Liebes Sternvolk,
es gibt so Nächte da will irgendwie rein gar nichts gelingen. Kaum hat mein sein Equipment aufgebaut, ziehen Wolken durch das gerade noch klare Bild und verdecken für Stunden alles. Oder, wo man vor Nächten noch bei 30 Grad selbst hier im hohen Norden geschwitzt hat, muss man nun bei kalten 12 Grad schon den dicken Pullover überziehen.
So geschehen gestern Nacht, als ich bei klarem Wetter gerade meinen zweiten Gang in diesem Spätsommer / Frühherbst durch die Cassiopeia antreten wollte. Zuerst Wolken und dann die empfindliche Kühle. Aufgeben? Nicht mit mir. Wenig später klarte der Himmel wieder auf, und ein Sternlein nach dem anderen blitzte und funkelte von oben herab. Nach und nach wurde das Band der Milchstraße immer deutlicher sichtbar – fast hatte man das Gefühl, als wollten ihre zarten Ärmchen einen in den Arm nehmen. Oder vielleicht auch auf den Arm, wer weiß das schon so genau. Bei fortgeschrittener Dunkelheit und einem vorsichtigen Blick durchs Teleskop auf Caph (ß Cas) wurde einem plötzlich ganz anders: So viele Sterne!! Das Auge vorsichtig wieder zurückgenommen, und in der Tat, selbst der bloße Anblick des Himmels war überwältigend. Mirfak (a Per) und Umgebung sahen aus, als hätte jemand aus purem Übermut Goldklümpchen an den Himmel geworfen, die Milchstrasse war übersät mit einem Funkeln wie zu Weihnachten... unfassbar!
Meine Ziele sollten eigentlich die kleineren Objekte in der Cassiopeia sein, und unter diesen Voraussetzungen wurde es zu einer Herausforderung für mich unbedarften Anfänger. Aufgeben? Nicht mit mir! Relativ leicht fand ich NGC 663 und daneben wartete ein erstes Objekt, NGC 654. Aber, oh Schreck, wo war er? Die Vorder- und Hintergrundsterne waren kaum zu trennen, und so suchte ich verzweifelt, aber schließlich fand ich ihn aufgrund seines mit 7 mag etwas heller leuchtenden Hauptsterns. So, der erste Haufen war geschafft! NGC 654 blieb aber leicht nebelartig und erst bei hoher Vergrößerung und indirektem Sehen waren winzige kleine Sternpünktchen zu erkennen.
Das nächste Ziel war dann NGC 7789, ein offener Sternhaufen der 1783 von Caroline Herschel entdeckt wurde. Der Sternhaufen, sozusagen rechter Hand von Caph (ß Cas) zu finden, wird auch „The White Rose“ oder „Caroline`s Rose“ genannt. Viel besser passt aber der Name „Caroline`s Haystack“, der Heuhaufen. Und wahrlich, es war eine Suche nach dem Stern im Heuhaufen! Bei niedrigster Vergrößerung bin ich mehrfach drüber weggeglitten, nahm zwar einen leichten Neben wahr, aber suchte doch nach einem OS! Es war zum verrücktwerden, dazu dieser immense Sternenhimmel... Aufgeben? Nicht mit mir! Also nochmal das Nebelfleckchen angefahren, Okular gewechselt hin zur mittleren Vergrößerung – und da war er, der Heuhaufen! Bei kleiner Vergrößerung ein Nebel, dann ein OS mit vielen, vielen kleinen Sternenperlen – grandiose Show da oben und all die Mühen und das Fluchen wert!!
Zum Schluß dann der Schwenk nach Norden zu M 52, der bei diesem Himmel auch nur mit Mühe gefunden werden konnte, was ansonsten kein Problem darstellt. Auch er entpuppte sich leicht nebelartig und bei diesem Himmel ein wenig schwach, aber bei großer Vergrößerung als recht interessantes Objekt.
Kälte, Müdigkeit und die recht zweifelhafte Ehre, an diesem Morgen recht früh wieder aus den Federn zu müssen, riss mich schließlich von diesem Himmel fort, den ich so funkelnd und leuchtend klar zuvor noch nie erlebt habe...
Müde, aber zufriedene Grüße,
Hermann