Teleskop ausbalancieren

  • Hallo zusammen


    Es gibt ja bis zu Genüge Anleitungen übers Ausbalancieren. Nur etwas verstehe ich nicht:


    1) Ich hab die Gegengewichte parallel zum Boden gebracht, genauso auch den Tubus
    2) dann die Gegengewichte ausbalanciert
    3) dann den Tubus inkl. Allem Zubehör (Sucher, Zenitspiegel, Okular)


    Dann war alles so eingestellt, dass alles in der Waage blieb. Wenn ich aber den Tubus gedreht habe, dass die Vorderseite etwas nach oben zeigt, dann ist die Vorderseite nach unten geschwenkt. Da dachte ich schon, okay etwas kopflastig. Dann habe ich die andere Seite (Okularseite) schräg nach oben geschwenkt und losgelassen. Dann schwenkte diese nach unten... Also doch nicht kopflastig. Fazit war, dass der Tubus nur in der Waagrechten ausbalanciert blieb. Ist das richtig so?


    Auch bei den Gegengewichten blieb es nur schön ausbalanciert, wenn diese parallel zum Boden waren und wenn ganz schwach verstellt wurde. Wenn ich aber das Teleskop am Ende in die Parkposition (die Start-Nord-Ausrichtung) eingestellt habe und dann die RA- und DEC-Klemmen geöffnet habe, dann drehte sich das Teleskop in beiden Achsen.


    War das Teleskop doch gut ausbalanciert? Muss es nur in der Waage bleiben, wenn die Gegengewichte parallel zum Boden verlaufen und der Tubus auch quer liegt? Etwas doof zum umschreiben. Aber durch die ganzen Unsicherheiten verbratet man so viel kostbare Zeit...


    Wäre um Hilfe und Rat dankbar.


    Schöne Grüsse
    Alex

  • Hallo Alex,


    das von dir beschriebene Verhalten kann m.E. nur dann auftreten, wenn sich der Schwerpunkt ausserhalb der Achsen befindet. Dann ist der Tubus ausbalanciert, so lange sich der Schwerpunkt ober- oder unterhalb der Achse befindet. Wenn dann der Tubus gedreht wird, verlagert sich der Schwerpunkt neben die Achse und die Balance ist nicht mehr gegeben.
    Etwas Ungleichgewicht sollte nicht stören, denn das tritt ja schon beim Okularwechsel auf.


    Gruss Heinz

  • Moin,


    ich machs so:
    Erstmal Teleskop in Grunposition/Parkposition. Alles rauf was rauf soll. Alle Klemmen schließen.
    Ausnevelieren des Statives. Mit einem schiefen Turm von Pisa wirds schwer.


    Zuerst RA:


    RA-Klemme auf.
    Das Gewicht so anbriengen, dass ich es schön um die Achse rotieren kann und dann auch dort stehen bleibt, wenn ich es loslasse. Dann würde ich an der Gewichtsstange an deiner Stelle eine Makierung setzen, wo das Gewicht sein sollte. Klebeband oder Edding. irgendwas.
    Danach das Teleskop wieder in Grundposition. Klemme wieder anziehen.


    Jetzt DEC:


    DEC-Klemme auf.
    Da das Teleskop so einklemmen, dass es nicht nach Norden oder Süden abkippt /wegdreht. Da dann auch eine Makierung irgendwo an der Scheine setzen.
    Klemme zu.
    Fertig.


    Achte einfach auch darauf, dass du beim loslassen keinen Schwung ausübst.
    Das mit den Markierungen hat den Vorteil, dass man danach immer ziemlich genau alles wieder so hat wie es war und sich eigentlich den Kram dann sparen kann.


    Und jeweils auch nur die Klemme lösen, wo man gerade ausbalanciert.


    Wenn jetzt eine Kamera rankommt würde ich es evtl. neu Ausbalancieren. Das sind ja meist 500g Gewicht mehr als ein Okular und Zenitspiegel. Zusätzliche Markierungen für "Übergewicht"? [;)]


    Was aber alles aus dem Gefüge bringt, ist z.B. ein Schwerer Sucher der seitlich angebracht ist. Der verlagert gut den Schwerpunkt und es kippt/zieht schnell nach rechts oder links wenn man davor steht. Jetzt könnte man anfangen und päpstlicher als der Papst sein und versuchen auch das irgendwie auszubalancieren. Oder einfach anfangen zu Spechteln. [;)]

  • Hallo Alex,


    sieht für mich auch aus, wie wenn der Schwerpunkt über oder unter der Achse liegt. Das kommt von den offensichtlich asymmetrischen Anbauteilen wie Zenitspiegel + Okular, Sucher, ... keine Ahnung, was bei Dir noch alles mit dran hängt.


    Wenn's Dich wirklich stört: Ich hab das Teleskop in den Rohrschellen so hingedreht, dass es mit Zenitspiegel + mittelschwerem Okular (oberhalb der Achse) und Sucher (dann eben unterhalb der Achse) genau ausbalanciert ist. Evtl. ist das bei Dir auch eine Möglichkeit.


    Die Frage ist aber, was da tatsächlich sein muss - ich bin da anspruchsvoll (azimutale Montierung ohne Schnecken), andere Montierungen mögen da weniger empfindlich sein.


    Gruß, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Hallo Alex,
    wenn das Teleskop richtig ausbalanciert ist, sollte es, wenn Du die RA und DE Achse drehst und es danach loslässt, in jeder Position in beiden Achsen stehen bleiben, ohne in eine Richtung zu verkippen.
    Ich gehe immer von der Parkposition aus und bringe als erstes die DE Achse in´s Gleichgewicht.Dazu Klemme der DE Achse lösen, mit eingestecktem Okular den Tubus nach links und rechts schwenken, auf verschiedenen Positionen loslassen und beobachten, ob und wie er sich von alleine weiterbewegt. Wenn z.B. die Hauptspiegelseite wieder nach unten zurückdreht, muss der Tubus in den Rohrschellen ein Stück nach oben versetzt werden, wenn die Okularseite nach unten schwenkt, muss der Tubus eine wenig nach unten verschoben werden. Wenn er sich beim Loslassen nicht mehr von sich aus bewegt, die DE- Achse in der Nullposition wieder festklemmen. Das Okular bleibt im OAZ.
    Nun die Klemme der RA- Achse lösen und durch Verschieben der Gegengewichte diese Achse in´s Gleichgewicht bringen. Auch hier sollte das Ganze in jeder Position im Gleichgewicht stehen bleiben, ohne sich von alleine weiter zu drehen.
    Löst man nun die Klemmhebel beider Achsen, sollte alles in jeder denkbaren Position im Gleichgewicht bleiben.
    Ein kleines Ungleichgewicht ist aber nicht tragisch, wenn Du z.B. ein leichteres oder schwereres Okular einsetzt, ändert sich die Balance ja auch schon wieder. Neu ausbalancieren brauchst Du aber nicht!
    [:)]
    Für fotografische Nutzung ist ein gewisses Ungleichgewicht in den Achsen sogar erwünscht.
    Edit: Ich tippe einfach zu langsam...[:)]

  • Danke für die Rückmeldungen. Ich rekapituliere:
    - theoretisch müsste es in jeder Position ausbalanciert bleiben. Wenn das nicht geht, dann liegt der Schwerpunkt falsch. Aber tragisch ist es nicht und behindert das Spechteln oder (wenn mal das zum Thema kommt) Fotografieren nicht


    Das ist für mich das Wichtigste. Bin ja noch am üben und da möchte ich einfach nichts kaputt machen bzw. die GoTo Steuerung überhitzen.


    Ach ja, das Stativ habe ich auch schön waagrecht hingestellt - das hab ich noch vergessen zu erwähnen.


    Schöne Grüsse und CS
    Alex

  • Hi Martin, <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">wenn das Teleskop richtig ausbalanciert ist, sollte es, wenn Du die RA und DE Achse drehst und es danach loslässt, in jeder Position in beiden Achsen stehen bleiben, ohne in eine Richtung zu verkippen.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Das Teleskop sollte nie ganz ausbalanciert sein, es sollte immer ein leichtes Übergewicht auf der Ostseite bleiben. Das gilt vor allem für Fotografie, aber auch visuell hat das einen Vorteil.


    Komplett ausbalanciert kann eine leichte Berührung zu Schwingungen führen. Völlig spielfrei ist keine Montierung, ein geringes Übergewicht nach einer Seite (vorzugsweise Ost) zieht die Schnecke an das Schneckenrad, ebenso werden die Zahnräder eines vorhandenen Antriebs immer auf leichtem Druck bleiben.


    Bei größerem schwenken werden bei einem Newton auch immer neu Ungleichgewichte entstehen- der OAZ dreht ja mit und dieser hängt außermittig zur Achse des Tubus, verlagert also sein Gewicht plus das der Okulare/Kamera entsprechend.


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Stefan,
    visuell hatte ich bisher mit einem (so gut wie möglch) ausbalancierten Teleskop eigentlich noch nie Probleme.
    Was die Fotografie angeht, verfahre ich so, wie Du es oben beschrieben hast, d.h. mit einem gewissen Übergewicht auf einer Seite, je nach Beobachtungsrichtung.

  • Hi Martin, <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">... mit einem gewissen Übergewicht auf einer Seite, je nach Beobachtungsrichtung.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Du solltest das Übergewicht immer auf der Ostseite lassen, egal bei welcher Beobachtungsrichtung. Dadurch bleiben die Zähne der Schnecke immer auf Zug belastet.


    Bei Übergewicht auf der Westseite würde die Schnecke jedesmal vom Schneckenrad weglaufen und die Achse samt Teleskop würde dann durch das Übergewicht hinterhergezogen. Jeder Schritt des Motors führt damit also zu einem Kontaktverlust Schnecke/Schneckenrad.


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Stefan,
    ist natürlich völlig richtig, so meinte ich es eigentlich auch.[:)]
    Wenn das Teleskop auf der Ostseite ist, würde ich das Teleskop "schwerer" machen, so dass immer auf Zug gearbeitet wird.

  • Hallo Alex,
    je nachdem, in welche Himmelsrichtung Du beobachtest, steht der Tubus mal auf der Ost- und mal auf der Westseite der Montierung. Das hat Stefan gemeint.

  • Achso. Und wieviel schwerer wäre empfehlenswert? Also wenn man von der Ausgangslage betrachtet, dass zuerst beide Seiten gleich schwer sind? Oder einfach ohne Okulare ausbalancieren und dann passts schon?


    Scöne Grüsse
    Alex

  • Hi Alex,


    nun, damit du immer ein Übergewicht auf der Oststeite hast musst du natürlich mit deine Okulare berücksichtigen.


    Hängt der Tubus auf der Ostseite erhöhen die Okulare dort das Gewicht, also in der Lage ohne Okulare austarieren.


    Hängt der Tubus auf der Westseite, bringen die Okulare ja auch dort ihr Gewicht ins Spiel. Damit das Übergewicht auf der Ostseite sicher bestehen bleibt muss man in dieser Stellung mit dem schwersten Okular austarieren.


    Gruß
    Stefan

  • Hallo!
    Das mit der Balance ist so eine eigene Wissenschaft für sich!
    Ich habe vor ein paar Jahren mal ein paar Untersuchungen angestellt:



    Durch die Schwerpunktverlagerung ergibt sich ein Hebel mit anderem Winkel:



    Bei einem "nicht idealen Hebel", d.h. bei einem Hebel mit einem Winkel
    und einem "verstimmten" Gegengewicht ändert sich die Belastung in
    Abhängigkeit des Winkels an der RA-Achse!


    Das lässt sich auch leicht nachprüfen: Wenn man mit offener Klemme die Achse bewegt,
    ändert sich der Druck auf den Arm je nach Stellung (=Winkel).


    Zum Zeitpunkt dieser Untersuchung hatte ich ein schweres Leitrohr weit vom Teleskop abstehend,
    eine schwere Kamera und diverse zusätzliche Aufbauten auf den Tubus geschraubt.


    Den ganzen Sermon kann man hier nachlesen:
    http://www.a2p.at/Astronomie/Balance_Montierung.html

  • Ich hab einen 10 Zoll f/4,8 Orion Newton auf Losmandy G11, Canon EOS 350 D, und befasse mich auch grad mit der Ausbalancierung.
    Dicht neben dem Rohr hab ich parallel eine Russentonne mit der Guiding Cam montiert.... also auch einen nicht idealen Hebel mit "diffuser" Massenverteilung, Schwerpunkt weiss Gott wo...


    Bei Armins Zeichnung auf seiner HP ist mir aufgefallen, dass ich den Winkel Beta nicht genau identifizieren kann: zwischen welchen Schenkeln liegt er? Ich würde Beta genauso wie den Alpha einzeichnen, nur halt auf der anderen Seite. Also Winkel zwischen den Schenkeln Lot - OAZ und OAZ - Achsenkreuz (auf der Last-Seite RA) und analog Lot - Gegengewicht und Gegengewicht - Achsenkreuz. Statt OAZ kann man auch irgendeinen anderen Massen-Punkt auf der Lastseite nehmen (z.B. Spiegel) für RA. Für Dec analog: angeflanschte Kamera am OAZ, ausgezogen annähernd im Fokus, oder den Sucher daneben, Hauptsache auf einer Seite der Dec-Achse. Die Summe der Einzel-Massepunkte F1 mal deren Abstände vom Achsenkreuz r1 mal deren Sinusse müssen also pro Achse austariert werden...


    Das ergäbe dann folgende Momentengleichung:
    F1 x r1 x sin(Alpha) = F2 x r2 x sin(Beta).
    Diese Gleichung gilt allgemein für BEIDE Achsen.
    Links der Gleichung die Last (Teleskop, Leitrohr, sämtliche Anbauten etc. für RA, Tubus-Öffnung mit OAZ, Kamera, Sucher auf einer Seite der Dec-Achse etc. für Dec.), rechts die Gegengewichte (relativ zur RA-Achse), bzw. der schwere Spiegel und alles auf der anderen Seite der Dec-Achse (relativ zur Dec-Achse).
    Für die dicke rote Linie in Armins Zeichnung gilt: Alpha = Beta = 90°, sin (90°) =1 = maximal. Hier ist das das Drehmoment (Kraft) maximal=&gt; für die Praxis zum Austarieren das Scope in die Horizontale bringen, da hier Änderungen der Gegengewichte am sensibelsten anschlagen.
    Sind alle Kameras, Sucher, Anbauten usw. anmontiert, ist F1 (Masse) konstant. Ist die Kamera annähernd am ausziehbaren OAZ fokussiert, wobei der Tubus derart rotiert ist, dass die Kamera auch ihre spätere Aufnahme-Position erreicht hat, ist auch r1 konstant. Der Tubus darf später nicht mehr in den Rohrschellen rotiert werden, sonst Schwerpunktverlagerung relativ zu den Achsen durch Änderung von r1! F2 (Gegengewichte bzw. Masse Spiegel) sind auch konstant. r2 wird beim Austarieren durch Verschieben der Gegengewichte (für RA), bzw. für Dec des Tubus (genauer: des schweren Spiegels) in den Rohrschellen unter Beachtung der Rotation der Aufnahmeposition der Kamera (oder des Schwalbenschwanzes mit allen Anbauten) variiert, das sind unsere Stellschrauben...
    Die gestrichelte rote Linie zeigt die Position während der Langzeitbelichtung an, wenn sich das Scope gedreht hat. Und hier gilt:
    sin(Alpha) = sin(Beta) &lt; 1 &lt; maximal. Denn: wird Alpha im Laufe der Nacht durch den aufsteigenden Stern irgendwann 70°, wird Beta gleichzeitig 110°. Und: sin (90 - 20 =70) = sin (90 + 20 =110) = 0,9396 &lt; 1....


    Schlussfolgerung: im austarierten und endgültig rotierten (Newton) Zustand liegt der Schwerpunkt der Last RELATIV zu beiden Achsen immer im gleichen Abstand r1, und ebenso der Gegen-Schwerpunkt im gleichen Abstand r2, und die Massen F1 und F2 sind eh konstant.... nur relativ zum Erdboden verlagern sich die Schwerpunkte, aber das spielt keine Rolle, da beide Sinusse stets gleich bleiben. Das Drehmoment ändert sich zwar durch sich ändernde Winkel Alpha und Beta, aber deren Sinusse sind stets auf beiden Seiten die gleichen, mithin ändert sich das Drehmoment auf beiden Seiten immer im gleichen Umfang und bleibt beidseitig gleich =&gt; einmal richtig austariert, und die Tarierung hält in jeder Position.... egal, wie verstreut die Anbauten verteilt sind (technisch sollte man Parallel-Teleskope und alle Anbauten immer möglichst Achsen-nah montieren, aber evtl. Abschattung durch Haupt-Rohr beachten).


    Soweit meine Theorie... eine Praxiserprobung steht noch an ;)


    Clear skies,
    Berni

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