Drittes "Firstlight" oder viel Öffnung hilft viel

  • Hallo zusammen,


    möchte mich zunächst als "Alter-Neuer" vorstellen.
    Einige kennen mich noch aus alten Webcamzeiten als "Quickastro".


    Nach einigen Jahren Pause in der Astronomie hab ich mir nun einen kleinen Traum erfüllt
    und mir vor drei Monaten einen gebrauchten 12" f/5,3 Dobson zugelegt.
    Das Teil ist ein Eigenbau mit einem, lt. Prüfbericht, ziemlich guten Spiegel von Orion UK. mit Hiluxverspiegelung.
    Hatte anfangs so meine Probleme mit dem Teil. Man muss erst verstehen was sich jemand bei diesem oder jenem Detail gedacht hat.
    Hab ziemlich lange mit der Justage gehadert, hab’s dann aber doch irgendwann verstanden.


    Zwischendurch hab ich meinen alten 4,5" in drei Tagen zum Dob umgebaut und mit auf Formentera gehabt.
    Von dem Teil gibt’s hier auch mal einen Bericht.


    Mein eigenes, "offizielles Firstlight" mit dem 12er hatte ich in der Nacht vom 22. auf den 23.08.
    Hab damit zwar schon aus der Kölner Innenstadt beobachtet, aber noch nicht unter gutem Himmel.


    Mein Standort war bei Erftstadt. Von hier liegt Köln im Nordosten und Richtung Süden eigentlich nur die Eifel.
    Die Sicht geht dort ziemlich weit runter. Den Standort hatte ich ein paar Tage vorher erkundet.
    Leider war am Samstag in einem der Dörfer Dorfdisko mit einem tollen Skybeamer :(
    Der sollte aber visuell nicht weiter stören, zumal an dem Abend die Durchsicht sehr gut war.
    Kaum Dunst, wenig Luftfeuchte.


    Ich bin so gegen 22.15Uhr angekommen und hab meinen Dob aufgebaut. Das geht mittlerweile auch bei Rotlicht sehr schnell.
    Die Sicht genau nach Süden war Klasse, Skorpion war schon ein Stück im Westen aber der Teepott dampfte noch.
    Nach dem schnellen justieren einfach mal mit dem Rigel mitten in die Schildwolke gehalten. Mit dem 35er Panzeroku im Auszug einfach mal eintauchen.
    M11 zieht einem die Schuhe aus wenn man den ein paar Jahre nicht gesehen hat und praktisch nur mit 4,5" kennt.
    Bin dann so die erste halbe Stunde einfach nur rumgepaddelt. Hier ein Kugelhaufen, da ein offener, da ein knallheller Nebel (M8), dann Dunkelheit und plötzlich wieder eine Sternenmeer.


    Das wird eine gute Nacht!
    Der Teepott drohte langsam zu weit Richtung Westen zu wandern und abzukühlen. Jetzt also mal "ernsthaft" beobachten.
    Undiszipliniertes Sternensurfen zum Firstlight gehört sich nicht.


    Den Reisealtas auf Seite 30 aufgeschlagen und los geht’s.
    KH NGC 6522, ein kleiner Wattebausch, der sich bei den geringen Vergrößerungen die ich nutzte, nicht auflösen lässt.
    Angesichts einer Höhe von nur knapp 12° aber beachtlich.
    M6 und M7 waren leider schon zu tief um hier eine Versuch zu wagen. Hätte ich mal gleich nach dem Aufbau versuchen sollen.
    Also weiter hoch mit dem Dobson. Als nächstes steht der KH NGC 6520 auf dem Programm.
    Westlich des Haufens eine schöne Kette aus Sternen und ein vermutlich kleiner, offener Sternhaufen. Sehr schön dazu sieht auch ein rötlicher, heller Stern aus, ebenfalls westlich davon. Auch hier der Hinweis auf die knappe Höhe.
    Den sollte ich bei mehr Höhe noch mal anschauen. Lohnt sich bestimmt.
    NGC 6624 ist ähnlich wie 6522, klein und plüschig.
    Es geht weiter nach Norden, M22! *schluck* Ich bin froh, dass ich sitze.
    Ich sitze minutenlang einfach nur da und schubste langsam hinterher. Wechsel dann vom 35er Panzer auf mein 22mm Leica. Was für ein erhabener Anblick. Ein Meer aus Sternen. Unglaublich!
    Der etwas weiter westlich stehende M28 sieht dagegen ziemlich unscheinbar aus.
    Ich notiere: Die Knallerobjekte erst am Schluss einer Beobachtungsnacht anfahren!
    Dann ist M26 dran. In der Nähe stehen vier Sterne in Form einer Raute. Hab leider nicht notiert wo :)
    Ich meine aber, es war westlich davon. Der Haufen selber ist unspektakulär aber doch hübsch anzusehen. Er scheint ein wenig in zwei Hälften geteilt mit einem dunklen Bereich mittig. Einen Schubser weiter rüber und M11 ist im Okular. Was für ein Anblick...hunderte Sterne schwirren ins Gesichtsfeld. 22mm und 10mm Leica im Wechsel eingesetzt.
    Einfach nur der Hammer.
    Lt. Reisealtas gibt’s da einen Dunkelnebel der auf den Namen Barnard 111 hört. Dieser erstreckt sich nördlich vom M11.
    Ein kleiner Schubs nach oben ist zunächst unauffällig. Ok...ich suche ja auch nix helles sondern was dunkles,
    also umdenken. Ich schiebe M11 nach oben (Süden) und fahre langsam mit dem 35er im Auszug nach Norden.
    Ein reiches Sternenfeld der Milchstraße schiebt sich durchs Sehfeld, dann kommt M11 und nördlich davon dann nix mehr. Nur ein paar sehr helle Sterne (wohl Vordergrundsterne) sind zu sehen. Das ganze Milchstraßengewusel ist weg. Diese Kante kann man eine Weile nach Norden abfahren.
    Sternenstaub, Schutt und Material für neue Sonnen, Planeten und vielleicht anderes Leben liegen hier rum und warten auf eine kleinen Schubs durch eine Supernova oder einen vorbeiziehenden Stern, der das Material dichter zusammen schiebt und eine neue Sonne zünden kann. Ein ewiger Kreislauf.
    Ich werde ruhig und hebe den Blick nach oben und freue mich über die Einzigartigkeit unseres Planeten.
    Ich kleiner Wicht unter dieser Ewigkeit auf einem Feldweg im galaktischen Nirgendwo.
    Jetzt ein gutes Glas Wein und ich könnte abbauen und zufrieden ins Bett.
    Der Wein fehlt, also wird weiter geschaut. Beim abfahren des Dunkelnebels fällt mir am Rand ein kleiner, schwacher Sternhaufen auf. Der ist im Atlas leider nicht verzeichnet. Zu Hause stellt sich der Haufen als NGC6704 möglich ist auch, dass es Basel1 war.
    Er steht etwas nordwestlich vom M11. Diese Gegend kann ich nur empfehlen!


    Nach dieser Tour war mir nach ein paar bekannten Sachen. Schwan im Zenit, was macht man da?
    Richtig, 52Cyg einstellen. Hammer! Cirrusnebel ohne Filter gut zu sehen. Den hatte ich mit einem eigenen Teleskop noch nie. Leider fehlt mir noch ein OIII-Filter. Ich halte also nur mein 1,25" UHC vor das Okular.
    Deutlich zeigen sich Strukturen im Nebel. Die Knochenhand ist ebenfalls ohne Filter gut zu sehen.
    Na warte, der OIII ist bestellt und dann geht’s hier richtig ab.


    NGC7000, der Nordamerikanebel, auch noch nie mit eigenem Scope gesehen. Auf dem BTM und ITV "nur" mit meinem 10*50 Feldstecher gesehen.
    Ich schwinge Richtung "kleiner Orion". Es ist heller an einer Stelle wo der Nebel sein soll. Kann aber nicht erkennen ob das Sterngewimmel der Milchstrasse ist oder was anderes.
    Der UHC-Filter vor der Linse ist eindeutig. Klar und deutlich ist die Bucht zu sehen. Ich freu mich wie ein Kind über das erste Eis des Sommers. Etwas westlich wird es rasch dunkler noch einen Tick weiter und es wird wieder heller. Der Pelikannebel leuchtet da vor sich hin.


    Puhh. Was für eine Nacht. Nach und nach merke ich, dass es verdammt frisch geworden ist. Die Okulare sind vom, immer noch warmen Asphalt, aufs Autodach umgezogen. Mir fällt Minkowski 1 wieder ein. Einen Tacken von Albireo entfernt und klein soll er sein. Also etwas mehr Vergrößerung. Albireo eingestellt und das 22er Leica rein.
    Was jetzt los? Ich sehe nur einen Matschfleck, egal wie ich fokussiere. Bestimmt der Fangspiegel verstellt.
    So ein *****ß geht’s mir durch den Kopf. So ganz hab ich das Teleskop noch nicht im Griff.
    Also das 35er wieder und alles ok...alles ok? hä?
    Rotlichtlampe an und auf das Leica geschaut. Das Ding war innerhalb von 15 Minuten völlig zugetaut.
    Nachdem die anderen Okulare wieder trocken waren hab ich mich an dem kleine Nebel versucht.
    Finden konnte ich den nicht. Hier muss eine bessere Aufsuchkarte her. In dem Sterngewusel das Teil zu finden ist sportlich.


    Langsam arbeite ich mich nach Osten vor. Pegasus steht schon recht hoch. NGC 7331 ist schnell gefunden.
    Mal sehen was das Quintett sagt. Die Stelle ist schnell gefunden. Mit dem 22er meine ich auch ein winziges, zartes Glimmen zu erkennen. Das 10er Leica ist aber immer noch patschnass, ich kann also nicht höher vergrößern und kalt wird mir auch langsam. Wenn man bedenkt, dass das Quintett mit fünf Galaxien auf etwa einer Fläche verteilt ist die knapp halb so groß wie NGC 7331 ist, dann wundert es mich nicht, dass so viele die nicht finden.


    Weiter geht’s in Richtung Andromeda und Cassiopia. M31 ist der Knaller, obwohl der Himmel nach Osten aufgehellt ist. Im 35er geht sie durch das ganze Gesichtsfeld. Eines der Staubbänder lässt sich gut erkennen.
    Freue mich schon, wenn die mal im Zenit ist.
    In der Cas. hopse ich über meine Lieblingshaufen, die ich immer wieder im kleinen Newton angeschaut habe.
    Die Ecke um M103 mit NGC654, NGC659, NG663 und TR1. Viel mehr Sterne als in dem kleinen, kann mich kaum satt sehen daran.


    Den Abend beende ich mit einem Blick auf Jupiter, der seinen höchsten Punkt fast erreicht hat.
    Das seeing lässt leider keine hohe Vergrößerung zu und ich bin zu müde um die kleine Momente eines scharfen Bildes abzuwarten. Im 22er Leica sind aber bereits sehr schöne Details in den beiden Wolkenbändern zu sehen.


    Zufrieden mit der Nacht und dem Spiegel baue ich ab und fahre nach Hause. Was für eine Nacht!


    Als Fazit bleibt: Ich hab lange nicht mehr beobachtet, die Wahrnehmung schwacher Details und Objekte muß erst wieder gelernt werden. Ein Beobachtungsplan mit genauen Karten ist hilfreich. Hier setzte ich auf Sky&Telescope.
    Hab das Programm seit ein paar Wochen und bin begeistert wie mächtig das ist. Die Ausdrucke daraus sollte man auch mitnehmen ;)
    Der Zeichenblock muß wieder in den Koffer. Zeichnen schult das Auge ungemein.


    Gruß Dirk

  • Hi Dirk,


    toller mitreisender Bericht. Du hast ja eine Menge Objekte gesehen.


    Ja genaue Karten mit genügend schwachen Sternen bis 9m-10m sind ein muss. Ich drucke meine immer mit Guide 8 aus. Den Reiseatlas kenne ich auch. Für helle Deep Sky Objekte gut geeignet, für schwächere weniger, da ist die Grenzgröße von 7m8? einfach zu wenig und der Maßstab zu groß.


    Ja, mit 2" O-III Filter liegst du völlig richtig!


    Gruß
    Lots

  • Hallo Dirk,


    auch von mir: ein toller Bericht.
    Auch ich habe vor 3 Wochen wieder mit dem Zeichnen angefangen, genau aus Deinem Grunde!
    Man muß sich mehr konzentrieren und nach und nach sieht man mehr.


    Viel Spaß (wieder) am gemeinsamen Hobby
    wünscht


    Winfried

  • Hallo Lots, hallo Winfried,


    Karten hab ich jetzt mit Sky&Telescope vorbereitet. Bin von dem Programm ziemlich angetan.
    Damit dürfte es demnächst einfacher sein die kleine Dinger zu finden.
    OIII Filter ist gestern angekommen und auch noch zwei schicke Okulare.
    Jetzt braucht es nur gutes Wetter.


    BTW: hab mal oben aus dem f/4,3 ein 5,3 gemacht :)


    Danke euch für das feedback


    Gruß Dirk

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Dobsenschubser</i>
    <br />


    ....Karten hab ich jetzt mit Sky&Telescope vorbereitet....
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Dirk,


    wie Du das mit der ollen Amizeitschrift hinkriegst, wird wohl ewig Dein Geheimnis bleiben[:D]


    Mir hast Du was von Eye & Telescope erzählt.


    Schöner Bericht, da schielt (neue) Begeisterung zwischen den Zeilen hervor, find ich klasse.


    CS Franjo

  • Hi Dirk,


    schöner Bericht, in dem deine Begeisterung schön zu erkennen ist. Ich glaube ich muss gleich auch raus. Da bin ich ja schon auf weitere Berichte gespannt.


    Gruß und CS


    Stefanie

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