Nach den vielen Abenden und Nächten, an denen entweder zu viele Wolken oder die hohe Luftfeuchtigkeit nach Niederschlägen oder meine Müdigkeit keine „richtigen“ Beobachtungen zuließen, zeigte sich am letzten Sonnabend endlich wieder einmal ein für meine Kleinstadtrandverhältnisse dunkler wolkenloser Himmel mit deutlicher Milchstraße vom Schwan bis hinunter zu Nachbars Kirschbaum mit dem dahinter liegenden Schild. Die Grenzgröße ermittelte ich mit knapp 6,1 mag in der Leier, das ist bei mir im Garten schon recht selten.
Deshalb wollte ich es mal genauer wissen und fuhr in erster Linie mein 20x80 auf, heute sollten mal ein paar schwierigere Objekte anvisiert werden!
Vom letzten Mal war noch der Offene Sternhaufen Dolidze-Dzimselejsvili 6 übrig, der nur wenige Grad nördlich von M 13 steht. Im Netz findet man widersprüchliche Angaben zu seiner Größe (von 3 bis 17 Bogenminuten), deshalb hatte ich ihn nicht identifizieren können. Bei der geringen Anzahl von 5 Sternen ist dann schon die Frage, welche im großen Fernglas-Gesichtsfeld das sein könnten.
Letztendlich fand ich einen sehr kleinen Sternknoten von 2 helleren und einem schwächeren sowie etwas unaufgelöstem „Nebel“ an der Stelle, die die alte Uranometria zeigt. Bingo, das wird er sein, denn das deckt sich mit solchen Beschreibungen wie „DoDz6 – Very small and poor. The cluster made up of just the 5 stars…”
Der Herkules hat ja noch mehr von diesen “kaukasischen” (denn da werden die Namensgeber wohl her sein; weiß jemand genaueres??) DoDz-Haufen, Nummer 5 und 7 gab es ja beim letzten Mal, Nummer 8 und 9 fand ich letztes Jahr auf “8x30-Survey“ selbst im „kleinen Zeiss-ig“. Also mal als Reminiszenz an alte Tage das Gläschen aufs Stativ und gucken: DoDz 8 zeigt sich selbst damit als länglichen Nebel mit Nord-Süd-Ausrichtung, indirekt sehe ich 4-5 Sterne. Im 20x80 werden es auch nicht wesentlich mehr, nur so 6-7, allerdings direkt. Da DoDz 8 als Asterism geführt wird, braucht man auch nicht zu spekulieren, ob einige Sterne in der Nähe vielleicht zum Haufen gehören könnten.
DoDz 9 ist der hellste des Katalogs und wohl ein echter OH, der schön in einem Dreieck heller Sterne eingefasst steht. Im 8x30 ein ca. 15-20’ großer Nebel mit 4 Sternen als „Spreckel“ drauf, allerdings nicht sehr konzentriert wirkend. Im 20x80 werden es ca. 20 Sterne unterschiedlicher Helligkeit ohne Konzentration zur Mitte hin. Wirkt ein bisschen wie hingestreut und weist auch keine viel höhere Dichte als die nähere Umgebung auf. Habe mal irgendwo gelesen, dass es sich bei den meisten DoDz-OHs um sich in Auflösung befindliche Haufen handelt... deshalb machen sie höchstens im Fernglas noch etwas her.
Ganz in der Nähe scheint mich Wega an, richtig, auch die Leier besitzt ja einen nennenswerten OG: NGC 6791. Gesamthelligkeit 9,5 mag, eigentlich machbar. Tja, gesehen habe ich eine Kette von vielleicht 3 schwachen Sternen, aber das kann doch nicht gemeint sein? Nein, denn die Pullerpause mit Blick in den „Night Sky Observers Guide“ (NSOG) zeigte, das diese Kette von „field stars“ gebildet wird und der hellste Haufenstern ganz 13 mag hat. Schade!
So ging mir das auch mit NGC 6802, einem kleinen OH östlich des Kleiderbügels. Der wurde schon im 16x70 gesehen, doch mein 20x80 zeigte: Nichts!
Hmm, vielleicht mal ein Erfolgserlebnis? M 71 zeigte sich als schöner heller Nebelball mit je einem indirekt sichtbaren Stern am östlichen und südlichen Rand. Und ganz in der Nähe ist ja der OH Harvard 20: die beiden 9mag-Sterne, von denen einer auch zum Haufen gehört, geben die Orientierung, und nach Südosten zieht sich so ein „Nebelschweif“, der durchaus der OH sein könnte, zumindest laut NSOG-Beschreibung.
Wenn ich in Sagitta bin, muss ich gleich noch mein neu entdecktes Interesse an Planetarischen Nebeln befriedigen, und zwar mit einem richtigen Knaller: einem PK-PN, der nicht im NGC steht. Fand in der Deep-Sky-Liste den PK 53-3.2, der dort bisher nur von Martin Schoenball mit seinem 10er beobachtet wurde und stellar blieb – aber 10,6 mag hat! Müsste doch im 20x80 auch gehen, wenn auch nur über die vorbereitete Karte identifizierbar… Und richtig, indirekt zeigte sich GENAU an der Stelle ein Lichtpunkt, wo er sein müsste. ABER (und jetzt nicht lachen!):
Beim Basteln der Karte mit Cartes du Ciel habe ich den PK 53-3.2 mit dem 3.1er verwechselt, weil ich die Benennung herausgenommen habe (das irritiert immer so in der Nacht). Naja, jedenfalls hat der irrtümlich versuchte PN gerade 14 mag, den habe ich SICHER nicht gesehn. Schön doof!
Nun ist auch der Delphin höher gekommen. Vor Jahren habe ich im Urlaub mal den KH NGC 7006 in einem 20x80 ganz locker gesehen, also probieren wir das noch mal: leider war diesmal nichts zu wollen.
Irgendwie kam mir der Himmelshintergrund auch schon heller vor. Die Grenzgröße war nunmehr auf den ersten Blick nur noch 5,7 mag in der Leier.
Aber ein Erfolgserlebnis brauche ich noch: Obwohl er recht tief steht, sollte der KH NGC 6934 machbar sein. Und genau, östlich eines recht hellen Sterns zeigt sich eine direkt schwache, aber indirekt wirklich helle Kugel, der fast stellare Kernbereich dabei deutlich heller als der Halo.
Ein nächster Blick auf den Himmel zeigte mir, dass das jetzt nicht mehr die Lichtverschmutzung über dem nahen Landeshauptdorf ist, sondern tatsächlich schon die Morgendämmerung… Na klar, haben ja Mitte Juni! Also, flugs eingepackt und noch eine Mütze voll Schlaf.
Übrigens war ich trotzdem am nächsten Morgen das erste wache Familienmitglied…