Sind rote Nebel wirklich so rot?

  • Hallo
    Wenn ich mir die Mehrzahl der abgebildeten Nebel ansehe wird die rote Farbe häufig sehr betont. Manchmal könnte man meinen rote SW Bilder zu sehen. Mit Photoshop kann man aus gleichem Grundmaterial so ziemlich alles machen. Aber wie kommt man dem natürlichen Aussehen der Objekte nahe.
    Anbei mal zwei weniger rote Ausführungen.





    Grüße
    Karl

  • Hallo Karl,


    ein bekannter Astrofotograf sagte mal auf einem seiner Vorträge, dass man seine eigenen Bilder mit denen des Hubble vergleichen sollte, da das Hubble-Teleskop die Farbgetreuesten Abbildungen aus dem All darstellt. So könne man vergleichen ob man bei seiner Bildbearbeitung übers Ziel hinaus geschossen ist.
    Vielleicht schreibt er selbst ja auch noch was dazu [;)]


    Vergleiche hier:


    http://hubblesite.org/ ...... dann Gallery und Nebulae etc.


    Sicher gibt es auch noch wissenschaftlichere Erklärungen dazu [8D]


    Gruss, Alex

  • Hi Karl,


    soweit ich weiß liegt es daran:


    Wie du (bestimmt) weißt, sind die Elemente Wasserstoff und Helium die am meisten verbreiteten Elemente im Weltraum. Schauen wir uns nun einmal das Spektrum des Elementes Wasserstoff an:


    http://www.itp.uni-hannover.de…TP/bildchen/hspektrum.png


    Man sieht hier mehrere Linien, unteranderem eine tiefrote. Dies ist die Emissionslinie de einfach ionisierten Wasserstoffs, oder kurz H alpha. Wird dieser Wasserstoff erwärmt, oder angestrahlt emittiert er Licht dieser Wellenlänge. Da (die meisten) Emissionsnebel aus diesem einfach ionisierten Wasserstoff bestehen leuchten sie Rot.


    Ich hoffe ich konnte weiterhelfen,


    CS, Daniel

  • Hi Daniel,


    gut erklärt[8D]


    Zu Deinem Motto:


    "Boxer sind die besten Astronomen - Sie sehen sogar Tagsüber Sterne"


    möchte ich noch ergänzenen:


    Sie sind auch gute Christen, denn sie wissen: Geben ist seliger denn Nehmen!



    CS Franjo

  • Hallo Karl,
    ich denke "natürliche" Farben sind generell ein Problem bei der Bildbearbeitung. Denn leider kann der Mensch Farben nicht objektiv beurteilen, was dazu führt, dass dem einen z.B. das Rot gerade so gefällt, dem anderen aber schon zu voll / zu leicht abgestimmt ist. Auch die Technik kann hier nur bedingt weiterhelfen, denn eine Kamera hat zwar einen quasi-objektiven Empfängerchip, dieser hat aber spezifische Eigenschaften, die wiederum im Zusammenspiel mit der dahinterliegenden EBV das Ergebnis verschieden stark verfälschen. Ob deshalb Hubble-Bilder der Weisheit letzter Schluss sind, wage ich ehrlich gesagt zu bezweifeln. Auch die Hubblekameras haben Aufgaben, und die dort verwendeten Filter und Verstärker arbeiten nicht um des hübschen Bildes Willen, sondern um spezielle Eigenschaften von interstellaren Objekten herauszuarbeiten.
    Die Farbe ist aus meiner Sicht deshalb fast nebensächlich, solange ein Rotton eben auch rot bleibt. Deine "rotreduzierten" Bilder finde ich persönlich schöner als die typischerweise komplett übersättigten Aufnahmen manch anderer Astrofotografen. Es ist halt Geschmackssache.


    Grüße,
    Harry

  • Hallo Harry
    Ich habe mir die Hubblefotos angesehen. Die sehen farblich zum Teil gewöhnungsbedürftig aus. Mir ging es allerdings darum, das ich meine, das durch das übertriebene Rot die Feinheiten zum Beispiel im grünen oder blauen Bereich unterdrückt werden. Ich habe kürzlich in einem Forum ein Foto vom Sturmvogel gesehen das super scharf war unheimlich toll aussah aber im Vergleich zu meinem Bild überhaupt keinen Grühanteil hatte. Deshalb bin ich nicht mehr sicher wie das Teil nun wirklich aussieht.
    CS
    Karl

  • Hallo Karl,
    also der Grünanteil scheint im Sturmvogel wohl schon deutlich drin zu sein, das jedenfalls schließe ich aus anderen Bildern, welche ich mir mal per Google-Bildsuche angeschaut habe. Allerdings finde ich deine Aufnahme insgesamt sehr dunkel, bzw. den Rotauszug hier doch eher unterrepräsentiert. Aber wie gesagt, man sollte deshalb nicht alle Regler panisch nach rechts ziehen, sondern lieber mit Gefühl den richtigen Mix finden.


    Grüße,
    Harry

  • Hallo Harry


    Erst einmal finde ich es super mit jemand sachlich über ein Thema zu sprechen. Mir ist es unheimlich wichtig von anderen zu lernen. Leider gibt es keinen Kurs für Astrofotografie sonder nur den Weg aus Erfahrungen zu lernen, eigenen oder fremden. Manchmal könnte man das Gefühl haben das die Know How-Weitergabe in Foren ziemlich eingeschränkt ist. Viele Jungs zeigen schöne Bilder, aber wie man diese macht läßt kaum jemand raus( Bis auf die Belichtungszeiten). Gerade das Thema EBV ist dafür typisch. Das Gleiche gilt für manche unsägliche Auseinandersetzungen wie zum Beispiel über die Qualität von APO's. Meine Probleme liegen eher in der Verbesserung der Nachführgenauigkeit oder beim Scharfstellen und zuletzt an der Optik. Das gilt vermutlich für alle die Fotografie betreiben.


    Die dunklen Bilder mache ich vermutlich, weil wenn ich mir nachts den Himmel ansehe der Hintergrund auch schwarz erscheint. Natürlich kann man die Regler aufdrehen aber aus meiner Sicht wirkt das Ergebnis dann völlig unnatürlich.


    CS
    Karl

  • Hallo Karl
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Viele Jungs zeigen schöne Bilder, aber wie man diese macht läßt kaum jemand raus<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Ich staune immer wieder, wie sehr sich die Bildverarbeitung von einem Sujet zum anderen unterscheidet! Wenn man da noch pro Bild die vielen Schritte inklusive aller trial- und wieder zurück-Varianten dokumentieren wollte ... [B)] ... aber fragen darf man immer und es wird auch geholfen. Dabei geht es ganz sicher keinem um Geheimniskrämerei.


    Übrigens: Ich empfinde Deine Verarbeitungen als natürlich und schön!


    Grüsse
    Jan

  • Hallo Leute,


    die Sache mit der Herausarbeitung von Farben ein der Bildbearbeitung ist ein Kapitel für sich. Tatsache ist ja, das menschliche Auge hat eine ganz andere Farbempfindlichkeit als der Chip eurer Kamera oder das früher übliche analoge Filmmaterial. Wenn man es darauf anlegen würde, ein Astrophoto zu erstellen, das die Farben so wiedergeben würde wie das menschliche Auge sie sehen würde, wenn von dem Objekt einfach nur genug Licht ankommen würde, daß das Farbsehen aktiviert wäre, dann wären die meisten Nebel auf den Bildern einfach nur grün! Das menschliche Auge ist nämlich bei H alpha, aber auch bei den violetten Wasserstofflinien, die den Großteil des Lichtes von Emissionsnebeln ausmachen, eigentlich recht unempfindlich. Das Maximum der Empfindlichkeit des Auges trifft dagegen ziemlich genau auf die Linie, die ein O III Filter abdeckt.


    Tatsächlich orientieren wir uns, was die Bildästhetik bei der Farbwahl in der digitalen Bildbearbeitung angeht, meist daran, was früher das gute alten analoge Filmmaterial geliefert hat - so "kennt" man die Astrophotos eben aus Büchern etc.


    Bilder vom Bubble-Weltraumteleskop sind übrigens auch alles andere als "farbecht": Sie werden meistens mit sehr schmalbandigen Filtern aufgenommen und für Pretty Pictures so kombiniert, daß Sterne hinterher wieder weiß aussehen, dadurch entstehen die extremen grün-blau-orange Farbstiche dieser Bilder, denn die kontinuerliche Emission zwischen den schmalen Bändern fehlt einfach für das Gesamtfarbbild.


    Gruß,
    Caro

  • Auch zum Thema.


    Zuerst einmal möchte ich Caro und Harry zustimmen.
    Ein weiterer "Beweis" unseres menschlichen Farbenssehens sehe ich in den (früher) grünen Schreibtischunterlagen. Die waren deshalb grün, da unser Auge diese Farbe zuerst wahrnimmt und sich daran sozusagen beruhigt. Jedenfalls waren grüne Wände und grüne Unterlagen beruhigend, rot hingegen aufreizend.
    Jeder Mensch sieht etwas anders, jeder CCD-Chip ist etwas anders sensibilisiert, wie übrigens chemische Filme auch. Der GPY Negativfilm von Kodak z.B. galt mal als der beste Astrofilm, da er bei 400 ASA das Rot gut hervorbrachte und auch im Blau trotzdem noch gut war. Aber das ist einzig und alleine eine besondere Art der Sensibilisierung und hat ansich mit realen Farben nichts zu tun.


    Ebenso wie das Hubble. Da werden ja nicht Aufnahmen von einem Chip in Farbe gewonnen, sondern viele Aufnahmen mir verschiedenen Filtern, je nachdem, was die Betreiber des Hubble eben sehen oder zeigen möchten.
    Die "pretty pictures" des Hubble kann man legiglich als Werbung dafür ansehen, was die Menschheit heute in der Lage ist zu leisten und daß man den immensen finanziellen Aufwand dafür gerechtfertigt.


    Verbal ausgedrückt, man wirft "Perlen vor die Säue". Nicht daß diese schlecht wären, aber bei der Bearbeitung versucht man, dem eventuellen visuellen Eindruck nur nahe zu kommen. Real im wahrsten Sinne des Wortes kann das nicht sein.


    Ein ergänzendes, anderes Beispiel:
    Nehmt Eure Kamera, schaltet alle Einstellungen abgesehen von der Belichtungssteuerung aus, Weißabgleich auch aus oder auf "0", Kamera auf ein Stativ und dann fotografiert ihr einen ganzen Tag lang ein Motiv im 30-Minuten-Abstand. Welches der Aufnahmen zeigt nun die wahre Farbe? Das am frühen Morgen, das bei Sonnenhöchststand, was angeblich der "Wahrheit" am nächsten kommt oder das am frühen Abend?


    Ihr seht, der absoluten Wahrheit kann man sich nur nähern.


    Soweit zumindest meine persönliche Meinung zu den Farben, die wir sehen oder sehen wollen.


    CS
    Winfried

  • Hallo allerseits,


    in der Tat, die Farbdarstellung astronomischer Objekte ist ein Kapitel für sich.


    Was Caro gesagt hat, ist (natürlich[:)]) völlig richtig. Vor allem beim Rot wird das sehr augenfällig, wenn man nämlich mal das Glück hatte, HII-Strahlung direkt und ungefiltert beobachten zu können. Und zwar bei einer totalen Sonnenfinsternis.


    Die Protuberanzen erscheinen nicht dunkelrot (lambda=656.5 nm) sondern pink. Wäre z.B. der M42 heller, würden wir ihn auch pink sehen.


    Dennoch bevorzuge ich persönlich eher eine rote Darstellung, weil sie dem wirklichen Farbton zumindest näher kommt als rosa. Da hat ein Film übrigens gegenüber einer DSLR leichte Vorteile. Dafür hat er wieder andere Nachteile, die Gründarstellung ist meistens (aber nicht immer) problematisch.


    Womit wir beim generellen Thema der Farbdarstellung der DSLR wären. Diese haben eine "gewichtete" Farbdarstellung. Immer 4 Pixel werden zu einer übergeordneten Einheit zusammengefaßt, wobei diese 4 Pixel unterschiedlich gefiltert werden. 2 Pixel erfassen grünes Licht und jeweils 1 pixel rot bzw. blau. Also besteht ein eindeutiges "Übergewicht" zu grün. Diese Farbgewichtung geschieht durch die sog. "Bayer-Matrix".


    Das erklärt übrigens warum besonders bei unmodifizierten Kameras einige Objekte eher blau-grün erscheinen und rot recht unterrepräsentiert ist.


    Man sieht das ja sehr schön am Beispiel deines Sturmvogels. Auch M27, der Hantelnebel wäre so ein Paradebeispiel.


    Auch bei modifizierten DSLR bleibt dieses Ungewicht bestehen, lediglich längere (rotere) Wellenlängen kommen auf den Pixel.


    Um dieses Manko an rot auszugleichen kommt m.E. nach


    1.) eine Modifizierung in Frage (um längere Wellenlängen, mehr zum rot hin zu erhalten und
    2.) ein Ausgleich des Rotmangels über Bildbearbeitung.

  • Hallo zusammen,


    noch eine Bemerkung zu eueren interessanten Anmerkungen. Roter Nebel ist nicht gleich roter Nebel, selbst wenn der Wasserstoff mit seinen Linien dominiert.
    Es ist bemerkenswert wie viele verschiedene Rottöne verschiedene HII Regionen besitzen können, z.B. wegen ihrer unterschiedlichen Entfernung und der daraus resultierenden Extinktion.


    CS
    Walter

  • Aber kann man Farben überhaupt wissenschaftlich korrekt darstellen ? Irgendwie muss das doch gehen. Schließlich sind Farben ja fest definierte Wellenlinien und die müsste man doch irgendwie messen können. Mit Radiowellen geht das doch auch!


    Clear Skies,


    Daniel

  • Hallo Daniel,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Schließlich sind Farben ja fest definierte Wellenlinien und die müsste man doch irgendwie messen können.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Wie weiter oben am Beispiel des selbstleuchtenden Wasserstoffs schon
    steht: Wellenlänge 656,5 nm. Das entspricht einem tiefdunkelrot.


    Nur: nicht jeder Detektor (CCD, CMOS, Film, Auge) setzt diese Wellenlänge auch entsprechend um oder anders ausgedrückt: zeigt z.B. dieses dunkelrot auch dunkelrot.[;)]

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Donut</i>
    <br />


    Aber kann man Farben überhaupt wissenschaftlich korrekt darstellen ?


    Daniel
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Daniel,


    das kann man, das nennt sich Farbmetrik:


    http://de.wikipedia.org/wiki/Lab-Farbraum


    Allerdings geht es da um Gegenstände, die Licht reflektieren/remittieren.


    Am Himmel sind hauptsächlich "Selbstleuchter", bis auf Planeten, Monde und Reflexionsnebel.



    CS Franjo

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!