<b>Exotennacht</b>
Beobachtungsbericht 14./15.4.2013
<u>Objekte:</u>
Mondsichel, Frosty Leo, CW Leonis, EGB 6, Jones Emberson 1, Longmore Tritton 5, Minkowski 2-9 (Butterfly Nebula)
Ort:
Westrand der Schwäbischen Alb auf ca. 950m Höhe
Wetterverhältnisse:
Bis ca. 23.30 Uhr ist der Himmel mit hohen Schleierwolken überzogen. Diese lösen sich bis Mitternacht von Westen her auf bzw. ziehen nach Osten ab. Es bleibt eine flache Wolkenbank sehr tief am Westhorizont. Vermutlich liegt sie jenseits des Schwarzwaldes über dem Rheintal oder über den Vogesen. Im Laufe der Nacht bewegt sie sich zunächst etwas nach Osten. Ab etwa 1.30 Uhr nähert sich von Westen her, also aus genau entgegengesetzter Richtung, ein Feld aus vielen kleinen Wolken. Es zieht in die Cassiopeia hinein, die nun als Buchstabe „w“ aufrecht knapp über der Anhöhe steht, die sich im Norden meines Beobachtungsplatzes befindet, und bedeckt den Himmel südlich des Schwans. In dem Maße wie das Wolkenfeld aus Westen vordringt, zieht sich die Bank im Osten zurück. Bald kehren sich die Verhältnisse aber wieder um und das Wolkenfeld weicht dahin zurück, woher es gekommen ist. Dieses Wechselspiel wirkt sich auch auf die Lufttemperatur aus. Zunächst ist es kühl (Winterjacke anziehen), dann wird es wärmer (Jacke auf), dann wieder kälter (Jacke zu), und beim Abbauen heißt es: Jacke aus.
Transparenz und Seeing:
Nach Abzug der hohen Schleierwolken war die Durchsicht gut. Das Seeing durch die dünnen Wolken hindurch war sehr schlecht, wurde nach Abzug der Wolken befriedigend, fiel im weiteren Verlauf der Nacht aber deutlich ab.
<u>Beobachtung:</u>
1) Was tun, wenn die Beobachtungsliste mit exotischen Deep Sky Objekten gefüllt ist, aber der Mond erst um 0.30 Uhr untergeht? Da ein sich ein vier Tage alter Mond nicht mehr ignorieren läßt, vertreibt man sich die Zeit damit, ihn zu beobachten. Nun ist der Mond nicht gerade ein exotisches Objekt, doch die schmale Sichel ist doch etwas Besonderes. Man beobachtet dann nämlich die Krater am äußersten Rand, die man sonst nie ins Okular nimmt. Diese Objekte erscheinen in extremer perspektivischer Verzerrung, lang gestreckt statt rund, und mitunter sieht man nur ganz knapp über das Randgebirge hinweg auf den Boden.
2) Nach Monduntergang habe ich zunächst die Arbeit am <u>„Frosty Leo“</u> (IRAS 09371 +1212) fortgesetzt, die ich vor wenigen Wochen begonnen habe. Während ich bisher die Zweiteilung wahrnehmen konnte, konzentrierte ich mich nun auf die Halostrukturen. Dazu habe ich höhere Vergrößerungen gewählt und bin diesem protoplanetarischen Nebel mit 720x und 1000x zu Leibe gerückt. Für den dunklen Kanal zwischen den beiden hellen Hälften war das zu viel; er ging zwischen den verschwimmenden Hälften unter. Aber für die Ausläufer waren diese Vergrößerungen durchaus richtig. Auf der nördlichen Seite zeigten sich bestimmte Strukturen, die ich zwar nicht halten konnte, weder direkt noch indirekt, die aber mehrmals an der gleichen Stelle erschienen. Dies waren eine antennenartige Struktur in nordwestlicher Richtung und an deren Ende eine Aufhellung in Ost-West-Richtung. Letzteres könnte die nördliche Anse gewesen sein. Auch im Westen zeigte sich gelegentlich eine Kante. Allerdings waren die Sichtungen immer noch nicht so bestimmt, daß ich dazu eine Zeichnung mit genauen Lokalisierungen machen könnte.
3) <u>CW Leonis</u>: Hier handelt es sich um einen weiteren protoplanetarischen Nebel, der ganz in der Nähe des Frosty Leo steht, aber viel lichtschwächer ist. Er zeigt sich nur als ein kleines Nebelwölkchen (siehe die Darstellung bei Reiner Vogel http://www.reinervogel.net/index.html unter „proto pn“). Obwohl sich die Stelle genau lokalisieren läßt, an der dieses Wölkchen steht, kam ich bei 230x und 350x über eine höchstens vermutete Sichtung nicht hinaus. Ein Stern war dort definitiv nicht zu sehen. Mitunter meinte ich, den Nebel wahrzunehmen, aber dann mußte ich mich fragen, ob dies nicht eher Autosuggestion war. Der Einsatz eines UHC Filter brachte nichts.
4) <u>EGB (Ellis-Grayson-Bond) 6</u>: Hier handelt es sich um einen alten planetarischen Nebel, der in Leo ganz in der Nähe der beiden zuvor beobachteten Objekte steht. Bei Reiner Vogel http://www.reinervogel.net/index.html (große pn) sowie bei Jens Bohle http://www.jens-bohle.de/egb_6.htm finden sich weitere Informationen zu dieser Art von Objekten sowie zu diesem Nebel im Besonderen. Ich habe die besten Ergebnisse mit 230x und OIII Filter erzielt. Die helle Seite des Nebels war problemlos sichtbar, aber auch die übrigen Partien waren durchaus zugänglich, so daß ich den gesamten Ring abfahren konnte. Vor allem an der Innenseite hob sich der hellere Ring von der eingeschlossenen dunkleren Fläche ab. Das Photo bei Jens Bohle kommt meinem Seheindruck nahe, die Zeichnung von Frank Richardsen allerdings nicht, denn die dort eingezeichneten inneren Strukturen blieben für mich unsichtbar.
5) <u>Jones Emberson 1 (PK 164 +31.1)</u> ist ein schöner planetarischer Nebel in Lynx, der aber keinen Eingang in den NGC oder IC Katalog gefunden hat, obwohl er gar nicht so schwach ist. Schon Walter Scott Housten gibt in „Deep Sky Wonders“ eine Beschreibung mit Zeichnung (S. 83). Ich konnte im Okular mit OIII Filter den Ring sehen, und natürlich das Markenzeichen dieses Objektes: die beiden einander gegenüberliegenden Ohren, die nach innen in den Ring hinein stehen.
6) <u>Longmore Tritton 5</u> ist ebenso wie EGB 6 ein alter planetarischer Nebel. Auch dazu gibt es Bilder und Informationen bei Reiner Vogel http://www.reinervogel.net/index.html (große pn) und Jens Bohle http://www.jens-bohle.de/lotr_5.htm. Der Nebel zeigt sich als schwache, aber doch deutlich sichtbare Aufhellung um den Stern. Er ist im Wesentlichen kreisrund, wobei der Stern etwas aus dem Zentrum nach Westen versetzt ist. Die besten Ergebnisse hatte ich bei 230x mit UHC Filter, der noch ein wenig mehr geholfen hat als der OIII. Auf den Photos, die Reiner Vogel verlinkt hat, sieht man, daß dieser PN eigentlich zweipolig ist. Allerdings weicht die Achse, die beide Pole verbindet, nur wenig von unserer Sichtlinie ab, so daß wir die hintere Hälfte nur schwer erkennen können. Man sieht aber auf den Photos, daß von Süden her einer Seite ein dunkler Keil in die Westseite Rand des Nebels hineinragt. Vermutlich ist der Keil die Verengung des Nebels beim Zentralstern. Die schmale Sichel außerhalb des Keiles dürfte wohl zur hinteren Hälfte des Nebels gehören. Ich habe bei der Beobachtung nach diesem Keil Ausschau gehalten und meinte auch vermutungsweise, ihn identifiziert zu haben. Ein Vergleich mit dem Photo am nächsten Tag zeigt aber, daß meine Vermutung falsch war, denn der dunkle Keil sitzt an einer anderen Stelle als ich meinte.
7) <u>Butterfly Nebel (Minkowski 2-9)</u>: Inzwischen war der Ophiuchus hoch genug gestiegen, um dieses Objekt anzuvisieren. Es gehört ebenso wie der Frosty Leo und CW Leonis der Klasse der protoplanetarischen Nebel an. Das Objekt ist sehr klein, aber der Zentralstern ist gut zu sehen und auch die langgestreckte Form zeigte sich bei 350x und 500x (ohne Filter) deutlich in direkter Sehweise. Es sieht aus, als würde man zwei schlanke Sektgläser ohne Stiel an den Böden gegeneinander halten. Leider war das Seeing inzwischen eingebrochen, so daß eine Vergrößerung von 500x schon matschige Sterne produzierte. Ich vermute, daß man in den Sektkelchen noch Details ausmachen kann, wenn die Umstände eine höhere Vergrößerung zulassen.
Viele Grüße
Johannes