300€ Refraktor vs. 300€ Newton

  • Hallo,


    ich habe es ja mal angekündigt als ich zusätzlich zu meinem 100mm f10 Refraktor einen 200mm f5 Newton gekauft habe, daß ich mal einen Vergleich dazu posten. Es ist auch gleichzeitig mein erster Beobachtungsbericht sozusagen.


    Ich will in diesem Bericht nicht lange darauf eingehen, warum ich einen 100/1000 Refraktor und dann noch ein 200/1000 Newton gekauft habe und das auf einer teueren äquatorialen Montierung. Nun, sagen wir mal: mit dem Refraktor auf einer automatisch nachführenden Montierung habe ich mir einen Jugendtraum erfüllt und der Newton ist dem Öffnungsfieber geschuldet.


    Mit diesem BB möchte ich einen Beitrag zu dem kontroversen Thema liefern: Refraktor oder Newton. Und zwar meinen persönlichen subjektiven Eindruck.


    Also zu den Optiken:


    Der Refraktor ist ein russischer TAL100RS mit 100mm Öffnung und 1000mm Brennweite, für damals 300€.


    Der Reflektor ist ein chinesischer Skywatcher P200 mit 200mm Öffnung und ebenfalls 1000mm Brennweite und kostet als OTA ebenfalls etwas über 300€.


    Das ist also der Punkt: beide kosten gleich. Welcher scheint mir besser?


    Nun, um es vorwegzunehmen: Leistungsmäßig schlägt der Newton den Refraktor deutlich. Was heißt das in einfachen Worten? Also erst mal die Helligkeit bei DS ist eine andere Dimension. Da schälen sich Feinheiten ganz klar besser heraus, Galaxien die ich mit dem TAL ahnte, zeigen sich nun deutlich etc. Auch schwache Sternhaufen wie die Fuhrmänner, Kugelsternhaufen etc. wirken reicher und z.T. bunter. Schließlich die Planeten und Mond. Auch da sehe ich mehr und feinere Strukturen wenn das Seeing mitmacht. Cassini geht zweifelsfrei mit dem Newton, wo ich mit dem TAL schon drum kämpfen muß, ebenso feinere Strukturen auf Mars und Jupiter.


    Was spricht also für den TAL? Tja – die Ästhetik in meinen Augen. Es ist schwer zu beschreiben, aber die Bilder wirken kontrastreicher, die Sterne wirklich punktförmig wie das i-Tüpfelchen. Die Planeten schweben im schwarzen Samt ohne „Aufhängung“, der Mond ist plastischer. Insbesondere große, helle Sternhaufen wie die Plejaden und h&Chi wirken juwelenartiger und vor allem Doppelsterne sind ein Genuß damit. Mit anderen Worten es ist ein Fernrohr zum Genießen und wenn mir die Inselfrage gestellt werden würde ich mich für den TAL entscheiden. Vor allem in Erwartung eines Hammer Himmels bei diesen einsamen Inseln!


    Aber mal konkret - was findet sich in meinen Aufzeichnungen


    M13:
    Im TAL grizzelig in der Mitte, aufgelöst am Rande
    Im SW aufgelöst am Rande und in der Mitte. Bei gleicher Helligkeit doppelt so groß vergrößerbar.


    M82:
    Im TAL undefiniert unregelmäßig
    Im SW wolkiger


    Triplet im Löwen
    Im TAL ist die dritte Galaxie NGC3628 nur zu erahnen
    Im SW ist die dritte Galaxie ganz deutlich und in voller Größe zu sehen


    Virgo Galaxienkette
    Im TAL unscheinbar bis schwierig
    Im SW ein Genuß, welch Reichtum an Galaxien


    Jupiter:
    Im TAL geht der GRF deutlich aber eher farblos. In den breiten Bändern sind nur kontrastreiche wenige Details zu halten.
    Im SW ist richtig Farbe drin, der GRF orange, die Hauptbänder bräunlich und bei Super Seeing echt marmoriert.
    Auch bei 200x in beiden Teleskopen sehe ich mit dem SW die Details knackiger. Einfach weil das Bild heller ist. 1mm versus 0,5mm AP ist eben eine Ansage, auch was meine störende Floaters betrifft. Im TAL gehe ich mittlerweile selten über 140x hinaus. Die Ästhetik geht flöten. Außer bei Doppelsternen und roten Kohlenstoffsternen.


    M42
    Na das ist mal eine Ausnahme, der kommt in beiden wahnsinnig gut. Ich wüßte gar nicht wem ich den Vorzug geben sollte. Aber die F und G Komponente im Trapez gingen nur im SW.


    M27
    Im TAL ist die Sanduhrenform eher ein Parallelogramm und die Ohren eher zu erahnen.
    Im SW ist beides viel deutlicher, also die Taille und die Ohren


    Omeganebel
    Im TAL ist nur der Schwan zu sehen. Das aber deutlich.
    Im SW das ganze Omega


    Trifidnebel
    Im TAL nur ein undefinierter schwacher Klecks,
    Im SW deutlicher und die Dreitelung ist mit etwas Mühe erkennbar.


    M51
    Im TAL schön aber zwei diffuse Scheibchen
    Im SW sind die Spiralarme immerhin ganz schwach erahnbar. Das auch bei einer Reihe anderer Galaxien. Klar 10“ oder 12“ wäre hier besser.


    In diesem Sinne, eine gute sternenklare Nacht. Ich hoffe so ein Vergleich zweier gleichpreisiger Teleskope war unterhaltsam zum Lesen. Möge ein Jeder seine eigenen Schlüsse daraus ziehen. Was noch fehlt, mit dem TAL lässt es sich mechanisch (Zenitspiegel, OAZ hinten) bequemer beobachten, vor allem wenn man oft die Richtung wechselt.


    CS,
    Walter
    <b></b>

  • hallo Walter,


    der Test ist sehr gelungen und bestätigt meine Wahl mit einem Skywatcher Reflektor (btw. Skywatcher ist der größte Teleskopbauer, dazu gehört auch Celestron. Der Konzern ist mittlerweile in amerikanischer Hand. Lediglich produziert wird noch in China).


    Das Ergebnis kommt nicht überraschend, da man bereits schon immer munkelte:
    Die Öffnung ist nur durch größere Öffnung zu übertreffen (dies ist bei Deinem 8" Reflektor der Fall :-D). Einen dunklen Himmel kann man durch nichts ersetzen.


    Da ich mit meinem 10" Skywatcher Flextube bisher Beobachtungsprobleme mit Spiralarmen v. Galaxien habe, eine Frage:
    Du schreibst in Deinem sehr anschaulichen Testbericht, dass Du mit Deinem 8" jene Arme bei M 51 erkannt hast. Bei welchen anderen Galaxien hast Du die Arme erkannt?

  • Moin Michi,


    Ehrlich gesagt die Sichtung (indirekt natürlich) ist schon grenzwertig und der Himmel muss beim 8" schon mag6 sein (das ist bei mir das maximal machbare, halbwegs selten). Natürlich spielen die eigenen Augen schon eine Rolle bei diesen schwachen Funzeln.


    Also bei M51 sah ich eher ein Ring wie beim Ringnebel und interpretirte das zu Armen um. Dann habe ich noch eine Aufzeichnung über M81, auch da seeeehr zart. Und als drittes M101 auch sehr sehr zart. Man weiss nicht richtig, ist das die Netzhautsensorik, oder der Wunsch. Obwohl bei M101 dachte ich es wäre eine
    elliptische strukturlose Galaxie. Bei der Betrachtung meinte ich jedoch Fransen im Halo zu sehen und siehe da, ein Blick in die Fotogalerie des Karkoschka zeigte eine Spiralgalaxie. Muss ich also tatsächlich gesehen haben. Aber wie gesagt, schon sehr grenzwertig. Was gut geht ist die Gesamtheit der Galaxie mit Aussenbezirk. Schwierig ist die leichte Kontraständerung in der Fläche.


    Ach ja und die Strukturen deuteten sich eher mit dem 9mm Ortho als 13mm Hyperion an.


    CS,
    Walter

  • Hallo Walter,
    es ist ein interessanter Vergleich wobei das zu erwarten ist, dass ein 8" Newton mehr zeigt wie ein 4" f/10 Achromat.
    Der Genuß beim Beobachten mit kleinen Refraktor ist aber bei mir auf jeden Fall da (ist wohl auch eine Liebhaberei [;)]. Mir kommt das Bild im 80/1200 ruhiger vor wie in meinen Spiegeln. Da mögen auch thermische Probleme und Seeingprobleme mit hineinspielen. Die Öffnung meines 80/1200 ragt deutlich höher hinauf wie beim 114/900, da ich da das Stativ höher stellen kann...
    Ich denk, dass so ein Refraktor eine schöne Ergänzung sein kann.


    Zu den Vergleichen:
    Im 80/1200 war der GRF leicht orange, in M13 waren die helleren Sterne und Sternketten bei ca. 100x oder 120x aufgelöst während die schwächeren Sterne einen nebligen Hintergrund gebildet haben. Je länger ich geschaut hab umso mehr Sterne wurden sichtbar (nach einigen Minuten auch Sternketteneindrücke).
    M57 war als klarer Raucherkringel sichtbar.
    Galaxien hab ich nicht probiert.
    Saturn: Heuer hab ich im 80/1200 jedesmal die Cassiniteilung gesehen aber bis jetzt noch nicht umlaufend. Im 102/1100 hab ich einmal bei gutem Seeing den C-Ring auch an beiden Enden innen im Ring gesehen. Der A- und B-Ring war umlaufend unterscheidbar zu sehen. Das war aber nur bei gutem Seeing möglich. Mit 8" ist das freilich deutlicher und besser/feiner und mehr zu sehen. Da geht also schon um einiges mehr (eine gute Justage vorrausgesetzt).
    Also vom Preisleistungsverhältnis ist der 8" Newton wie zu erwarten schon besser. Als Refraktorliebhaber und zum Schnellspechteln schau ich aber trotzdem gern durch meine Refraktoren... [;)]
    Servus,
    Roland

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