Begann das Leben in der Erdkruste?

  • <b>Wo und wie entstand auf unserem blauen Planeten das Leben? In der Erdkruste behaupten der Geologe Prof. Dr. Ulrich Schreiber und der Physikochemiker Prof. Dr. Christian Mayer von der Universität Duisburg-Essen (UDE) und können das auch beweisen. Ihre aufsehenerregende These macht gerade in Expertenkreisen Furore. </b>


    Worum geht es? Was auf der jungen Erde vor Milliarden von Jahren los war, lässt sich heute nur sehr schwer rekonstruieren. Erst recht, welche Bedingungen für die Entstehung von Leben vorherrschten. Wissenschaftler beschränkten sich deshalb bislang eher auf eng begrenzte Aussagen zu einzelnen Reaktionen. Als möglicher Ort für das Aufkommen erster organischer Materie wurden alle möglichen Lokalitäten auf der Erdoberfläche diskutiert: von der Tiefsee bis hin zu flachen Tümpeln. In letzter Zeit wurden mangels plausibler Alternativen sogar außerirdische Regionen, wie der Mars oder der Weltraum insgesamt, als Lösung vorgeschlagen.


    Vernachlässigt wurde dagegen der Bereich der Erdkruste. Eigentlich unlogisch, denn genau hier, in den tiefreichenden tektonischen Störungszonen mit Kontakt zum Erdmantel, sind die Verhältnisse optimal, so Prof. Schreiber. Von dort steigen Wasser, Kohlendioxid und andere Gase auf, wie heute noch in der Eifel. Sie enthalten alle erforderlichen Stoffe, die man für organisch-biologische Moleküle benötigt. Und mit ihnen begann das Leben.



    Wo das Leben begann: in den tiefreichenden tektonischen Störungszonen mit Kontakt zum Erdmantel. Grafik: G. Berberich 2012


    Das überzeugendste Argument, dass es in der Erdkruste losging, ist das Kohlendioxid. Denn ab einer Tiefe von etwa 800 Metern wird es zugleich flüssig und gasförmig („überkritisch“). Mayer: „Mit diesem besonderen Zustand können wir viele Reaktionen erklären, die im Wasser nicht funktionieren. Kohlendioxid wirkt dann nämlich wie ein organisches Lösungsmittel und erweitert die Zahl der möglichen chemischen Reaktionen erheblich.“ Darüber hinaus bildet es mit Wasser Grenzflächen, die schrittweise zu einer Doppelschicht-Membran führen, das wichtigste Strukturelement der lebenden Zelle.


    Neu ist, so Prof. Mayer, dass das UDE-Modell den Entstehungsprozess umfassend beschreibt und mehrere Probleme löst: die Molekülherkunft, die Aufkonzentrierung, die Energieversorgung und die Membranbildung. Im Labor ließen sich bereits diese grundlegenden Schritte auf dem Weg zu einer Zelle nachweisen: Seien es erste zellähnliche Strukturen oder die Entstehung komplexer Moleküle wie Proteine und Enzyme. „Besonders attraktiv für das Erklärungsmodell ist zudem die Tatsache, dass diese Entstehungsbedingungen schon in bestimmten Gesteinen aus der Frühzeit der Erde nachgewiesen werden konnten“, so Chemieprof. Oliver Schmitz.


    In winzigen Flüssigkeitseinschlüssen, wie sie in uralten australischen Gangquarzen vorkommen, fanden die Wissenschaftler eine Vielzahl organischer Stoffe aus der Frühzeit der Erde. Weil sie während der Kristallbildung eingeschlossen wurden, haben sie sich bis heute erhalten. Sie helfen dabei, die Ergebnisse der Laborversuche mit der Wirklichkeit abzugleichen.


    Weitere Infos unter https://www.uni-due.de/de/presse/meldung.php?id=8733

  • Eine weitere Bedeutung hätte dieser Entstehungsort für die Häufigkeit von Leben. Denn es wäre ja dann an weitaus weniger äusseren Bedingungen gekoppelt, wie eine habitable Zone um einen Zentralstern und nichtmal einer Atmosphäre/Ozean. Dann könnte Leben grundsätzlich in der Kruste jedes geologisch aktiven Planeten entstehen, bevor dieser eine Atmosphäre oder gar einen Ozean aufbaut bzw. dies gar nicht muß.


    Jo

  • Hallo Jo,


    Dass normales Meerwasser eher nicht als Wiege des Lebens geeignet ist, war wohl schon länger allgemeiner Konsens unter den Forschern.
    Ziemlich sicher war die lebensfreundliche Umgebung am Beginn er Evolution für die meisten heutigen Lebensformen absolut tödlich, und auch umgekehrt.


    Wenn ich das richtig verstanden habe, ist auch in dem hier besprochenen Modell eine Atmosphäre erforderlich, und ein Wasserkreislauf in ihr, also zumindest große Seen. Außerdem eine bereits länger andauernde Plattentektonik, was nach aktuellem Kenntnisstand Ozeane erfordert. Das schränkt geeignete Planeten neben vielen anderen Voraussetzungen nach wie vor auf eine habitable Zone ein.


    Die 800m Wassersäule, die zum Erreichen des überkritischen Zustands von CO2 nötig sind, könnten auch ganz oder zum Teil durch Ozeanwasser und atmosphärischen Druck zu Stande kommen. Allerdings braucht es in dem hier diskutierten Modell horizontale Klüfte im Gestein, die Blasen von überkritischem CO2 festhalten können, so dass sie nicht weiter aufsteigen.



    Gruß,
    Martin

  • Danke für den Hinweis. Insbesondere hätte ich den dort verlinkten Artikel besser bis zu Schluß gelesen:


    "Die Lipid-besetzten Bläschen erreichten schließlich die Grenzfläche Wasser/Luft (s. Abb. 3). Hier kam es zu weiteren Reaktionen unter neuen Bedingungen (metallische Oberflächen und Tone waren als Katalysatoren vorhanden), Übergang zur Uratmosphäre über Gasgeysire oder artesische Brunnen, Einwirkung der UV-Strahlung, Kontakt mit Süßwasser, Transport in die Ur-Ozeane etc.)."
    https://www.uni-due.de/geologie/forschung/origin.shtml


    Gruß,
    Jo

  • Hallo,
    Ich hatte immer die sog. black smoker im Verdacht, da ist eigentlich alles zusammen, was man zur Entstehung einer Zelle braucht. Die Hitze die Energie die benötigten Gruundstoffe, enormer Druck durch das Wasser darüber, aber ich lass mich gerne überzeugen. Ein Experiment wäre schön, aber um die Unwahrscheinlichkeit des Prozesses zu überwinden müsste das wohl ein paar Millionen Jahre laufen. Bis dahin ist der Homo Sapiens wohl ausgestorben?
    Grüße marty

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!