Beobachtungsbericht vom 18. zum 19. September 2015
Ort: Feld, tief im Odenwald
Bedingungen: Klarer Himmel zwischen Fronten. Seeing eher schlecht. 6,3mag
Instrument: Newton 200/1000 auf HEQ5
Hallo Gemeinde,
ich war mal wieder draussen und möchte Euch gerne dran teilhaben, insbesondere vielleicht Anfänger, die ebenfalls einen 8er Dobson haben (also was ist machbar).
Vorab - die 2015 Saison läuft echt gut. Ab dem Winter konnte ich fast jeden Monat nahe Neumond beobachten. Letztes Jahr fingen ab August ja die Wetterprobleme an, und so schien es auch für dieses September-Wochenende zu sein (in meiner Region - Südhessen). Letztes Wochenende wars nix, aber an diesem Freitag sagte meteoblue eine mögliche Öffnung des Himmels für ein paar Stunden in der Nacht voraus. Also wartete ich am Abend und blickte vom Balkon auf die Entwicklung des Wetters, insbesondere im Zielgebiet Odenwald. Den sehe ich vom Balkon recht gut in der Ferne. Also mit den Vorhersagen (Öffnung ab 20:00 bis 3:00) und mittlerweile Kennerblick habe ich beschlossen, es könnte klappen. Also ans Werk und viel Geraffel von der Wohnung ins Auto tragen. Um 20:00 fuhr ich los. Um 21:00, nach 55km war ich an meinem Beobachtungsfeld angekommen. Aber oh jeh, die Landwirte wollen das Wetter auch nutzen und ernten ein Maisfeld ab, bei voller Festbeleuchtung. Also Abzug. Ich irrte etwas in der Gegend rum, aber es war alles ungeeignet. Dann fuhr noch tiefer in den Odenwald. Auf einem anderen Feld am anderen Ort schien es ruhig zu sein. Also dort aufgebaut. Mittlerweile war es 22:00 als ich das helle Licht im Auto ausgeschaltet habe. Ein pechschwarzer Himmel begrüßte mich (noch nicht adaptiert). Trotzdem: die Milchstraße konnte ich sofort sehen! Komische Sache das mit derDunkeladaption. Der Mond war auch schon weg, also los...
Ich wollte primär die Objekte abarbeiten, die ich im Karkoschka "Sternenführer" all die Jahre (naja es sind drei) vernachlässigt habe, oder bisher nicht geschafft zu finden oder zu sehen.
Zunächst also das Sternbild im Süden, Steinbock. Dort M75 - ein sehr weit entfernter KS. Ist nicht ganz leicht zu finden. Ich habs zuerst mit dem Rigel Finder versucht. Als Okular nehme ich trotz zu hoher AP immer noch gerne das Erfle 38mm. Es gibt mir maximales wahres Feld (2,7 Grad) und hat im Gegensatz zu dem 6x30 Sucher einen bequemen Einblick. Gefunden habe ich M75 letztlich mit dem Zielen mit dem Rigel auf eine Augen-sichtbare Sterngruppe und dann im TSWA per Star-Hop. M75 selbst ist tatsächlich klein und neblig im 8-zöller. Maximal habe ich einen auf 9mm verlängerten Hyperion benutzt. Dann ist der KS etwa so groß wie 2 Jupiter.
Wenn ich schon da war habe ich auch den Klassiker M30 besucht ein interessant geformter KS mit "Füßen". Leider war er etwas unscharf durch das Seeing und nebelhaft durch die aufgehellte Trübung so tief im Süden. Die Füße immerhin blitzten hin und wieder als Sterne auf.
Dann ging es weiter nach Osten zum Wassermann. Dort natürlich mal wieder den Saturnnebel, ein PN der nicht ganz rund ist. Diesmal meine ich noch ein sehr schwaches Halo daneben/drumrum erblickt zu haben. Im Karkoschka ist er tatsächlich wie ein Saturn in Kantenlage abgebildet (ein Foto), aber in der Realität ist es einfach ein ovaler PN. Ist recht hell, ich bin mal spasshalber bis knapp 385x hoch gegangen, weit über die Seeing Grenze. Die Flächenhelligkeit gibt das noch her.
Dann habe ich wieder zwei nie besuchte Karkoschka-Objekte im Wassermann markiert M72 und M73. M73 ist ein Mini OS aus 4 Sternen, den man leicht überfährt. Ich bin also im Ü-Okular zunächst auf den KS M72 gestoßen. Er ist auch relativ klein für einen KS - und blass, blasser als M75. Er bleibt neblig. Mehr als 12mm habe ich nicht reingestöpselt.
Dann per Starhop zurück zu M73. Im Ü-Oku (38mm) scheint es ein sehr kleiner OS zu sein, schwache Sternchen etwas neblig wirkend auf sehr kleinem Raum. Kein Wunder dass es eine M-Bezeichnung bekam (also mit einem fernen Kometen verwechselbar). Da stellt sich mir die Frage: Mit welchem Gerät hat der gute Charles M. seinen Katalog erstellt? Na jedenfalls im 12er Okular sind es eben die 4 Sternchen, nicht mehr, kleinräumig im Dreieck angeordnet.
Einen Klassiker im Wassermann, den ich schon öfters drin hatte, ist der Helix Nebel (NGC7293). Ein riesiger PN. Leicht zu finden im Odenwald mit einem Übersichtsokular - aber nur mit UHC, oder besser OIII! Ohne sieht man nix bei schwacher Vergrößerung. Der ist schon riesig und schon im Pano 27mm ein recht großer Rauchring. Wie der berühmte Ringnebel in der Leier, aber ziemlich aufgedunsen. Man braucht schon dunklen Südblick Himmel dafür.
A propos, bei der Gelegenheit fällt mir ein, nun dunkeladaptiert, mal die Himmelsqualität zu schätzen. Nach meiner Erfahrung sollte man möglichst ohne Rotlicht Gelese arbeiten. Mir fällt spontan die Pegasus Zählmethode ein (sonst mache ich das an UMi mit einem Kärtchen). 13 Sterne zähle ich = 6,3mag nach Tabelle (jetzt kann ich ja die Taschenlampe benutzen ;-)). Nicht schlecht!
Mittlerweile ist's Mitternacht, leicht windig bei 8 Grad. Zum Glück bin ich gut angezogen. Für die Erstausflügler unter Euch: Hose, darüber Skihose. Socken plus Wollsocken, Wanderstiefel. T-Shirt, Sweatshirt, Wollpulover, gefütterte Windjacke. Seidenschal, Stirnband. (Noch ohne Handschuhe ;-)).
Wie ich so zufrieden bin, sehe ich eine helle Lichtkeule hinterm Wald aus unerwarteter Richtung (die Verkehrsstraße ist woanders). Himmeldonnerwetter, wird auch hier gemäht? Na jedenfalls kommt hinter einem Waldeck ein Auto auf mich zu. Ausgerechnet aus einem von dem Hauptlandwirtschaftsweg abzweigenden Feldweg, wo ich mich aufgebaut habe, um etwaigen "Durchgangsverkehr" nicht zu stören. Warum passiert mir das immer! Ich also hektisch mit Taschenlampe gewunken, dann rumgemacht meine Ausrüstung irgendwie zur Seite zu stellen. Auto kommt, stoppt: "Was machen Sie denn da?" Jedenfalls waren es mal wieder Jäger. Nach einem etwas steifen Gespräch darf ich dann bleiben - aber mann, schlafen die nie? Egal wo und wann ich mich aufstelle. Jedes zweite mal passiert mir das. Da ist ja echt was los im Odenwald, dass es überhaupt noch zu viele Viecher gibt! Den muss es echt gut gehen dort im Odenwald, wenn die sich so vermehren, dass die Jägersleut'keine Pause haben und selbst in finsterster Nacht noch aktiv sind.
Na gut - eine halbe Stunde später bin ich wieder dunkeladaptiert. Das war auch nötig, denn jetzt kommt der Wal in Szene (kulminiert). Und dort habe ich meine Vendetta mit der großen Galaxie NGC247. Mehrmals versucht, auch bei scheinbar gutem Himmel, aber nie erwischt. Heute kann ich Vollzug melden, hurra! Die Sculptor Galaxie etwas tiefer war nie ein Problem, aber diese! Jedenfalls habe ich per Starhop und Vergleich am Ü-Oku das markante Sternfeld hergestellt und dann blind den 12er Nagler reingeschoben. Bingo! Sehr schwach, aber recht groß, eine M31-mäßig gekippte Galaxie. Keine besondere Struktur, kein ausgemachter Kern. Nur eine blasse große Ellipse bei leicht aufgegrautem Hintergrund. Klar so tief am Horizont in Deutschland gehts nicht besser. Jedenfalls abgehakt :-)!
Dann zum Ergötzen noch tiefer zur Sculptor Galaxie NGC253. Diese ist deutlich besser zu identifizieren, bei gleicher Form und Größe wie NGC247. Wirkt ähnlich wie eine verkippte M33 Galaxie. Fuddel, wie ich sie nenne sind zu sehen, also hellere und dunklere Flecken. Bei uns steht sie wohl zu tief, mehr ist mit dem 8" nicht zu erhoffen, vermute ich.
Noch tiefer im Wal war ich auch noch nicht - der große KS NGC288 steht auf meiner Karkoschka-ToDo Liste. Zu finden war er nicht schwer. Schon im Ü-Oku ist es ein recht großer blasser runder Fleck. Im 12mm - mein KS und GX Arbeitspferd - ist er am deutlichsten. Ziemlich groß, aber flächig blass und ohne Einzelsterne. Auch kein besonderer Kern. Er steht aber auch extrem tief. Hier macht sich die parallaktische Aufhängung bezahlt, das Oku ist bequem in etwas gebückter Sitzhöhe.
Zum Abschluß im Wal noch M77 (hatte ich schon früher). Im Ü-Oku glatt für einen Stern gehalten und erst mal nicht identifiziert. Erst beim dritten mal versuche ich den "richtigen Stern" mit dem 12er zu nehmen. Jetzt erst wirkt er neblig. Der braucht den 9er (mein kleinster Weitwinkel). Wirkt wie ein sehr weit entfernter KS oder ein PN.
Mittlerweile ist alles ziemlich naß und sogar der HS tief im Tubus ist leicht beschlagen, Na prost Mahlzeit und ich habe aus Faulheit den Föhn und die (schwere) andere 12V Batterie zu Hause gelassen, weil angeblich die Luftfeuchte nicht über 75% geht. Bisher ein sicherer Indikator für taufreie Optik. Ich versuche Handwärme zu spendieren. FS und(!) HS. Hat etwas geholfen, aber beim dicken HS daaaaauert es.
Nun der Rest ist kurz nacherzählt, weitere Kandidaten waren im Zenit M31 (klasse), M33 (auch klasse) und weitere Klassiker.
Ach so im Sternbild Andromeda hatte ich auch noch was abzuhaken. NGC891 hatte ich noch nie, eine spindelförmige Galaxie. Mann, was habe ich mich auch dieses mal abgequält, das Biest liess sich einfach nicht finden, obwohl es, ausgehend vom wunderbaren Doppelstern gamma-And recht einfach sein sollte (einfach etwas RA Drehung spendieren). Nach gefühlt einer halben Stunde habe ich dann per Starfielderkennung (selbst das hat gedauert) das Zielfeld in die Mitted des Ü-Okus gesetzt und dann blind den Nagler 12mm reingestöpselt. Und da war er denn auch. Schwach, nicht klein und spindelig, aber deutlich. Haken!
Nach ein zwei weiteren Objekten die ich aus dem FF kann, zogen dann endgültig breite Wolkenfelder auf. Um 3:00, wie vorhergesagt. Der HS war wieder leicht angehaucht, Zeit zu gehen.
Übrigens fuhr zwischendurch doch noch ein Auto auf der Feld-Schnellabkürzungsstrecke vorbei, diesmal aber so wie es sein sollte. Nicht an meiner T-Abzweigung ins Nirgendwo.
Auf dem Weg nach Hause fing es ziemlich bald zu regnen an. Na wenn das mal nicht wieder eine erfolgreiche Nutzung einer Wetterlücke war!
Damit hat sich meine Neumondspechtel Serie seit Februar 2015 lückenlos fortgesetzt. Ein gutes Jahr!!
Ich hoffe ihr seid dabei geblieben bis zum Schluß. Vielen Dank dafür und Gute Nacht heute (hier übrigens gut bewölkt seit dem Samstag Morgen...
CS,
Walter