Tauriden und Leoniden am 19./20.Nov. 2009

  • Hallo Sternenfreunde!


    Datum: 19./20. November 2009
    Zeit: 22:00 Uhr bis 03:30 Uhr
    Ort: freies Feld im Canitzer Flugplatz
    Grenzgroße: 6m3+ (Mithilfe der Sterndreiecksmethode im Perseus)
    Teleskop: unbewaffnetes Auge
    Okulare: 1x Vergrößerung


    Beobachtete Objekte:
    Planeten: -
    Gasnebel: -
    Offene Sternhaufen: -
    Planetarische Nebel: -
    Galaxien: unsere Milchstraße
    Kugelsternhaufen: -
    Sonstiges: Meteorströme Tauriden und Leoniden



    In der Nacht vom 19. zum 20. November 2009 passte endlich wieder einmal das Wetter. Und es hat sich wirklich gelohnt![:p] Zusammen mit meinen beiden Freunden wollten wir wenigstens die Leoniden und Tauriden Nächte nachholen, die wir zuletzt aufgrund des schlechten Wetters verpassten!


    Dieses Mal wollte ich die Nacht nur mit dem unbewaffneten Augen beobachten und wurde reichlich belohnt! Es waren dabei etliche Sternschnuppen zu sehen. Mehrheitlich konnten die Tauriden im Wintersechseck gesichtet werden. Immer wieder prägten die Begeisterungsschreie: „Dort, dort, dort….“ „Wooooow!“ diese besonders transparente Nacht.


    Tauride im Sternbild Fuhrmann


    Insgesamt konnten wir 30 Sternschnuppen zählen:<ul><li>Mehrheitlich waren die Tauriden zu beobachten, unter anderen auch sehr schöne farbige Boliden!! Im Zeitraum von 22:00 Uhr bis 03:00 Uhr lag unsere beobachtete ZHR bei 5.2</li>
    <li>3 Leoniden konnten sporadisch gesichtet werden</li>
    <li>Und ein zufälliger huschte von Perseus in Richtung Stier (sind etwa noch die Perseiden sichtbar?)</li></ul>Jedoch fiel mir im laufe der Nacht die Milchstraße besonders auf! Zwar war die Luft etwas feucht, aber der Himmel war dermaßen transparent! Die Milchstraße war von Schwan, durchgehend an Kassiopeia und Fuhrmann vorbei bis hin zum Großen Hund deutlich zu sehen!
    Ich genoss einfach den Anblick der Milchstraße mit den dazugehörigen facettenreichen Dunkelwolken!



    Hoffentlich gefällt Euch der Bericht!


    Sternenfreundliche Grüße


    Christian

  • Ach die Tauriden waren das? War in der gleichen Nacht draußen und hab mich gewundert, warum da so viele Sternschnuppen in der Gegend rumfliegen - darunter auch einige helle. [:)]


    Leider hab ich net die ganze Zeit nach oben geguckt, weil ich zu sehr damit beschäftigt war, mit meinem 18" Gasnebel und Sternhaufen abzugrasen. Aber für 5-10 Schnuppen oder so hats trotzdem gereicht.


    Viele Grüße,
    Christian

  • Ähm ja, ich weiß was ne ZHR ist. Sorry für die etwas unklare Frage.


    Der Punkz ist: "UNSERE ZHR" geht gar nicht. Die ZHR bezieht sich aber auf die Rate, die ein EINZELbeobachter sehen würde, wenn der Radiant im Zenit stünde um FST = 6.5 wäre. Daher gibt es keine Gruppen-ZHRs. Wenn jetzt 5 Leute ihre Meteore zusammenschmeißen und daraus etwas ausrechnen, so ist das Ergebnis keine ZHR. Immer wieder tun das Leute, und solche "ZHRs" haben es sogar schon in die IAU-Zirkulare gebracht.Deshalb hab ich mal nachgefragt...


    Hartwig

  • Hallo Hartwig,


    NP wegen deiner "unklaren" Fragestellung ... ich hätte es mir ja denken können, das du weisst um was es sich dabei handelt ... [;)]


    Nun hab ich aber mal ne Frage ... wie wird die ZHR nun eigentlich objektiv ermittelt? ... keiner kann ja seine Augen überall haben.
    Werden da zur Ermittlung der ZHR Hilfsmittel(z.B. Kameras mit 360° Objektiven)benutzt? ... nur mal so theoretisch ...


    ... ist doch ein schöner Bericht von Christian ...


    cds ... Frank

  • Hallöchen!


    Sehr hab ich mich über Eure positiven Kommentare gefreut!


    (==&gt;) Hartwig: Ich hab soeben die Bedeutung von ZHR gelesen! Stimmt, du hast recht! Sie gibt eben an, wieviel Meteore pro Stunde <b>EIN</b> Beobachter bei absolut klarem und dunklem Himmel sehen würde, wenn der Radiant im Zenit stehen würde.
    Aber in einer Gruppe werden doch möglichst viele mit dem bloßen Augen erfassbaren Meteore am Himmel beobachtet und aufgezählt. (Doppelsichtungen mal ausgelassen)


    Die Frage nach der objektiven Messung von ZHR (in Abhänigkeit vom Radiantenstand über den Horizont) würde mich jetzt auch interessieren!


    Sternenfreundliche Grüße


    Christian

  • Hi Frank,


    Nein, die ZHR wird ist die Rate, die EIN EINZELNER Beobachter VISUELL sehen würde, wenn der Radiant im Zenit stünde und der Himmel 6.5mag hätte. Dass er massenweise Meteore übersieht, ist ganz klar. Ganz schwache Meteore sieht man eh nur in der Mitte des Gesichtsfelds, eine Monsterfeuerkugel natürlich auch am äußersten Rand. Das heisst, es ist der ganzen Sache auch eine Wahrnehmungswahrscheinlichkeitsfunktion überlagert, die auch etwas mit der Helligkeitsverteilung der Meteore zu tun hat.


    Wenn die IMO eine ZHR veröffentlicht, dann ist das ein Mittelwert aus den ZHR-Bestimmung zahlloser EINZEL-Beobachter.


    Generell muss hat man natürlich eine andere Grenzgröße als 6.5, und der Radiant steht auch nicht exakt im Zenit. Auch gibt es sowas wie Wolken, Baeume im Weg usw. Auch muss der Beobachter mal aufs Klo, oder macht andere Pausen.


    Daher geht es so: Ein Einzelbeobachter geht hin und schreibt alle Meteore auf, die er sieht (Diktiergerät, Kassenrolle, am besten eine Methode, mit der man beim Notieren weiter an den Himmel guckt). Notiert werden: Helligkeit und Stromzuordnung. Beim "Counting" macht man letztere spontan "on the fly". Dabei hat man natuerlich Irrtuemer (Meteore, die zufaellig aus der besagten Richtung kommen, aber keine Schwarmmitglieder sind), aber bei einer hohen Rate der Schwarmmeteore faellt das nicht weiter ins Gewicht.


    In regelmaesssigen Abstaenden notiert man die Uhrzeit (nicht notwendig fuer jedes Meteor)
    In regelmaessigen Abstaenden (wenn sich was aendert) die Sterngrenzgroesse (nach den IMO-Helligkeitsfeldern).


    Aus diesen Daten wird nun die ZHR berechnet.


    ZHR = N *r^(6.5-FST)/t/sinh
    Dabei ist N die Zahl der gesehenen Meteore
    FST die Grenzgröße
    t die effektive Beobachtungszeit in Stunden (minus Pausen)
    r ist der Poplutionsindex, der ein Maß ist für den Anteil heller / weniger heller Meteore. Im Kern sagt er aus, wie viel mehr Schnuppen man sieht, wenn die Grenzgröße sich um eine Größenklasse verbessert.


    Bei der Auswertung wird nun folgendes gemacht:
    - aus der Helligkeitsverteilung wird der Populationsindex berechnet
    - und dann kann man die ZHR ausrechnen.


    Natuerlich ist die erhaltene ZHR eines Einzelbeobachters sehr ungenau, aber dadurch, dass VIELE Beobachter gleichzeitig aktiv sind und das ganze auf einer großen Anzahl von Schnuppen basiert, kann man die Fehler begrenzen und z.B. sehr hoch auflösende Zeitverläufe ermitten.


    Hoffe das beantwortet die Fragen, vor allem wird klar, warum es fuer eine ZHR nicht wichtig ist, dass man ALLE Meteore sieht.


    Etwas anderes ist es, wenn man die ZHR in eine Stromdichte im Raum umrechnen will. Dann muss man natürlich einiges wissen, z.B. Näheres zu der erwähnten Wahrnehmungsfunktion (die für verschiedene Beobachter unterschiedlich ist), die Geschwindigkeit der Meteore, etc. Sowas ist aber auch verschiedentlich versucht worden, ist aber natürlich nur bei großer Teilchenzahl (Leoniden usw) aussagefähig.


    Die ZHR aus Fotos zu ermittelmn (oder besser Videos) ist noch nicht befriedigend gelungen. Tatsaechlich gibt es noch keine wirkliche Loesung fuer das Problem einer Video-ZHR. Man kann zwar auf Videos Meteore zählen, Radianten bestimmen, Stromzuordnung mit großer Sicherheit durchführen, aber das in eine dem Visuellen entsprechende ZHR umzuwandeln, ist theoretisch komplex, um es freundlich auszudrücken.


    Man kann also Raten eher visuell ermitten, neue Ströme mit Videosystemen finden, schwache Ströme auch gut nachweisen mit Video, und Bahnverfolgung von Feuerkugeln fotografisch. In sofern machen Aktionen wie die oben beschriebene nicht nur Spaß, sondern können bei korrekter Ausführung auch richtig sinnvolle Daten liefern!


    Ansonsten: Ein Quell für alle Arten von Info zum Thema:
    http://www.imo.net


    Beste Grüße
    Hartwig

  • Hallo Hartwig,


    vielen Dank für deine ausfühliche, erklärende Antwort. Das erklärt auch einem Anfänger wie mir, wie es zu den Werten kommt.
    Vielen Dank auch für die Quelle bei imo.net, da werd ich gleich mal reingucken.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Auch muss der Beobachter mal aufs Klo, oder macht andere Pausen.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    ... da musste ich echt schmunzeln ... herrlich ... [:D]


    lg n cds ... Frank

  • &gt;Aber in einer Gruppe werden doch möglichst viele mit dem bloßen Augen erfassbaren Meteore am Himmel beobachtet und aufgezählt. (Doppelsichtungen mal ausgelassen)&lt;


    1) Woran erkennst Du Doppelsichtungen? OK, bei Tauriden, wo alle Viertelstunde mal eine Schnuppe aufleuchtet, kann man sich noch verständigen, wer welche Meteore gesehen hat. Bei hoher Rate (Perseiden: ZHR 130) kommt man da schon durcheinander, weil 3 Leute zeitgleich auch 3 Meteore sehen können und gleich danach noch zwei fallen. Bei Leoniden (ZRH 5000) hast Du schon extrem mit Dir selbst zu tun, wenn Du alle Meteore erfassen willst, die DU siehst. Überall funkt und blitzt es, alle schreien "oh, guck mal da!". Keine Chance, da noch auf Doppelsichtungen zu achten.


    Das ist überhaupt für Anfänger oft frustrierend. Man steht da, sieht nix. Um einen herum brabbeln die Leute sowas wie "2.5 Perseid" Man selber hat ihn nicht gesehen. Das 10mal nacheinander, und man bekommt Selbstzweifel. Irgendwann merkt man, dass bei solcher nicht völlig unabhängigen Beobachterei auch die anderen Meteore nicht sehen, die man selber wahrnimmt. Daran merkt man, wie gering die eigene Wahrnehmungswahrscheinlichkeit überhaupt ist.


    2) Kleines Gedankenexperiment. Man beoabachtet zu fünft. Dann sehen 5 Leute eben fünfmal so viel Meteore wie 1 Leut. Alle addieren ihre Meteore zusammen und haben eine tolle fünfmal so hohe ZHR. Warum dann nicht alle 5 Meldungen einzeln sammeln und die ZHRs mitteln? Kommt auf das selbe raus, oder? Ist aber sicherer, besser definitert, und funktioniert auch, wenn die 5 Leute in jeweils 10km Abstand außerhalb der Rufweite herumstehen und gucken. Und daher hat man sich mal darauf geeinigt, das weltweit wo zu machen.


    Diese Standardisierung hat dann aber den unschätzbaren Vorteil, dass man ne ZHR aus Holland schadlos mit einer zeitgleichen aus Serbien oder Kanada mitteln kann. Das war früher nicht der Fall, weshalb früher (in den 60ern) auch sehr viel Chaos bei der Meteorbeobachterei herauskam.


    Hoffe das vermindert die Verwirrung etwas


    Hartwig

  • Hallo Hartwig!


    Danke für die ausführliche Erklärung! Ja, das vermindert auf jeden Fall die Verwirrung! Auch die angebene Internetseite werde ich bei nächster Gelegenheit genauer durchlesen!
    Stimmt, die Sache mit den Doppelsichtungen ist tatsächlich eine heikle Sache! Besonders wenn die ZHR sehr hoch ist!


    Danke für die Statements!


    Sternenfreundliche Grüße


    Christian

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