Solargrafie: 39 Tage + 175 Tage Belichtungszeit

  • Hallo liebe Sternenfreunde!


    Heiko (Hico) hatte hier vor einigen Jahre bereits einige erfolgreiche Versuche mit Solargrafie gehabt. Siehe seine 19 Stunden Belichtungszeit in dem Blickwinkel - der Bilderthread. Selbst wollte ich es immer mal ausprobieren... ^^


    Anfang November hatte ich ein solches Fotoprojekt gestartet, was sich Solargrafie nennt. Es handelt sich dabei um eine einfache Dokumentation der Sonnenbahn mit Hilfe einer Lochkamera über einen Belichtungszeitraum von mehreren Tagen bis hin zu einigen Monaten. Somit lässt sich wunderbar die Strichspur der Sonnenbahn am Himmel einfangen. Wer kennt noch den schönen Spruch? "Im Osten geht die Sonne auf, im Süden nimmt sie ihren Lauf, im Norden ist sie nie zu sehen und im Westen geht sie unter." Somit ist der tägliche Sonnenlauf durch drei markante Punkte charakterisiert: Sonnenaufgang, Höchststand und Sonnenuntergang. Über eine lange Belichtungszeit von mindestens einen Tag lässt sich eben genau diese Bewegung festhalten. Nicht nur das... Es lässt auch über mehre Tagen den sinkenden tiefen Stand der Sonne festhalten bis zur Wintersonnenwende festhalten, bedingt durch das Zusammenspiel der Erdachsenneigung und der Position der Erde um die Sonne. Während der Wanderung der Erde um die Sonne bleibt die Erdachsenneigung konstant. Somit entstehen die Jahreszeiten sowie die unterschiedlichen Tageslängen durch die unterschiedliche Ausrichtung der Erdachse gegenüber der Sonne. Aber auch der jahreszeitliche Sonnenstand hängt vom geografischen Ort ab.



    In meinem Fall habe ich in der Zeit zwischen 06.11. und 15.12. insgesamt 39 Tage belichtet. Im Solargrafie-Foto sieht man wunderbar die Unterbrechungen der Sonnenbahnen, die durch die Schlechtwetterphase verursacht werden. Als Lochkamera eignet sich jede Konservendose, Filmdose oder auch Kaffeedose. Es muss etwa auf halber Höhe der Dose (oder auch bis etwa 2/3 Höhe zur Erfassung der hohen Sonnenbahnen) ein kleines Loch im Durchmesser zwischen 0,3mm bis 0,7mm reingestochen werden. Eine Nähnadel oder kleine Bohrspindel kann hier helfen. Das Loch sollte möglichst rund sein, da es sonst zu Unschärfen führt. Je kleiner das Loch ist, desto kontrastreicher und schärfer sind die Details auf dem Foto. Die Lochkamera sollte dabei windfest und sicher an einem Ort mit guter Südsicht aufgestellt werden. Panzertape ist hier eine gute Hilfe. Als Film eignet sich jedes fotografische Papier aus dem Fotolabor. Hierfür hab ich von Foma das sogenannte Fomaspeed Variant 313 als Schwarzweiß-Papier verwendet, da die Oberfläche matt ist. Auch anderes Fotopapier von Ilford oder Orwo könnte gehen. Eine glänzende Oberfläche führt zu störenden Reflexionen. Durch die extreme Belichtungszeit wird das belichtete Papier bereits zum Negativ, dass am Ende der Belichtungszeit eingescannt werden muss. Es wird dabei keine Fotochemie wie Entwicklerbad oder Fixierer benötigt. Am Ende wird das eingescannte Foto digital ins Positivbild umgewandelt.



    Meine Konservendose ist etwa 8cm hoch und im Durchmesser 7,5cm dick. Das Loch müsste etwas kleiner als 1mm sein. Eine zweite Dose hab ich bereits fertig mit 10cm im Durchmesser, 12cm Höhe und 0,5mm Lochdurchmesser. Mal schauen, ob ich in den nächsten Tagen noch fix 2-3 weitere Dosen zusammenstelle. [:D]


    Vielleicht hat ja einer von Euch auch Lust, ein solches einfaches Fotoprojekt zu starten. Am besten mit Beginn der Wintersonnenwende bis zur nächsten Sommersonnenwende. Denn in dieser Zeit steigt der Sonnenstand bis zum Maximum hoch. Es kommt damit zu keiner Überschneidung der Sonnenbahn vor der Wintersonnenwende. Viel Erfolg und viel Spaß beim selber ausprobieren. Denn Geduld ist hier gefragt, bis das Bild fertig ist. ^^


    Viele Grüße


    Christian


    Edit: Titel erweitert. [:)] (20.06.2016)

  • Hallo Christian,
    das ist ein interessantes Projekt. Zwei Fragen habe ich: Wie legst Du denn da sozusagen "den Film" ein. Kommt das Fotopapier auf den Boden der Dose? Muss dieser Vorgang im Dunkeln oder Rotlicht erfolgen?


    Viele Grüße
    Jürgen

  • Hallo Jürgen,


    freut mich, dass Dich die Solargrafie fasziniert. ^^ Nein, das Fotopapier legst Du nicht auf den Boden, sondern gegenüber des Loches an der Innenwandseite. Siehe mein Foto.



    Als Beispiel hab ich mal ein einfaches Streifen Druckpapier genommen. Das Filmeinlegen des richtigen fotografischen Papiers und das Verschließen der Dose sollte im dunklen Raum geschehen, möglichst mit schwachen Rotlicht. Nach der Beendigung des Belichtungszeit sollte das Loch natürlich wieder mit einem Panzertape, oder sowas ähnliches, verschlossen werden. Auch im Raum, in dem Du das Bild einscannen magst, sollte ebenfalls Dunkel sein. Denn jedes helle Licht könnte den Film wieder belichten, was sich besonders auf den Kontrast auswirkt. Auch sollte der Vorschauscan abgeschaltet werden, um das Bild beim ersten Versuch direkt zu scannen. Sonst verblasst das eigentlich Bild, je nachdem wie empfindlich noch das Papier ist. Bei mir war das Fomaspeed recht genügsam und konnte zweimal scannen, ohne merkliche Verschlechterung/Verblassung des Motives.


    Viele Grüße


    Christian

  • Hallo Christian,
    das ist echt ne coole Sache und interessiert mich auch! Wie siehts denn mit dem Mond aus? Wird der - zumindest während der Zeit um Vollmond - auch abgebildet?

  • Hallo Daniel!


    Uff, das ist eine gute Frage... Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob die Mondhelligkeit ausreichend ist hierfür. Auf jeden Fall hängt es von der Empfindlichkeit des Fotopapiers ab! Sollte es möglich sein, dann darf die Belichtungszeit nicht zu lang gewählt werden, da die helle Sonnenspur die "schwache" Mondspur überdecken/überlappen würde. Wenn die Solargrafie komplett von der Wintersonnenwende bis zur Sommersonnenwende läuft, dann würde auf jeden Fall die helle Sonnenspur die Mondspur überdecken.


    Meine Dose ist von der Höhe her noch zu klein, um die flache Zugbahn der Sonne + die hohe Mondbahn in dieser Jahreszeit gleichzeitig zu erfassen. Da müsste ich mal ein passende Getränkedose zum ausprobieren finden, die von der Höhe her auch passt.


    Viele Grüße


    Christian

  • Hallo Christian,


    Das Loch in der Dose wirst wahrscheinlich genau nach Süden ausrichten.


    Wie ist es mit der Neigung der Dose?
    Stellt du die Dose einfach gerade auf dem Dosenboden, oder wird die etwas#
    geneigt?
    Und vor allem, wo gibt es Fotopapier zu kaufen?

  • Hallo Christian,
    sehr schönes Projekt - super!


    Vor Jahren mal im Fernsehen was zu dem Thema gesehen - der schon etwas ältere Herr hat auch das Photopapier selbst hergestellt (Albumin - Hühnereiweiss, als Grundlage), ein Blatt in einen Schuhkarton gelegt und anschließend 4 Stunden vor dem Eiffelturm in einem Straßencafe gesessen ... das Ergebnis war mal richtig gut.
    Gruß,


    Steffen

  • Hallo Gerd!


    Für den ersten Versuch hab ich die Dose gerade aufgestellt. Für den nächsten Versuch will ich mal etwas Neigung mit einbringen, um einen größeren Sonnenstand zwischen der Wintersonnenwende und der Sommersonnenwende abdecken zu können. Andersfalls werden die oberen Sonnenspuren nach min. 2-3 Monaten Belichtungszeit einfach abgeschnitten, da die Sonne dann einfach zu hoch steht. Das Fotopapier hab ich beim Fotoimpex Shop bestellt. Dort findet man auch das Schwarzweiß Fotopapier.


    Viele Grüße


    Christian

  • Hallo Christian,
    vielen Dank für deine Infos - insbesondere die per mail! Ich habe letzte Nacht noch bis 2 Uhr wach gelegen, hab mich etwas eingelesen und auf google maps nach möglichen Standorten gesucht [:D] Das Fotopapier habe ich auch eben bestellt. Bin sehr gespannt, was zu dem Thema hier noch gezeigt wird...

  • Hallo liebe Sternenfreunde,


    da ich keinen neuen Fred aufmachen wollte, werde ich hier meine zwei neuen Fotos von der Solargrafiefront zeigen. ^^ Nun ist es endlich soweit nach 174 bzw. 175 Tage Belichtungszeit und langen Wartens! Damals hatte ich im November ich ein einfaches Fotoprojekt gestartet und getestet, welches mit 39 Tagen Belichtungszeit ganz gut lief. Nun wollte ich mal die volle Zeit von der Wintersonnenwende bis zur Sommersonnenwende nutzen. ^^ Von vier ausgewilderten Dosen haben es zwei überlebt. Aber hey, es gibt mittlerweile Familiennachwuchs von den Dosen. Nach wie vor wurde das Fomaspeed Variant 313 als Schwarzweiß-Fotopapier verwendet, da mich die Farbdarstellung in der Langzeitbelichtung interessierten.


    In dem ersten Foto habe ich in der Zeit zwischen 28.12.2015 und 19.06.2016 mit insgesamt 174 Tage Belichtungszeit unsere Sternwarte fotografiert.


    Das zweiten Bild ist in der Zeit zwischen 28.12.2015 und 20.06.2016 mit insgesamt 175 Tage belichtet worden und zeigt die Trinitatsikirche etwa Bildmitte. (Edit: Ups! Sehe soeben, dass hier die Seiten vertauscht sind. ^^ Links = rechts und rechts = links. Ist jetzt aber egal. :))


    Als nächstes werde ich mal das Fotopapier Rollei Vintage 314 mit einer Größe von 17,8cm x 24 cm ausprobieren. Da bin ich besonders auf die Farben gespannt. Soll ja etwas mehr ins blaue gehen, wenn ich mich recht erinnere.


    Ich hoffe, die Bilder haben Euch gefallen und motivieren Euch auch mal, so ein einfaches Fotoprojekt zu starten. Kostet überhaupt nicht die Welt. Ein Scanner ist hier wichtige Voraussetzung. By the way: Hat es jemand selbst auch in der Zeit ausprobiert? :)


    Viele Grüße


    Christian

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