Mir ist ein Streuspiegel zugelaufen

  • Hallo allerseits,


    letzten Sonntag kam Benny zu mir, mit seinem 12" Spiegel. Es gabt massive Probleme mit der Verspiegelung und wir wollten uns anschauen, ob die Parabel stimmt, so dass das Geld für eine neuen Beschichtung nicht um sonst wäre.


    Erst mal die Oberfläche. Der Alu-Belag war mächtig angegriffen:



    Das dazugehörige Dunkelbild (Foucault mit komplett eingefahrener Schneide) sah so aus:



    Das ist nun Streulicht! Die Beschichtung muss weg.


    Nach nur 10min Kontakt mit der Eisenchlorid-Lösung war der Spuck vorbei. Es geht nichts über eine schöne, saubere Politur.



    Nach dem abwaschen und trockenwichen, habe ich mir heute den Spiegel näher angeschaut und war gar nicht begeistert: auf der Oberfläche waren ganz zarte Minikringel zu sehen. Es scheint so zu sein, dass nicht nur die Beschichtung sondern auch das Glass angegriffen worden ist. Ein Foucault-Bild soll Klarheit bringen:



    Das Bild zeigt wunderschön die GSO-typische Parabolisier-Spuren: die Radial-Striche die man auf der Bergkuppe eindeutig sieht. Ich kann leider nicht sagen wie tief sie sind, geschätzt weniger als 10nm. Ich mag sie nicht. Und ja, das Glass hat gelitten. Was auch immer drauf war, war schon aggressiv.


    Soll der Spiegel jetzt neu belegt werden? Nein, die Messung hat ergeben: stark unterkorrigiert mit etwas Asti. Strehl = 0,25. Die Details hat Benny hier schon präsentiert:


    http://www.astrotreff-deep-sky…ia-im-Interferometer.aspx


    Meine bisherige Erfahrung mit industriell produzierten Spiegeln bestätigt sich schon wieder. Ich glaube, ich ziehe die schlechten Exemplaren magisch an.


    Viele Grüße,
    Horia

  • Guten Morgen Horia,


    [:0] Er ist ja schon blank!


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Nach dem abwaschen und trockenwichen, habe ich mir heute den Spiegel näher angeschaut und war gar nicht begeistert: auf der Oberfläche waren ganz zarte Minikringel zu sehen. Es scheint so zu sein, dass nicht nur die Beschichtung sondern auch das Glass angegriffen worden ist.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Das klingt heftig, also war "es" wirklich schon unter der Beschichtung, was kann so aggressiv sein, dass es das Glas selber angreift? Ich hatte ja schon seit Monaten Diskussionen geführt, Grundtenor war ja, dass sich hier über Jahre festgebackene Pollen festgekrallt haben. Etliche Wäschen (schon angefangen vor Jahren als der Spiegel zu mir fand) haben Null Effekt gehabt, der von der großflächigen Sprenkelung ausgehenden Kontrasteinbruch war ja nun im Endeffekt nur ein geringer Teil des Problemes [B)] Seit Horias Messung weiss ich, dass jede noch so raffinierte Streulichtunterdrückungsmaßnahme und am Ende auch eine Neuverspiegelung den fehlenden Kontrast nicht hätte gebracht der mir fehlte...


    Das DANKE, dass du das herausgefunden hast und du dich der Parabel annimmst kann ich nicht groß genug schreiben. Nimm dir alle Zeit der Welt.


    Wenn mir die Geschichte eines gezeigt hat, dann dass ich viel zu lange die offensichtlichen Leistungseinbußen auf die Verspiegelung und die zum Vergleich um mich herumstehenden Premiumspiegel geschoben habe UND, dass ich von grundlegender Optik zu wenig Ahnung habe [xx(] Letzters will ich im neuen Jahr ändern, Anfang des Jahres musste ich aus familiären Gründen meinen eigenen Schleifstart beiseite schieben, jetzt will ICH es einfach nachvollziehen was sich da zwischen glattem Rohling und Parabel wirklich tut.


    Die Zeit werde ich ausserdem nutzen und mir überlegen was ich mechanisch tun kann um dem Spiegel dann noch eine würdigere Unterkunft bieten zu können.


    Viele Grüße Benny

  • Hallo Benny,


    Das ist ja eine üble Story mit deinem 12".
    Immerhin hast Du schon bisher die Lichtsammelleistung eines 12" Teleskops gehabt, bei allerdings deutlich schlechterem Kontrastverhalten. Sirius B hättest Du mit dem Teleskop sicher nicht gesehen. Hast Du mal Abell 12 probiert?
    Blöd ist natürlich, immer dieses ziemlich große Teil zum Beobachten zu wuchten und dann nicht die volle mit dieser Größe mögliche Leistung zu bekommen!


    Mich wundert ein wenig, dass Du noch keinen ausführlichen Sterntest gemacht hast. Es ist schön, heute auch als Amateur interferometrische Messmethoden benutzen zu können. Den Vorteil sehe ich aber eher bei den Leuten, die nahezu perfekte Optiken anstreben. Eine simple Unterkorrektur kann wirklich jeder Teleskopnutzer sehr leicht am Stern erkennen. Wer wissen will, wie die aussieht, muss nur mal durch einen einfachen kleinen 114/900 Newton schauen und etwas an der Fokussierung spielen.


    Für Mitleser, die sich näher für das Thema Sterntest interessieren, hier eine Buchempfehlung:
    "Star Testing Astronomical Telescopes" von Harold Richard Suiter, Willmann-Bell, ISBN 0-943396-44-1
    In diesem Buch werden wirklich alle denkbaren Optikfehler von Teleskopen im Detail besprochen und ihre Auswirkung auf Abbildungsfehler sehr ausführlich diskutiert. So manche Diskussion, z.B. zum Tema Mikrorauhigkeit, wäre wesentlich sachlicher verlaufen, hätten alle Beteiligten vorher dieses Buch gelesen[;)]!


    Übrigens, der Gernot von den Münchnern hat auch einen 12" GSO-Spiegel. Sein Exemplar ist aber sehr gut parabolisch, und auch die Oberfläche scheint ok. Schau mal beim Stathis auf der Homepage, dort findest Du als Anregung Gernots Reise-Gitterdobson, den er für seine GSO-Optik gebaut hat.


    So wie die Sache steht, ist eine Parabolisierung und Neubeschichtung deines Spiegels sowieso der einzig saubere Weg, das Problem zu beseitigen Daher ist es konsequent, dass Horia gleich die Beschichtung 'runtergelaugt hat.


    Nachdem ja der Hauptfehler die Unterkorrektur ist und es keinen abgesunkenen Rand gibt, ist das Parabolisieren wirklich keine Hexerei, und schon mit einfachem Focaulttest und Zonenmessung könnte ich da recht flott einen richtig guten Spiegel draus machen. Du hast ja noch deutlich erfahrenere Leute als Unterstützung, da kann jetzt eigentlich kaum noch was schiefgehen!


    Vielleicht könnte man mit einem Mikroskop doch vorher noch mal testen, wie tief die Schäden ins Glas gehen. Wenn das nur wenige Mikrometer sind, sollte das Problem wirklich allein mit Politur zu lösen sein. ALternativ einfach mit dem Polieren anfangen, lernen, wie es die Spiegelform beeinflusst, und beobachten, ob die Glasschäden sich dabei auspolieren. Im schlimmsten Fall geht's zurück zur Sphäre, und dann "Neues Spiel, neues Glück".


    Kniffliger wird es nur, falls der Astigmatismus-Anteil auch gezielt beseitigt werden soll. Das wäre vermutlich nötig, falls Du nun Strehlwerte von über 0,9 anstrebst. Da hilft Interferometrie, kleine Poliertools, viel Geduld, und ein guter Draht zu Leuten wie Alois.
    Aber sogar meinen 18" habe ich nur mit Zonenmessung und weitestgehend mit 20cm Sterntool hingekriegt. Und Sirius B haben wir damit einwandfrei gesehen.


    Ich freue mich schon auf deinen Bericht vom zweiten First Light!


    Gruß,
    Martin

  • Hallo Martin,


    nur um das nochmal klar herauszustellen, ich werde mich keinesfalls an dem Spiegel zu schaffen machen, da fehlt mir einfach ALLES. Dass ich mich jetzt tiefer in die Materie reinarbeiten will hat zwar seinen Auslöser durch diesen Spiegel, aber es braucht wohl mehr als gute Absichten um so etwas hinzukriegen.


    Was den Sterntest angeht - den habe ich einfach nie gemacht, der Sprung von meinen bisherigen Teleskopen war damals eben groß genug um trotz der vielen Probleme begeistert vom Mehr an Licht zu sein. Zwei Fakten haben mich auch nicht an der Spiegelform zweifeln lassen: 1.) Die Teleskope die beim gemeinsamen Beobachten um mich herumstehen sind überwiegend extrem gute Selbstschliffe, einen Abfall meines eigenen Gerätes habe ich als "gottegegeben" hingenommen [;)] 2.) Die von Horia anschaulich dargestellte angegriffene Spiegeloberfläche hat mir als Grund für flauen Kontrast gereicht - beides wird mir in Zukunft nicht mehr passieren.


    Viele Grüße Benny

  • Hallo Benny, hallo Horia,


    Benny, du hast mein Mitgefühl. Ich verfolge deine Aktivitäten schon länger und bewundere deine Ausdauer in der Astronomie sowie deine Zeichnungen und auch deine Homepage ist eine schöne Fundgrube. Was ich wirklich noch erfreulich finde sind die schönen Deep.Sky.Beobachtungen, die du mit dem 12er machen konntest. Da sieht man, was eine etwas schlechtere Optik von der Form her, die dann noch massiv an Oberflächenschäden leidet, doch alles zeigen kann. Das ist doch eigentlich erstaunlich. :) Was mir aber doch ein wenig Bauchschmerzen bereitet, ist nun mein erschütterter Glaube an die überdurchschnittliche Qualität der GSO-Spiegel. Wie ist das einzuschätzen? Ist es nur ein Ausrutscher des Herstellers? Wie dem auch sei, das Gute ist, dass man den Formfehler (den Kugelgestaltsfehler) sofort am Stern nachvollziehen kann. Das ermöglicht eine zeitnahe Kontrolle, wenn innerhalb des Rückgabezeitraumes der Himmel aufklart oder wenn man mit dem Verkäufer (Händler) abspricht nur unter dem Vorbehalt zu kaufen, dass einem keine wesentlichen Fehler beim Firstlight auffallen. Nun wie dem auch sei. Ich wünsche Euch bei dem Projekt der Rettung ;) viel Erfolg!




    Viele Grüße,
    Christian

  • Hi Christian,


    danke für das Mitgefühl, wie du schon sagst: Schöne Beobachtungen hatte ich damit allemal, insofern muss das mit den Trauerbekundungen auch nicht Überhand nehmen [:)]


    Horia sagte mir schon vor der Messung, dass man mitunter nicht glaubt was mit Gurken trotz allem zu sehen ist. Ein Planetenteleskop wäre es aber niemals geworden und wäre ich ein solcher Beobachter wäre ich wesentlich schneller unglücklich geworden, da bin ich mir sicher. Eine verrückte Sichtung ist beispielsweise die irreguläre Galaxie IC10 (lokale Gruppe), wirklich oberflächenschwaches Funzelchen, doch definitiv gesichtet und von Mitbeobachtern durch meinen Spiegel bestätigt an diesem Abend, die Sache ist - und das sieht man ja auch an der Grafik im Protokoll - Details werden bei abnehmender Größe immer kontrastärmer. Und deshalb bin ich froh, dass mir Horia hier unter die Arme greift, ich will mich schon im Rahmen der Öffnung auch an feinen Details erfreuen und zeichnen.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Was mir aber doch ein wenig Bauchschmerzen bereitet, ist nun mein erschütterter Glaube an die überdurchschnittliche Qualität der GSO-Spiegel. Wie ist das einzuschätzen? Ist es nur ein Ausrutscher des Herstellers?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Das kann ich selbstverständlich nicht beantworten. Was mich daran nun im Nachhinein am meisten ärgert ist die Aussage des Privatverkäufers (der den Spiegel direkt beim Händler gekauft hat) es handele sich um ein "sehr gutes, handverlesenes Exemplar" - man liest diesen Spruch allenthalben und auch, dass es speziell dort eine zumindest rudimentäre Kontrolle gäbe - spätestens seit einer Woche sehe ich das im rosaroten Land der Märchen, es sei denn es bestünde eine tiefe Feindschaft zwischen Händler und Ex-Besitzer und er hat lange Zeit Gurken gesammelt um den schlechtesten dann "handselektiert" abzugeben [:D] Das bitte nur als Witz verstehen [:o)]


    Ungetestet kann ich aber sagen, dass mein zweites Taiwan-Gerät (GSO 8"f/6 BJ 2005) ein wesentlich besseres Kontrastverhalten hat und somit mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Vollgurke ist, Plantenbeobachtungen waren damit jedenfalls schon immer wesentlich freudvoller.


    Ah, noch eine Anmerkung an Martin: Danke für den Hinweis zum Reisedobson, ich will meinen zwar mechanisch weiter verbessern, aber der Spiegel steckte bereits seit einigen Jahren im Gitterrohrgewand von Astrooptik Martini, der ist ja "ab Werk" schon sehr solide und durchdacht, aber Potential gibt es da ja immer.


    Nun halte ich mich aber hier zurück, denn es geht ja um die Optik und da ist Horia nun der Fachmann mit den belastbaren Informationen [8)]


    Viele Grüße Benny

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