Pan-STARRS-Katalog mit 3 Milliarden Objekten da

  • <b>Das Pan-STARRS-Projekt, an dem auch Astronomen an den Max-Planck-Instituten für Astronomie in Heidelberg und für extraterrestrische Physik in Garching beteiligt sind, veröffentlicht heute die weltweit größte digitale Himmelsdurchmusterung. Der Katalog basiert auf Beobachtungsdaten, die über vier Jahre gesammelt wurden, umfasst mehr als 3/4 des Nachthimmels und liefert nun umfangreiche Informationen über mehr als 3 Milliarden Sterne, Galaxien und andere Quellen.</b>


    "Die Pan-STARRS Himmelsdurchmusterungen erlauben es nun jedem, auf Millionen von Bildern zuzugreifen, sowie die Datenbank und Kataloge mit Präzisionsmessungen von Milliarden von Sternen und Galaxien zu nutzen", sagt Dr. Ken Chambers, Direktor der Pan-STARRS-Observatorien am Institut für Astronomie der University of Hawai'i. "Das Pan-STARRS – Teleskop machte Entdeckungen von erdnahen Objekten und Objekten im Kuiper-Gürtel des Sonnensystems, bis hin zu einsamen Planeten zwischen den Sternen; es lieferte dreidimensionale Karten des Staubes in unserer Galaxie und fand neue Sternströme; und es entdeckte neue Arten von explodierenden Sternen und entfernten Quasaren im frühen Universum."


    Im Mai 2010 startete das erste „Panoramic Survey Telescope & Rapid Response System“, kurz: das Pan-STARRS Observatorium, ein 1,8-Meter-Teleskop auf dem Gipfel des Haleakal#257; auf Maui, eine digitale Himmelsdurchmusterung im sichtbaren und Nah-Infrarotlicht. Dies war die erste Beobachtungskampagne mit dem Ziel, den Himmel sehr schnell wiederholt zu beobachten und so nach sich bewegenden oder sich verändernden Objekten zu suchen. Dazu zählen auch Asteroiden, die möglicherweise die Erde bedrohen könnten. Die Himmelsdurchmusterung nahm etwa vier Jahre in Anspruch, und scannte den Himmel zwölf Mal in fünf Filtern.


    Die Daten umfassen 3 Milliarden separate Quellen, darunter Sterne, Galaxien und verschiedene andere Objekte. Der riesige Katalog besteht aus 2 Petabyte an Daten – dies entspricht 40 Millionen Aktenschränken mit jeweils vier-Schubladen eng bedrucktem Text. Alle diese Informationen mussten ordnungsgemäß katalogisiert werden, so dass die Astrophysiker schnell auf die Daten zugreifen und diese nutzen können.


    "In den vergangenen drei Jahren haben wir große Anstrengungen unternommen, die Qualität der Daten zu überprüfen und die am besten geeignete Struktur für den Katalog zu definieren", erklärt Dr. Roberto Saglia, der die Pan-STARRS-Beteiligung am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik leitet. "In mehr als 100 Telekonferenzen diskutierten und verbesserten wir Testergebnisse, wie z.B. für die Astrometrie oder Photometrie von ausgewählten Himmelsregionen, die bereits mit anderen Teleskopen beobachtet wurden. Wir überlegten auch, wie wir die einzelnen Beobachtungen am besten kombinieren und die relevanten Informationen für jeden Objekttyp präsentieren können."



    Diese verkleinerte Ansicht des gesamten Himmels, der vom Standort des Pan-STARRS Observatoriums auf Hawai'i sichtbar ist, ist das Ergebnis einer halben Million Aufnahmen mit jeweils etwa 45 Sekunden Belichtungszeit über einen Zeitraum von 4 Jahren. Die Form ergibt sich aus der Darstellung der Himmelskugel als zweidimensionale Karte, ähnlich einer Weltkarte, wobei das südliche Viertel weggelassen wurde. Die Scheibe der Milchstraße ist als gelblicher Bogen zu sehen, der Staub erscheint als rötlichbraune Filamente. Der Hintergrund besteht aus Milliarden von schwachen Sternen und Galaxien. Würde das Bild in voller Auflösung gedruckt, wäre es über 2 Kilometer lang; gleichzeitig müssten Sie sehr genau hinsehen um alle Details zu erkennen. Bild: Danny Farrow, Pan-STARRS1 Science Consortium und Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik


    "Basierend auf Pan-STARRS sind die Forscher nun in der Lage, Entfernungen, Bewegungen und besondere Merkmale wie den Anteil an Mehrfachobjekten bei allen nahen Sternen, braunen Zwergen und den Überresten von Sternen, wie z.B. weißen Zwergen, zu messen. Das erweitert die Katalogisierung von nahezu allen Sternen in Sonnennähe bis in Entfernungen von etwa 300 Lichtjahren", sagt Prof. Dr. Thomas Henning, Direktor der Abteilung Planeten und Sternentstehung am MPIA. "Die Pan-STARRS-Daten ermöglichen auch eine wesentlich bessere Charakterisierung der Bildung massearmer Sterne in Sternhaufen. Darüber hinaus sammelten wir etwa 4 Millionen Lichtkurven von Sternen, um Jupiter-ähnliche Planeten in engen Bahnen um kühle Zwergsterne zu finden."


    Aber Pan-STARRS erstreckt sich auch auf astronomische Objekte jenseits unserer kosmischen Nachbarschaft.


    "Pan-STARRS bildete unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, in einer bislang nicht erreichten Detailfülle ab. Die Studie liefert zum ersten Mal eine tiefe und globale Sicht für einen Großteil der galaktischen Ebene und Scheibe - ein Gebiet, das normalerweise aufgrund der Komplexität der Kartierung dieser dichten und staubigen Regionen bei Durchmusterungen gemieden wird", erklärt Prof. Dr. Hans-Walter Rix, Direktor der Abteilung Galaxien und Kosmologie des MPIA. "Und Pan-STARRS geht weit darüber hinaus: seine einzigartige Kombination aus Himmelsabdeckung, Tiefe der Beobachtungen und verwendete Farbfilter erlaubte die Entdeckung der Mehrzahl der am weitesten entfernten Quasare. Dies sind die frühesten Beispiele in unserem Universum dafür, dass sich supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien gebildet haben.“


    "Regelmäßig beobachteten wir auch unsere nächste Nachbargalaxie Andromeda (M31) und konnten dort mehrere Mikrolinsenereignisse sowie viele neue vairable Cepheidensterne nachweisen. Dies erlaubte es uns, die kompakte dunkle Materie in M31 besser einzugrenzen und ihre Entfernung noch genauer zu bestimmen", betont Prof. Dr. Ralf Bender, Direktor am MPE.


    Die Veröffentlichung der Daten erfolgt in zwei Schritten: Die heutige Version ist der "Statische Himmel" und liefert den Durchschnitt der einzelnen Beobachtungsepochen. Für jedes Objekt gibt es einen Durchschnittswert für seine Position, seine Helligkeit und seine Farben. Außerdem ist es möglich, ein zusammengesetztes Bild für jede der beobachteten Farben zu erhalten. Für Galaxien gibt es weitere Informationen wie ihre Helligkeit für verschiedene Blendengrößen und Seeing-Bedingungen (Mit Seeing bezeichnen die Astrononen die durch Turbulenzen der Erdatmosphäre bedingten Variationen der Abbildungsschärfe). Im Jahr 2017 wird der zweite Datensatz freigegeben, der diese Informationen für jede einzelne Epoche zur Verfügung stellt und es allen Nutzern ermöglicht, auf die einzelnen Bilder für jede Beobachtungsreihe zuzugreifen. Die vollständige Datenbank enthält Informationen über jeden einzelnen Schnappschuss, den Pan-STARRS von einer bestimmten Region am Himmel aufgenommen hat und wird die gesamten 2 Petabyte an Daten vervollständigen.


    "Unser nächster Schritt ist es nun, die Rotverschiebungen - also Entfernungen - von Galaxien und anderen kosmologischen Objekten zu messen", erklärt Saglia. "Wir benötigen diese Informationen, um die Verteilung der Galaxien in allen drei Dimensionen zu analysieren. Aus dieser Struktur können wir dann die Geometrie des Universums ableiten und unser kosmologisches Standardmodell weiter präzisieren. Mit den Daten der einzelnen Epochen können wir außerdem die Variabilität in weit entfernten, aktiven Galaxien untersuchen." Die Informationen zur Rotverschiebung werden dem Pan-STARRS-Katalog ebenfalls hinzugefügt.


    Weitere Infos auf den Seiten des MPIA unter http://www.mpia.de/4206700/2016_12_PS1DataRelease_D und beim MPE unter http://www.mpe.mpg.de/6672097/news-20161219

  • Hallo Gert,


    das hat schon was von Äpfel mit Birnen vergleichen. Gaia als Astrometriemission vermißt die Positionen und Eigenbewegungen von Sternen in hochpräsizer Genauigkeit mit dem Ziel unsere Milchstraße in 3D zu rekonstruieren. Dabei fallen als Abfallprodukte Dinge "außer der Reihe" wie zum Beispiel Asteroiden mit an. LSST wird ein Teleskop der 8-Meter-Klasse sein. Das Ziel dabei ist es dementsprechend auch in erster Linie, lichtschwache Objekte zu katalogisieren, unter anderem zum Beispiel ferne Galaxien und extragalaktische Gravitationslinsen. Außerdem sollen zeitlich veränderliche Objekte wie extragalaktische Supernovae mit kontinuierlicher Zeitabdeckung photometriert werden, wobei die Asteroiden und auch die (nicht ganz so präzisen) Positionen lichtschwacher Sterne automatisch mit abfallen. Die im Vergleich zu Gaia nicht ganz so genauen, aber dafür deutlich größeren Kataloge mit den schwachen Sternen kann man sehr gut gebrauchen: Denk mal an die nächste Generation von Großteleskopen a la E-ELT, TMT (so es denn je gebaut wird...) und TMT. Diese Teleskopgiganten werden durch die langen Brennweiten winzige Gesichtsfelder haben, und du brauchst Referenzkataloge dafür, die Objekte mit entsprechender Grenzgröße enthalten.


    Eine ganz ähnliche Zielsetzung wie LSST in naher Zukunft hatte Pan-STARRS, als es gestartet ist (nur halt mit einem 1.8-Meter-Teleskop), und genau daher stammt ja jetzt dieser Katalog als kumulative Ansammlung der Daten der ersten Jahre. Mittlerweile wird Pan-STARRS nicht mehr vom oben genannten Konsortium betrieben und sucht ausschließlich nach (erdnahen) Asteroiden. Ob aus den derzeit entstehenden Daten jemals noch mehr herausgeholt wird, keine Ahnung...


    Viele Grüße
    Caro

  • Hallo Christoph,


    es gibt zwei Teleskope, wobei das zweite noch nicht zu 100% im Regelbetrieb ist. Was aus den anderen beiden wird, steht im wahrsten Sinne des Wortes in den Sternen. Aktueller Stand ist, daß kein Geld dafür da ist, nachdem insbesondere beim ersten alles deutlich länger gedauert hat und deutlich teurer gewirden ist als geplant.


    Viele Grüße
    Caro

  • Danke für die schnelle Antwort!


    Pan-STARR ist mir bisher bekannt durch das MPC, die waren immer äußerste dominant. Seit einiger Zeit ist es aber sehr ruhig geworden - auf der NEOCP sehe ich sie überhaupt nicht mehr, hat das ebenfalls was mit den Kürzungen zu tun?


    Christoph

  • Hallo Christoph,


    nee, überhaupt nicht [:)] Auf Hawaii war länger anhaltend schlechtes Wetter die letzten Wochen (und um Vollmond herum machen die nix). Aber guck dir mal http://minorplanetcenter.net/iau/SkyCoverage.html an, da wird fleißig gearbeitet schon wieder. Unter http://kopiko.ifa.hawaii.edu/cams/ps1.shtml kann man das Wettergeschehen auf Haleakala übrigens hervorragend verfolgen.


    Ich würde auch meinen, dein Eindruck täuscht. Die Statistik unter http://neo.jpl.nasa.gov/stats/ zeigt fürs laufende Jahr ja definitiv keinen Rückgang an Pan-STARRS-NEO-Entdeckungen.


    Viele Grüße
    Caro

  • Hallo Caro,


    du hast recht, der Eindrück hat wirklich getäuscht. [;)]
    Und das mit dem Wetter und Vollmond ist natürlich das Argument, wir selbst konnten in der letzten Zeit auch wenig Positionen melden.


    Aber nochmal zurück zum Thema...
    Gibt es eine Aussage, bis zu welcher Grenzgrösse der Katalog reicht?


    Und zu deiner Frage Gert, Kataloge sind immer sinnvoll, da sie nur jeweils für diese Zeit/Epoche hinreichend genau sind. Über Extrapolation werden die Kataloge dann für die nächsten Jahre fit gemacht. Je kürzer die Missionsdauer (geringere Aussagekraft über die Eigenbewegungen) und je älter ein Katalog ist, umso ungenauer ist und wird er.
    Mit daraus resultierenden Problemen wird man bei streifenden Sternbedeckungen durch den Mond oder generelle Sternbedeckungen durch Kleinplaneten, Planeten-Monde ... konfrontiert, da ist dann die Standortwahl manchmal wie Lotto, aber auch umso spannender. [:D]


    Und wie ich gehört habe, sind die veröffentlichten Daten der Gaia-Mission nur ein geringer Teil und hier kommt noch was. Aber ich denke dazu kann Caro mehr sagen, weil die Daten im Astronomischen Recheninstitut in Heidelberg ausgewertet werden.


    Viele Grüße
    Christoph

  • Hallo Christoph,


    der Fachartikel, der die Datenbank dokumentiert, gibt für den Stack der Gesamtdaten Grenzgrößen von 23.3, 23.2, 23.1, 22.3 und 21.4 für die Bänder grizy an, wobei die Durchlaßbereiche der Filter nicht exakt identisch zu Sloan-Filtern sind, ihnen aber noch am ehesten entsprechen. Asteroidenbeobachtungen macht Pan-STARRS ja meistens mit dem w-Filter, der gri abdeckt und damit eine Art Luminanz nur mit Verschiebung ins nahe Infrarot darstellt. Für den w-Filter gibts alleridngs nur einen deutlich kleineren Abdeckungsgrad des Himmels, da man sich bei den Asteroiden ja doch stark auf die Ekliptik konzentriert.


    Viele Grüße
    Caro

  • Hallo Christoph,


    das wäre "The Pan-STARRS1 Surveys" von Chambers et al: https://arxiv.org/abs/1612.05560


    Außerdem gehören noch dazu: "Pan-STARRS Data Processing System" von Magnier et al (https://arxiv.org/abs/1612.05240), "Pan-STARRS Pixel Processing: Detrending, Warping, Stacking" von Waters et al (https://arxiv.org/abs/1612.05245), "Pan-STARRS Pixel Analysis : Source Detection & Characterization" von Magnier et al (https://arxiv.org/abs/1612.05244), "Pan-STARRS Photometric and Astrometric Calibration" von Magnier et al (https://arxiv.org/abs/1612.0524) und "The Pan-STARRS1 Database and Data Products" von Flewelling et al (https://arxiv.org/abs/1612.05243)


    Viele Grüße
    Caro

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