Mal wie Galileo spechteln

  • Hallo,


    zufällig bin ich gerade dabei, Galileis "leistungsstärkstes" Teleskop in etwa nachzubauen, um Schülern mal zu demonstrieren, was tatsächlich dieser gewisse Herr Anfang des 17. Jhdts. gesehen bzw eben nicht gesehen hat. Der Galilei Biograph Albrecht Fölsing zitiert auf einen venezianischen Procurator Antonio Priuli, dass Galilei immerhin Objektive bis zu einem Durchmessers einer Scudo-Münze (etwa 40mm) benutzte, dabei war es etwa (für einen Chromaten) nur 60 cm lang 1). An anderer Stelle wird von Galileis leistungsstärksten Teleskop mit einer 30-fachen Vergrößerung gesprochen 2).
    Ich selbst habe wir ein einfaches plan-konvex Brillenglas mit 1,25m Brennweite besorgt und ein altes Brillenglas meiner Mutter mit -32 (!!!) Dioptrien als Okular herabschleifen lassen. Das ergibt dann auch ungefähr 30-fach.
    Das erste, was an galileischen Fernrohren dann entsetzlich auffällt, ist der widerliche Tunnelblick. Da lobt man sich gleich den keplerschen Vorschlag, der wenigstens ein erklägliches Gesichtsfeld bietet. Am Himmel hab ich das Stück noch nicht ausprobieren können.


    Anmerkungen:
    1) Fölsing, Albrecht: Galileo Galilei - Prozess ohne Ende, München/Zürich (2. Aufl.) 1989, S. 187.
    2) Ders. S. 190.


    Klare Nächte


    Hubertus

  • Hallo,


    das ist wirklich ziemlich interessant.


    Man müßte eigentlich mal selbst Linsen schleifen, und zwar aus leicht trübem, blasigem, und farbigem Glas mit Schlieren.


    Eigentlich ist alles, was wir heute haben, schon zu gut um das nachzustellen.


    Was hätte wohl Galileo gasagt, hätte man ihm einen modernen APO mit einem Satz Okulare hingestellt ?

  • Hallo Martin,


    nun ja, Deep-Sky Beobachtungen werden wir damit wohl kaum anstellen. Aber Mond- und Planetenansichte ala´ Galilei werden damit wohl auch von der Großstadt aus nachvollzogen werden können.
    Es ist schon verblüffend, wenn man son´ Ding kennt, dass Galilei sich nicht alsbald von seiner (bzw. Lippenshey´s) Anordnung verabschiedet hat, zumal er mit seinem Zeitgenossen Kepler (der wohl selbst nie ein Teleskop besessen hat) ausgetauscht hat, allerdings wohl, als Galilei schon zu erblinden begann. Das Problem beim Galileischen Fernrohr: Man stelle sich das kleine Gesichtfeld vor, das man hat, wenn man durchs Rohrende das kleine Objektiv ansieht. Und nun betrachte man dies obendrein durch eine stark verkleinernd wirkende Konkavlinse vorm Brennpunkt (bei galileischer Anordnung das Okular!!!); das ist dann schon das gesamte Gesichtsfeld. Das genügt bei 10-fach nicht einmal, um die gesamte Mondscheibe zu überblicken.
    Melde mich im Forum vielleicht noch einmal, sobald wir das "Ding" am Himmel getestet haben.


    Tschüss


    Hubertus

  • Moin zusammen!


    Noch ein paar Gedanken zu diesem Thema:
    Vor einigen Monaten habe ich mir zusammen mit dem "Papp-Newton" 60/450 auch gleich das "Galileo-" und "Kepler-Teleskop" bei AstoMedia.de bestellt. Die beiden Linsenkonstruktionen kosten dort nur ein paar Euro, sind schnell zusammengebastelt und sind als Anschauungsmodelle gut geeignet, meine ich.
    Das Galilei-Fernrohr hat in dem Fall ein Objektiv von 40 mm Durchmesser und vergrößert 10fach. Die Acrylglas-Linsen ergeben noch ein brauchbares Bild. Das als Tip für den Selbstbauer.


    Vor einigen Jahren hat die FH-Kiel zwar kein Galilei-, aber dafür ein Teleskop nach Huygens'scher Bauart nachgebaut, Brennweite war so um die drei Meter, wenn ich mich recht erinnere. Mit dieser Optik (selbstgeschliffen) wurden Beobachtungen gemacht und es gab damals einen ausführlichen Bericht in der SuW über dieses Projekt. Vielleicht findet ja jemand diesen Artikel (AFAIR Frühjahr 2001).

  • Hallo Winnie,


    das war ein Artikel von Felix, und obwohl ich meine alten SuW-Hefte hier nicht zur Hand habe, das Internet hat es mir enthüllt:


    Bei http://www.arsmechanica.de/publikationen-luehning.html findet sich der erste Hinweis: "II.4 "Saturn mit Ohren: Nachbau und Erprobung eines Fernrohrs des Johannes Hevelius", in: Sterne und Weltraum, 2001, S. 444-454."


    Da weiß man nun natürlich nicht, welches Heft diese Seiten enthält (eine Unsitte, die Seiten jahrgangsweise durchzuzählen), aber die Inhaltsverzeichnisse von SuW sind ja auch im Netz: http://www.mpia-hd.mpg.de/suw/…Inhalt01060/Inhalt-1.html


    Gruß, mike

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!