Vielleicht habt Ihr ja auch neben Euren "aktuellen" Teleskopen und weiterer Ausrüstung auch noch ein Gerät aus der "guten alten" Zeit von vor den 90ern. Damals, als die Geräte noch aus Japan oder Jena kamen, wo Astro Arge Westerholt, Dieter Lichtenknecker oder Manfred Wachter noch Namen waren, "Tasco" für richtige Solidität stand und es von "Kosmos" nicht dieses China-Plastikgelumpe gab, sondern wirklich wertige Sternguckerutensilien.Ja, man kann schon etwas verklärt in die Vergangenheit gucken ...
Ich konnte vor einiger Zeit einen solchen Oldie an Land ziehen ... den Tasco 13-V 80/910mm Fraunhofer Refraktor. Auf stabilem Holzstativ und der NP-Montierung und dazu noch mit dem kompletten Ausrüstung ... fein. Früher (in den 70ern) habe ich mir für solche Geräte beim Optiker (damals gab es solche Teleskope noch dort) am Fenster die Nase platt gerückt ... wenn da etwas von 1500 DM und mehr als Preis stand. Das mit 10 DM Taschengeld ... Aber nun steht er seit einigen Monaten bei mir ... gebraucht und rummelig, aber in exzellenter Qualität.
Also habe ich den alten Tasco gestern mal in nahezu Originalausstattung auf den Balkon gestellt. Nicht original waren nur die - neben den beiden originalen 24.5er Okularen (HM-12.5mm und Or 6mm) - zeitweise eingesetzten CZJ-Steckorthos. In der noch ausklingender Dämmerung sollte mal wieder der gruselige Stuttgarter Nachthimmel ein wenig unter die Linse genommen werden. Es war eigentlich schön klar; und die Luft e n d l i c h mal nicht mit Feuchtigkeit gesättigt, sondern schön trocken. Los ging es zunächst mit der sehr tief stehende Mondsichel, die ich mal im HM12.5 und dann dem 6er Ortho anschaute: trotz der unruhigen horizontnahen Zappelei war ich schon erstaunt, was diese 30-40 Jahre alte Kombi aus Japan-80er Objektiv, dem 24.5er Zenitprisma und den alten Okularen "drauf hat": Nämlich viel. In den ruhigen Momenten waren die Einzelheiten wie Krater, Gebirge, Maria auf dem Mond knallscharf und (selbst bei 152fach) relativ farbfehlerfrei zu sehen.
Natürlich der Saturn ... da kamen nun erstmal die CZJ-Orthos zum Einsatz: schon im 10er bei 91fach war die Cassini-Teilung fast umlaufend gut zu sehen. Auch natürlich bei 152fach (mit beiden 6er Okus, dem CZJ und dem originalen Ortho). Auch Titan war leicht erkennbar, bei anderen Monden wurde es dann aber eng, da es eben nicht ganz "Nacht" war, stattdessen der Himmel aufgehelt und natürlich machte auch der tiefe Stand im Skorpion die Sache nicht einfacher.
Mars ... bis auf die dreiviertel-Phase war nichts zu sehen. Und der zappelt ja nun immer ... warum eigentlich? Der ja nur unweit von ihm stehende Saturn lieferte da ein viel ruhigeres Bild ab. Naja, da machen dann doch die paar Grad Höhenunterschied etwas aus.
Dann (wir haben am Tag vorher den schönen Sternen-Themenabend auf arte geschaut, wo es u.a. ja auch um das Sterben von Sternen ging), wollte ich meiner Dame mal so ein Relikt eines gestorbenen Sternes - den Ringnebel - zeigen. Okay, bei aufgehelltem Himmel und dann doch mit nur 80mm Öffnung konnte sie nur das leicht ovale Scheibchen des Nebels sehen. Indirekt gucken habe ich zwar Andeutungen des Ringes wahrnehmen können (91fach), aber mehr war einfach nicht drin.
Aus M 13 stand auf dem Plan .... hier konnte der Haufen bei 91fach in Ansätzen "grieselig" erkannt werden.
Schliesslich gab es natürlich noch einen "Grenzdoppelstern" für 80mm. Laut Dawes soll ein optimales Objektiv mit 80mm Durchmesser ja 112.5/80mm trennen können. Das wären dann 1.407"
Ziel, um das zu prüfen war pi Aquilae; laut Wikipedia (https://en.wikipedia.org/wiki/Pi_Aquilae) 1.437" getrennt, sprich 0"03 weiter auseinander, als das theoretische Limit. Und ... der alte Tasco trennte diesen Doppelten - in beiden 6er Okularen - bei 152fach bravourös auf. Zwei saubere scharfe Sternpünktchen direkt beieinander. Das macht Freude. Ich hab dann noch mal Atair angeschaut und dies intra- und extrafokalen Beugungserscheinungen Daumen mal Pi verglichen. Und da gab es nur wenig Unterschiede. Auch dies ist ja ein Anzeichen nicht geringer Qualität.
Kurz und gut: Ein klasse Gerät! Braucht sich aber mal garnicht vor 80ern heutigen Fertigungsdatum zu verstecken. Und auch wenn ich noch ein Bino-Apo stehen und okularmässig Nagler und Ethosse in meinem Koffer zu liegen habe ... irgendwie machen mir diese "back-to-the roots" Beobachtungen mittlerweile viel mehr Spass als das Gucken mit den hochgestylten (wenn natürlich hochklassigen) modernen Teleskopen und Okularen heutiger Provenience.
Vielleicht geht es Euch ja auch so - zumindest einigen von Euch. Und wenn Ihr Lust habt, hängt doch Eure back-to-the-roots-Beobachtungen hier auch mal an. Widmen wir den Geräten der guten alten zeit doch mal einen Beobachtungsn (und gerne auch Photo-)Thread
Ich habe in ein paar Wochen Urlaub, dann gehts nach Samsö, einer wunderbaren dänischen Insel mit wirklich dunklem Himmel. Und da werde ich den ollen Tasco wohl auch dabei haben. Mal sehen, was der dort so zeigt ... ich werde berichten.
Greetz Hannes
PS: ich habe den Thread mal hier gestartet, da es keinen eigenen Bereich "Klassiker" gibt (und ich ja mit einem Linsengerät geschaut habe). Natürlich sind Beobachtungen mit back-to-the-Roots-Spiegelteleskopen genauso willkommen[:)]
<font size="3">Idee für die Admins: vielleicht mal einen Bereich für klassische Teleskope (und Zubehör) eröffnen?</font id="size3"> [;)]