampf in die Atmosphäre gelangt ist und sich Wasser auf der Oberfläche gesammelt hat.


    Ursprünglich gelang die Entdeckung im Rahmen des Projektes MEarth, als der Exoplanet an seinem Mutterstern vorbeizog und dabei eine verräterische, charakteristische Helligkeitsabnahme des Sterns verursachte. Das HARPS-Instrument der ESO, der High Accuracy Radial velocity Planet Searcher, konnte mit Nachfolgebeobachtungen die Existenz der Supererde bestätigen. Mit Hilfe von HARPS gelang es auch, die Umlaufperiode genauer zu bestimmen und Masse und Dichte des Exoplaneten abzuleiten [3].


    Die Astronomen schätzen das Alter des Planeten auf mindestens fünf Milliarden Jahre. Außerdem folgerten sie, dass er einen Durchmesser hat, der 1,4-mal größer als der der Erde ist – fast 18.000 Kilometer. Mit einer etwa siebenmal größeren Masse und somit einer deutlich höheren Dichte als die Erde, bedeutet dies, dass der Exoplanet vermutlich ein Gesteinsplanet mit einem dichten Eisenkern ist.



    Künstlerische Darstellung der Supererde LHS 1140b. Illustration: ESO/spaceengine.org


    Falls es eine gibt, könnte diese Supererde der bisher beste Kandidat für zukünftige Beobachtungen zur Erforschung und Charakterisierung der Atmosphäre eines Exoplaneten sein. Zwei der europäischen Teammitglieder, Xavier Delfosse und Xavier Bonfils, beide vom CNRS und IPAG in Grenoble in Frankreich, folgern: „Um in Zukunft Planeten in der habitablen Zone zu analysieren, könnte sich das System LHS 1140 als ein noch wichtigeres Ziel erweisen als Proxima b oder TRAPPIST-1. Was die Entdeckung von Exoplaneten angeht, war das letzte Jahr wirklich bemerkenswert!“ [4,5].


    Insbesondere Beobachtungen, die bald mit dem Hubble-Weltraumteleskop der NASA/ESA durchgeführt werden, sollen es den Forschern ermöglichen, genau festzustellen, wie viel hochenergetische Strahlung auf LHS 1140b trifft. Mit diesen Erkenntnissen ließe sich dann genauer sagen, ob Leben auf dem Planeten überhaupt möglich wäre.


    Wenn in Zukunft erst einmal neue Teleskope wie das Extremely Large Telescope der ESO in Betrieb sind, können die Forscher die Atmosphären von Exoplaneten voraussichtlich genauer untersuchen — LHS 1140b wird mit Sicherheit dazugehören.
    Endnoten


    [1] Als habitable Zone bezeichnet man den Bereich um einen Stern, in dem sich die Umlaufbahn eines Planeten befinden muss, damit der Planet die geeignete Temperatur besitzt, sodass flüssiges Wasser auf seiner Oberfläche existieren kann.


    [2] Obwohl der Planet sich in der Zone befindet, in der Leben, wie wir es kennen, theoretisch möglich ist, lag seine Umlaufbahn in den ersten schätzungsweise vierzig Millionen Jahren nach der Entstehung des roten Sterns vermutlich nicht in diesem Bereich. Während dieser Phase wäre der Exoplanet der Aktivität des Sterns und seiner launischen Natur schutzlos ausgeliefert gewesen. Ein junger roter Zwerg kann ohne Weiteres das Wasser aus der Atmosphäre eines Planeten reißen, der in seiner Nähe entsteht, was zu einem nicht mehr zu stoppendem Treibhauseffekt ähnlich wie auf der Venus führt.


    [3] Diese Bemühungen ermöglichten es, dass auch andere Durchgänge von MEarth beobachtet werden konnten, so dass die Existenz des Exoplaneten definitiv feststand.


    [4] Der Planet Proxima b ist der Erde deutlich näher, zieht aber vermutlich aus unserer Perspektive nicht an seinem Stern vorbei, wodurch es schwierig ist, festzustellen, ob der Planet eine Atmosphäre besitzt.


    [5] Im Gegensatz zum System TRAPPIST-1 wurde um LHS 1140 noch kein weiterer Exoplanet gefunden. Es ist anzunehmen, dass Mehrfachplanetensysteme um rote Zwerge eher die Regel als die Ausnahme sind, so dass es möglich ist, dass weitere Planeten aufgrund ihrer geringen Größe bisher unentdeckt geblieben sind.


    Witere Infos, Bilder und ein Video auf den Seiten der ESO unter http://www.eso.org/public/germany/news/eso1712/?lang

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Es ist anzunehmen, dass Mehrfachplanetensysteme um rote Zwerge eher die Regel als die Ausnahme sind, so dass es möglich ist, dass weitere Planeten aufgrund ihrer geringen Größe bisher unentdeckt geblieben sind.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ist das nicht eher nachteilig für die Bildung von Leben? Nicht, dass ein Jupiter zwingend notwendig ist, aber er hielt und hält doch einiges an Unbill von der Erde fern. Gibt es eigentlich Studien oder Theorien, die beschreiben, wieviel 'Bauschutt' in Abhängigkeit von der Sternmasse nach dessen Geburt da noch im Orbit herumfliegt?

  • Hallo Ulli,


    da sind die Astronomen durchaus geteilter Meinung [:)] Unbill von der Erde fernhalten = kleinere Brocken ablenken heißt ja umgekehrt auch, daß Zeug, daß uns ursprünglich gar nicht zu nahe gekommen wäre, auf eine Bahn gebracht werden kann, die die der Erde kreuzt. Das ist es ja letztendlich, was auch das derzeitige Reservoir erdnaher Objekte füllt. Hinzu kommt: Ein großer Klotz wie Jupiter in seiner Jungform verhindert durch seine starke Eigengravitation und Resonanzeffekte der Umlaufzeiten ziemlich effizient die Bildung weiterer - kleinerer - Planeten aus dem übriggebliebenen Schotter, siehe Asteroidengürtel.


    Viele Grüße
    Caro

  • Hallo Caro


    Hätte dieser Planet dann nicht wahrscheinlich eine gebundene Rotation? Und das wäre doch, zumindest wenn wir mit Menschenmaß messen, etwas, daß eher gegen Leben spräche...


    Grüße


    Michael

  • Hallo Michael,


    die Wahrscheinlichkeit, daß der Planet gebunden rotiert, ist in der Tat relativ groß. Aber was die Auswirkungen dessen auf Habitabilität angeht, hat in letzter Zeit ein Umdenken stattgefunden. Insbesondere dann, wenn wirklich eine dichte Atmosphäre vorhanden ist, können Winde den Temperaturunterschied zwischen der beleuchteten und der unbeleuchteten Seite leicht ausgleichen, so wie es ja auch auf der Venus passiert. Das "Beleuchtungproblem" als solches bliebe zwar erhalten, ist aber natürlich ein subjektives, sprich braucht es sowas wie direktes Licht (von dem ein M-Zwerg im sichtbaren Bereich im Verhältnis zur Infrarotstrahlung ja auch insgesamt weniger vorzuweisen hat) tatsächlich oder reicht globale Wärme als solches aus? Kategorisch ausschließen würde man Bewohnbarkeit bei gebundener Rotation nicht mehr.


    Viele Grüße
    Caro

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