Verständnissfrage Tau am HS

  • Hallo Leute,


    Es gibt ja bereits viele Beiträge über Tau und es wurde alles schon ausreichend diskutiert.
    Jedoch hab ich noch eine Frage.



    Es gilt ja: Sobald der Hauptspiegel durch zu viel Wärmeababe in den Weltraum unter den Taupunkt fällt, taut dieser zu.
    Jetzt kann man den Tubus belüften, um den Hauptspiegel mit der Umgebungstemperatur, die ja etwas wärmer ist, gerade eben
    noch auf "Wohlfühltemperatur" zu halten. Dieser taut jetzt nicht mehr zu denn er wird ja somit über dem Taupunkt gehalten.


    Ich denke bis hierhin hab ich es richtig verstanden...?



    Jetzt aber folgendes:
    Gestern ist an meinem neuen 200/800 Newton mit CFK Tubus, Taukappe und HS Belüftung der Hauptspiegel trotzdem "brutal" zugetaut. Sogar der Komakorrektor war beschlagen.
    Ich dachte ich seh nicht recht.[:(]
    Ziel war nochmal M15.


    Hab ja immer die Luftfeuchtigkeit im Blick. Diese zeigt 98% an. Obwohl die Bedinungen noch recht gut ausgeschaut haben.
    Also nach allzuviel Fechtigkeit in der Luft hat es nicht ausgeschaut, bzw ich hab auch schon in schlimmeren Nebel gestanden. Bedinungen waren schon noch ok.



    Jetzt meine 3 grossen Fragen:


    1. Warum ist der HS und der Komakorrektor trotz prophylaxe zugetaut?


    2. Ist es bei solchen Bedingungen kontraproduktiv wenn ich hier die Belüftung am laufen habe? Sauge ich hiermit erst recht die fast gesättigte Luft in den Tubus und somit auf den Hauptspiegel?


    3. Muss man bei unsereren Herbstbedinungen schwereres Geschütz auffahren? Mir schein als ob man um eine Heizung nicht rumkommt.



    Ich bin drauf und dran den Tubus mit 2 Heizmanschetten zu befeuern... natürlich nur wenn es sinnvoll ist und in angemessenem Mass.



    mfg.
    Thomas

  • Thomas,
    bei allen allgemeingültigen Regeln - oder soll ich sagen: Physik - gibt es auch immer besondere Einflussfaktoren im Einzelfall.


    Ein wichtiger Effekt kam in den vergangenen Eläuterungen vielleicht zu kurz: Einer der wichtigsten Wärmetransportmechanismen ist das Tauen bzw. Verdunsten selbst. Der Übergang von Wasserdampf zu Wasser bzw. umgekehrt puffert die Temperatur um den Taupunkt. Im Winter gilt das auch für den Vereisungsvorgang ab 0°C. Und da das oft auf den Materialoberflächen stattfindet, muss diese Oberfläche die Energie liefern oder aufnehmen. (Man müsste mal sein Teleskop "trocken" und "taunass" wiegen bzw. das Handtuch nach dem Abwischen). Ein Schnappsglas Wasser (20 Gramm) hat 45 kJ Energie beim Kondensieren übertragen. Vergleich das mit einem Fön (1500 Watt), der dafür 30 Sekunden laufen muss.


    Ich hoffe, ich hab die Zahlen richtig in Erinnerung und mich nicht verrechnet. Ansonsten google selbst mal, spez. Energie Wasserdampf, Eis, Wasser ...



    Folgende Aspekte treten im Einzel in relevanter Form auf:


    Der Temperaturgradient der Luft ist gerade in Bodennähe besonders groß. Je nachdem, ob du auf einer Anhöhe oder in einer Bodensenke bist. Bauern kämpfen zum Teil gegen Bodenfrost, indem sie dafür sorgen, dass ihr Acker 10cm höher liegt als der Nachbaracker (kalte schwere Luft fließt dann zum Nachbarn).


    Es liegt auch an der Bodenbeschaffenheit: Eine Wiese verhält sich anders als ein betonierter/gefliester Platz/Gehweg/Straße.


    Außerdem gibt es immer wieder Sondersituationen, bei denen man besonders kalte oder vielleicht feuchtere wärmere Luft wetterbedingt abkriegt. Ich kann mich an eine Sommernacht erinnern, da fiel die Temperatur erst auf unter 14° bis Mitternacht und stieg dann (Warmluftfront) wieder auf über 16° binnen einer Stunde wieder an.


    Zur Frage 2): Jeder Lüfter/Fön, der einen HS vom Tau befreit ist besser als nix. Temperaturgleichgewicht kann man nur dadurch erreichen, das Lufttemperatur und Materialtemperatur angeglichen werden. Da hilft jede Luftbewegung per Konvektion (Wärmeübertragung bei Kontakt der Luft mit dem Material).


    Es gibt halt so brutale Tage ... und ja, wer da weiter beobachten will, muss brutale Geschütze gegen Taubeschlag auffahren, sprich den Fön auspacken. Den Komakorrektor kann man mit einem Heizband versehen.

  • Hi Kalle,


    Danke für Deine Aufschlussreichen Zeilen.


    Hab ich das jetzt richtig verstanden? Es geht wirklich nur darum, dass ein Gegenstand nicht zu viel auskühlt? Also ist die
    Luftfeuchtigkeit in % gar nicht wichtig? Was spielt die Luftfeuchtigkeit für eine Rolle?


    Ich mache mal ein paar Beispiele um zu sehen ob ich das Prinzip vestanden habe.


    Beispiel 1:
    Ich habe einen Gegenstand zum auskühlen nach draussen in den klaren Himmel gelegt.
    Der Gegenstand beschlägt sobald er kälter wird als die Umgebungsluft.(Durch Abstrahlung in den klaren Himmel)



    Beispiel 2:
    Ich habe einen Gegenstand zum auskühlen nach draussen in den klaren Himmel gelegt.
    Der Gegenstand beschlägt NICHT, weil ich ihn mit einem Ventilator anpuste und ihn so auf Umgebungstemperatur, bzw. über dem Taupunkt halten kann.



    Beispiel 3:
    Ich habe einen Gegenstand zum auskühlen nach draussen in den klaren Himmel gelegt.
    Ich trage den Gegenstand ins Wohnhaus worauf er sofort beschlägt weil er kälter ist als die Umgebungsluft.




    Jetzt kommt der Nebel bzw 95-100% Luftfeuchtigkeit, da wo mein Verständniss stagniert.[xx(]


    Beispiel 4:
    Ich habe einen Gegenstand zum auskühlen nach draussen in den klaren Himmel gelegt.
    Luftfeuchtigkeit beträgt 95-100%.
    Der Gegenstand beschlägt weil ich ihm die "fast gesättigte Luft / das Nebelwasser" mit einem Ventilator "um die Ohren" puste?


    Hat dann die Temperatur des Gegenstandes auf dem sich dieses Nebelwasser dann absetzt noch eine Bedeutung?


    Nebel ist hier noch der falsche Ausdruck, bei Nebel fotografiert keiner. Aber wenn es schon sehr nahe dran ist im Herbst.


    Ich habe das Gefühl im Herbst ist die Luftfeuchtigkeit das Problem, nicht dass mir der Hauptspiegel zu sehr auskühlt.
    Oder ich dreh einfach den Lüfter stärker auf?
    Oder ich heize wirklich im Herbst den Tubus ein bisschen.



    Etwas verzweifelte Grüße,
    Thomas

  • Thomas,
    die Aufnahmefähigkeit von Wasserdampf in der Luft ist (bei Atmosphärendruck) von der Lufttemperatur abhängig. siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Luftfeuchtigkeit


    Wenn ein Gegenstand kälter ist, dann kühlt die unmittelbare Kontaktluft an dieser Stelle auf die Gegenstandstemperatur ab und kann die Wasserdampfmenge nicht mehr "halten". Diese Kondensiert dann aus. Der Begriff "Taupunkt" ist die Lufttemperatur, bei der bei gegebener Wasser(dampf)konzentration (sprich Wassermenge in der Luft) die Luftfeuchtigkeit dann 100% erreicht. (siehe oben im Wikiartikel die Grafik (max. Wasserdampfkonzentration versus Lufttemperatur).


    Deine Beispiele 1) (falls der Gegenstand unter den Taupunkt abkühlt) und 2) passen. In Beispiel 3) passt es dann, wenn die Wasserdampfkonzentration in der Wohnung höher ist als draußen. Regelmäßig ist das der Fall, weil sie deutlich wärmer ist und deshalb auch mehr Wasserdampf aufnehmen kann. Die relative Luftfeuchte ist trotzdem deutlich kleiner als in der (kälteren) Außenluft. Deshalb nennt man sie auch "relative Luftfeuchte" ... immer bezogen zur max. möglichen Wasserdampfkonzentration in Abhängigkeit zur Temperatur.
    Wenn man hier den Begriff Taupunkt anwendet, dann gilt: Der Taupunkt in der Wohnung liegt "höher" als draußen, weil absolut gesehen die Wohnungsluft mehr Wasser enthält. Und weil der Taupunkt höher ist, kondensiert an Gegenständen, die man von draußen reinholt sofort Wasser aus der Wohnzimmerluft. Denn diese Gegenstände liegen dann unterhalb des Wohnzimmertaupunkts.


    Ich hoffe, Du verstehst jetzt die Logik hinter dem Begriff "Taupunkt".


    Nebel heißt, dass die relative Luftfeuchtigkeit 100% erreicht hat, Wasserdampf kondensiert aus und bildet Nebeltröpfchen. Solange die klein genug sind, schweben sie in der Luft, irgendwann fallen sie als Regen. Nebel und Regen unterscheiden sich nur durch die Größe der Tröpfchen und der Schwebefähigkeit in der Luft. Bei Wolken kommt noch die Besonderheit dazu, dass Lufttemperatur und Luftdruck höhenabhängig sind - neben weiteren Faktoren.


    Dein Fall 4) hängt auch davon ab, wie gut der Gegenstand Wasser aufnehmen kann. Ein Handtuch wird im Nebel schnell "nass", z.B. Kochsalz (hygroskopisch) auch. Mit sehr viel "Wind" puste ich die Wassertropfen u.U. auch wieder einfach von einer glatten Oberfläche weg. Je nach Bauform und Windgeschwindigkeit kommen aber noch andere Effekte zum Tragen (z.B. Bernulli-Effekt, https://de.wikipedia.org/wiki/…ach_Bernoulli_und_Venturi), denn da hat man es mit Strömungsmechanik und deren Einflüsse zu tun und da wird die Sache dann wirklich kompliziert. Das spielt aber am Teleskop i.d.R. kaum eine Rolle.




    Der Trick besteht immer daran, Gegenstände über dem sog. Taupunkt der Luft zu halten oder lokal die Luft zu trocknen und damit den Taupunkt herabzusetzen (z.B. bei gekühlten Kameras vor dem Chip). Die einfachste Variante ist, den Gegenstand auf Lufttemperatur zu halten. Bei klarem Himmel strahlen nachts die Gegenstände immer Wärme gegen den Himmel ab. Dieser Wärmeverlust muss a) minimiert werden und b) ausgeglichen werden.


    Gerade bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit (sprich kurz vorm Nebel) liegt der Taupunkt nur noch zehntel-Grad unterhalb der Lufttemperatur und man kommt nicht umhin, künstlich Wärme den Gegenständen zuzuführen, weil normale "Belüftung" (sprich Wärmeangleichung durch Luftkontakt) nicht mehr ausreicht.


    Wenn man es genau wissen will, dann müsste man die Sachen durchrechnen, was aber ein Fass ohne Boden wird. Insoweit hilft einem nur eine "qualitative" Betrachtungsweise (Wissen um die Ursachen) und gutes Bauchgefühl.

  • Hi,


    seit ich das untere Drittel (unterhalb der Schellen) meines 8"f/5 Newtons isoliert habe und einen Sauglüfter angebracht habe, scheint er weniger tauanfällig geworden zu sein, aber nicht völlig immun!


    Bei kurz-vor-Nebel Wetterlagen brauch ich ab und an einen Föneinsatz. Ca. alle 60min am FS und ca. einmal die Nacht beim HS. Ich habe da ein Camping Fön und einen kleinen (5kg) 12V Akku. Der reicht für ca. 20min Heizbetrieb.
    Mehr brauche ich bisher in einer Nacht nicht (meistens kommen 5-7 Minuten raus).


    Das tolle am Fön, man kann eben auch Okulare, Filter, Telrad für eine Zeit lang vom Tau befreien...


    Gruß,
    Walter

  • Kalle, sehr vielen Dank für Deine Worte!
    Sehr veständlich erklärt, hast du das studiert?


    Ich versuche mal zu Schlussfolgern:



    Der Gegenstand darf also nicht unter den Taupunkt fallen.
    Mit der Umgebungsluft hat es eigentlich nicht wirklich was zu tun.


    Der Taupunkt hängt von der Luftfeuchtigkeit ab.
    Ist es draussen kalt, kann die Luft nur wenig Feuchtigkeit aufnehmen, wir sind also schnell bei 95% und mehr Luftfeuchtigkeit:
    Der Hauptspiegel kühlt durch den klaren Himmel ab.
    Durch die hohe Luftfeuchtigkeit reicht die Belüftung nicht aus um den Hauptspiegel über dem Taupunkt zu halten.
    Der Taupunkt ist nichts anderes als die Lufttemperatur bei der die Luft zu 100% gesättigt ist.
    Wir haben also vereinfacht gesagt von den 95% auf die 100% kaum Spielraum.



    Im Sommer sieht es anders aus:
    Hier haben wir meist etwas höhere/mildere Temperaturen.
    Wir haben also Luft, die meist weniger gesättigt ist weil sie eben mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann.
    Keine Ahnung, ich nehme mal Beispielhafte 30% Luftfeuchtigkeit an.
    Der Hauptspiegel kühlt durch den klaren Himmel ab.
    Der Hauptspiegel kann ruhig unter die Umgebungstemperatur fallen.
    Es braucht hier keine Belüftung um den Hauptspiegel über dem Taupunkt zu halten.
    Der Taupunkt ist nichts anderes als die Lufttemperatur bei der die Luft zu 100% gesättigt ist.
    Er wird nur zutauen, wenn er unter den Taupunkt fällt. Und bis der Hauptspiegel diese kritische Unterkühl-Temperatur erreicht, haben wir von 30% bis auf 100% viel mehr Spielraum.



    Ist das jetzt richtig oder Falsch??
    Und wie viel Spielraum hat man wenn ich das alles richtig interpretiert habe?


    Also das grösste Augenmerk soll man auf die Luffeuchtigkeit haben.
    Ist sie hoch, ist es blöd. -Denn man hat kaum Spielraum bis zum Taupunkt. Meistens im Herbst und Winter durch die kalten
    Aussentemperaturen. Hier muss man fast etwas die verlorene wärme wieder zuführen.


    Interessant wäre wo der Taupunkt ist bei gegebener Luftfeuchtigkeit.
    Dann weiss man wie viel Spielraum man hat wie weit der Hauptspiegel auskühlen darf.


    mfg.
    Thomas

  • Hallo Thomas


    Verdampfen und Kondensieren findet ständig und gleichzeitig statt .
    Verdampft mehr Wasser wie Wasserdampf kondensiert spricht man von verdampfen , umgekehrt von Kondensation .
    Beim Taupunkt bzw. 100% relative Feuchte kondensiert über einer Wasserfläche die sich im thermischen Gleichgewicht mit der Luft befindet die gleiche Menge Wasser wie wieder verdampft wird .
    Bei einem Spiegel sind die Verhältnisse komplizierter . Hier fehtl das Gleichgewicht , es kann Wärme im Material gespeichert werden und durch Konvektion und Strahlung Wärme an allen Flächen auch unterschiedlich zu oder abgeführt werden . Auch müßen sich nicht alle Punkte der Oberfläche gleich verhalten , besonders nicht wenn sich dort schon ein Tropfen gebildet hat .
    Wenn dein Spiegel schon bei 98% relative Feuchte beschlägt ist das bedauerlich aber nur durch die schon erwähnten Maßnahmen zu beseitigen .


    Viele Grüße Rainer

  • Hi Walter,


    Ich hab früher meinen Newton auch Isoliert, will aber meinen neuen CFK Tubus nicht wieder "verbasteln".
    Vorgestern wie mir der HS zugetaut ist, hab ich auch zum Fön greifen müssen.
    Nachdem ich aber immer mein Equiptment ohne dass ich anwesend bin durchlaufen lasse, muss ein zutauen "um jeden Preis" verhindert werden.[:D]



    Hi Rainer,


    Wie man sieht ist es im Detail ein sehr komplexes Thema.
    Die 98% hab ich nur abgelesen von einer "Billig-Wetterstation", die in einem Schaltkasten nebenan hängt. Wer weiss ob sie den richtigen Wert anzeigt. Jedoch hat man einen guten Richtwert.


    Ich denke ich habs Grundsätzlich verstanden.
    Nachdem ja die Refraktorianer auch ihre Frontlinsen/Fassung beheizen, die gekühlten CCDs werden auch vor dem Chip beheizt, steht jetzt Fest: Ab jetzt heize auch ich in angemessenem Ausmass wenn die Luftfeuchtigkeit über 90% liegt.


    mfg.
    Thomas

  • Thomas, <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Und wie viel Spielraum hat man?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote"> das ist eine Standort und Wetterfrage. Der eine hat ne windige Stelle auf einem Berg. Der wird fast nie Tauprobleme haben. Der andere hat 'ne dunkle Stelle zwischen zwei Fischteichen in einer ursprünglichen Sumpflandschaft. Da schaut's dann anders aus. Dein Sommerszenario ist recht willkürlich. Auch im Sommer gibt es schwüle Tage, die nachts zu massiven Tauproblemen führen können.


    Das eigentliche Problem ist, dass die Frage von Dir auf eine quantitative Analyse hinausläuft. Das ist Rechnerei ohne Ende. Das fängt an, dass man die Temperaturen an den Oberflächen aller Gegenstände und der Luftschicht am Boden genau kennt. Das man die Materialparameter (Wärmeleitfähigkeit und Wärmespeicherfähigkeit) kennt und daraus Abstrahlverhalten von Wärme (beim Tubus z.B. form- und positionsabhängig; Zylinder ist eine gekrümmte Fläche) ausrechnet etc. pp. Das ist ein Fass ohne Boden.


    Du kannst ein paar allg. Überlegungen anstellen: Z.B. ein klatschnasser Tubus hat ziemlich genau "knapp" die Taupunkttemperatur. Kälter wird er nicht, weil das kondensierende Wasser ständig Wärme abliefert, wärmer wird er nicht, weil das Wasser dann verdunstet und den Tubus kühlt. Wenn du das quantitav messen willst, wische den Tubus im Abstand von z.B. 1 Min. ab, jeweils mit einem trockenen Handtuch. Und vergleiche beim zweiten Handtuch, das Gewicht trocken/nass. Das ist die Wassermenge, die binnen 1 Min. als Kondensat neu entstand. Über die spez. Verdampfungsenergie von Wasser kriegst du dann eine Vorstellung, was sich da abspielt. 1 kg Wasser gibt beim Kondensieren 2,2 Megajoule Energie frei.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Interessant wäre wo der Taupunkt ist bei gegebener Luftfeuchtigkeit.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Den Taupunkt kann man ausrechnen: Aus der Grafik https://upload.wikimedia.org/w…mons/a/a7/Luftfeuchte.png kannst Du zu jeder Temperatur die Wassermenge bei x% Luftfeuchte ablesen. Beispiel: 80% Luftfeuchte, 20°C = 13,8 Gramm Wasser. Waagrecht nach links in der Grafik sieht man, dass 13,8 g Wasser bei 16°C aber eine rel. Luftfeuchte von 100% ergibt. Dann ist 16°C der (rechnerische) Taupunkt.

    Alternativ kannst Du auch die Wassermenge aus der 100%-Linie ablesen: 100% bei 20°c sind 17,3 g Wasser. Dann sind 80% davon = 17,3*0,8 = 13,8 g ... (Was für ein Zufall, dass die Zahl genau passt, oder? [;)]) Damit kannst du auch Werte für Luftfeuchtigkeiten ausrechnen, die keine Extralinie haben.


    Das ist aber alles Theorie. Nachts kühlt die Luft ja ab und in dem Moment, wo die Wiese dabei feucht wird, ändert sich die Wassermenge in der Luft (bei Windstille) und der Taupunkt verschiebt sich ständig. Auch ist die Lufttemperatur 20 cm über dem Boden eine andere als 1,50 m über dem Boden. Bauern können Dir z.B. über Bodenfrost im Frühjahr einen Roman erzählen, wie sich gerade auf dem ersten Meter über dem Boden die Luft schichtet.



    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Ich versuche mal zu Schlussfolgern ...<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Diese Art der Fragen könnte man endlos fortführen ... bringt Dich aber nicht zu einer konkreten Lösung.


    So Pauschalregeln für "passive" Maßnahmen:
    Isolierung von Oberflächen verringern den Wärmetransport in den Materialien, dadurch sinkt die Anfälligkeit von Tau auf den opt. Flächen. (Genaugenommen verringern sie die Energiemenge, die an den Gleichgewichtsprozessen beteiligt sind.)
    Taukappen, Blenden verringern den Raumwinkel der opt. Flächen zum Himmel hin und damit die Abkühlung durch Wärmeabstrahlung. Die Taukappe selbst sollte isoliert sein.
    Belüftung erhöht den Wärmeaustausch mit der Luft. Die Teile haben so eine kleinere Temparaturdifferenz zur Lufttemperatur. Oftmals ist die Differenz dann kleiner, wie der Abstand zum Taupunkt; sie bleiben deshalb trocken.


    Meine persönliche Erfahrung an einem 8"-Dobson:
    Seitdem ich dort eine Verloursfolie eingeklebt hatte, tauen mir die Spiegel nicht mehr zu (ohne Lüfter). Sie isoliert minimal, durch ihre große Faseroberfläche arbeitet sie zudem als Lufttrockner im Tubus. Das zumindest meine Vermutung.
    Der Fangspiegel sitzt in einer Plastikhalterungs-Dose, ist selbst somit gut isoliert. Mein Telrad ist regelmäßig zugetaut. Abhilfe schafft hier ein Blatt Küchenpapier, mit dem ich ihn abdecke bzw. sauber wische.
    Mein Okularkoffer steht unter einem Tarp/Sonnenschirm. Nach dem Prinzip "Carport" (Raumwinkel zum Himmel wird verkleinert), werden die dort nicht so schnell nass. Ansonsten nehm ich sie vor Gebrauch in eine Jackentasche und die Körperwärme erwärmt sie etwas.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: toM81</i>
    <br />Jetzt kann man den Tubus belüften, um den Hauptspiegel mit der Umgebungstemperatur, die ja etwas wärmer ist, gerade eben noch auf "Wohlfühltemperatur" zu halten.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Wieso sollte die Umgebungstemperatur höher als die des Spiegels sein?


    Die Sachlage ist doch ganz einfach. Warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen als kalte. Kommt warme Luft an einem kalten Gegenstand, kühlt sie ab, kann die Feuchtigkeit nicht mehr halten und der Gegenstand beschlägt. Besonders im Herbst bei hoher Luftfeuchtigkeit ist dies ein Problem. Deshalb sollte man froh sein so lange der Spiegel noch etwas wärmer ist und ihn bloß nicht runterkühlen. Ein Fön zum Wärmen gehört für mich zur Astro-Grundausstattung.

  • Ja, schwierig ist das Thema nicht.


    Es gibt genügend Wetter-Apps, die den Taupunkt abhängig von der rel. Feuchte und Außentemperatur anzeigen. Zusätzlich findet man im Netz einige Taupunkt-Tabellen.


    Ich persönlich werde vorsichtig bei einstelligen Außentemperaturen in Verbindung mit einer RLF &gt;= 70% und Taupunken, die dicht an der Außentemperatur liegen und denke dann über Heizmanschetten an Objektiv und Sucher nach.

  • coltrane,
    nachts kühlen Gegenstände durch Wärme-STRAHLUNG (in den klaren Himmel und damit kalten Weltraum) unter die Lufttemperatur. Der Luftkontakt wärmt sie dann wieder auf. Ein klassischer Wärmetransport über Kontakt und Konvektion (Mikrozirkulation der Luft in der Nähe der Kontaktfläche).


    Davon sollte man das sog. Auskühlen eines Spiegels auf Umgebungstempereratur unterscheiden, dass man braucht, damit der Spiegel eine gute Abbildung hat. Denn da geht's darum, dass das Glas des Spiegel keine einheitliche Temperatur hat (z.B. warmer Kern, kühle Außenschicht) und deshalb der Spiegel verformt ist. Wärmere Teile haben eine größere Ausdehnung als kühlere und verbiegen den Glaskörper.


    Ein dritter Effekt bei großen Temperaturunterschieden zwischen Glas und Luft sind Verwirbelungen , wenn die Luftgrenzschicht sich erwärmt (oder abkühlt) und via Konvektion sich schlierenartig in die übrige Luft hineinmischt. Das nennt man Tubusseeing, wenn diese Schlieren im optischen Sichtbereich sind. Hier ist die beste Maßnahme, wenn man per Lüfter die Luft aus der Spiegel/Tubuswandnähe absaugt.


    Es gibt aber so Tage, da kann man Läuse haben und trotzdem Flöhe; sprich, der Spiegel rennt der Umgebungstemperatur (die stetig fällt) hinterher und überholt sie dann durch weiteres Auskühlen. Dann hat man mieses Seeing und Taubeschlag. [;)]

  • Hallo,


    ich verfolge diesen Thread nun schon eine ganze Weile und habe gestern ein Excel-Pgm gebaut
    welches die Rechnungen der Werte der Umgebungsluft enthaelt (hoehenabhaengig.)
    Zusaetzlich laesst sich die Taupunktsituation am Haupt- und Fangspiegel individuell simulieren.


    Dieses Pgm wollte ich heute Morgen zur Pruefung an Kalle senden und schrieb ihn ueber den
    Forenserver an, damit ich ihm das als e-mail Anhang schicken kann.
    Resultat: Irgendein 'Mailer-Daemon'aus der Schweiz verweigerte die Weiterleitung meiner
    Nachricht an Kalle.


    Wie soll's jetzt gehen? Ich selbst benoetige so etwas nicht da es hier keine Tauprobleme gibt,
    wuerde aber gerne helfen. (Habe beruflich laufend mit so etwas zu tun, allerdings grosstechnisch.)


    Wer schickt mir einmal eine private e-mail Adresse?
    Macht's gut und beste Gruesse aus dem Urwald,
    Steve

  • Steve,
    das passiert, wenn die Sicherheitseinstellungen der Mailserver sich weigern, eine Email weiterzuleiten/anzunehmen, wo die Absenderemail (sprich Deine eigentragene Emailadresse) nicht mit der Absenderadresse des sendenden Mailserver (der Astrotreff-Server) übereinstimmt.


    ich hab Dir eine Mail geschickt, auf die Du gerne antworten kannst (ohne Astrotreff-Server als "Mailer").


    Du kannst Dein Excel-Blatt auch via Dropbox und Co. online stellen und einen Link dazu angeben. Ich könnte da auch nicht mehr machen.


    Gruß

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Der_Peter</i>
    <br />Ja, schwierig ist das Thema nicht.


    Es gibt genügend Wetter-Apps, die den Taupunkt abhängig von der rel. Feuchte und Außentemperatur anzeigen. Zusätzlich findet man im Netz einige Taupunkt-Tabellen.


    Ich persönlich werde vorsichtig bei einstelligen Außentemperaturen in Verbindung mit einer RLF &gt;= 70% und Taupunken, die dicht an der Außentemperatur liegen und denke dann über Heizmanschetten an Objektiv und Sucher nach.


    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hi Peter,


    Will mans zu 100% wissen ist es sehr kompliziert wie ich meine.
    Ja als Fausformel scheint es jedoch wirklich einfach.


    Ich hab mir jetzt die App "Taupunkt" angeschaut.
    Das scheint mir als Faustformel ausreichend zu sein.


    Ich simuliere mal eben meine Tauprobleme durch von neulich: Luftfeuchtikeit: 98% Aussentemperatur: 1° Somit liegt der Taupunkt bei etwa 0,8°.
    --&gt; Da ist es offensichtlich dass keine Belüftung der Welt ausreicht um ihn mit der umströmten Umgebungsluft über diesen 0,8° zu halten. Es muss also Wärme hinzugefügt werden, die Frage ist nur wie. Ich hab mich jetzt enschlossen 2 Heizumanschetten um den Tubus zu binden um sie je nach Bedingungen einzusetzen. Ich bin optimistisch dass das sehr gut hinhauen wird. Jetzt ist ein für alle mal Schluss mit Vereisung und Tau[:D]


    Heute morgen war mein Newton schon wieder völlig vereist. Aussen, innen und der Hauptspiegel waren vereist.


    mfg.
    Thomas

  • Thomas,
    Tubus isolieren! Dann vereist er nur außen. Nimm so eine 5-EUR Isolierdecke für Windschutzscheiben** und wickle die mit einem Zurrgurt/Klett/Hosengummi mal um den Tubus. Du kannst auch mit einer Schere einfach Aussparungen/Schlitze für die Anbauteile/Rohrschellen reinschneiden. Ausprobieren. Und vielleicht alle 20 min dann mal den Fön in den Tubus blasen lassen.


    **Ich bekam eine von Carglas mal geschenkt, als die einen Steinschlag reparierten. Ergo: Wenn Du an so einem Laden oder ähnlich vorbeifährst, einfach mal nachfragen. Der Versand beim Online-Kauf selbst ist teurer als das Teil selbst.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: toM81</i>
    <br /><blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Der_Peter</i>
    <br />Ja, schwierig ist das Thema nicht.


    Es gibt genügend Wetter-Apps, die den Taupunkt abhängig von der rel. Feuchte und Außentemperatur anzeigen. Zusätzlich findet man im Netz einige Taupunkt-Tabellen.


    Ich persönlich werde vorsichtig bei einstelligen Außentemperaturen in Verbindung mit einer RLF &gt;= 70% und Taupunken, die dicht an der Außentemperatur liegen und denke dann über Heizmanschetten an Objektiv und Sucher nach.


    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hi Peter,


    Will mans zu 100% wissen ist es sehr kompliziert wie ich meine.
    Ja als Fausformel scheint es jedoch wirklich einfach.


    ...
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">



    Hallo Thomas,
    da hast Du Recht, jede annähernd genaue Rechnung ist natürlich richtig komplex. Vielleicht lässt sich sowas nur noch simulieren, ähnlich dem Drei-Körper-Problem.


    Aber wie Du sagst, Faustformel - und ich ergänze mal noch "etwas Erfahrung" - reichen.


    Mit meinem Refraktor hab' ich's natürlich leicht. Im schlimmsten Fall erzeuge ich mit zu hoher Leistung eine Art Heizmanschetten-Seeing in der Taukappe.


    Kennst Du schon diese Hauptspiegel-Heizungen (gibt's bei TS bis 12")?
    Wäre neben Isolation vielleicht noch einen Gedanken wert.


    http://www.teleskop-express.de…-8-Zoll-Hauptspiegel.html

  • Hallo Steve,


    ich bin genauso wie du beruflich täglich mit derartigen Aufgabenstellungen beschäftigt - wie du großtechnisch (chemische Verfahrenstechnik, Thermodynamik, Wärme- und Stoffaustausch). Mich würde mal interessieren, welche Art von Berechnungen du in deinem Programm anstellst. Ich hatte auch schon mal darüber nachgedacht, den konvektiven Wärmeaustausch und Strahlungswärmeaustausch für meinen Gitterrohrdobson zu berechnen.


    Wer sich noch ein bisschen schlau machen will über die Abstrahlung in Richtung Weltraum, dem kann ich folgenden Wikipedia-Artikel empfehlen:


    https://de.wikipedia.org/wiki/…3%A4rische_Gegenstrahlung


    Wolfgang

  • Hi Kalle,


    Jep Tubus isolieren wär net gute Idee, und bringt bestimmt etwas. Hab ich an meinem früheren Newton 150/750 auch gemacht. Jedoch wirkte der dann ziemlich "verbastelt". Das will ich irgendwie nicht mehr, obwohl der schon Taufester war als mein jetztiger 200/800 den ich aber erst seit 3 Wochen hab.


    Da hab ich auch so ne Isolierdecke für Windschutzscheiben verwendet + 2 Lagen Schaumstoff.



    Hi Peter,


    Jep die Hauptspiegelheizungen kenne ich. Darauf schiele ich schon seit über einem Jahr drauf.
    Finde die Idee gut. Da hab ich ein gutes Bauchgefühl wenn man dann noch die Luft nach hinten absaugt und nur so viel heizt wie unbedingt notwendig ist.


    Aber bei dem Wort "Hauptspiegelheizung" schlagen die Leute dann wieder die Hände über dem Kopf zusammen[:D]


    Will erstmal mit den Heizmanschetten schauen wie das funktioniert und wie weit ich damit komme.


    mfg.
    Thomas

  • Thomas,
    so eine Isolierung ist doch nichts "Verbasteltes". Das ist nur "Improvisation". Und so, wie ich mir das vorstelle: Ohne Veränderung am Tubus selbst. Kann jederzeit rückstandslos entfernt werden. Außerdem sind die Teile zum Durchschauen und nicht zum Anschauen da. [;)]


    Guck Dir die Isolation von Raumsonden an. Sieht das etwa besser aus?
    https://de.wikipedia.org/wiki/…a/File:New_Horizons_1.jpg

  • Servus ihr Taugeplagten,


    also ich bin sicher, dass Thomas nach so viel Vorschlaegen nun eine zufriedenstellende
    Loesung findet. Ich wuensche Ihm viel Erfolg (!) - egal wie diese Loesung auch aussehen mag.


    Ich erinnere mich noch gut an den mit Tau und Eis ueberzogenen Tubus meines 75/1200'ers
    mit dem ich oft in den Hochtaunus fuhr; lichtverseucht war Frankfurt auch schon vor 40 Jahren.


    --&gt; Wolfgang: Ja sicher, ich sende Dir gerne mal eine 'Kostprobe' die ich z.B. auch fuer
    Presentationszwecke bei Kunden benutze. Aber das machen wir besser per E-Mail.
    Bitte funke mich an!


    Gruss an Alle aus der frostfreien Zone,
    Steve

  • Hallo Thomas, liebe Feuchteforscher,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">...Es gilt ja: Sobald der Hauptspiegel durch zu viel Wärmeababe in den Weltraum unter den Taupunkt fällt, taut dieser zu.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    ...genau das ist bei meinem dünnspiegeligen 16" Newton vor einigen Nächten tatsächlich passiert. Das war erstmals ca. 4 bis 5 Jahre nach FL. Wirklich schlimm so etwas[B)]. Ich hab dann ca. 30 Sekunden lang mit dem Warmluftfön draufgehalten und der Tau verschwand tatsächlich vom Spiegel. Das blieb auch so bis zum Ende der Beobachtung ca. 2 Stunden später.


    Gruß Kurt

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!