Buchrezension "Advancing Variable Star Astronomy"

  • <b>Advancing Variable Star Astronomy</b>
    The Centennial History of the American Association of Variable Star Observers



    Autor: Thomas R. Williams, Michael Saladyga
    Verlag: Cambridge University Press
    432 Seiten
    Preis nach Verlagsangaben: £ 74,00; $ 111,00; Amazon: € 82,60 (gebundene Ausgabe)
    ISBN: 978-0521519120


    Amazon



    © Cambridge University Press
    Mit freundlicher Unterstützung
    des Verlages



    <b>Klappentext: </b>


    <i>1911 gegründet und mit mehr als 1200 Mitgliedern und Beobachtern kann sich die AAVSO damit rühmen, die weltgrößte nicht auf Profit ausgerichtete Organisation zu sein, die sich der Beobachtung variabler Sterne verschrieben hat. Dieses Buch, termingerecht zum 100-jährigen Bestehen der AAVSO erschienen, erzählt die respekteinflößende und exakte Geschichte dieser wichtigen Gesellschaft. Geschrieben in einem verbindlichen und zugänglichen Stil bewegen sich die Autoren chronologisch durch 5 Epochen der AAVSO, diskutieren die Entwicklung ihrer Strukturen und ihre Bestimmung.
    Durchgängig durch den ganzen Text liegt das Hauptaugenmerk auf den tausenden von Personen, deren Beitrag den Fortschritt der AAVSO möglich machte.
    Durch die Darstellung einer hundertjährigen Zusammenarbeit zwischen Amateur- und Berufsastronomen würdigen die Autoren die gemeinschaftlichen Beziehungen, die sich über die Jahre gebildet haben.
    Als endgültige Geschichte der ersten 100 Jahre der AAVSO stellt dieser Text einen großen Anreiz dar und wird nicht nur für Amateur- und Berufsastronomen sondern auch für wissenschaftliche Historiker und Soziologen im Allgemeinen von Interesse sein.
    </i>


    <b>Rezension: </b>


    Leider bin ich drei Jahre zu spät mit meiner Rezension. Dieses Buch erschien 2011 zum Anlass des 100jährigen Bestehen der AAVSO (American Association of Variable Star Observers) als Widmung und Danksagung an alle freiwilligen Helfer und Beobachter.


    Die Beobachtung veränderlicher Sterne geht zurück auf Tycho Brahe (1546 - 1601), David Fabricius (1564 - 1617) und Friedrich Argelander (1799 - 1875).
    Während der Schwerpunkt der Veränderlichenbeobachtung Ende des 19. Jahrhunderts auf dem europäischen Kontinent lag und hier fast ausschließlich durch professionelle Beobachter abgedeckt wurde, waren es in Großbritannien zum größten Teil die Amateure. Dem standen gemischte Beobachter in den USA gegenüber.
    Aber jeder werkelte für sich bis Edward Charles Pickering (1846 – 1919) vom Harvard College Observatory (HCO) aus versuchte, die Beobachtungen zusammen zu fassen. Er wollte die Beobachtungen wissenschaftlich auswerten, wofür er möglichst viele Beobachtungen zusammen tragen musste. Durch seinen Einfluss trug er maßgeblich dazu bei, dass sich das Zentrum der Veränderlichenbeobachtung von Europa in die USA, und hier an das HCO in Boston verlagerte.
    Es gab nur nicht genügend Beobachter und während Pickering die fotografische Bestimmung vorzog, vertrauten andere mehr der visuellen Bestimmung was neben anderen Differenzen zu längeren Spannungen, zu einer Polarisierung und zur Gründung von zwei unterschiedlichen Organisationen führte, von denen sich eine aber nach einigen Jahren wieder auflöste.
    Doch das Problem von zu wenigen Beobachtungen bestand weiter.
    1911 schließlich gründete William Tyler Olcott die AAVSO die sowohl Profi-Astronomen als auch Amateurbeobachtern offen stand.
    Sie war von Anfang an als internationale Organisation ausgelegt und akquirierte Beobachter aus der ganzen Welt.
    Olcott und seine Organisation wurden aber zunächst von Pickering nicht für voll genommen, da in der AAVSO sowohl Profis als auch Amateure ihre Beobachtungen einsandten. Pickering wollte das streng getrennt haben. Erst nach einem Treffen mit Mitgliedern der AAVSO erkannte Pickering den Ehrgeiz und auch die Kompetenz der jungen Gesellschaft mit mehr Wohlwollen an. Und er bekam in den Jahren 1912 bis 1914 84% der Veränderlichenbeobachtung von der AAVSO, während von den Beobachtern, die ausschließlich dem HCO berichteten, nur 16% der Beobachtungen kamen.


    Beobachtungsprogramme und die Vorlagen dazu wurden per Hand erstellt und die Ergebnisse schriftlich erfasst und die Lichtkurven auch manuell erstellt. Was das für eine „astronomische“ Arbeit war ohne die Vorteile der elektronischen Datenverarbeitung, kann man sich wohl kaum vorstellen. Im Endeffekt wurden immer mehr Daten nicht mehr für weitergehende theoretische Studien genutzt, es wurde einfach zu viel.
    Dazu das Problem mit der Kommunikation, Briefe innerhalb der USA brauchten 3 Tage, zu anderen Empfangsorten noch viel länger.
    Durch die enge Zusammenarbeit mit Harvard wurde die AAVSO von vielen gar nicht als alleinstehende Organisation wahrgenommen oder auch Vertreter des HCO wurden als Mitarbeiter der AAVSO angesehen. Dieses Identifikationsproblem war nur ein Grund der zu einer tiefen Verstimmung beitrug, die schließlich darauf hinaus lief, dass die AAVSO Anfang der 1950er Jahre aus Harvard vertrieben wurde.


    In späteren Jahren wurde das Beobachtungsprogramm der AAVSO ausgeweitet, es kamen z.B. Bedeckungsereignisse, Meteore und Sonnenbeobachtungen hinzu, von denen einige im Laufe des Bestehens der AAVSO wieder aufgegeben wurden.


    Dieses nur zu den Anfängen. Im Laufe ihrer 100jährigen Geschichte hat sich die AAVSO zu einer der angesehensten astronomischen Vereinigungen entwickelt, die die von den Beobachtern gesammelten Daten allen zur Verfügung stellt, nicht nur Wissenschaftlern.


    In dem Buch wird zuerst von der Veränderlichenbeobachtung vor 1909 erzählt und anschließend die Kapitel den einzelnen Leitern der AAVSO gewidmet. Das sind trotz der 100-jährigen Geschichte nur fünf Personen. Jedes Kapitel beginnt mit einer ausführlichen Lebensgeschichte und detaillierten Beschreibung ihrer Arbeit in der AAVSO.
    Wenn einzelne Personen über so viele Jahre entscheidenden Einfluss auf eine große Organisation haben, sind es kaum interne Angelegenheiten, die die Existenz der Organisation beeinflussen. Zwei Weltkriege, technische Veränderungen sowohl in der Teleskoptechnik als auch in der EDV als auch Standortveränderung und nicht zuletzt die Trennung von Harvard mussten bewältigt werden, jede Ära hatte ihre Herausforderungen.


    Das Buch ist nicht leicht zu lesen, es kommen sehr viele Namen vor, die dann manchmal einige Seiten später wieder auftauchen. Da muss der Zusammenhang erst wieder hergestellt werden.
    Die Autoren haben eine echte Fleißarbeit hingelegt, sie haben alles an Material gesichtet, was sie finden konnten. Von vielen alten Briefen, die so lange erhalten geblieben sind bis zu den Protokollen der ersten Sitzungen haben sie alles zusammen getragen, was nur irgendwie möglich war und alles in einen logischen Zusammenhang gebracht.
    Im Text sind viele S/W-Fotos abgedruckt, alle mit einer genauen Beschreibung. So kann man sich zu den Namen auch die Gesichter vorstellen und mir erging es so, dass mir einige Personen sofort sympathisch waren wie z.B. William Tyler Olcott oder auch Janet Mattei. Die meisten Personen sind bereits verstorben, trotzdem haben sie in ihrem Leben Leistungen erbracht, die noch in die heutige Zeit ausstrahlen.



    <b>Fazit: </b>


    Obwohl es besonders für Historiker interessant sein dürfte, ist es sehr interessant die Ereignisse aus der Zeit der letzten 100 Jahre zu lesen.
    Die Autoren haben der AAVSO und ihren Leitern und Leiterinnen ein Denkmal gesetzt, das mit viel Liebe zum Detail und zur American Association of Variable Star Observers geschrieben wurde.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!