In antiken Werken zur Spiegelschleiferei findet man zu lesen, man solle Newton- Spiegel gar nicht zu 100% parabolisieren.
Begründung: Wegen des nächtlichen Temperaturabfalls der Luft kühlt der Spiegel am Rande schneller ab als in der Mitte, weil die Wärme aus der Mitte wegen der relativ schlechten Wärmeleitvermögens des Glases nicht so schnell abgeleitet werden kann. Das führt zu einer Verflachung der Spiegelkurve in Randbereich und damit zur Überkorrektur, sofern der Spiegel im Temperaturgleichgewicht 100% parabolisiert wäre.
Im Prinzip ist diese Überlegung zweifellos richtig, insbesondere wenn es mit verhältnismäßig „antik“ dicke Spiegel so mit Dicke/Durchmesser von 1/6 sind und dazu noch hundsgemeinem Flaschenglas zu tun hat. Aber wer macht noch so etwas? Wie sieht das denn aus, wenn man wie heute Standard mit 8–18 Zöllern und nur 25 mm dickem, sehr preisgünstigem Borofloat arbeitet? Dazu hab ich eher zufällig mehrere Freiluftmessung gemacht. Testobjekt ist mein 10“ f/12 Parabolspiegel für den Lang- Newton.
Das Problem bei der traditionellen Foucaultmessung war eigentlich der relativ große Abstand von 6 Metern bei Messung aus dem Krümmungsmittelpunkt. Mein Werkraum ist dafür zu klein. Ich konnte zwar in den angrenzenden Kellergang ausweichen, doch um genügend stabile Temperaturverhältnisse zu schaffen musste ein Kellerfenster und 3 Türen thermisch abgedichtet werden. Das bedeutete zeitliche Zugangsbeschränkungen zur Waschküche, Hobby- und Vorratsraum. Dafür hatten meine bessere Hälfte und unser Kater weniger Verständnis.
Not macht erfinderisch. Die Foucault- Teststrecke wurde in Garten aufgebaut, wie die nächsten 3 Bilder zeigen.
Natürlich ist hier das Problem der Luftschlieren extrem witterungsabhängig. Bei Windstille und besonders bei bedecktem Himmel bleibt aber die Lufttemperatur recht konstant und man kann dann sehr gut im Freien messen. Um evtl. Luftschlieren in der Nähe der Spiegels zu bekämpfen wurde ein PC Lüfter schräg vor dem Spiegel installiert.
Für Messungen bei Tageslicht braucht man allerdings eine recht intensive Lichtquelle. Diese hab ich nach folgendem Schema gebaut:
Die Blende ist ein ca. 20 my großes Loch in Alufolie. Auf dieses Loch wird der Laserstrahl mittels Linse fokussiert. Dazu eignet sich irgendein Okular mit ca. 10- 20 mm Brennweite. Das ergibt einen sehr hellen künstlichen Stern, mit dem man selbst bei Sonnenlicht über schneebedeckter Fläche nach Ronchi und Star testen kann und zwar bei nicht belegtem Spiegel! Für den Gebrauch in der Dämmerung und im dunklen wird der Laser elektrisch gedimmt.
Aber auch bei klarem Himmel mit der typischen abendlichen Abkühlung nach Sonnenuntergang waren die Luftschlieren in Bodennähe nicht so schlimm wie befürchtet. Man konnte noch brauchbare Foucault- Messungen machen. Früheren Messungen zur Zwangsbelüftung haben gezeigt, dass man mit Temperaturgradienten von mehreren °C /h rechnen musste. Im folgenden Diagramm sind einige Messkurven der Außenluft in ca. 1 m Höhe über Grund dargestellt.
Wenn also das eingangs beschriebene Phänomen deutlich sein sollte, dann doch wohl am ehesten zur Zeit des stärksten Temperaturgefälles der Umgebungsluft. In der Tabelle sind einige Messergebnisse nach Foucault aufgelistet.
Der Prüfling wurde mindestens 2 Stunden vor Beginn der Messungen in Position gebracht. Es wurden jeweils 4 Zonen mit 4 Wiederholungen gemessen und mit Figure XP ausgewertet. Für die Messreihe 3, 4 und 5 findet man im obigen Temperaturdiagramm die entsprechenden Temperaturkurven aus denen jeweils der Temperaturgradient (TG) während der Messung abgeleitet wurde. Die Messreihen 1 und 2 wurden bei konstanter Temperatur im Kellergang durchgeführt, daher ist hier TG = 0.
CC ist die sog. Conic Constant. Sie ist bei einer Parabel –1, bei einer Sphäre = 0.
Fazit: Nach der statistischen Bewertung durch das Programm liegen die Strehl- Werte alle im Bereich von 98% - 100%. Ein signifikanter Einfluss des Temperaturgradienten von - 6°C/h (Messreihe 3) nicht feststellbar. Dieser hohe Wert scheint nach meiner Erfahrung eher selten vorzukommen.
Gruß Kurt