Hallo zusammen,
es gibt da einen neuen Test eines ED152 dessen Design ich mal für Markus erstellt hatte.
Darin kommen einige sehr eigenartige Aussagen und eine Frage an mich vor.
Die Strehlkurve für diese Optik die jeder auf Präsentationen diverser Händler einsehen kann wurde vom Tester wie folgt ergänzt.
http://rohr.aiax.de/APM143_13.jpg
Die Frage ob ich hier Fertigungsfehler berücksichtigt hätte ist ja geradezu albern.
Wie sollte das gehen und für welches Exemplar sollten die Fertigungsfehler denn gelten?
Fertigungsfehler sind ja immer individuell, wie sollte man hier also eine allgemeingültige Aussage machen können.
Es wird auch nach der Fokuslage gefragt.
Nun wer sich mal etwas eingehender mit Strehlkurven beschäftigt der sieht eigentlich auf den ersten Blick wo der Fokus liegt und das es sich hier um einen polychromatischen Fokus handeln muss.
Das ist sofort an dem hierfür typischen M förmigen Verlauf der Kurve ersichtlich.
Es wurde also nicht stur auf eine vorher festgelegte Wellenlänge fokussiert sondern so das sich unterm Strich die bestmögliche Abbildung ergibt.
Genauso wie man es auch am Teleskop machen würde, da fokussiert man ja auch so das man die beste Abbildung bekommt und nicht etwa stur auf eine ganz bestimmte Wellenlänge.
Man nimmt hier bei grün einen kleinen Defokus in kauf damit sich bei blau und rot etwas bessere Werte ergeben.
Bei einem Doublet haben außer der Hauptwellenlänge immer 2 Wellenlängen den gleichen Fokus.
Eine liegt oberhalb und eine unterhalb der Hauptwellenlänge.
Legen wir grün also 555nm als Hauptwellenlänge fest dann steht also jeder Wellenlänge unter 555nm eine Wellenlänge oberhalb von 555nm mit gleichem Fokus gegenüber.
Man fokussiert daher abseits der Hauptwellenlänge auch nicht auf eine einzige Wellenlänge sondern immer auf 2 Wellenlängen!
Daher zeigt hier die Strehlkurve dann auch ihren typischen M förmigen Verlauf.
Auch wenn der Gaußfehler den Verlauf überlagert so kann man zumindest bei dominantem Farblängsfehler anhand der beiden Maxima der Strehlkurve die jeweiligen Wellenlängen klar erkennen auf denen der Fokus liegt.
Von daher bedürfte es eigentlich gar keiner näheren Erklärung zur Fokuslage welche meiner Strehlkurve nun zugrunde liegt.
Ich hoffe nun sollte es aber klar sein.
Des Weiteren behauptet der Tester einfach mal ich hätte das Design auf das Nachtsehen also skotopisch optimiert.
Das ist völliger Unfug wie man anhand der gezeigten Strehlkurve auch sofort erkennt, umso unverständlicher ist es da gerade zu dieser Strehlkurve dazuzuschreiben
"Auf visuelle Nachtbeobachtung optimiert"
Der Vergleich der Strehlkurve mit dem Verlauf der photopischen Helligkeitsempfindlichkeit zeigt ganz klar das hier der Bezug zu suchen ist und nicht skotopisch.
Warum ist die photopischen Helligkeitsempfindlichkeit die einzige relevante Bezugsgröße auch bei Astroteleskopen die man ja vorzugsweise nachts einsetzt?
Nun welcher Modus relevant ist hängt natürlich nicht von der Tageszeit ab, insofern ist der Begriff Nachtsehen schlicht irreführen.
Treffender wäre die Bezeichnung schwarz-weiß Sehen für skotopisch und Farbsehen für photopisch
Nun wie sicher jeder schon mal festgestellt haben dürfte ist der Mensch durchaus auch nachts in der Lage farbig zu sehen, ausreichende Lichtverhältnisse vorausgesetzt.
Nur bei sehr schlechten Lichtverhältnissen gilt dann tatsächlich der Satz nachts sind alle Katzen grau.
Also alles was wir durchs Teleskop farbig sehen wird auch im photopischen oder mesopischen Modus wahrgenommen.
Das trifft selbstverständlich für alle Planeten und den Mond zu aber natürlich auch auf die Sterne die wir farbig sehen.
Wer sich zb. an der Farbenpracht eines schönen Doppelsterns erfreut nimmt diesen logischerweise mit den Zapfen war und deren Empfindlichkeitsverlauf ist der Photopische (umgangssprachlich auch Tagsehen genannt), auch dann wenn die Beobachtung nachts erfolgt.
Im skotopischem Modus sinkt auch der Visus rapide ab.
Das kann jeder selbst ausprobieren der mal versucht eine Testtafel oder ähnliches bei sehr schlechten Lichtverhältnissen zu lesen.
Einfach mal bei „Schummerlicht“ versuchen irgendein Schriftstück aus einiger Entfernung zu lesen und dann mal Licht an oder Taschenlampe und dasselbe Schriftstück aus der gleichen Entfernung lesen.
Professionell wäre der Versuchsaufbau dann noch mit Siemensstern, so könnte man sogar eine Quantitative Aussage zur Sehschärfe bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen machen.
Kurzum der Mensch ist im skotopischem Modus gar nicht in der Lage einen Farbfehler wie ihn dieser ED hier hat wahrzunehmen.
Nicht nur weil er skotopisch sowieso keine Farben sieht sondern weil er ihn eben auch gar nicht auflösen könnte.
Von daher wäre es auch völliger Unfug diesen ED skotopisch zu optimieren.
Also der einzig richtige Bezug zur Beurteilung des Farbfehlers ist immer der Photopische!
Nun gibt es Fertigungsfehler welche den Korrekturzustand verändern, das kann so weit gehen das man meinen könnte der Designer hätte hier auf den skotopischen Modus Bezug genommen bzw. man versucht mit der Herstellung eines solchen Bezuges das Testexemplar schön und den Fertigungsfehler kleinzureden.
Diesen Versuch sieht man auch bei dem fraglichen Test zu diesem ED 152.
Die Korrektur des Testexemplars weicht spürbar von der Korrektur ab welche ich im Design vorgesehen hatte.
Das drückt den Polystrehl des getesteten Exemplars auf etwa 0,79 (nur Farbfehler).
Das Design hat Polystrehl 0,874.
Da gibt es nichts schönzureden das ist ein klarer Fertigungsfehler!
Wie komme ich auf die Polystrehl 0,79?
Nun ganz einfach ich habe das Design an den Korrekturzustand des Testexemplars angenähert.
Da das sekundäre Spektrum der Glaspaarung bei diesem Exemplar nahe an den Katalogwerten liegt war das auch kein großes Problem.
Anhand des angepassten Designs kann ich nun umfangreiche Aussagen zu dem konkreten Testexemplar machen.
Der Polystrehl sollte wie gesagt in diesem Korrekturzustand etwa 0,79 betragen.
Die Strehlkurve sähe dann so aus.
Da der Tester auf 546nm fokussiert hatte zeige ich neben dem polychromatischen Fokus auch mal die Strehlkurve bei Fokus auf 546nm.
Man erkennt in beiden Fällen deutliche Defizite bereits bei gelb.
Bei zb. 600nm hat unser Auge noch eine Empfindlichkeit von 63% weshalb wir hier ein Problem haben wenn schon bei dieser Wellenlänge der Strehl einbricht.
Wie man erkennt verbessert der polychromatische Fokus die Situation bei gelb / rot auf kosten eines Bereichs so um die 510nm.
Vom Strehlverlauf des originalen Designs ist man aber deutlich entfernt.
Ja das Testexemplar kann dafür bei 480nm punkten aber hier sind es nur noch 14% Helligkeitsempfindlichkeit so das der Vorteil hier den Nachteil bei gelb / rot nicht aufwiegen kann.
Daher ist der Polystrehl des Testexemplars deutlich schlechter.
Und das obwohl der RC Wert in beiden Fällen der Gleiche ist!
Das zeigt auch noch mal sehr schön das ein RC Wert nicht in der Lage ist die Farbkorrektur eines konkreten Testexemplars korrekt zu beschreiben da er eine unterschiedliche Lage der Schnittweiten zueinander nicht erfasst.
Der RC Wert ist streng genommen nur etwas für Theoretiker da er eine FCe Korrektur voraussetzt!
Das also die FH Linien F und C einen gemeinsamen Fokus haben.
Wer hier Praxisbezug hat wird wissen das in der Praxis dieser Korrekturzustand so gut wie nie exakt anzutreffen ist.
Man behilft sich hier dann mit der Bildung des Durchschnitts aber dabei geht der Bezug zur Lage der Schnittweiten zueinander verloren.
Sowas ist dann kein richtiger RC Wert mehr und solche Werte sind auch nicht untereinander vergleichbar.
Das zeigt ja das Beispiel hier auch noch mal sehr schön.
Nun muss sich der Besitzer des getesteten Exemplars aber nicht grämen.
Es gibt nämlich eine Möglichkeit die Lage der Schnittweiten zu optimieren.
Das geht immer dann wenn F zu kurz fällt wie es hier bei diesem Exemplar ja auch der Fall ist.
Hier kann ein Glasweg Abhilfe schaffen.
Optimal wäre bei diesem ED152 wenn F etwa 0,1mm hinter e liegen würde.
Laut Test fällt F bei dem Exemplar hier aber nahezu mit e zusammen, die 0,004mm können als Messunsicherheit gewertet werden.
Das bedeutet das im Gegenzug C etwa 0,1mm länger fällt als es sein müsste was dann auch der Grund für die Schwäche oberhalb von 600nm ist.
Verlängern wir F fällt C im Gegenzug kürzer und die Situation bei gelb / rot verbessert sich.
1mm BK7 Glasweg verlängern F gegenüber e um 0,00158mm
Wir müssten bei dem Testexemplar F ja um 0,1mm verlängern also benötigen wir einen Glasweg von 0,1mm/0,00158mm = 63mm.
Dann hätten wir nahezu den optimalen Korrekturzustand erreicht.
Na ja exakt 63mm Glasweg muss es nun aber auch nicht gleich sein, wenn wir uns da so ungefähr in dem Bereich bewegen ist das schon ok.
Ich würde dem Besitzer des getesteten Exemplars also empfehlen visuell dieses Exemplar mit einem entsprechenden Glasweg zu benutzen.
Dann sollte er das optimale Ergebnis erzielen
Vielleicht ist er ja so nett und berichtet mal wie sich der vorgeschlagene Glasweg dann in der Praxis ausgewirkt hat
Grüße Gerd
<font color="limegreen">Eingebettetes Bild durch Link ersetzt</font id="limegreen">