Vier Laser über dem Paranal

  • <b>Das erste Licht für die vier leistungsstarken Laser, die einen entscheidenden Beitrag zum System Adaptiver Optik am Very Large Telescope der ESO liefern, wurde am 26. April 2016 am Paranal-Observatorium der ESO in Chile gebührend gefeiert. Für die anwesenden Besucher gab es am majestätischen Himmel über dem Paranal eine eindrucksvolle Vorführung der innovativen Laser-Technologie. Hierbei handelt es sich um die leistungsstärksten Laserleitsterne, die jemals in der Astronomie zum Einsatz kamen. Zugleich stellt dieses Event auch die Premiere für den Einsatz mehrerer Laserleitsterne an einem ESO-Observatorium dar.</b>


    Bei der Veranstaltung waren ESO-Mitarbeiter sowie hochrangige Vertreter der Unternehmen anwesend, die an der Herstellung der unterschiedlichen Komponenten des neuen Systems beteiligt waren.


    Die Four Laser Guide Star Facility (4LGSF) lässt vier 22-Watt-Laser in den Himmel strahlen, um künstliche Laserleitsterne zu erzeugen, indem sie Natrium-Atome in der oberen Atmosphäre zum Leuchten anregt, so dass sie wie echte Sterne aussehen. Die künstlichen Sterne ermöglichen dem System Adaptiver Optik die Unschärfe durch die Erdatmosphäre auszugleichen, so dass das Teleskop scharfe Bilder erzeugen kann. Durch die Verwendung von mehr als einem Laser können die Turbulenzen in der Atmosphäre detaillierter aufgezeichnet werden, was die Bildqualität über ein größeres Gesichtsfeld erheblich verbessert.


    Die Four Laser Guide Facility ist ein Beispiel dafür, wie die ESO es der europäischen Industrie ermöglicht, komplexe Forschungs- und Entwicklungsprojekte zu leiten. Der Faserlaser, der in der 4LGSF zum Einsatz kommt, ist ebenfalls eine der erfolgreichsten ESO-Technologien, die nun in der Industrie Verwendung findet.


    TOPTICA, der deutsche Hauptunternehmer, war für das Lasersystem verantwortlich und lieferte den Oszillator, den Frequenzverdoppler und die Kontrollsoftware für das System. Wilhelm Kaenders, Vorstandsvorsitzender von TOPTICA, kommentiert: „TOPTICA hat die Zusammenarbeit mit ESO sehr viel Spaß gemacht. Es geht nicht nur um den persönlichen Nervenkitzel, sich wieder mit Astronomie, einer alten Leidenschaft, zu beschäftigen und dabei mit sehr klugen Technologieexperten zusammenzuarbeiten. Die Inspiration, die wir dabei für die Entwicklung unserer eigenen kommerziellen Produkte erhalten haben, spielt ebenfalls eine Rolle.“ [2]


    Das kanadische Unternehmen MPBC stellte die Faserlaser-Pumpen und Raman-Verstärker zur Verfügung, die auf einem lizenzierten Patent der ESO basieren. Jane Bachynski, Vorstandsvorsitzende der MPB Communications Inc., äußert sich hierzu: „MPBC ist stolz darauf, in der Entwicklung leistungsstärkerer Raman-Faserverstärker mit der ESO zusammengearbeitet zu haben, so dass MPBC diese Technologie bis zu den Sternen bringen konnte. Dieses Ereignis stellt für alle Beteiligten den Höhepunkt vieler Jahre harter Arbeit dar.“ [3]


    TNO stellte in den Niederlanden die baulichen Komponenten her, die die Laserstrahlen aufweiten und in Richtung Himmel lenken. Paul de Krom, Vorstandschef von TNO, kommentiert: „TNO schätzte das partnerschaftliche Arbeitsumfeld während der Entwicklung dieser Komponenten und freut sich auf die Möglichkeit, auch in Zukunft mit der ESO und den anderen Partnern, die am 4LGSF-Projekt beteiligt waren, zusammenzuarbeiten.“ [4]



    Das neue Laser-System am Hauptteleskop 4 am VLT. Bild: ESO/G. Hüdepohl


    Die 4LGSF ist Teil der Adaptive Optics Facility von Hauptteleskop 4 des VLT und wurde eigens für die Bereitstellung von vier Natrium-Laserleitsternen für die Systeme Adaptiver Optik GALACSI/MUSE und GRAAL/HAWK-I konstruiert. Mit dieser neuen Anlage besitzt das Paranal-Observatorium weiterhin die fortschrittlichsten und außerdem die größte Anzahl aller Systeme Adaptiver Optik, die heutzutage in Betrieb sind.


    Die 4LGSF-Laser wurden von der ESO in Zusammenarbeit mit der Industrie entwickelt und werden unter anderem bereits am Keck-Observatorium (das sich gemeinsam mit der Europäischen Kommission an den Entwicklungskosten beteiligt hat) und am Subaru Telescope verwendet. In Zukunft werden auch die Teleskope am Gemini-Observatorium mit diesen industriellen Lasern ausgestattet sein, die außerdem die erste Wahl für zahlreiche andere Observatorien und Großteleskop-Projekte darstellen.


    Die neue Technik, die für die Four Laser Guide Star Facility entwickelt wurde, ebnet den Weg für das System Adaptiver Optik des European Extremely Large Telescope (E-ELT), das das größte optische Teleskop der Welt sein wird.


    Endnoten


    [1] Das 4LGSF ist die zweite Generation an Laserleitstern-Anlagen, die von der ESO für die Adaptive Optics Facility am UT4 VLT-Teleskop gebaut wurde. Die zwei entscheidenden Komponenten mit langen Lieferzeiten für das 4LGSF, das Lasersystem und die Teleskopoptiken für das Laser-Launch-Teleskopsystem wurden durch die Industrie bereitgestellt. Die Faser-Raman-Laser-Technologie, auf der das 4LGSF-Lasersystem basiert, ist von der ESO entwickelt, patentiert und für den industriellen Bereich lizenziert worden.
    [2] Das Projekt hat es TOPTICA ermöglicht, ihre Produkte hinsichtlich Wellenlängenbereich und Ausgangsleistung zu verbessern. Die Firma produziert den SodiumStar 20/2, der als Quasi-Standard für bereits vorhandene und geplante Teleskope auf der ganzen Welt betrachtet wird. Alle zukünftigen ehrgeizigen Großteleskop-Projekte nutzen den SodiumStar beispielsweise als Basis. Während ihrer siebenjährigen Zusammenarbeit mit ESO ist das Unternehmen von 80 auf heutzutage mehr als 200 Mitarbeiter angewachsen.
    [3] Die Zusammenarbeit von MPBC mit ESO hat auch einen zusätzlichen Nutzen gebracht, in Form einer Ableger-Produktlinie aus Einzelfrequenzverstärkern in praktisch jeder Wellenlänge, was neuartige Anwendungen in der wissenschaftlichen und kommerziellen Forschung ermöglicht.
    [4] Die Entwicklungen von TNO beinhalteten ebenfalls Beiträge von vielen Zulieferern aus den Niederlanden (Vernooy, Vacutech, Rovasta, Schott Benelux, Maxon Motor Benelux, IPS technology, Sensordata und WestEnd) und anderen internationalen Unternehmen (RMI, Qioptiq, Laser Components, Carl Zeiss, GLP, Faes, Farnell, Eriks und Pfeiffer). Der Fortschritt an Wissen und Technologien, die durch die Arbeit mit der ESO erreicht wurde, kommt den niederländischen und europäischen Partnern von TNO hinsichtlich Astronomie, Kommunikation, Halbleiterfertigung, Medizintechnik, Weltraumforschung und Erdbeobachtung zugute.


    Weitere Infos auf den Seiten der ESO unter http://www.eso.org/public/germany/news/eso1613/

  • Hallo Caro,


    Ist das Foto mit den vier sichtbaren Laserstrahlen eine künstlerische Darstellung, oder sind die Laser wirklich so leistungsstark, dass die Strahlen in der dünnen Luft auf dem Paranal so gut sichtbar sind?


    Neugierig:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Hallo Marcus,


    das Bild ist echt. Die EXIF-Daten der Originalaufnahme sind leider nicht mehr ganz vollständig, verraten mir aber zumindest, daß es mit einer Nikon D750 aufgenommen wurde. Auf der verlinkten ESO-Seite gibts übrigens noch eine ganze Reihe weiterer Bilder, das erste (http://www.eso.org/public/germany/images/eso1613a) zum Beispiel sagt, es wäre 30 Sekunden mit einer Nikon D4 bei Blende 4 und ISO 3200 belichtet.


    Ansonsten. Wie oben geschrieben, jeder dieser Laser hat 22 Watt (und nicht mW...), und wenn du dir anschaust wie gut man schon einen grünen Laser mit 5mW unter Normalbedinungen sehen kann - ja die Dinger sind verdammt hell [:)]


    Viele Grüße
    Caro

  • Hi Caro,


    http://www.eso.org/public/news/eso1613/


    ohne das /a hinten dran findet man alle Bilder. [:)]


    Zu den Lasern- man darf sich ja diese Laser nicht so vorstellen wie man das von den Pointern her kennt. Der austretende Strahl ist nicht so dünn, der kommt aus einem zierlichen Teleskop mit immerhin 500mm Öffnung heraus und der Strahldurchmesser ist aufgeweitet auf ca. 350mm. Damit trifft das Licht natürlich auch auf entsprechend viel Staubpartikel in der Luft. Die Laser schauen halt mit dem großen Hauptspiegel nur so klein aus.


    Schön beschrieben ist das in dem Dokument- http://www.eso.org/~eallaert/docs/spie_lgsf_2003.pdf


    Und auf der Wiki-Seite sind auch Bilder anhand deren die Größe dieser Laseroptik sehen kann.


    https://en.wikipedia.org/wiki/Laser_guide_star


    Frage noch an Caro- diese von den Lasern hervorgerufenen hellen Lichtschimmer an dem Aufbau (Verstrebungen) des Teleskops- sind die nicht irgendwie störend?


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Stefan,


    sag ich doch - "auf der verlinkten ESO-Seite" - siehe Ursprungsbeitrag [;)] Das a bezieht sich explizit auf das genannte Bild mit den 30 Sekunden Belichtungszeit.


    Sagen wirs mal so: Wenn das Streulicht wirklich stören würde, dann hätten sie es mit Sicherheit irgendwie hinbekommen, die Laser noch weiter oben anzubringen. Der Vorgänger-Laser saß ja immer oben auf dem Sekundärspiegel. Hinzu kommt: Das ist ja monochromatisches Licht, das kriegst du im Zweifelsfalle relativ leicht wieder rausgefiltert, selbst wenn es es schaffen sollte, irgendwie in den Strahlengang zu kommen. Die INstrumente an UT 4 sind HAWK-I (ein Nahinfrarot-Imager von 850 nm - 2.5 µm), SINFONI (ein Integralfeldspektrograf fürs Nahinfrarote von 1.1-2.45 #956;m) und MUSE (ein Integralfeldspektrograf fürs sichtbare Licht von 465-930 nm). HAWK-I nutzt gar keine Adaptive Optik, also brauchst du auch keine Laser. Auch SINFONI geht ohne AO, wird aber schon auch mit AO benutzt, aber in dem Wellenlängenbereich fällt Natriumemission eh flach. Bei MUSE kann man den entsprechenden Teil des Datenkubus dann halt einfach weglassen, ürde ich vermuten.


    Viele Grüße
    Caro

  • ach, und damit mal auf ein deutsches Teleskoptreffen ....


    im Ernst: vielen Dank an Caro für die immer wieder interessanten Neuigkeiten.


    Viele Grüße
    peter

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!