3" Newtonsucher-Neubau leicht gemacht!

  • Hallo Zusammen!


    VORAUSSETZUNGEN:
    Ich nutze einen 16“ f4,5 Dobson ohne EQ-Plattform, der bisher mit einem auf dem Hut mittig montiertem Telrad plus Taukappe genutzt wurde.



    ZIEL:
    Um besser schwache Objekte sicher und gezielter suchen und finden zu können, sollte ein optischer Sucher angeschafft werden um dies zu erleichtern. Mit dem üblichen 8 x 50 Sucher mit 90° Einblick kam ich an Hajüs 16“er, der baugleich ist, nicht zurecht. Die Geradesicht-Sucher kamen aus Haltungsgründen ( im Zenit ) nicht in Frage.
    Der Knackpunkt ist die unterschiedliche Orientierung zwischen Dobson und Sucher. Also kam nur ein Newtonsucher in Frage. Selber schleifen war keine Option für mich und somit musste ich auf käufliche Produkte zurückgreifen. Die Auswahl ist gering und so fiel die Entscheidung auf den 3“ Newton für Einsteiger. Es war klar, dass er nur als Teilespender benutzt wird. Zuvor wurde mit ausgebautem FS und mittels Papierstreifen vor dem Tubus anhand der Sonne im Brennpunkt, die Brennweite ermittelt. Zur Überraschung kamen 282 mm heraus und somit ein 1:3,7 Verhältnis.
    Als brauchbare Teile blieben übrig: HS, FS mit Halterung, oberster Klemmring vom OAZ mit Schräubchen, 2x zwei Rändelmuttern und eine Kunststoffhülse mit Gewinde vom Okular als Ring für das Fadenkreuz.




    VERSION 1:
    Mit 1 mm dickem Flugzeugsperrholz (FSH) wurde in Sandwichbauweise der Tubus hergestellt. Als Zwischenlage wurde 3 mm Styropor verwendet. Eine Verstärkung aus FSH wurde je am Ende und am OAZ angebracht.




    Der Tubus, die OAZ Basis und die HS Zelle waren sehr stabil und praxistauglich. Das Gewicht war jedoch zu hoch und es fehlte noch die Befestigung für die Stange, die auch justierbar sein musste. Also kam ich um DAS Material Carbon nicht drumrum!


    VERSION 2:
    Für 50 Euro bekommt man ein Starterset mit 1 qm Carbon (Köperbindung) mitsamt Harz/Härter usw. Die Fläche sollte dafür ausreichen. Zum Einarbeiten mit Carbon wurde eine Taukappe zum Testen für den Rigelsucher gebaut.



    Der soll dann auf den 3“ Sucher mit der Taukappe montiert werden.


    TUBUSBAU:
    Nun ging es ans Werk. Carbonmaterial zurecht schneiden.



    Tubusrohling mit Halterung



    Benötigte Materialien, Werkzeuge und Utensilien



    Rohling laminieren



    Laminat entlüften



    Folie mit Trennwachs behandeln und umwickeln



    Alles zusammen zügig und fest umwickeln und härten lassen



    Die Zwischenlage besteht aus 2 mm Balsaholz, das im Dampf gebogen wird damit es nicht bricht. 3 x 10 cm breite Streifen reichen für den Umfang aus



    Balsaholz davor und danach



    Die Carbonlage anschleifen und einharzen, die Balsaholzstreifen auflegen, fixieren und mit Bändern und Gurten anpressen und härten lassen, mindestens 24 Stunden!




    Zweite Lage Carbon: Es erfolgt die Wiederholung der Schritte, Carbon laminieren, entlüften, Folie einwachsen, umwickeln, anpressen und aushärten.



    Ich behelfe mich mit Malerkreppband zum Anpressen.
    Ein Tipp: Zum Drehen des Rohlings eine Halterung bauen die man fest mit der Arbeitsfläche verbindet, damit seitliches Verrutschen nicht möglich ist. Das erleichtert erheblich die Arbeit mit dem Rohling. Der Rohling ist eine Papprolle, die man auch leicht nach dem Laminieren aufschneiden und entfernen kann. Nachteil der Rolle ist, dass der Tubus nicht ganz rund wird, bei mir war es ein Differenz von ca. 2mm.


    OAZ BASIS:
    Der Rohling ist wieder aus Balsaholz, er wird auf einen Holzklotz geschraubt, die Schraube bildet die Mitte der späteren 44 mm Bohrung für den OAZ dar. Somit habe ich schon eine Führung zum Bohren.



    Dann wie gehabt Laminieren, Folie einwachsen, dann kommt eine angepasste und oben angeschrägte Holzplatte passgenau als ebener Abschluss oben drauf. Dann wieder mit Malerband fest umwickeln, hier hilft der Holzklotz der deutlich unten hervorsteht beim sicheren Umwickeln.



    Der unten überstehende Rest wird nach dem Härten entfernt und mittels Schleifpapier, das über den Tubus gelegt wird, ermöglicht die Anpassung der OAZ Basis passgenau.



    HS ZELLE:
    Die Einzelteile der HS Zelle bestehen aus Balsaholz, FSH, Muttern, Rändelmuttern, Scheiben, Federn, Aludreieck mit Schrauben und Hülsenmuttern als Führung der Federn.



    Auf dem Bild fehlen noch die zwei FSH Streifen für die Seitenwände.
    Die fertige HS Zelle mit aufgeklebten HS, schwarz gebeizt und mit den zwei Rändelschrauben zum justieren.



    Nun ist der Tubus fertig. Vor dem Bau habe ich ein Probeteilstück von ca. 3,5 cm Breite hergestellt und das wurde auf der DSM-2016 vom Stathi(s)K.er persönlich geprüft und einem körperlichen Härtetest unterzogen. Das Ergebnis war für mich eigentlich eine Überraschung, da der Streifen nur sehr schmal war und trotzdem nicht gebrochen ist. Danke an Herrn K., dass er den Spaß mit gemacht hat!



    STANGENHALTERUNG:
    Der Halterrohling besteht wieder aus Balsaholz...



    … mit Carbon laminiert


    Fertige Stangenhalterung mit Schwalbenschwanz für den Sucher von oben gesehen



    Von seitlich gesehen



    TUBUSHALTUNG:
    Es fehlt noch die Verbindung von der Stangenhalterung zum 3“ Tubus.
    Die Einzelteile bestehen wieder aus Balsaholz…



    … dann verleimen



    Vorbereiten zum Laminieren der Verbindung vom Tubushalter zum Tubus…



    … mit zwei Lagen Carbon laminieren…



    … und wieder mit Malerkrepp fest umwickeln.



    Ich habe zwischen Tubus und den zwei Carbonlagen eine Lage Cellophanfolie mit Trennwachs gelegt.
    Denn die richtige Position wird erst später festgelegt und dann verklebt.
    Nachdem der Halter fertig ausgehärtet ist wird die Flanke, wo später die Schraube vom Schwalbenschwanz für die Klemmung sorgt, noch mit 0,5mm dicken Stahlstreifen verstärkt.



    Nun wird die Tubushalterung richtig unter Druck gesetzt, mit Harz wird sie mit dem Tubus verklebt.



    OAZ:
    Es wird ein Sucher, als solcher wird er nur mit einem Okular genutzt. Der OAZ-Verstellbereich ist daher mit 13mm ausreichend bemessen. Wie schon in der Version 1 kommt wieder der Lampen-OAZ in einer verbesserten und leichteren Version zum Einsatz.



    Im OAZ ist die vordere Schraube auch gleichzeitig die Halteschraube vom FS. Die zwei Lampengewinderinge werden mittels 5mm starken Zwischenring aus Sperrholz so gegeneinander verdreht, dass der OAZ mit einem gewissen Kraftaufwand spielfrei gedreht werden kann. Durch die drei Schrauben kann der OAZ auch auf den Tubus präzise ausgerichtet werden.



    Der Klemmring ist vom Firstscope und musste nur etwas am Gewinde angeschliffen werden.
    Trotz unterschiedlichen Gewinden kann der Ring mit Kraft eingedreht werden. Eine Klemmschraube zum Klemmen reicht.


    OKULAR:
    Das Okular bereitete mir schon von Anfang an Schwierigkeiten, denn beim Öffnungsverhältnis
    von f 3,7 ist ein ordentliches, aber auch möglichst leichtes Okular schwer zu finden.
    Die Brennweite sollte zwischen 20 -25mm betragen. Es sollte auch problemlos noch mit einem Fadenkreuz ausgestattet werden können. Versuche mit zwei anderen Okularen scheiterten kläglich, sie waren wesentlich schlechter als das jetzige Meade MA 25mm, das natürlich mit einer Augenmuschel und mit einem Fadenkreuz optimiert und deutlich abgespeckt wurde.




    Tubus und OAZ von hinten, man sieht gut die Velourfolie.



    SCHUTZKAPPEN:
    Wenn ich schon so viel Aufwand beim Bau getrieben habe, dann sollte auch der Schutz bei Nichtnutzung nicht zu kurz kommen. Der Front- und der HS-Deckel sind, wenn schon denn schon, wieder natürlich aus Carbon.



    Fertig laminiert und dann heißt es wieder warten, bis es hart ist.



    So sieht das ganze Paket fertig verpackt aus.



    Und bei der Sucherei werden alle Schutzkappen wieder abgenommen, die Okularabdeckung ist aus Glasfaser, gelb eingefärbt, hergestellt.


    FIRSTLIGHT MIT SCHWÄCHEN:


    Im September 2016 war es dann soweit! Die Stunde der ….
    Sucherei kam.
    So sieht der 3“ Newtonsucher montiert aus.



    Das Ganze vom HS aus gesehen, man sieht sehr gut die parallele Ausrichtung der beiden OAZs, der Sinn des Ganzen.



    Das Okular ist brauchbar, wenn auch die Koma schon stört, die Abbildung ist nicht vorbildlich. Aber das hat den Vorteil, dass die Anzahl der Sterne, ich sag mal, überschaubar bleibt. Für mich persönlich ist das ok, denn das 3,7 Verhältnis fordert hier seinen Tribut!
    Beim Suchen habe ich aber nicht alles gleich gefunden, denn die kleine Feder in der Stangenhalterung gab ab einer gewissen Deklination nach. Die Feder wurde ersetzt, Problem gelöst.


    Zum Ende noch ein Vergleich der drei Tuben.
    Bilder sagen mehr als …..!



    Gegen einen Versandkostenbeitrag gebe ich die Version 1 (der Holztubus in der Mitte) ab! Siehe Angebote vom 21.Januar!
    Sonst landet er doch in den Müll!
    Wäre doch schade!


    Die 3 OAZs sind je auf Fokuslage eingestellt, jedoch fehlt jeweils der Klemmring, so kann man objektiv vergleichen.


    Hier noch ein paar Daten:
    Vergrößerung 11 x
    GSF 4°
    HS 76 mm/282 mm=f/3,7
    FS kleine Achse 28 mm
    Tubuslänge 335 mm
    Tubusdurchmesser innen 93 mm
    HS-Zelle ohne HS 62 gramm
    OAZ 40 gramm
    Okular mit Fadenkreuz 58 gramm
    Stangenhalterung 144 gramm
    Tubus komplett+ Rigelsucher 640 gramm



    Am Anfang ermittelte ich mit der Wasserflaschen-Methode das maximale Gewicht, die ich an der Stangenposition ohne zusätzliche Gegengewichte anbringen kann. Das waren etwa 800 gramm!
    Nun wiegt der 3“er mit Halterung und Rigelsucher (ohne Schutzkappen) fast genau 800 gramm!
    Wenn das mal keine Punktlandung ist!


    Wer noch den Titel im Kopf hat, dem ist vielleicht die Doppeldeutung nun aufgefallen.
    Natürlich freue ich mich, wenn der Eine oder Andere sich jetzt eher an einen Selbstbau heran wagt, es muss kein Leichtbau sein!
    Mit geringen Mitteln ist trotzdem ein ordentliches Ergebnis zu erzielen!
    Am DSM 2017 werde ich den kompletten 3“ Newton-Sucher mitbringen.



    Grüße aus dem Allgäu,
    Roland[:D][:D]

  • Hallo Roland,


    habe Deinen Bericht mit Begeisterung gelesen!
    Super wie Du die Sache angegangen bist und selbstgebaute und gekaufte Komponenten
    mit Wissen ,Geschick und den dazugehörigen Ideen zusammengefügt hast!
    Besonders fasziniert hat mich Deine Idee mit dem Wasserkocherdampf das Holz in
    Form zu bringen(hätte nie gedacht das dass ausreicht)!
    Deine Lösung für den Fokussierer finde ich exorbitant klasse!
    Ich bastle auch gerne, aber gegen Dich bin ich ein Waisenknabe!


    Einen wirklich respektvollen Gruss sendet Dir
    Fabio

  • Servus Fabio!
    Danke Fabio.
    Ganz so sehe ich das selber nicht, weil ich viele Dinge hier im A.-Treff mitgenommen habe. Ein paar Tricks sind aber schon auf meinem Mist gewachsen [:D]!
    Zuerst wollte ich das Balsaholz so biegen, das eine Mal ging es gut und ein zweites Mal nicht. Dann war klar, entweder je ganz schmale Streifen längs schneiden (ca.0,5cm) und kleben (Stabilität?) oder biegen!
    Version 1 ist mittels Dampf ebenso entstanden!
    Der OAZ ist auch hier abgeguckt, aber der ist auch genial, günstig und ich kann ihn tunen wie ich es brauche.
    Gerechtigkeitshalber muß ich sagen, dass ich die Möglichkeit habe mit Werkzeug arbeiten zu können, das z.B. beim OAZ bearbeiten sehr hilfreich ist. Zum Beispiel so eine Art von Dremel-Schleifer, aber für Profis. Das erleichtert solche Ergebnise sehr. [;)]
    Einen wesentlichen Anteil daran hatte die Zeit, die ich mir dafür gelassen habe. Geeilt hatte es mir nicht und war immer auf der Suche nach der besten Lösung. Insgesamt (mit teils monatelangen Pausen) brauchte ich 3 Jahre für den Sucher, dafür wird jetzt auch nichts mehr geändert........hoffentlich!?[:D][:D][:D]


    Grüße aus dem Allgäu,
    Roland

  • Servus Roland
    Endlich hab ich deinen Bericht mal in Ruhe lesen können!
    Ich schließe mich Fabio ohne Ausnahme an! Innovativ ausgedacht und hervorragend praktisch umgesetzt!
    Das Schöne ist, das ich da auch mal demnächst durchschauen darf!


    Da kannst du demnächst mal auch ruhig in größere Teleskopselbstbau Projekte einsteigen. Da sehe ich bei dir keine Probleme![:D][:)]


    Viele Grüße Hajü
    http://www.astromerk.de

  • Servus Hans-Jürgen!
    Danke. Der Sucher ist bei einem größeren Dobson schon ein wichtiger Teil. Drum finde ich lohnt es sich einen solchen Aufwand zu betreiben. Mal schaun was mir da noch einfällt [:D]!
    Das Problem, wenn ich das mal so nennen darf, ist wenn ich ein weiteres Teleskopprojekt starte, sollte das dann auch Sternenlicht schnuppern. Was mach ich dann mit dem 16"er? Im Keller stehen lassen?
    Naja, schaun mer mal [;)]!


    Grüße Roland

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