Higgs Boson - Warum dauert das so lange?

  • Als Laie frage ich mich, warum dauert es so lange, das Higgs Boson endlich eindeutig nachzuweisen?


    Man lässt Teilchen im LHC aufeinander prallen, dann zerfallen sie in weitere Teilchen. Warum kann man nicht zB 1 Tag später schon eine Aussage treffen? Man weiß ja schliesslich, wonach man suchen wollte, da man sich das schon vorher überlegt hat.

  • Meines Wissens, weil es ein sehr seltener Vorgang ist, sodass es x Versuche benötigt.
    Ich denke, hier können unsere Foren-Physiker evtl noch mehr zu sagen.

  • Hallo Filip,


    weil du die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen suchst. In einem Beschleunigerexperiment schießt du Teilchen aufeinander (oder Teilchen gegen ein feststehendes Ziel), kannst aber nicht kontrollieren, was nach dem Beschuß daraus wird. Da gibt es dann eine ganze Reihe von Möglichkeiten, und wie Kathi schon gesagt hat, ist die Erzeugung des Higgs eine, die eher selten stattfindet. Du mußt also zunächst einmal die wenigen Zusammenstöße aussortieren, bei denen das überhaupt passiert sein könnte - gar nicht so leicht, wenn man das Teilchen nach dem man sucht gar nicht kennt und wenig über seine Eigenschaften weiß. Hinzu kommt: Du mißt nicht das Higgs-Teilchen selber, sondern nur seine Zerfallsprodukte, wenn es kurz nach seiner Erzeugung wieder verschwindet. Das klappt mal mehr, mal weniger eindeutig, so daß die Wahrscheinlichkeit für einen einzelnen derartigen Prozeß verschwindend gering ist, daß du wirklich das gesehen hast was du sehen willst. Erst wenn du genügend Daten gewonnen hast, kannst du über die Statistik eine Aussage machen.


    Viele Grüße
    Caro

  • Hallo Filip!


    Der Nachweis des Higgs-Boson gestaltete sich im Endeffekt deswegen so schwierig, weil es eine Unmenge an Kollisionen braucht bis Folgende Bedingung gegeben ist:


    Im LHC werden Protonen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. 100% Lichtgeschwindigkeit geht nicht, weil Protonen eine Ruhemasse besitzen. Die Kollision zweier Protonenbündel, das deutet an das im LHC selten einzelne Protonen losgeschickt werden, sie sind nahezu immer Millionenfach vertreten, muss nun einem strickten Muster folgen.


    Nur wenn zwei Protonen exakt senkrecht aufeinandertreffen, sodass jedes Up-Quark im ersten Proton mit einem anderen Quark im anderen Proton kollidiert und damit jedes Quark im Atomkern des ersten Protons ein entsprechendes Quark im zweiten finden kann, kann es zur Entstehung des Higgs-Bosons kommen.


    Was nun im Folgenden nachgewiesen wird, ist nicht das Higgs-Boson selbst, sondern die zwei Photonen die bei dessen Zerfall unmittelbar nach der Entstehung freiwerden. Nachdem es Milliarden von Kollisionen gebraucht hat, konnte das Higgs-Teilchen jetzt offenbar im Juli 2012 nachgewiesen werden. Ein wahrhaftig großer Erfolg für die Physik!


    Beste Grüße


    Nikolai

  • Hallo Filip,


    die physikalischen Begründungen hast du schon gelesen. Hinzu kommt noch die Funktionsweise der heutigen Wissenschaft. Hinter verschlossenen Türen war Higgs vermutlich schon etwas länger bekannt. Nur muss man sich bei Projekten dieser Tragweite schon ziehmlich sicher sein um damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Eine zu frühe, möglicherweise zu ungenaue oder gar falsche Publikation, wäre fatal gewesen. Bei den ganzen Milliarden die in diese Projekte flossen und dem ziehmlich sicheren Nobel-Preis (was sich gestern bestätigt hat) konnte man sich sowas nicht leisten.


    Viele großartige Wissenschaftler des 20 Jahrhunderts konnten kaum ahnen wie erfolgreich ihre Arbeit werden würde, hier war jedoch von Anfang an klar, dass es neue Tore aufstoßen würde. Dementsprechend vorsichtig und exakt wurde hier gearbeitet, und das kostet eben Zeit.


    Ich stellte mir dieselbe Frage übrigens auch schonmal, nämlich bei meiner Bachelorarbeit. Ich hatte einen medizinischen Pilotversuch durchgeführt, bei dem ich auch erwartete am Tag danach, dass Ergebniss zu haben. 4 Monate später waren die Daten soweit aufgearbeitet um ein vorläufiges Ergebniss zu haben. Selbst in Projekten im Maßstab einiger Gröeßenordnungen unter CERN, dauert es meist etwas länger als man denkt. Aber Spass machts natürlich trotzdem :)


    Grüße Stefan

  • Danke für die hilfreichen Antworten :)


    >Du mußt also zunächst einmal die wenigen Zusammenstöße aussortieren, bei denen das überhaupt passiert sein könnte - gar nicht so leicht, wenn man das Teilchen nach dem man sucht gar nicht kennt und wenig über seine Eigenschaften weiß


    Kann das nicht ein Computer machen, auch wenn das Milliardenfach geschehen muss? Heute haben wir ja enorme Rechenkapazitäten. Ich stelle mir das vereinfacht so vor: Es stoßen Teilchen zusammen, es entstehen neue mit entsprechenden Krümmungsradien der Flugbahnen. Man kann ja von den Krümmungen Rückschlüsse auf das Teilchen ziehen, oder nicht? Je nach Masse (und sie ist ja immer die selbe für bestimmte Teilchen) gibt es kleine oder große Krümmungsradien? Das heißt, man sieht den Radius, man rechnet sich die Masse aus, und hat damit das Teilchen bestimmt?
    Es wurde geschrieben, dass 2 Photonen entstehen. Da Photonen offensichtlich keine Masse haben, haben sie auch keine Krümmungsradien beim Flug? Das heißt, man verfolgt 2 gerade Linien zu einem Punkt, dem Entstehungspunkt. Oder stelle ich mir das zu einfach vor?

  • Ich glaube du stellst dir das etwas zu einfach vor...
    Natürlich wertet niemand die Daten heute noch per Hand aus. Dafür gibt es Programme. Aber auch die müssen erstmal geschrieben und v.a. optimiert werden. Es bringt ja nichts wenn das Programm zwar schnell fertig ist aber nur 10% der relevanten Ereignisse findet.
    Der Krümmungsradius ist nur eine Eigenschaft die gemssen wird. Dazu kommen noch so Sachen wie Energiedeposition in verschiedenen Kalorimetern, Ansprechen von Myonenkammern, und auch eine Ortsauflösung der Spuren. Es reicht z.B. nicht zwei entgegengesetzte Spuren zu finden. Man muss auch bis auf Bruchteile eines Milimeters sagen können ob die Spuren am Kollisionspunkt der Teilchen entstanden sind oder nicht.
    Insgesamt hat man vier Zerfallskanäle untersucht. In jedem muss man natürlich warten bis genug Daten für eine gute Statistik vorliegen.
    Zu guter Letzt muss man noch warten was die Kollegen vom anderen Detektor finden. Eine Entdeckung wäre wertlos wenn die andere Seite sie nicht bestätigen kann.
    Grüße, Markus

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Slipknot79</i>
    <br />Als Laie frage ich mich, warum dauert es so lange, das Higgs Boson endlich eindeutig nachzuweisen?


    Man lässt Teilchen im LHC aufeinander prallen, dann zerfallen sie in weitere Teilchen. Warum kann man nicht zB 1 Tag später schon eine Aussage treffen?
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Was meinst Du, wie lange die Analyse solcher Unmengen an Daten
    dauert. Schon die nackte Laufzeit der Analysesoftware
    kann Wochen Rechenzeit benötigen!
    Obendrein muss man bei Datenanalysen zig uninteressante andere Reaktionen abtrennen, was sehr viel Zeit erfordert.
    Erstmal muss die Software ausserdem programmiert werden, welche oft
    erst im Laufe einer Analyse optimiert werden kann, um z.B. Probleme
    von Detektoren zu korrigieren. Das kann leicht schon mal 3-6 Jahre
    dauern. Um 2008 entwickelten die ATLAS-Leute bei mir im Büro damals noch ihre Software. Eine Entdeckung ca. 5 Jahre später ist doch kein besonders langer Zeitraum. Schliesslich will man sich auch sicher sein, keinem Fehler aufzusitzen, wie es in der Teilchenphysik leider schon passiert ist.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Slipknot79</i>
    <br />Danke für die hilfreichen Antworten :)


    Kann das nicht ein Computer machen, auch wenn das Milliardenfach geschehen muss? Heute haben wir ja enorme Rechenkapazitäten.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Nein, das kann nicht <i>ein</i> Computer machen. Lies mal nach bei Wikipedia:
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Allein die Datenmenge des CMS-Detektors ist mit der einer 70-Megapixel-Kamera vergleichbar, die 40 Millionen Bilder pro Sekunde macht.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">

  • Slipknot,
    meine letzte Begegenung mit der Teilchenphysik ist zwar schon 20 Jahre her (am DESY), aber schon damals war es so:
    Um den relativ dünnen Speicherring herum, in dem die Teilchen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit entgegengesetzt umlaufen wurde ein Detektor gebaut, der ungefähr so groß war wie ein Einfamilienhaus. Der Speicherring musste relativ dünn sein, weil man Teilchen mit sehr kurzer Lebensdauer beobachten wollte - das heißt die kommen nicht weit bevor sie zerfallen.
    Unmittelbar am Ring waren die ersten Detektoren für so kurzlebige Teilchen verbaut - und bei denen hat man bereits in der Auslese-Elektronik Filter verbaut, die die offensichtlich nicht brauchbaren Messungen (hohe zweistellige Prozentzahl) in Echtzeit unterdrückt - und gar nicht an die Auswertesysteme weiterleitet. In der ersten Stufe der Auswerteelektronik wurden dann weitere Filter tätig, die Ereignisse, die nicht auswertbar waren (z.B. Raektionen, die nur zu einem ungenügenden Teil detektiert wurden) ausgefiltert hatte - wieder ein hoher zweistelliger Prozentbetrag.
    Das was dann da rauskam, hat man auf Bänder geschrieben und mit dem LKW zum Rechenzentrum zur Auswertung gefahren.


    Andersrum - Im wikipedia Artikel steht was von 15 Millionen GB pro Jahr, rechnen wir mal schnell runter: Ein Prozessor, der mit Hypertransport angebunden ist kann theoretisch 25GB/s lesen, benötigt nur fürs Lesen der Daten also rund 600000 Sekunden oder fünfeinhalb Tage. Da hat er noch nichts gerechnet! Nehmen wir mal an, dass er für jedes Byte 100 Prozessor-Zyklen (200 Picosekunden) zur Auswertung braucht, das ist eher wenig (tiefstapel!) - dann sind das bei einer Prozessorgeschwindigkeit von 5.0 GHz (Power 6) dann sind das weitere 30 Millionen Sekunden - also weitere 275 Tage. Dummerweise entstehen die Daten aber nicht kontinuierlich, müssen also irgendwie zwischengespeichert werden - nehmen wir dazu mal ein Rechnersystem mit einer IO Bandbreite von 590GB/s (angeküngigte IBM Power 8 Systeme) - die Daten müssen rein und raus also zweimal 5 Stunden - vernachlässigbar.
    Stimmt, hast eigentlich recht, 300 Computer, in denen ALLE Komponenten mit ihrer theoretisch maximalen Leistung zusammenarbeiten KÖNNTEN die Ergebnisse eines Jahres innerhalb eines Tages auswerten, jedenfalls wenn sie mit 100 Zyklen pro Byte auskämen...was kann man in 100 Zyklen erreichen?
    Sagen wir mal wir organisieren die 15 Millionen GB in einem binären Baum, der uns erlaubt, zu jedem Eregnis, was wir anschauen in minimal möglicher Zeit ein passendes Ereignis zu finden - wenn jeder Datensatz 4kB hat, dann sindf das rd 4 Billiarden (Tera) Datensätze (ungefähr 2^42) - der Baum hätte also eine Tiefe von 42 - Warum nur hatte ich diese Zahl schon erahnt? Dann kann man günstig gerechnet in 100 Prozessorschritten den Baum einmal von der Wurzel bis zum Blatt ablaufen - also ein Ereignis finden oder einfügen. Es ist bis jetzt noch nicht ermittelt, WO das Ereignis eingefügt werden muss....naja egal...und auch noch NICHTS analysiert...


    Stimmt, hast eigentlich recht, 300 Computer, in denen ALLE Komponenten mit ihrer theoretisch maximalen Leistung zusammenarbeiten KÖNNTEN die Ergebnisse eines Jahres organisieren - jedenfalls wenn man jedem Ereignis unmittelbar ansähe, wo es einzusortieren ist...


    Kommt jetzt ungefähr rüber, warum das so lange dauert?


    DS, Holger

  • Tja, warum dauert das alles so lange hier ;)


    Hier wurde ja schon auf die Software und Datenverarbeitung hingewiesen. Ebenso aufwendig ist die Hardware. Du musst erstmal einen Tunnel graben 27km im Umfang (gut der war durch LEP schon da), du musst den Beschleuniger bauen und mehrere Detektoren (schon mal einen in Natura gesehen?). Du musst diese gigantische Höllenmaschine erstmal in den Griff bekommen, du musst tausende von Wissenschafter, Ingenieure, Techniker, Studenten etc. im Griff haben, die auch noch global verteilt arbeiten! Schon mal ein Projekt geleitet bei dem der Großteil der Mitarbeiter tausenden von Kilometer voneinander entfernt arbeiten und am Ende alles zusammenpassen muss? Du brauchst Simulationssoftware, Anaylsesoftware und du braucht RechenZENTREN, ja im Plural um die Masse an Daten aufzubereiten und zu analysieren. Daneben kostet so ein Projekt Kohle. Und zwar richtig! Das musst du den Politikern erstmal aus der Nasen kurbeln, denn die haben garantiert andere Problem als ein Higgs zu finden, das für sie so gar keine Probleme löst.
    Ich freu mich für Peter Higgs, dass er es noch erlebt hat! Danke an das CERN und alle Mitarbeiter, die leider auf Grund der Nobelstatuten keinen Preis entgegen nehmen konnten.


    viele Grüße
    Matthias (ex-Desy [CELLO], ex-CERN [DELPHI])



    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Slipknot79</i>
    <br />Als Laie frage ich mich, warum dauert es so lange, das Higgs Boson endlich eindeutig nachzuweisen?


    Man lässt Teilchen im LHC aufeinander prallen, dann zerfallen sie in weitere Teilchen. Warum kann man nicht zB 1 Tag später schon eine Aussage treffen? Man weiß ja schliesslich, wonach man suchen wollte, da man sich das schon vorher überlegt hat.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">

  • Hallo,


    wenn das Higgs-Boson eindeutig identifiziert würde, wäre dann die Suche nach weiteren Elementarteileichen abgeschlossen oder fordert die Mathematik/Physik noch Weiteres?


    Grüße und CS
    Robert

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: yogi</i>
    <br />Hallo,


    wenn das Higgs-Boson eindeutig identifiziert würde, wäre dann die Suche nach weiteren Elementarteileichen abgeschlossen oder fordert die Mathematik/Physik noch Weiteres?


    Grüße und CS
    Robert
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hi Yogi[:D]


    Ich denke, über kurz oder lang wird bestimmt dann wieder etwas neues gefordert, und irgendwann dann auch entdeckt.


    Gruß Jogi[:D]

  • Wie kann man sich eigentlich derartige Teilchen bildlich vorstellen? Rund? "Außenwand" woraus? Was ist innen, oder gehts nicht mehr kleiner weil wir bei den Planckschen Einheiten angekommen sind?

  • Gar nicht, weil jede Vorstellung falsch ist. Die Vorstellung "Teilchen" resultiert aus unserer Makrowelt und haben mit der Quantenwelt nichts gemein. Es sind einfach Entitäten mit bestimmten Eigenschaften. Die Teilchenphysik ist mit der Entdeckung des Higgs noch lange nicht abgeschlossen. Eines der grüßten Mysterien ist immernoch die Vereinung der Quantenfeldtheorien mit der Gravitation. Hierzu gibts verschiedene Ansätze z.B. Supersymmetrie, die mit einem Schlag die bisherige Anzahl der "Teilchen" verdoppeln würde. Bisher wurde aber noch kein supersymmetrischen Teilchen gefunden usw. usw.


    [zitat]
    "Die Quantentheorie ist so ein wunderbares Beispiel dafür, daß man einen Sachverhalt in völliger Klarheit verstanden haben kann und gleichzeitig doch weiß, daß man nur in Bildern und Gleichnissen von ihm reden kann.
    Werner Heisenberg, Physik und Philosophie"
    [/zitat]


    Matthias

  • Also von was reden wir jetzt? Von Atomen oder Teilchen? "Teilchen (hier Atome)" was soll das heißen? Atome sind Atome und Teilchen sind Teilchen. Was du siehst am CERN vom Higgs ist die Signatur. Reicht dir das nicht und willst stattdessen ein rotes Kügelchen sehen oder was?

  • Zum Lesen über Higgs:


    http://www.spektrum.de/sixcms/media.php/976/Higgs_v_1_3.pdf


    Allerdings sind mir da ein paar Seltsamkeiten aufgefallen. Einmal spricht man von 'extrem kurzer Lebensdauer', die nur erlaube, anhand der Zerfallsprodukte das Higgs-Boson zu identifizieren. Dann steht (das ist wohl ein Schreibfehler) da etwas von 10-20 Sekunden.. wtf? In 20S kann man das Teilchen von Hand auslesen...also bildlich gesprochen. (Im obigen Dokument auf Seite 15)


    Im übrigen hätte das Higgs auch schon früher entdeckt werden können, wenn nicht (so sagen Gerüchte) ein Großteil der zunächst für überflüssigen Datenmüll aus HERA gelöscht wurde.


    Und was die Struktur angeht: Die ist eigentlich irrelevant, nur die Ausdehnung ist interessant. Also der so genannte Wirkungsquerschnitt. In erster Näherung kann man sich die Teilchen als Kugel vorstellen, aber nicht mit einer 'harten' Aussenwand, sondern eher wie Jupiter, mit einer (für ankommende Elementar-Teilchen, nicht für makroskopische Teile wie Atome) zunehmenden Dichte. Ganz grob gesagt. Im Detail ist das selbstverständlich viel komplexer.

  • Achso, habe Elementarteilchen und Atome in einen Topf geworfen.
    Ne, ist allgemein forumliert. Ob man Elementarteilchen irgendwie "erfassen" kann, bzw weil es Materie ist (interagiert ausreichend mit der vom Menschen erfassbaren Umgebung), ob man sie bildlich darstellen kann (Außer durch abstrakte Krümmungsradien, die mich eher an Reifenspuren eines Autos erinnern, dabei will ich das Auto sehen)


    &gt;Reicht dir das nicht und willst stattdessen ein rotes Kügelchen sehen oder was?


    Nein, die Frage war: "Wie kann man sich eigentlich derartige Teilchen bildlich vorstellen? Rund? "Außenwand" woraus? Was ist innen, oder gehts nicht mehr kleiner weil wir bei den Planckschen Einheiten angekommen sind?"


    &gt;Was du siehst am CERN vom Higgs ist die Signatur.


    Streng genommen sehe ich nur Signaturen, zB Photonen die mein Auge erreichen zeigen mir die Vergangenheit. Darum geht es aber nicht.

  • Hallo Filip,


    "Sichtbar machen" kann man einzelne Atome nicht.
    Mit Photonen, d.h. Licht, erreichen wir Auflösungen um 0,1 µm. Das ist noch viel zu grob, um einzelne Atome zu sehen. Mit Elektronen kommt man da schon weiter.
    Die beste bildgebende Auflösung erreicht man aber mit einem Rasterkraftmikroskop. Das ist allerdings kein "Sehen" mehr, sondern eher das Abtasten einer Potentialfläche der Elektronenorbitale von Atomen, d.h. der um die Atomkerne "verschmierten" Ladungen. Sowie nämlich Elektronen an ein Atom gebunden vorkommen, ist die Vorstellung von Elektronen als Teilchen sinnlos. Stell dir eher so was wie eine diffuse "Wolke" vor, deren Dichteverteilung man mit einer mathematischen Gleichung beschreiben kann.
    Die Begriffe "Teilchen", "Rund", "Außenwand" und "innen" sind hier mehr oder weniger sinnlos, weil solche Begriffe die Objekte, um die es hier gehr, einfach nicht korrekt beschreiben können.
    Du kannst Dir damit zwar was vorstellen, das entspricht dann aber nicht der physikalischen Realität.


    Letztlich müssen wir uns damit abfinden, dass unser "gesunder Menschenverstand" weder bei der Quantenphysik noch bei der Kosmologie besonders hilfreich ist. In beiden Bereichen haben wir es mit Phänomenen zu tun, die sich mit unseren Alltagsbegriffen nicht richtig und nicht vollständig beschreiben lassen.


    Die beste Annäherung an die Wirklichkeit schaffen wir leider nur mit komplexen mathematischen Formeln.
    Ich bedaure es sehr, bei der Höheren Mathematik ziemlich schnell an meine Grenzen zu stoßen, deshalb werden mir tiefere Einsichten zu diesen Themen wie den meisten anderen Menschen verborgen bleiben.


    Mir fällt gerade eine Analogie ein: Versuch mal, eine Sinfonie für Orchester nur mit Bildern so gut beschreiben, dass sie jemand nachspielen kann! Ich kann mir nicht vorstellen, dass das gelingt.
    Was die Noten für den Musiker sind, ist die Mathematik für den Physiker.
    Übrigens findest Du unter Physikern erstaunlich viele Leute, die ein Musikinstrument beherrschen...


    Gruß,
    Martin

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Slipknot79</i>
    <br />Achso, habe Elementarteilchen und Atome in einen Topf geworfen.
    Ne, ist allgemein forumliert. Ob man Elementarteilchen irgendwie "erfassen" kann, bzw weil es Materie ist (interagiert ausreichend mit der vom Menschen erfassbaren Umgebung), ob man sie bildlich darstellen kann (Außer durch abstrakte Krümmungsradien, die mich eher an Reifenspuren eines Autos erinnern, dabei will ich das Auto sehen)



    &gt;Reicht dir das nicht und willst stattdessen ein rotes Kügelchen sehen oder was?


    Nein, die Frage war: "Wie kann man sich eigentlich derartige Teilchen bildlich vorstellen? Rund? "Außenwand" woraus? Was ist innen, oder gehts nicht mehr kleiner weil wir bei den Planckschen Einheiten angekommen sind?"


    &gt;Was du siehst am CERN vom Higgs ist die Signatur.


    Streng genommen sehe ich nur Signaturen, zB Photonen die mein Auge erreichen zeigen mir die Vergangenheit. Darum geht es aber nicht.


    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Kollege, mir fehlen die Worte. Eine bildliche Darstellung von Elementarteilchen... Es GIBT keine. Und warum sind Krümmungsradien abstrakt? Die sind sehr konkret und lassen Schlüsse auf Impuls und Ladung zu. Falls dich das an Autospuren erinnert, da stelle dir Elementarteilchen halt als Autoreifen vor. Was du sehen willst interessiert die Quantenwelt leider nicht. Du kannst sie aber mathematisch beschreiben - und DASS ist das Wunder. Wieso ist es überhaupt möglich die Natur mathematische zu beschreiben? Mathematik ist die Sprache in der Physiker denken, und gemessen werden Größen, die wir in unserem Makrokosmos auch messen können wie Energie und Impuls. Unsere Sprache und damit unsere Vorstellungen sind aus der Alltagswelt (wie deine Autospuren). Du kannst dir ja auch keinen 11 dimensionalen Raum vorstellen obwohl ich ihn mathematisch ohne Probleme behandeln kann.

  • Bei geladenen Teilchen ist das einfach. Masselose ungeladene Teilchen nachzuweisen ist schon schwieriger, aber auch sie wechselwirken gelegentlich mal mit anderer Materie. Stichwort Neutrino. Die Ereignisse sind zwar sehr selten, aber kommen vor und sind mehr oder weniger eindeutig zuzuordnen. Sie das Experiment Ice-Cube oder Gran Sasso.

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