10. Jahrestag SoFi 99

  • Hallo Astrofreunde und -innen...


    ....vor 10 Jahren fand ja in unserer Region das Jahrhundert-Ereignis "SoFi 99" für viele Beobachter hinter einer dichten Wolkendecke statt. Ich hatte zuhause das große Glück, trotz widriger Wetterumstände dieses Ereignis voll zu genießen.
    Damit auch alle "Sichtgeschädigten" dieses Ereignis nochmals "nach-erleben" können, habe ich zum 10. Jahrestages die SoFi-Dias eingescannt, zu einer Dokumentation zusammengestellt und diese ist
    auf meiner HP anzusehen:


    http://www.allbert.de/30_Archivbild/archivbild.htm


    ...viel Freude beim Betrachten



    Gruß AllBert


    <font color="limegreen">Aus dem Beobachterforum Planeten und Sonnensystem verschoben von Caro</font id="limegreen">

  • Lieber Albert,


    Danke für die wunderbare Dokumentation auf Deiner Homepage,
    von einem Tag an den ich mich auch gerade gerne erinnere,
    auch wenn Backnang damals weniger vom Beobachtungsglück gesegnet war als Bittenfeld[8D]


    Wir hatten damals eine dicke Schwarze Wolke,
    die sich 2 Minuten vor der Totalität 10 Minuten lang die Sonne bedeckte[:(!]


    Hier der Flyer der Sofiparty:


    Zwischen dem 1. und 2.ten Kontakt waren bei strahlendem Sonnenschein
    Alle ca.5000 Sonnenfinsternisbeobachter/innen noch in froher Erwartung!


  • Hallo Albert,


    sehr fein gemacht!
    Ich konnte die Sofi 99 damals während des Studiums mit meinen WG Kollegen in Freising verfolgen.
    Wir hatten damals riesiges Glück, da kurz nach dem 1. Kontakt der Regen aufhörte und die Wolkendecke aufriss. Das blieb auch bis über den 4. Kontakt hinaus so.


    Diese Sonnenfinsternis war quasi die Initialzündung für mich, mich mehr mit der Astronomie zu beschäftigen und mir auch ein Teleskop zu kaufen.


    So könnte man also behaupten, dass das heute quasi mein 10-jähriges Astronomiejubiläum ist.


    Gleichwohl hab ich mich natürlich zuvor schon etwas mit der Thematik beschäftigt.


    Danke für die Präsentation und das Auflebenlassen meiner Erinnerungen!

    Ei,ei,ei.... was hatte ich denn in meiner alten Signatur stehen?


    sternengedönsige clear sky Grüsse,

    Robert aus dem Allgäu

  • Hallo AllBert,


    Glückwunsch zu den Bildern und zum Wetter. Da haben wohl (fast) alle Bittenfelder ihren Teller leer gegessen.


    Hallo Gerd,


    da sind wir Leidensgenossen.
    1999 bin ich vom Bodensee nach Hause gefahren, um dann im Regen zu stehen.
    Am Bodensee war das Wetter prima, aber eben keine totale Sofi.


    Liebe Grüße
    Uli

  • 10 Jahre ist das schon her? <h1>Baaah!</h1> Meine Digitalnachbearbeitung der Scans mit Photoshop - Anno 99 - mag ich heute nicht mehr zeigen (urcks). Also rasch ans Werk, Fitswork mit den alten Scans zum Glühen gebracht. Somit gibts hier rechtzeitig zum Jahrestag doch noch den Digital Remix meiner damaligen Fotos:



    11.8.1999, Rethel (Frankreich) 1000mm Russentonne auf NP, SL-Komposit, Ektachrome 100


    Ansonsten häufen sich in diesen Tagen die Sofi-Jahrestage. Am 31.7.1981 waren einige spätere Astrotreffler bei Bratsk in der damaligen UdSSR und konnten den Saros-Vorgänger der 1999er-Sofi bestaunen:



    31.7.1981, 300mm Tele, technical pan Film SO115


    Und ein Jahr ist es her, als wir ebenfalls in Sibirien die Sonnenfinsternis guckten - am 1.8.2008.



    Canon 350D, 500mm Tele, SL-Verarbeitung


    Was man deutlich sieht, ist der technische Fortschritt und eine gaaanz langsame "learning curve" beim Finsternisfotografieren.




    Hartwig

  • Hi,


    die Sofi Bilder gefallen mir alle gut, leider habe ich noch keine live gesehen. 99 war ich nämlich in Skandinavien unterwegs und dort war sie nur patriell. Naja, irgendwann wird mir aber noch eine zuteil.


    Gruß und CS


    Stefanie

  • Servus,


    ich habe sie auch gesehen - und hatte rießen Glück mit dem Wetter.
    Die SoFi hatte ich in der nähe von Augsburg angeschaut.


    CS
    Gerd

  • Hallo,


    hab vielen Dank für die Präsentation [:)] Meine Sofi 99 verlief leider wenig erfreulich, Wolken vorher, Wolken mittendrin, Wolken nachher [:(] Da war nichts zu holen, wir waren natürlich trotzdem draussen und genossen die Atmosphäre zur Totalität... und so blieben mir nur partielle aber wenn auch nicht in Deutschland wirds ja noch ein paar geben [;)]


    Grüße Benny

  • Moin alle,


    erst kürzlich habe ich unter http://www.kosmologs.de/kosmo/…m-sonnenfinsternis-fieber über die Finsternis vor 10 Jahren sinniert und wie ich das Ganze damals erlebt habe. Hier noch mein damaliger Bericht, wie er unter dem Titel "Verdunklungsgefahr" in der Polaris, der Vereinszeitschrift des Arbeitskreis Sternfreunde Lübeck, erschienen ist.
    <hr noshade size="1">
    Hunderttausende pilgerten nach Süddeutschland, um am 11. August die Sonnenfinsternis zu sehen. Viele Hobbyastronomen haben sehnsüchtig auf dieses Himmelsspektakel gewartet. Ich war eine(r) davon. Doch alles sollte ganz anders kommen...


    Im Jahre 1995 bot ALDI mal ein Buch mit dem Titel "Großer Atlas der Sterne" an. Bei jenem unwiderstehlichen Angebot, für ganze 15,95 DM etwa 240 Seiten astronomisches Wissen im A4-Format zu erwerben, da mußte ich, armer Schüler und seit kurzem Amateurastronom, unbedingt zugreifen. (An dieser Stelle sei gesagt: Preis-Leistungsverhältnis: sehr gut.) Natürlich wurde dieses Werk von mir dann auch ausgiebig gelesen. Und im Kapitel über die Sonne hieß es dann da unter dem Thema Sonnenfinsternisse ganz trocken: Am 11. August 1999 findet über Süddeutschland eine totale Sonnenfinsternis statt.


    Und dann war da ja noch der 12. Oktober 1996. Zu 57% sollte die Sonne bedeckt sein, verriet mir das Himmelsjahr. Mein damaliger Physiklehrer bedachte uns mit dem wohl gut gemeinten Ratschlag, die Finsternis mit geschwärzten Gläsern oder Negativstreifen zu beobachten. Und so begab ich mich dann am Nachmittag des 12. Oktober in unseren Garten, bewaffnet mit mehreren Negativstreifen, einige davon mit Tesafilm vor dem Objektiv einer Pocketkamera befestigt. (Es wundert mich noch heute, daß auf diesen Bildern, aufgenommen mit 35 mm Brennweite(!), überhaupt jene rötliche, leicht unscharfe Sonnensichel zu erkennen ist.) Diese partielle Finsternis war schon ein Erlebnis, man konnte wunderschön die partielle Phase erkennen. Da wuchs natürlich die Vorfreude, und auch die Erwartungen an die Totalität wurden immer größer.


    Langsam aber sicher rückte das astronomische Großereignis Sonnenfinsternis immer näher. Sogar unser allseits beliebtes Presseorgan, die Lübecker Nachrichten, wurde ungefähr eineinhalb Jahre vor der Finsternis darauf aufmerksam. Und so findet sich auf der Wetterseite vom 24. Mai 1998 eine DPA-Meldung mit weiteren Einzelheiten.


    Nun lag der 11. August Gott sei Dank in den Ferien. Wenn nicht, sie wären einfach verlängert worden. Erste Planungen wurden gemacht - wo wird die Totalität denn überhaupt zu sehen sein? So manch Astronom wird da schon eine entsprechende Urlaubsplanung gemacht haben. Mir ging es da nicht anders. Als mein Vater mir im Sommer 1998 eröffnete, daß wir das nächste Jahr wieder in Urlaub fahren würden, durchkreuzte ich seine Terminplanung mit den einfachen Worten "nicht um den 11. August". Jetzt war da nur noch die Frage des "wo". Die Astronomen aus dem Chiemgau machten uns da beim ITV ein großzügiges Angebot. Ungestörte Beobachtung direkt am Chiemsee, die Totalität sollte dort etwa 2 Minuten dauern. Das roch doch förmlich nach einem kleinen Kurzurlaub am Chiemsee, und so wurde es dann auch geplant.


    Widrige Umstände verhinderten, daß ich selbst zum Chiemsee fahren konnte. In letzter Minute habe ich mir eine Mitfahrgelegenheit bei Jörg Reinhold und Kevin Winkelmann besorgt. Frühmorgens am 6. August kam ich von meinem Urlaub aus Südtirol zurück. Gott sei Dank wartete die gesamte astronomische Ausrüstung schon seit 2 Wochen fertig gepackt auf die Fahrt. Denn so gegen 8 Uhr abends ging es dann wieder los in Richtung Süden. Astro- und Photoausrüstung, Campingausstattung, Verpflegung und Klamotten für drei Leute wurden in Kofferraum und Anhänger verstaut. Es sollte bis Mittag am nächsten Tag dauern, bis wir den Campingplatz in Lambach bei Seebruck erreichten, wo für uns Zeltplätze reserviert waren. Der Campingplatz lag direkt am See, hatte dafür aber auch (diverse) Nachteile. Duschmarken (5 Minuten) kosteten 2 DM, aufgebackene Minibrötchen zum Frühstück waren für 1DM das Stück zu haben.


    In unserer Nähe hatten sich Martina Aust und Uwe Freitag einquartiert, später traf auch Jens Meyer bei uns auf dem Campingplatz ein. Bis zu 13. August sollte unser SoFi-Urlaub dauern, für die restlichen Tage war touristenmäßiges Besuchen der diversen Sehenswürdigkeiten angesagt. So haben wir uns denn auch die Herren- und Fraueninsel auf einer Rundfahrt auf dem Chiemsee angesehen. Oder man war einfach nur faul, lag in der Sonne oder ging im Chiemsee schwimmen. Fieberhaft haben wir auch nach einem beleuchtungsfreien Beobachtungsplatz für die Nächte gesucht. Es war nämlich meisten sternklar, und wir wollten es ja auch genießen, daß die Sterne doch ein wenig mehr über den Horizont kletterten, als wir das von zu Hause gewohnt waren. Und dann waren da ja auch noch die Perseiden, die bereits reichlich vom Himmel fielen.


    Bereits am Montagabend kündete ein kräftiges Gewitter von schlechtem Wetter. Dienstag der 10. August begann dann mit Dauerregen. Die Meinungen über das weitere Vorgehen waren geteilt. Sollte man Richtung Westen aufbrechen, wo für den morgigen Tag besseres Wetter angekündigt war, oder sollte man hier bleiben, auf Besserung hoffen und mit den Chiemgauer Astronomen gemeinsam aufbrechen? Jörg, Kevin und ich entschieden uns, nach Karlsruhe aufzubrechen, die anderen blieben am Chiemsee. So bewegten wir uns auf der A8, immer der Totalitätszone folgend, gen Westen. Und siehe da, je weiter man nach Westen kam, desto besser wurde das Wetter. Von Karlsruhe aus dirigierte uns Oliver Paulien zu einem Campingplatz in Durlach bei Karlsruhe. Der war jedoch hoffnungslos überfüllt, und so beschlossen wir noch ein wenig weiter südlich, näher an die Zentrallinie, zu fahren. Wären wir nur in Karlsruhe geblieben! Ein Telephonanruf zum Chiemsee verriet uns, daß der Fön dort die Regenwolken vertrieben hatte und die Sonne schien. Wie auch immer, zwischen Ettlingen und Rastatt versuchten unser Glück und landeten schließlich in dem kleinen Örtchen Durmersheim. Auch hier war der Campingplatz voll, der Besitzer hatte aber anläßlich des Sonnenfinsternisandranges noch das anliegende Freibadgelände zum campen freigegeben. Frühmorgens brachen wir von dort auf und suchten uns einen einsamen Feldweg außerhalb von Durmersheim. Der Blick an den Himmel ließ unsere Herzen nicht gerade höher schlagen, denn nur aus einzelnen Wolkenlücken schaute dann und wann mal die Sonne heraus. Der Chiemsee meldete eine ähnliche Wetterlage. Nach einem provisorischen Frühstück machten wir uns daran, unsere diversen Fernrohre, Kameras und Feldstecher aufzustellen. Der Feldweg erwies sich dann als doch nicht so einsam wie vorher gedacht, denn ein Blick mit dem Fernglas zum anderen Ende des Feldweges zeigte Leute, die mit ganz ähnlichen Tätigkeiten wie wir beschäftigt waren und kurze Zeit später bauten sich neben uns Sternenfreunde aus Hannover und Thüringen auf.


    Erwartungsvolle Blicke wurden auf die Wolkenlücken geworfen, mit dem Photofilter vor dem Objektiv konnte die Sonne gefahrlos beobachtet werden. Beim 1. Kontakt waren wir noch immer voller Hoffnung. Das Wetter verbesserte sich jedoch nicht. Die Sonne konnte während der zweiten Hälfte der partiellen Phase sogar im Fernrohr völlig ohne Filter beobachtet und photographiert werden. Mit sehnsüchtigen Blicken versuchten wir eine größere Wolkenlücke im Westen in unsere Richtung zu locken. Der Zeitpunkt des 2. Kontakts näherte sich. Die Landstraße, auf die unser Feldweg führte, war jetzt mit Autos aus dem Ort zugeparkt. Es wurde dunkler und auch kühler. Ein letzter Blick auf die 99% verfinsterte Sichel. Doch dann ließ sich die dicke, schwarze Wolke nicht mehr davon überzeugen, ihren Platz vor den verfinsterten Sonne freizugeben. Innerhalb weniger Sekunden wurde es finster, die Leute ließen Rufe des Staunens hören. Einzelne Lichter gingen an. Der Horizont leuchtete in einem merkwürdigen orange-rosa. Ich lief nervös auf und ab, vielleicht verzieht sich die Wolke ja doch noch. An Photos war schon gar nicht mehr zu denken, aber wenigstens einen Blick wollte man noch auf die Totalität werfen. Doch dann waren die 2 Minuten 17 Sekunden auch schon vorbei. Von unseren Freunden aus Thüringen kamen ebenso wie von uns Rufe der Enttäuschung. Sicherlich, es war ungeheuer beeindruckend gewesen, aber wir hatten eben doch mehr erwartet. Unsere Nachbarn begannen damit, ihre Sachen zusammenzuräumen.


    Wir wollten auch noch die zweite partielle Phase beobachten. Nach 10 Minuten Schonfrist wurde der unvermeidliche Anruf zum Chiemsee getätigt, aber auch dort hatte man die Totalität nicht gesehen. Nachdem sich die halbverfinsterte Sonne noch einmal gezeigt hatte, war endgültig Schluß mit der Geduld der Regenwolken. Da hieß es nur schnell Fernrohre abdecken und im Auto in Sicherheit bringen. Während dieses deftigen Regenschauers erreichte uns die Nachricht, das Oliver Paulien in Karlsruhe, nur etwa 15 km von uns entfernt, die gesamte Totalität verfolgen konnte. Mißmutig räumten auch wir unsere Ausrüstungen ein. Enttäuscht und auch ein wenig wütend wollten wir jetzt nur noch nach Hause. Das war ein Fehler. Wir gerieten in jenen 100 km-Stau auf der A5 und brauchten für die Strecke von Karlsruhe nach Frankfurt fast 5 Stunden. Per CB-Funk konnten wir verfolgen, wie die Brummifahrer die "verrückten Astrologen" verfluchten. Früh am nächsten Morgen waren wir dann endlich zu Hause. Wie viele andere waren auch wir uns einig, das soll nicht unsere letzte Sonnenfinsternis gewesen sein.

  • &gt;Wie viele andere waren auch wir uns einig, das soll nicht unsere letzte Sonnenfinsternis gewesen sein.&lt;
    War sie ja auch nicht (grins).


    Ansonsten: Wenn wir hier schon sentimentale, alte, lange Artikel aus norddeutschen Vereinszeitschriften pasten [:)], hier das entsprechende Machwerk aus dem Sternkieker:
    --------


    Jahrzehntelang hatte man dem Ereignis entgegengefiebert, der großen Sonnenfinsternis in Deutschland und Europa. Das Datum kannte man aus dem Kopf. Man wußte: Es ist ein Mittwoch. Man hatte sich nicht gedulden können und in Sibirien und Chile schon Sonnenfinsternisse gesehen. Als es dann ans nüchterne Planen ging, gab es mehrere Optionen. Einerseits würde die MEPCO-Planetentagung und ein Meteorbeobachtercamp an der bulgarischen Schwarzmeerküste locken. Die Wetterchancen dort waren etwas besser als in Mitteleuropa. Andererseits war die Finsternis die einzige in diesem Leben, zu der man mit dem Auto anreisen könnte und eben nicht mit dem Flugzeug. Dies würde natürlich die Mitnahme schwerer Ausrüstung erlauben: Man stelle sich vor: 1000mm Brennweite und ein Filmformat von 6X6cm, und das ganze auf einer richtigen Montierung...


    Wir debattierten wochenlang. Beim Begucken unserer beider Ausrüstungen stellten Petra und ich fest, daß eigentlich alles da war: ein 6cm-Refraktor aus DDR-Produktion mit einem riesigen Okularauszug, eine 6X6-Kamera und eine Regulus-Montierung mit 40mm-Achsen. Zusammen wiegt das alles ca. 35kg. Das gab den Ausschlag gegen den Erwerb eines Flugtickets nach Varna.


    Außer diesem Kombi-Geschoß wanderte noch ein leichteres Finsternisgerät (Russentonne auf Polarismontierung) in den Kofferraum. Und ab ging es. Aber wohin? Leider zeigten schon die ersten Mittelfrust-Vorhersagen, daß die Wetterlage am Finsternistag eher kritisch sein würde. Über Deutschland wurde eine Störung erwartet. Es gab auch sonst keine Region mit garantiert gutem Wetter. Einige Prognosen meinten, daß es über Ungarn klar würde, andere favorisierten Frankreichs Atlantikküste. Zunächst fuhren wir also nach Würzburg, um uns dort die Entscheidung "Ungarn oder Frankreich ?" noch offenhalten zu können. Die telefonisch von Jost Jahn erfragten Wetterprognosen gaben dann am 9.8. den Ausschlag für Frankreich. Es hieß nach wie vor, daß es an der französischen Atlantikküste klar werden würde, während das westliche Ungarn unter Wolken bleiben sollte. Über Speyer und Saarbrücken ging es nach Verdun. Überall standen Hinweisschilder, daß die französische Autobahn am 11.8 von 11-14 Uhr gesperrt werden würde.


    Die Prognosen hatten sich inzwischen soweit verändert, als daß das Aufklarungsgebiet für den Mittag des 11.8. nicht an der Küste, sondern im Marnegebiet bei Reims erwartet würde - wir waren also bereits fast am Ziel. So fuhren wir also in Ste Menehould, einem Provinznest mit einer leider etwas verfallelenen Kathedrale aus dem 16. Jahrhundert, von der Autobahn ab und ergatterten das letzte Hotelzimmer der Stadt.


    Die Stadt war voller Leute. Am Abend gab es auf dem Marktplatz ein großes Grillfest. Wein, Champagner und Bier flossen in Strömen, es gab Musik und Tanz. Die Stimmung war also prima. und wurde höchstens durch das Wetter getrübt. Einmal wurden die Festgäste geduscht. Zwischendurch sah man durch Wolkenlöcher über dem Festplatz einzelne Sterne. Gab es doch Hoffnung?


    Der Morgen des 11.8. war deprimierend. Es nieselte aus einer geschlossenen hochnebelartigen Bewölkung. Ich lief in ein Café, in dem gerade auf dem Fernseher der Wetterbericht zu Ende ging. Ein Amateurastronom aus Orleans erklärte mir rasch die letzte Prognose. Über Nordfrankreich sollte es nach Auflösung des Hochnebels immer noch besser sein als weiter östlich, aber der Bewölkungsgrad war soeben nach oben korrigiert worden. Der Sternfreund hatte die Finsternis in Venezuela beobachtet und meinte, daß man schon einen guten Draht zum lieben Gott haben müßte, um von der heutigen etwas zu sehen.


    Von Jost hatten wir länger nichts mehr gehört. Gestern war er noch in unserer Gegend unterwegs gewesen. Irgendwann war er aber aus der Reichweite des Handys entschwunden. Der Grund: Er hatte kein Hotelzimmer mehr gefunden und war dann aus dem völlig ausgebuchten Finsternisstreifen nach Norden ausgewichen Erst in Belgien fand er eine Unterkunft, und da war die Netzabdeckung wohl nicht ausreichend. Nun fuhr er wieder Richtung Frankreich und konnte uns wieder anrufen. Inzwischen war er mit Thomas Kessler und dessen Freundin zusammengetroffen. Thomas hatte einen Laptop mit Modem und daher Zugriff auf die letzten Prognosen. Jost rechnete mit einer Auflösung der hochnebelartigen Bewölkung und hoffte auf Löcher in der darüberliegenden Wolkenschicht. Wir vereinbarten, gemeinsam zu beobachten, und zwar in der Gegend von Rethel, etwas nördlich der Zentrallinie.


    Nun wurde es auch höchste Eisenbahn, zu diesem Treffpunkt aufzubrechen. Wohlweislich nutzten wir an diesem Tag nur Nebenstraßen - aber auch hier waren wir nicht allein. Vor uns fuhr eine Kolonne von PKW´s. Und diese Leute wollten eindeutig keine Trüffeln suchen. Plötzlich schlugen sie sich spontan auf Feldwege. Von nun an war unsere Spur frei , dafür kamen uns viele Fahrzeuge entgegen. Wir hatten die Zentrallinie passiert!


    Jost rief uns an und erklärte, er hätte einen guten Standort zwischen den Dörfern Eclis und Chateau Porcien gefunden. Nach seiner Beschreibung fiel es uns nicht schwer, ihn zu finden. Thomas Kessler und seine Freundin sowie ein französisches Paar waren auch schon da. Der Ort war ein erhöht gelegener Rand eines abgeernteten Getreidefeldes am Rand der Straße. Josts Gerätepark war eindrucksvoll wie immer. Nicht weniger als 15 Kameras gedachte er während der Totalität auszulösen. Seiner Meinung nach war diese Finsternis aufgrund der Erreichbarkeit per Auto die Gelegenheit, um ungewöhnliche Sachen auszuprobieren. So hatte er einen All-Sky-Spiegel, einen Camcorder und diverse längere Teles mit verschiedenen Filmen im Einsatz.


    Inzwischen hatte sich der Hochnebel aufgelöst. Aber die Wolkenschicht darüber wurde immer dichter. Leider sah man aus Windrichtung auch keine Wolkenlöcher heranrücken, sondern dunkle Wolkentürme. Wir beratschlagten, wie man die Geräte bei Regen abdecken konnte. Viel Zeit um Trübsal zu blasen blieb allerdings nicht, denn die partiellen Phasen hatten schon begonnen. Rasch wurden die Montierungen zusammengebaut und notdürftig ausgerichtet. Die sorgfältig hergestellten Folienfilter waren nutzlos. Die Sonnen zeigte sich nämlich nur für Sekunden durch dichte Wolken, und man konnte froh sein, ohne Filter mit dem Teleskop die Sonnensichel zu erfassen und die Kameras scharfzustellen. Zwischendrin blieb noch etwas Zeit, ein wenig zu klönen und radebrechend den Franzosen ein paar Beobachtungshinweise zu geben.


    15 Minuten vor der Totalität erklärte Jost die Sache für gescheitert. Im Nordwesten gab es zwar ein Wolkenloch, aber es schien die falsche Richtung einzuschlagen. 10 Minuten vor der Totalität guckte ich wieder auf das Loch. Es war deutlich, daß drei Wolkenschichten in verschiedene Richtungen zogen, was eine sichere Einschätzung bis zum Schluß erschwerte. Aber: Das Loch als ganzes wanderte stetig auf die Sonne zu. Langsam keimte Hoffnung auf, denn in dem Wolkenloch war die Durchsicht sehr gut.


    Die Dramatik war enorm. Würde unser Wolkenloch den Wettlauf mit der Zeit gewinnen? Schon hatte sich der Himmel völlig unwirklich verfärbt. Am Westhorizont erschien die schwarze Wand des Mondschattens. Noch waren es 3 Minuten bis zur Totalität - und die Sonne kam am Rande des Wolkenlochs hervor! Die wabernden Wolkenbewegungen am Rande des Lochs waren Grund für weitere Besorgnis. Würde es offen bleiben? Endlich begann die Sonnensichel zu schrumpfen. Man sah bereits die Korona! Perschnur, Diamantring. Und da stand sie, eine phantastische Maximumkorona mit eine großen Anzahl von Strahlen, die in alle Richtungen zielten.. Ich begann mit dem Fotoprogramm, während Petra sehr konzentriert Bilder mit der 6X6 Kamera machte. Dann unterbrach ich das Fotografieren, weil eine dünne Wolke über die Sonne hinwegzogen. Das könnte nur 15 Sekunden dauern. Ich nutze die Zeit für einen Rundblick. Venus war im Wolkenloch zu sehen, aber keine anderen Sterne oder Planeten. Nachdem der Wolkenschleier abgezogen war, schoß ich noch schnell ein paar langelichtete Koronaaufnahmen. Nun war Zeit, mit dem Feldstecher die Korona zu bestaunen. Die Strukturen der Koronastrahlen waren extrem scharf abgegrenzt und detailliert. Gegen Ende der Totalität forderte mich Petra auf, doch einmal auf ihre Suchermattscheibe zu gucken. Es war fast noch besser als im Feldstecher, weil man in den Protuberanzen Details sah. Bei keiner Sonnenfinsternis hatte ich so viele und so schöne Protuberanzen gesehen. Auch die Französin guckte noch auf Petras Mattscheibe und war völlig entzückt.


    Aber schon stand der Diamantring wieder am Himmel. Es war vorbei. Sekunden nach dem dritten Kontakt verschwand die Sonne hinter einer Wolke.


    Es ist normal, daß nach der Totalität niemand den partiellen Phasen irgendwelche Beachtung schenkt. Das liegt daran, daß man erst einmal das in der Totalität Gesehene verarbeiten muß und das Beobachten der partiellen Phasen dabei nur stört. Manch einer zwingt sich dann förmlich, zur Dokumentation ein paar Fotos der Sonnensichel zu machen. Diesmal brauchte man sich darüber keine Gedanken zu machen. Denn wir haben an diesem Tag die Sonne nicht mehr gesehen.


    Was bleibt? Erstens: Wir haben die Totalität in ganzer Schönheit gesehen. Zweitens: Wir haben unverschämt viel Glück gehabt.



    Hartwig

  • Ein Artikel der Backnanger Zeitung vom 11.8.2009


    <font size="4">Die Magie einzigartiger Momente</font id="size4">


    Als würde die Welt stillstehen:
    Heute vor zehn Jahren verfolgten Tausende auf der Bleichwiese die totale Sonnenfinsternis.
    Keiner wollte das Himmelsspektakel verpassen, in Backnang hatte man sich monatelang darauf vorbereitet.
    Tausende versammelten sich heute vor exakt zehn Jahren auf den Straßen und Plätzen,
    um Zeugen der totalen Sonnenfinsternis zu werden.


    Schutzbrillen waren ausverkauft: Vormittägliches Probeschauen auf der Bleichwiese.


    <font size="4">BACKNANG.</font id="size4">
    Das Naturschauspiel am Mittwoch, 11. August 1999, zog jeden in seinen Bann.
    Es waren berührende und beeindruckende Momente,
    als es dunkel wurde, erst der sogenannte Finsterniswind wehte
    und sich schließlich eine unwirklich scheinende Stille ausbreitete.
    Gerade so, als würde die Welt stillstehen.
    Der Erdtrabant ergriff ab 11.13 Uhr Besitz von der Sonne.
    Um die Mittagszeit war die Stadt bereits in ein dämmriges Licht getaucht.
    Überall saßen und standen die Menschen in gespannter Erwartung auf das bevorstehende Mega-Ereignis.
    Einige ließen sich in der Fußgängerzone nieder,
    um ein Mittagessen bei Kerzenschein zu genießen oder mit einem Glas Sekt anzustoßen.
    Eine schwer in Worte zu fassende Atmosphäre breitete sich unmittelbar vor der Totalitätsphase aus.
    Spannung, Nervosität, Euphorie, Demut angesichts des einzigartigen Zwielichts:
    die Palette der Empfindungen und Emotionen war groß.
    Keiner konnte sich der Magie dieser Minuten völlig entziehen.
    Ab 12.33 Uhr war die Sonne für etwa zwei Minuten komplett verdeckt –
    eine fast schon gespenstisch anmutende Verdunkelung mitten am Tag.


    Haustiere wurden unruhig, Nachttiere aktiv, Vögel suchten ihre Schlafplätze auf,
    Blumen verschlossen ihre Blüten.
    Kurz: die Natur zeigte sich nicht weniger irritiert als mancher Mensch.
    Auf der Bleichwiese wurde ein ganztägiges, umfangreiches Programm mit Videoleinwand und Livemusik präsentiert.
    Hier hatten sich zur Mittagszeit etwa 5000 Neugierige zusammengefunden.
    Neben den Einheimischen waren Besucher aus ganz Deutschland und darüber hinaus vertreten,
    weil das astronomische Großereignis hier im Süden am besten zu beobachten war.
    Backnang lag mitten in dem nur etwa 100 Kilometer breiten Korridor, in dem es total finster wurde.
    Schade nur, dass immer wieder Wolken aufzogen.
    Während professionelle Beobachter,
    darunter die überaus stark engagierten Backnanger Sterngucker aber auch der Filmproduzent Berthold Kohlmeyer,
    angesichts der nicht optimalen Witterung enttäuscht waren,
    zeigte sich die Masse der Besucher tief beeindruckt.
    Während also auf der Bleichwiese ausgerechnet in den entscheidenden Minuten Wolken die Sicht unmöglich machten,
    konnte kaum hundert Meter Luftlinie entfernt im nordwestlichen Teil der Stadt
    ein nahezu ungetrübter Blick auf das astronomische Ereignis erhascht werden.
    Für die Stadt Backnang war die „Sofi“ geradezu ein Geschenk. Monatelang hatte man sich im Rathaus vorbereitet,
    wenngleich man die Exklusivität mit allen anderen Städten und Gemeinden in der Region teilen musste.
    Der seinerzeitige OB Jürgen Schmidt und sein Baubürgermeister Frank Distel
    hatten das große touristische Potenzial des Naturschauspiels erkannt und sich mächtig reingehängt.
    So sehr, dass der Spott die Runde machte, der OB habe die Sonnenfinsternis nach Backnang geholt.
    70000 Mark, die sich Stadt und Sponsoren teilten, soll das Drumherum gekostet haben.
    In der Tat waren alle Hotelzimmer ausgebucht.
    Clevere Geschäftsleute warben schon im Vorfeld der Sonnenfinsternis mit dem Ereignis.
    „Unsere Preise stellen alles in den Schatten“, versprach ein Autohaus in einer großen Zeitungsanzeige,
    ein Lokal bot ein spezielles Tagesessen zur Sonnenfinsternis an
    und eine örtliche Buchhandlung wies auf die vielfältige Literatur zum Thema hin.
    Schutzbrillen waren einen Tag vor der Sofi plötzlich bei allen Optikern Mangelware.
    Die Leute standen tatsächlich vor den Optikergeschäften Schlange.

    Kurz nach dem Ereignis wurden überall in der Stadt „Sofi-Brillen zum halben Preis“ angeboten.
    Denn die meisten Menschen wussten, dass sie in ihrem Leben eine solche nicht mehr benötigen werden.
    <font size="5"></font id="size5">

  • Hallo AllBert


    Ich habe Deinen Bericht kurz überflogen und finde ihn wirklich toll! Ich hatte damals weniger Glück mit dem Wetter. Wir waren östlich von Stuttgart positioniert und hatten dort Regen während der Totalität!


    Ps: 2 kleine Korrekturen zu Deinem Bericht. Erstens hast Du die Zeiten z.T. vertauscht (11uhr und 12uhr) und zum anderen ist der Satz "ohne Sonnenschutzfolie...die Wolken reichen als Filter" bei den Fotos während der Totalität überflüssig....


    Dies soll keine Kritik sein, nur eine Anmerkung.


    Viele Grüsse,
    Sandro

  • Hallo Sandro,


    ..danke für den Hinweis und die positive Anmerkung zum Bericht...
    (gilt auch für alle anderen Foren-Schreiber)


    Die Uhrzeit ist richtig, da alle Zeit-Angaben in MEZ sind,
    ist auf der Startseite der HP vermerkt.


    Die Anmerkung "Wolken reichen als Filter" werde ich heute abend zuhause bei den Totalitäts-Aufnahmen entfernen...gut aufgepasst!
    Jetzt muß ich auch darüber grinsen...so isch's halt....


    Gruß AllBert

  • Hallo nochmals


    Also ich will ja jetzt nicht "pingelig" sein, aber das mit den Zeitangaben ist mir immer noch schleierhaft.


    Z.b. steht unter dem Foto mit der Bezeichnung "Totale Sonnenfinsternis...unvergesslich!" als Zeit 12:33 wobei ein Foto vorher und eins nachher mit 11:33 beschriftet sind.....


    Soweit ich weiss, war die Totalität um 12:33 MESZ


    Ansonsten aber ein wirklich feiner Bericht! [^]


    Viele Grüsse,
    Sandro

  • Hier auch von mir noch ein Bericht zu 1999 aus dem Schwarzwald


    Der erste Blick um 8:00 Uhr läßt den zunächst noch vorhandenen Optimismus schnell schwinden: eine trübe, graue Suppe läßt die Bäume des Schwarzwaldes nur schemenhaft erkennen. Nicht einmal einzelne Wolken sind auszumachen. Eine Mischung aus tiefhängenden Wolken und waberndem Nebel nährt nicht unbedingt die am Vorabend durch die Vorberichterstattung und die einstimmenden Gespräche, ...Zeitungsausschnitte wurden noch einmal vorgelesen, die Schilderungen aus den diversen Büchern begeistert aufgenommen... erzeugte erwartungsvolle Stimmung. Aber es kann sich ja so wie an den Tagen zuvor noch ändern. Also pünktlich um 9:45 Aufbruch zu den Kleins. Sofi Brille, Kameraausrüstung, Stativ, schnell noch einmal überprüfen ob der Film auch richtig eingelegt ist,.. alles ok. In Dornhan sind die Sofi Frikadellen bereits fertig verpackt und nachdem auch die Kleinsche Ausrüstung im Wagen verstaut ist, geht es um 10:15 Uhr los Richtung Hohlo Berg, dem nach 2 tägiger Erkundungsfahrt durch den Schwarzwald als geeigneter Beobachtungspunkt auserkorenen Ort. Zunächst stört nur der auch nun noch einsetzende strömende Regen unser Vorwärtskommen, was sich allerdings nach knapp 20 Km im ersten Stau drastisch gegen Null reduziert. So viele Leute unterwegs?? Und man erkennt an den Autokennzeichen, daß es sich nicht nur um Einheimische handelt. Im Radio werden die ersten Staudurchsagen für dir Totalitätszone bekannt gegeben: Rottweil – Oberndorf.. 12km stehender Verkehr. Na, da läuft es doch bei uns noch ganz gut. Noch knapp 10 Min im Schritttempo, dann geht es nun wieder zügig weiter voran.
    Verzweifelte Blicke in den herabprasselnden Regen.. Es muß doch mal eine Lücke in dieser vermaledeiten Wolkendecke auftauchen! Nur der Scheibenwischer sorgt für kurzfristig klarere Sicht. In Gedanken malt man sich schon aus, wie frustrierend es sein wird, wenn alles vorbei ist und man nichts gesehen hat. Keine fliegenden Schatten, kein Diamantring, keine Korona... Man versucht diese Gedanken wieder zu vertreiben, noch sind wir ja nicht am Ziel und noch ist es ja auch nicht so weit. Nur so langsam könnte es ja zumindest aufhören zu regnen.
    Durch den Stau ist der Terminplan ein wenig ins Stocken geraten. Jetzt, jetzt findet der erste Kontakt statt. Und es regnet immer noch, allerdings ein ganz bißchen weniger. Der Aufstieg auf den Hohlo beginnt. Vereinzelt kommen uns einige Fahrzeuge entgegen, an Parkbuchten haben sich bereits die ersten niedergelassen. Der Regen läßt nach, hört sogar auf, weicht aber nur einer dicken Nebelschicht. Endlich um 11:30 haben wir unser Ziel erreicht. Lange Gesichter allenthalben: Sichtweite mit wohlwollender Schätzung 60 m. Der Parkplatz, auf dem als wir unsere Erkundungstour vorgenommen haben sich 3 Fahrzeuge verloren, ist brechend voll. Wir finden eine Lücke für unsere 2 Autos. Lagebesprechung: Piet und ich werden zum „Gipfel“ spazieren und schauen wie es dort aussieht. Durch ein Spalier von geparkten Autos und Sofi Fans gehen wir zum Beobachtungsgebiet. Vielsprachige Stimmen umschwirren uns, Gesichter zwischen Hoffen und Bangen auf allen Seiten. Ein kurzer Schnack mit einer Gruppe aus Schleswig. Sie wollen zum Campen weiter nach Frankreich, hier die Gelegenheit für die Beobachtung wahr nehmen. „In Schleswig ist schönes Wetter“ wird zugerufen. Na toll, davon haben wir hier aber gar nichts. Im Nebel ist nicht einmal die Richtung in der die Sonne stehen müßte auszumachen. Ein Fan mit einem Belichtungsmesser hat festgestellt, daß die Sonne schon über eine halbe Blende dunkler geworden ist. Ach ja... sie wird ja schon bedeckt. Rechts steht ein kleines Teleskop, reckt seine Öffnung in die Richtung, wo der Mond mit dem Verschlingen der Sonne fortfährt. Soll das denn alles sein, was wir von diesem Jahrhundertereignis mitbekommen? Finsternis im Nebel?? NEIN Wir beschließen, wieder in das Tal zurückzufahren, da die Chance darauf, daß sich der Nebel auflöst dort größer sein müßte. Bis spätestens 12:20 Uhr fahren wir weiter, dann suchen wir einen Platz um zumindest die Dunkelheit wahrnehmen zu können. Die Abfahrt läßt wieder Zeit für die Gedanken: warum muß denn das heute so ein Sch.. Wetter sein? Allzuviel Hoffnung ist nun trotz größtem Optimismus nicht mehr vorhanden. Auf der B 462 geht es weiter Richtung Rastatt. Kein Regen mehr, es sind einzelne Wolken zu erkennen. In einiger Entfernung leuchtet plötzlich eine Ortschaft auf.. ja, sie leuchtet, denn sie wird beleuchtet.. durch die Sonne. Das Herz beginnt schneller zu schlagen. Sollte es, könnte es... es sind tatsächlich leichte Lücken in der Wolkendecke zu erkennen. Plötzlich ein Aufschrei: DIE SONNE! Ich sehe die Sonne , halt aaan! Die nächste Querstraße rein, Gaggenau heißt das Dorf. Da stehen schon 2 Autos geparkt auf dem Bürgersteig an einer Baustelle. Piet steuert seinen Wagen zwischen zwei große Erdhaufen, ich meines auf den Bürgersteig dahinter. Alles springt aus den Autos. Aufgeregt wird zu Sonne gezeigt, sie ist tatsächlich hinter einer leichten Wolkenschicht zu erkennen. 12:17 Uhr! In Windeseile werden die Stative aufgebaut, die Kameras in Position gebracht. Zwischendurch finden sich Wolkenlücken, die es erfordern die Schutzbrillen aufzusetzen. Der Adrenalinspiegel steigt, eine leicht euphorische Stimmung macht sich breit. Wir können die Sonne sehen. Nachdem die erste Hektik sich gelegt hat kehrt die notwendige Ruhe für die Beobachtung ein. Zwischendurch immer wieder der Hinweis an die Kinder: Brillen ab, jetzt ist ne leichte Wolke davor, das geht ohne Brille.. dann wieder Brille auf, das ist zu hell! Die Umgebung ist schon merklich dunkler geworden... aha.. die Straßenbeleuchtung ist auch schon an. So ein Quatsch. Der Blick löst sich von der schon fast vollständig verdeckten Sonne, sucht die nähere Umgebung ab.. Es sind einige Löcher in der Wolkendecke zu sehen, sogar blaue Stellen und sie nähern sich der Sonne. Das Licht wird schwächer. Eine fahlgelbe Dämmerung breitet sich aus. Der Sichelkranz der Sonne wird schmaler und schmaler. Die Schatten sehen total unwirklich aus. Eine unheimliche Spannung und Erwartung breitet sich im Innern aus. Und dann geht es Schlag auf Schlag. Kurz bevor die Sichel der Sonne ganz vom Mond verschlungen wird , öffnet sich der Wolkenvorhang vollständig. Die Wolkenlücke ..genau an der Sonne angekommen! Blauer Himmel umgibt die Minisichel. Dann stürzt nahezu die Dunkelheit herab. Es wird richtig dunkel und dann ein Aufschrei, nein mehrere... In einem überirdischen Glanz erstrahlt die Korona! Mein Gott ist das schön. Die schwarze Sonne erstrahlt in ihrem Lichterkranz. Mir läuft ein Schauer nach dem anderen den Rücken herab. Wie kann es so etwas Schönes geben?? Ein kurzer Blick in die Runde, jeder schaut gebannt und andächtig auf dieses Naturschauspiel. Finsternis rundherum. „ Die Venus! Ich sehe die Venus!“ ruft jemand. Tatsächlich unser Wolkenfenster bietet uns sogar diesen Anblick. Im Sucher der Kamera sieht man klar und deutlich die Protuberanzen, wie sie sich rot von der schwarzen Sonne lösen und wie kleine Flammen am Himmel schweben. Schnell ein paar mal auf den Auslöser gedrückt. Was ist das?? Es wird schon wieder hell am rechten oberen Rand. Ein kurzes Aufblitzen, der Diamantring und schlagartig taucht die Sichel wieder auf. Es wird blitzartig wieder hell. Erst jetzt spüre ich, wie kalt es doch geworden ist. Waren das 2 Minuten und 12 Sekunden??? Es war ja nur wie ein Atemholen, wobei ich gar nicht weiß, ob ich überhaupt geatmet habe. Aufgeregte Stimmen holen mich wieder in die Wirklichkeit zurück. Es ist kaum zu glauben: wir haben es gesehen! Wir haben tatsächlich diese unbegreifliche, überwältigende Schauspiel genießen dürfen. Auf die Minute genau hat jemand für uns den Wolkenvorhang zur Seite gezogen und uns den Blick auf das wohl ergreifendste Ereignis das die Natur zu bieten hat geschenkt. Wer immer es auch war..: Ich danke ihm von ganzem Herzen dafür. Nach weiteren 5 Minuten wird der Vorhang wieder geschlossen. Nur noch kleine Lücken ermöglichen zumindest phasenweise die letzte Hälfte des Ereignisses zu verfolgen. Stück für Stück erobert sich die Sonne wieder ihren Platz zurück.


    Und nun sehen wir auch, wo wir stehen: inmitten von Erdhügeln und Bauschutt. Aber so hat dieser unbekannte Bauherr sein Grundstück für uns genau an diese Stelle gesetzt und uns so zu einem unvergeßlichen Erlebnis verholfen. Eine ausgelassene Stimmung macht sich breit. Niemand kann so richtig verstehen, weshalb wir nun doch noch so viel Glück hatten. Nach vielen vergeblichen Versuchen klappt auch der Kontakt per Handy mit den Daheimgebliebenen um erste Impressionen zu schildern. Irgendwie möchte man aller Welt von dem Gesehenen berichten Mit dem größer werden der Sonne schwindet der Vorrat an Sofi Frikadellen. Ab und an ein Blick durch das mittlerweile installierte Teleskop, Gruppe für Gruppe tauchen die Sonnenflecken wieder im Blickfeld auf, sieht die Sonne wieder wie die Sonne aus. Den 4.Kontakt können wir nicht mehr sehen, die Wolkendecke hat sich wieder geschlossen. Im Radio hören wir die ersten Berichte derer, die auch das Glück hatten Zeuge dieses Ereignisses zu sein. Aus allen Berichten hört man die Ergriffenheit, die einen auch selbst in diesen Augenblicken, da die schwarze Sonne in ihrer unbeschreiblichen Schönheit am Himmel gestanden hat, erfaßt hatte. Ein Eindruck, den man nicht vergessen wird.
    Und wie waren die ersten Worte nachdem man sich nach diesem Schauspiel wieder gefaßt hatte:
    Im März 2006 geht es in die Türkei! Das war nicht unsere letzte Sonnenfinsternis.


    Nachbetrachtung:


    Das war es also: das Jahrhundertereignis. In den Medien ausführlich gewürdigt und mit Bildern und Berichten dokumentiert. Beeindruckende Bilder aus der Luft und vom Boden. Aber was sind diese Bilder gegen das Erlebnis dabei gewesen zu sein. Kein Foto , kein Video ist in der Lage das wiederzugeben, was man als Beobachter mit allen seinen Sinnen erfahren durfte: zu fühlen, zu hören und zu sehen was die Natur als wohl grandiosestes Schauspiel zu bieten hat. Ich glaube selbst heute haben die Worte von Adalbert Stifter noch ihre Bedeutung und Berechtigung als er zur Sofi von 1842 schrieb :... es war der Moment, da Gott redete und die Menschen horchten.
    Ich glaube, alle, denen es nicht vergönnt war, das Ereignis mitzuerleben und zu fühlen, können froh sein, daß sie nicht wissen, was sie dabei versäumt haben.

  • Hallo Wolfgang


    Vielen Dank auch für Deinen Bericht! Es ist sehr schwer (eher unmöglich) eine Sofi so zu beschreiben wie sie wirklich ist.... Dir ist dies aber sehr gut gelungen [^]


    Im 99 hatte isch leider nicht das nötige Wetterglück, was auch damit zusammen hing, dass wir uns mit all unseren Geräten auf einen Standort festlegten und daher nicht mobil waren.


    Ich hatte dann aber 2001, 2006 und 2009 die Möglichkeite die schwarze Sonne zu sehen. - Deshalb kann ich Deine Beschreibungen nur bestätigen! Ich glaube ebenfalls, dass dies das eindrücklichste Naturschauspiel ist, was es auf der Erde gibt!


    Viele Grüsse,
    Sandro

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