340 Krater fehlen noch

  • <b>Forscher berechnen die Zahl der noch zu entdeckenden Einschlagstellen von Meteoriten auf der Erdoberfläche</b>


    Die Geologen Prof. Dr. Stefan Hergarten und Prof. Dr. Thomas Kenkmann vom Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften der Universität Freiburg haben die weltweit erste Studie zu der Frage veröffentlicht, wie viele Meteoritenkrater auf der Erdoberfläche vorhanden sein müssten. 188 sind bislang nachgewiesen, 340 weitere gilt es zu entdecken – so das Ergebnis einer Wahrscheinlichkeitsrechnung, die die beiden Forscher im Fachjournal „Earth and Planetary Science Letters“ vorgestellt haben.


    Meteoriteneinschläge haben wiederholt die Entwicklungsgeschichte der Erde und des Lebens beeinflusst. Auch das große Dinosauriersterben am Ende der Kreidezeit geht wohl auf eine Megakollision zurück. Aber wie viele Relikte von großen und kleinen Einschlägen sind erhalten? Verglichen mit mehr als 300.000 Impaktkratern auf dem Mars erscheinen die bisher nachgewiesenen 188 auf der Erde verschwindend gering. Zudem sind 60 von ihnen mehr oder weniger tief von Sedimenten begraben. Fortschritte in der Fernerkundung haben nicht zu dem erwarteten Sprung geführt: Im Durchschnitt werden jährlich nur etwa ein bis zwei zumeist stark erodierte Meteoritenkrater neu entdeckt.


    Die Wahrscheinlichkeit eines Einschlags ist auf der Erde nicht grundlegend anders als auf dem Mars. Allerdings verändert sich die Erdoberfläche wesentlich schneller. Dies führt dazu, dass die Krater eine deutlich kürzere Lebensdauer haben und ihre heutige Anzahl daher viel geringer ist. „Bei der Studie bestand die Herausforderung darin, die Wirkung der Erosion, die zum Verschwinden der Krater führt, auch über lange Zeitintervalle hinweg abzuschätzen“, sagt Hergarten. Die Lebensdauer eines Kraters hängt von der Erosionsrate und von seiner Größe ab. Große Krater können auf der Erde je nach Region eine Lebensdauer von einigen 100 Millionen Jahren erreichen. Allerdings gibt es sie wesentlich seltener als kleine Krater, da die Wahrscheinlichkeiten für Einschläge unterschiedlich großer Meteoriten stark voneinander abweichen. Die Lösung war, die Anzahl der nachgewiesenen Krater verschiedener Größen zu vergleichen, die vermutete Häufigkeit der Einschläge aufgrund der bekannten Wahrscheinlichkeiten zu ermitteln und durch Kombination dieser Informationen auf die Erosionsraten zu schließen.


    „Als überraschendes, auf den ersten Blick ernüchterndes Ergebnis haben wir herausgefunden, dass es oberhalb von sechs Kilometer Durchmesser nicht mehr viele Krater auf der Erdoberfläche zu entdecken gibt“, berichtet Hergarten. Bei den kleineren dagegen haben die Wissenschaftler ein Defizit im derzeitigen Inventar nachgewiesen: In der Größenklasse von einem bis sechs Kilometer Durchmesser warten noch etwa 90 auf ihre Entdeckung, weitere 250 mit einem Durchmesser von 250 bis 1.000 Meter kommen hinzu. Tief unter Sedimenten verborgen, wird es hingegen auch noch einige große unentdeckte Krater geben. Doch diese sind ungleich schwieriger zu detektieren und nachzuweisen.


    Freiburger Studierende beteiligen sich schon seit 2011 an der Forschung: Im Masterstudiengang „Geology“ findet jährlich der Kurs „Screening earth – a student (re)search project“' statt, der den wissenschaftlichen Nachwuchs in die Suche nach unentdeckten Kratern einbindet. „Die Studierenden werden sich fragen müssen, ob sie die Suche auf kleine Krater fokussieren – oder ob vielleicht doch der Coup gelingt, einen der letzten verbleibenden großen Meteoritenkrater zu entdecken“, sagt Kenkmann, der für die Veranstaltung den Landeslehrpreis Baden-Württemberg 2012 erhielt.


    Weitere Infos auf den Seiten der Uni Freiburg unter https://www.pr.uni-freiburg.de/pm/2015/pm.2015-06-30.93

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