Hallo zusammen,
nachdem ich vor einigen Jahren einen Fraunhofer aus unbekannten Gläsern geschliffen habe (der immer noch regelmäßig im Einsatz ist), habe ich mich entschlossen, mein nächstes Projekt in Angriff zu nehmen.
Ich bin durch glückliche (und leider einmalige) Umstände an zwei 91 mm Kalziumfluorid Ronden gekommen, leider nur mit ca. 13 mm Dicke.
Damit stand mein nächstes Projekt schon fest, die Details für das Design haben aber viel Zeit in Anspruch genommen.
1.) Es sollte ein möglichst kleines Öffnungsverhältnis haben, was durch die "Dicke" der Rohlinge limitiert war.
2.) Es sollte ein Voll-Apo werden, also mit einen gut korrigierten Gaussfehler. Außerdem natürlich ein Aplanat.
3.) Es sollte beherrschbar sein, also herstellbar. Alle nachfolgenden Punkte ordnen sich dem im Prinzip unter... in absteigender Reihenfolge.
4.) Alle Toleranzen des Systems sollten (entsprechend meiner Erfahrung beim Fraunhofer, was ich herstellen/messen kann) realistisch sein, also Radien, Zentrierung, Dicke, etc.
5.) Es sollte ein klassisches Teleskop-Objektiv sein, also kein Petzval, Cooke Triplet, Tessar oder ähnliches, um die Anforderungen an die Zentrierung realistisch zu halten.
6.) Die Luftspalt(e) sollten 0 bis sehr dünn sein. Idealerweise sollte das ganze ölgefügt werden, um zumindest beim CaF2 ein auspolieren zu ersparen. Außerdem sind Luftspalte Meniskuslinsen aus Luft und damit extrem zentrier-empfindlich.
7.) Es sollten keine Asphären benötigt werden.
8.) Die Gläser sollten sich idealerweise in meinem Fundus befinden.
9.) Die Zahl der unterschiedlichen Radien sollte idealerweise gering sein.
Ich bin froh und denke tatsächlich alle Anforderungen mit meinem Design erreicht zu haben. Es hat folgende Eigenschaften:
1.) Das Design hat F/8, für alles andere ist das CaF2 zu dünn. (genau: 87,5 mm mit 700 mm Brennweite).
2.) Ein ungewichteter Polystrehl von g bis r kommt auf 0,81 Strehl, mit 0,9981 theoretischer Strehl bei e. Der aus dem besten Focus berechnete RC Wert liegt bei ca. 0,4.
3.) Alle Toleranzen liegen bei einem Mehrfachen dessen was ich in der Vergangenheit beim Fraunhofer erreichen konnte.
4.) Es ist ein Triplett Design mit 2 unterschiedlichen Gläsern.
6.) Es ist vollständig ölgefügt.
7.) Es ist vollständig sphärisch.
8.) Alles Glas was ich benötige habe ich zu Hause.
9.) Die mittlere Linse ist equikonvex, also sind alle Innenradien identisch und ich kann die CaF2 Linse theoretisch umdrehen...
Das Design ist bezüglich der Innenradien wirklich bemerkenswert. Da die Dicke quasi egal ist (ein halber cm bei den Linsen bringen irgendwas um 1/20 Lambda Unterschied) bleiben eigentlich nur noch die 2 Radien außen und der eine Innenradius um sphärische Aberration, chromatische Aberration, Gaussfehler, Komafreiheit und bis zu einem gewissen Umfang auch eine Kompensation von Petzval Krümmung und Astigmatismus zu erreichen. Das geht schon nur mit sehr wenigen Glaskombinationen mit 4 Radien ohne Luftspalt, mit 3 Radien muss man meistens R1 recht deutlich asphärisieren. Wenn ich mein Design mit CC auf R1 neu optimiere bleibt sie unter 0,01, ich kann es mir also sparen.
Details gebe ich mal nicht, vielleicht will ja mal einer mit verschiedenen Gläsern rumspielen. Bin mal gespannt ob es Ideen gibt. Kleiner Tipp, beide Gläser sind von Schott, allerdings ist eines obsolet. Es gibt aber auch noch ein aktuelles (allerdings kein "N-" Glas), das notfalls auch geht.
Ich habe übrigens die Bearbeitung aller Linsen bereits begonnen (incl. des CaF2) und bin bisher auf keine Schwierigkeiten gestoßen, außer dass ich mir einen total bescheuerten Muschelbruch bei einer der Linsen (nicht im CaF2) eingefangen habe. Da er aber nicht in die freie Apertur hineinreicht, habe ich es mir erspart einen neuen Rohling zu fräsen. Ich bin momentan bei den Innenseiten mit 15µ Microgrit durch und komme morgen zum 9µ. Die Außenseiten bearbeite ich dann wenn die Innenseiten fertig sind.
Soviel für heute.
Nächstes mal gibt's noch eine Übersicht über die Toleranzen und dann Fotos und Updates über die Bearbeitung.
Ich bin gespannt, was ihr davon haltet.
Grüße,
Nikolas