Der turbulente Doppelstern Epsilon Aurigae

  • <b>Basierend auf einer siebenjährigen Beobachtungskampagne haben Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) neue Erkenntnisse über das Doppelsternsystem Epsilon Aurigae in den Astronomischen Nachrichten veröffentlicht. Die Beobachtungsdaten wurden mit den robotischen STELLA-Teleskopen des AIP auf Teneriffa gewonnen. </b>


    Bei Epsilon Aurigae handelt es sich um einen hellen Superriesen, dessen Durchmesser 300mal so groß ist wie jener der Sonne und dessen Masse sich auf das 25-fache der Sonne beläuft. Sein mysteriöser Begleitstern versteckt sich in einer Scheibe und ist nicht direkt beobachtbar. Die Potsdamer Astronomen konnten Dank der erfolgten Beobachtungen zeigen, dass der Hauptstern nicht-radial pulsiert, sehr schnell rotiert und Masse an seinen unsichtbaren Begleiter abgibt, dessen Akkretionsscheibe ebenfalls rotiert.


    Damit der nachgewiesene Massestrom vom Superriesen in Richtung der Scheibe des unsichtbaren Begleitsterns möglich ist, muss das Doppelsternsystem extrem dynamisch sein. Die Astronomen stellten fest, dass der Riesenstern mit einer Periode von nur 540 Tagen vergleichsweise schnell rotiert. Im Zusammenspiel mit seiner ebenfalls beobachteten, nicht-radialen Pulsation kann dies die Ursache für einen verstärkten Masseaustausch zwischen den beiden Sternen sein.



    Künstlerische Darstellung des Doppelsterns Epsilon Aurigae. Ilustration: NASA/JPL-Caltech.


    „Mit meinem Raumschiff möchte ich Epsilon Aurigae nicht zu nahe kommen“ sagt Prof. Klaus Strassmeier, Leiter der Studie und wissenschaftlicher Direktor am AIP. „Wir sehen da ein System, dessen zwei sehr massereiche Sterne in all die turbulenten Szenarien der Sternentwicklung gleichzeitig verwickelt sind.“


    Die nähere Bestimmung des Begleitsterns bleibt spannend. Die Daten zeigen nämlich auch, dass die Scheibe des Begleitsterns nicht kreisrund, sondern „birnenförmig“ in die der Bahnbewegung entgegengesetzte Richtung ausgedehnt ist. Somit kann keine direkte Massenbestimmung des Sterns, wie sie in kreisrunden Scheiben aus den Keplerschen Gesetzen ableitbar ist, erfolgen.


    Epsilon Aurigae, in etwa 3.000 Lichtjahren Entfernung am nördlichen Himmel, steht schon lange im Blick der Potsdamer Astronomen. Bereits 1903 führten Hans Ludendorff und Hermann Vogel von Potsdam aus erste photometrische und spektroskopische Beobachtungen des Sterns durch und entdeckten, dass es sich um einen bedeckungsveränderlichen Doppelstern mit 27jähriger Periode handelt - bis heute die längste Bedeckungsperiode, die je gemessen wurde.


    Die großen am STELLA-Teleskop gewonnen Datenmengen werden der astronomischen Community zur weitere Analyse zur Verfügung gestellt.


    Weitere Infos und Bilder auf den Seiten des AIP unter http://www.aip.de/de/aktuelles…highlights/epsilonaurigae

  • "Die Astronomen stellten fest, dass der Riesenstern mit einer Periode von nur 540 Tagen vergleichsweise schnell rotiert."


    Hi,
    ist das nicht eher eine vergleichsweise langsame Rotationszeit, auch für einen so großen Stern? Oder ist die Rotationsperiode des Doppelsternsystems gemeint?
    Grüße

  • Hallo Andreas,


    gemeint ist schon die Rotationsdauer des Sterns selber, wobei man dazu sagen muß, daß der eigentliche Meßwert die Rotationsgeschwindigkeit ist, in diesem Falle 29 km/s. Kennt man den Radius des Sterns, hat man dann natürlich auch schnell eine Rotationsperiode, wobei ersteres nicht so ganz einfach ist. Mit Interferometermessungen kommt man auf eine Untergrenze von 140 Sonnenradien, das Ding ist ja ein Überriese. Sinnvoller ist vermutlich das Doppelte, also gut 300 Sonnenradien, und dann hat man die 540 Tage. Der Fehlerbreich geht von 250 bis 614 Tagen.


    Das mag jetzt eigentlich nach sehr langsam klingen, entscheidend sind dann natürlich aber doch wieder die 29 km/s. Man vergleiche das mal mit den knapp 2 km/s der Sonne am Äquator. Letztlich ist es ja so, daß der Drehimpul des Sterns beim Aufblähen zum Überriesen erhalten bleiben muß, Solche großen Sterne rotieren dahe rüblicherweise sehtr langsam.


    Viele Grüße
    Caro

  • Hallo Caro,


    ich hätte dazu noch eine Frage:
    Wie du erklärt hast muß der Drehimpuls während des Aufblähens erhalten bleiben.
    Das impliziert daß die Rotation vor dem Aufblähen noch deutlich schneller war. Aber ist das Möglich? Könnte ein sich so schnell drehender Protostern überhaupt genug Masse aquirieren um auf diese Größe anzuwachsen?
    Steigt die Rotationsgeschwindigkeit nicht auch zwangsläufig durch den Masseverlust an den Begleiter oder verteilt sich diese Energie im Gesamtsystem auf den Drehimpuls der Komponenten umeinander?

  • Hallo Thorsten,


    ja, der Stern war natürlich in der Tat mal deutlich schneller. Die Autoren beziehen sich in dem Fachartikel auf Modelle, die von 40% der Geschwindigkeit ausgehen, mit der der Stern so schnell wäre, daß er auseinanderfliegen würde.


    Daß das ganze ein Mehrfachsystem mit Massentransfer ist, macht die Sache natürlich nicht weniger komplex, denn dabei wird in jedem Fall auch Impuls übertragen. Wieviel und wohin (Begleiter, Akkretionsscheibe, Bahndrehimpuls) hängt an den Übertragungsraten und der restlichen Dynamik des Systems.


    Viele Grüße
    Caro

  • Hallo Caro,


    tatsächlich ein sehr interessantes Objekt. Insbesondere da man solch einen riesen Brocken wohl eher in einem klassischen Sternentstehungsgebiet vermuten würde.
    Wird bestimmt noch spannend.

  • Hallo,


    das besonders Interessante an dieser Bedeckung war ja, dass die große Staubscheibe vor dem F0I-Überriesen innerhalb von rund 2 Jahren vorbeigezogen ist. Das (spektroskopisch bekannte) Licht des Überriesen hat dabei die durchsichtigen Bereiche der Scheibe durchleuchtet und wurde dabei selbst modifiziert, so dass man Hinweise zur Zusammensetzung und den Gasgeschwindigkeiten innerhalb dieser Scheibe erhalten konnte.
    Das Beispiel zeigt auch, dass man als Amateur aus professionellen Daten eine Menge herauslesen und somit zur Forschung beitragen kann.


    CS
    Lothar Schanne

  • Hallo Lothar,


    leider fand das AIP den Pro-Am-Aspekt der Studie in ihrer Pressemitteilung ja keinerlei Erwähnung wert, was ich sehr schade finde. Gerade Projekte wie dieses könnten eigentlich ganz hervorragende Vorzeigebeispiele sein, wenn es darum geht zu zeigen was für jedermann möglich ist, der das Interesse daran mitbringt und somit mehr Amateure für speziellere Bereiche der Astronomie und alles was in den Pro-Am-Sektor fällt zu gewinnen. Dazu gehört aber von Seite der Wissenschaftler auch, daß man den "Ruhm" mit allen Beteiligten teilt, und da geht meiner Meinung nach noch was.


    Viele Grüße
    Caro

  • Hallo Lothar,


    willkommen hier auf Astrotreff. Neues Zuhause gefunden? [:)]


    Eine Frage zum Thema- wenn dieses Vorbeiziehen der großen Staubscheibe vor dem F0I-Überriesen auch mit Amateurmitteln spektroskopisch sicht- oder nachweisbar war- welchen Aufwand muss man dazu betreiben? Also welches Equipment benötigt man.


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Stefan,


    wenn du eine Nummer kleiner anfängst, dann nichtmal ein Teleskop. Die Bedeckung macht sich ja auch in Form einer Helligkeitsänderung bemerkbar, und das ziemlich eindeutig. Epsilon Aurigae ist ein Stern von 3. Größenklasse, der Helligkeitsabfall betrug etwas weniger als eine Magnitude. Da konnten sowohl visuelle Veränderlichenbeobachter als auch Leute, die einfach nur mit ihrer DSLR Photometrie gemacht haben etwas beitragen. Auch hier im Forum gab es die eine oder andere Info dazu, zum Beispiel unter http://www.astrotreff.de/topic…HIVE=true&TOPIC_ID=116283 und http://www.astrotreff.de/topic…HIVE=true&TOPIC_ID=117715
    Die BAV hat einiges an Daten sammeln können: http://www.bav-astro.de/BAV-news.php?kennung=eps-aur


    Spektroskopie ist da natürlich nochmal wieder etwas anderes. Zwar bekommt man einen 3-mag-Stern auch mit Amateurmitteln in überschaubaren Belichtungszeiten spektroskopiert, aber die Frage ist natürlich wie, und wenn man zum Beispiel sowas wie die 29 km/s vernünftig messen möchte, braucht es eine ordentliche spektrale Auflösung. Zum Spektrografen hinzu kommt dann noch all der Spielkram, den der Astrofotograf auch braucht, sprich eine ordentliche Montierung (die je nach Bauweise des Spektrografen diesen gegebenenfalls mitschleppen muß -&gt; wirklich übler Hebelarm) mit sauberer Nachführung und Guiding.


    Viele Grüße
    Caro

  • Guten Tag,


    Das hinein Vertiefen in die gigantischen Energiemengen von Doppelsternen bereitet mir auch sehr viel Freude. Besonders wenn ich darueber nachdenke mit welch einer gigantischen Gravitation sich zwei Sterne gegenseitig anziehen und sich gegenseitig und ihre umliegenden Himmelskoerper beeinflussen. Und auch die riesige menge an Wasserstoff die sie pro sec. verbrennen und ins All schleudern und die Kernfusion in der Wasserstoff in Helium umgewandelt wird fasziniert mich in jeder Hinsicht.


    Dann muss ich dir noch Lob und Wertschaetzung fuer dein spriessendes Engagement und den damit verbundenen Fleiss ausschuetten. Man merkt dass du so stark durch die Astronomie befluegelt wirst, sodass du dadurch
    zu immer wieder neu erworbenen Wissensgebaerungen und wundervollen Bildern kommst die in ihrer ganzen Pracht und Schoenheit leuchten.


    Herzliche Gruesse von Laura [:)]

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: stefan-h</i>
    <br />Hallo Lothar,


    willkommen hier auf Astrotreff. Neues Zuhause gefunden? [:)]


    Eine Frage zum Thema- wenn dieses Vorbeiziehen der großen Staubscheibe vor dem F0I-Überriesen auch mit Amateurmitteln spektroskopisch sicht- oder nachweisbar war- welchen Aufwand muss man dazu betreiben? Also welches Equipment benötigt man.


    Gruß
    Stefan
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Hallo Stefan,
    auf meiner webpage http://www.astrospectroscopy.eu kannst du sehen, mit welchem Equipment ich den Stern beobachtet hatte.
    Die Veröffentlichng des API betrifft allerdings weitgehend Daten, die mit dem STELLA-Equipment des AIP in Teneriffa gewonnen wurden. Nur habe ich eben die Daten unter bestimmten Aspekten ausgewertet, so dass eine gemeinsame Veröffentlichung daraus werden konnte. Mir ging es darum, aus den Änderungen von Spektrallinien (ca. 130 Stück) Rückschlüsse auf die Zusammensetzung, das Geschwindigkeitsprofil und die Form der Gaswolke zu ziehen, welche die Staubscheibe umgibt. Dazu haben meine eigenen Messwerte nicht ausgereicht, wegen der wetterbedingt schlechten zeitlichen Abdeckung, die ich in Völklingen erreichen konnte. STELLA in Teneriffa kann dagegen fast jede Nacht messen.

  • Hallo alle,
    irgendwie muss meine gestern gestellte Frage untergegangen sein. Also nochmal :
    Was sind eigentlich nicht-radiale Pulsationen?
    Was radialeres als Pulsationen kann ich mir nicht vorstellen. Oder P
    kapier ich was nicht?
    Gruesse
    Andreasd

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