Statistische Verteilung nach Magnituden

  • Hallo Leute,


    ich suche nach Literaturquellen zur statistischen Verteilung von Deep Sky Objekten nach der visuellen Helligkeit. Diese Frage hatte ich bereits in Anzahl der Objekte nach scheinbarer Helligkeit vor Jahren gestellt und Christian hat zur Sternanzahl geantwortet. Gibt es inzwischen mehr Quellen?


    z.B.
    1. Anzahl der Sterne. Siehe Antwort von Christian im obigen Link


    2. Anzahl der Galaxien. Bis 4 mag kenne ich nur 3 (Andromeda Galaxie und die beiden Magellanschen Wolken). Bis 10 mag sollten es schon ein paar Dutzend sein. Wie geht es weiter?


    3. Anzahl der Sterne in einem bestimmten Kugelsternhaufen. Z.B. haben laut DSFG in M13 die hellsten Sterne 12 mag und die Horizontal Branch Magnitude ist 15 mag. Aber wie ist die Verteilung?


    Interessant wäre natürlich noch die sichtbare Detailzunahme mit fallender Helligkeit wie z.B. Spiralarme in Galaxien oder Strukturen in Gasnebeln, aber ich fürchte, dass man so was kaum in ein statistisches Korsett pressen kann.

  • Hallo Stathis,


    Ich denke, zumindest die Ausgangsdaten für die von dir gesuchten Informationen sind frei zugänglich.


    Wenn man einen Stern- oder Objektkatalog in eine Datenbank einliest und per SQL ein Abfrageskript macht, sollten einige der gesuchten Informationen schnell zu generieren sein. Man könnte die Suche dann auch noch auf einen bestimmten Himmelsbereich einschränken.
    Leider habe ich im Leben schon so viele "Baustellen", dass ich mich da momentan nicht auch noch tiefer einarbeiten mag. Falls jemand Lust hat, da was vorzubereiten, wäre ich aber als Anwender interessiert[8)].


    Einige der kommerziellen Planetariumsprogramme haben wohl zumindest ansatzweise geeignete Filter- und Suchfunktionen zum Erzeugen von Objektlisten? Wer kennt sich da aus und kann Näheres sagen?


    Ich würde mir das im Extremfall etwa so wünschen:
    "Gib mir eine Liste aller Galaxien aus, die am 29. November 2016 um 22 Uhr am Standort 48,54°N/10,88°O mindestens 30° über dem Horizont stehen und deren Helligkeit unter Berücksichtigung der Atmosphäre mindestens 10mag beträgt!"


    Brauchbares Datenmaterial hat jeder, der Cartes du Ciel oder Stellarium installiert hat, bereits auf dem PC.
    Umfangreiche Objektdatenbanken zum freien Download gibt es im Internet auch von einigen astronomischen Institutionen.
    Open Source Datenbanken gibt es auch.


    Vielleicht hat einer der Astrotreffler Interesse auf diesem Gebiet und Kenntnisse über Datenbanken + SQL, und kann hier konkret weiter helfen?


    Gruß,
    Martin

  • Stathis,
    vielleicht hilft Dir diese Statistik hier: Anzahl der sichtbaren Sterne ...

    Code
    Helligkeit bis     4,0 mag     5,0 mag     6,0 mag
    Sommer              243         760        2.363
    Winter              235         779        2.526


    Quelle: Antwort von Jochen Rose von der Wilhelm-Foerster-Sternwarte mit Planetarium, Berlin auf der Webseite http://www.wissenschaft-im-dialog.de



    Aus Cartes du Ciel kannst Du die Objektliste als CSV (comma-separated-values) exportieren und womöglich mit Excel analysieren.


    Die Daten der GAIA-Musterung sind ebenfalls erhältlich:
    http://gaia.esac.esa.int/documentation/GDR1/index.html


    Diese Grafik zeigt die Helligkeitsverteilung des GAIA-Datensatzes.
    http://gaia.esac.esa.int/docum…eanMag_HistoSAM_large.png

  • Mir ist gerade eingefallen, eigentlich sollte es bei homogen verteilten Objekten eine simple Relation geben. Die Helligkeit nimmt mit 1/r² ab und die Anzahl der Objekte steigt mit r³. Eine Magnitude sind grob Faktor 2,5 in der Helligkeit. Pro Magnitude Helligkeitsabnahme steigt die Zahl der Objekte um 2,5 exp 5, also um knapp Faktor 100!


    Oder hab ich da jetzt einen Denkfehler drin?


    Gruß,
    Martin

  • Martin,
    ja, der Denkfehler liegt in der Grundannahme .. bei homogener Verteilung. [:D]


    Ich sag dazu nur "Olberssches Paradoxon".


    Und ...
    Große Sterne sind heller, aber entstehen seltener und leben kürzer. Ganz kleine Sterne leben so langsam, dass sie noch gar nicht alle Stadien ihrer Entwicklung durchgegangen haben konnten. So alt ist das Universum noch gar nicht.


    Planetarische Nebel sind noch kurzlebiger. Supernovae ... naja.
    Kugelsternhaufen folgen einer Dichteverteilung, die sich nur aus gravitativen Wechselwirkungen ergeben. Da gibt es diverse Untersuchungen dazu. Ihre Bahnen als Ganzes (um Galaxien) sind ebenfalls chaotisch verteilt. Jede Objektgruppe hat da ihre Besonderheiten.


    Interessant wären z.B. die Rohdaten über die Galaxien mit 1A-SNs, mit denen diese Woche das Modell der beschleunigten Expansion in Frage gestellt wurde.

  • Hallo Martin,
    bei Abnahme der Helligkeit mit r^2 und Zunahme der Anzahl mit r^3 bleibt eigentlich nur r^1 übrig. Bei Faktor 2,5 pro Magnitude sollte dann auch Faktor 2,5 bei der Zunahme der Anzahl der Sterne pro Magnitude rauskommen. Ist eigentlich auch gut bei Kalles kleiner Tabelle nachzuvollziehen. Ich vermute mal, die Sterne sind schon recht homogen verteilt, zumindest wenn man im näheren Umkreis bleibt.
    Gruß Tino

  • Hallo Tino,


    Du hast natürlich Recht, dass meine Annahme oben "Blödsinn" ist!
    Ich hatte da auch schon weiter drüber nachgedacht, bin aber wegen anderer Prioritäten noch nicht dazu gekommen, die Sache zu korrigieren.


    Inzwischen hab ich mal eine kurze Herleitung gemacht und komme auf folgende Relation:


    Die Anzahl der Sterne ist proportional zur Helligkeit hoch minus 3/2.
    (Formeln lassen sich im Astrotreff leider nicht vernünftig darstellen).


    Das bedeutet: Eine Magnitude Helligkeitsabnahme entspricht einem Mengenfaktor von etwas unter 4.


    Ich hoffe, das stimmt jetzt so[:I].


    Die Angaben im oben verlinkten Thread liegen allerdings darunter. Zumindest um 10. Größenklasse gibt es da immerhin Faktor 3 pro Magnitude. In der Praxis hat man wegen der niedrigen Sternzahl in unserer direkten Nachbarschaft bei den hellen Sternen natürlich ziemliches statistisches Rauschen, und natürlich begrenzt auch die endliche Ausdehnung der Milchstraße die Sternzahl bei schwächeren Magnituden.


    Stathis, Du wolltest aber sicher keine theoretische Abhandlung über Sterne, sondern konkrete Angaben über andere Deepsky-Objekte, die aus Beobachtungsdaten abgeleitet wurden!


    Gruß,
    Martin

  • Hallo Stathis,


    Noch ein paar Gedanken zum Thema:
    Die Profis stellen ja jede Menge Statistiken auf, aber jeweils mit "Scheuklappen" für ihr jeweiliges fachliches Spezialgebiet. Es kann also Sinn machen, z.B. separat nach Kugelsternhaufen oder Planetarischen Nebeln zu recherchieren.


    Bei Galaxien dürfte das schwieriger werden.
    Ich denke mal, der spannendste Bereich für uns liegt zwischen 20 und 200 Millionen Lichtjahren.
    Entweder interessieren sich die Profis aber für Einzelsterne in nahen Galaxien oder sie untersuchen ganze Galaxien-Populationen, die aber zumindest für visuelle Amateuere eher zu weit entfernt liegen.
    Und der Parameter "visuelle Helligkeit", der für uns Amateure entscheidend ist, spielt für die Profis fast keine Rolle. Fertige Statistiken nach diesem Kriterium dürfte es deshalb kaum geben.


    Fazit: Wir müssen uns die benötigten Daten besorgen und die Statistiken selbst erstellen.


    Gruß,
    Martin

  • Hallo Stahis,


    was Du suchst, findet man unter dem Begriff "Leuchtkraftfunktion" für verschiedene Objektklassen. Eine recht gute Quelle für die Leuchtkraftfunktion von Galaxien (für andere Klassen - OCs, PNs, GCs wüsste ich im Moment aber keine Quellen) ist z.B. diese hier: https://books.google.de/books?id=JmQhBAAAQBAJ&pg=PA118.
    Ich hoffe, da kann man was draus basteln.


    Viele Grüße,
    Arndt

  • Hallo Arndt,


    Die Leuchtkraftfunktion wie in dem Link beschrieben ist nicht das,was wir hier suchen. Dort geht es um <i>absolute</i> Helligkeiten. Hier im Thread geht es aber um <i>scheinbare</i> Helligkeiten.


    Gruß,
    Martin

  • Statistische Verteilung nach Magnitu"T"en ?


    Wer Magnituden mit "t" schreibt, hat von Tuten und Blasen keine Ahnung !




    <font color="yellow">
    EDIT Kalle:Auf deinen "netten" Hinweis hin angepasst.
    War übrigens nur ein kleines t und mit ohne Anführungszeichen.[:D]</font id="yellow">

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: MartinB</i>
    <br />Stathis, Du wolltest aber sicher keine theoretische Abhandlung über Sterne, sondern konkrete Angaben über andere Deepsky-Objekte, die aus Beobachtungsdaten abgeleitet wurden!
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Ja richtig, aber eure Betrachtungen sind trotzdem sehr interessant. Auch aus Kalles Link der GAIA Daten kann man bestimmt was basteln. Die GAIA Daten beziehen sich aber nur auf Sterne oder sagen wir punktförmige Quellen, richtig?


    Ich hatte gehofft, was zu finden, um das Rad nicht selbst neu erfinden zu müssen. Oft kommen ja Fragen nach dem Schema:
    "Ich habe einen 10 Zoll, wie viel mehr sehe ich mit 12 Zoll?"
    Oder
    "Ich habe einen handlichen 18 Zoll Dobson. Lohnt es sich, auf einen 24 Zoll zu wechseln?"

    Wobei im letzten Fall die Leute meistens schon erfahrener sind und von Vergleichsbeobachtungen mit Bekannten oder auf Teleskoptreffen es bereits selbst recht gut einschätzen können.


    Als ehemaliger 17,5 Zoll Beobachter war ich regelrecht baff, wie viel die rechnerischen 0,7 mag mehr mit 24 Zoll in der Praxis hermachten. Plötzlich öffnete sich mit dem 24-Zöller ein viel größeres detaillierteres Universum. Das muss daran liegen, dass in diesem Bereich, die Anzahl der Objekte und Details in ihnen enorm zunimmt.


    Vielleicht kommen ja noch weitere hilfreiche Hinweise zu dem Thema. Sonst muss ich mal versuchen, aus dem Vorhandenen eine Formel zu basteln.


    ...um irgendwann wenigstens von Magnitu"D"en Ahnung zu haben, wenn es schon mit dem tuten und blasen nicht klappt.

  • Hallo Stathis,


    wenn Du Dir Dein altes Projekt der Superthins statistisch anschaust, findest du näherungsweise ähnliche Verteilungen wie bei bereits benannten Beispielen: je schwächer - desto mehr gibts davon. So sind ja nur 9 Galaxien zwischen 10 und 13 mag hell, 24 Galaxien zwischen 13 und 14 mag und im Bereich 14-15 hat mans gleich mit 85 Superthins zu tun im ausgewählten Deklinationsbereich. Überträgt man dieses Beispiel graphisch einheitlich unterteilt nach halben Größenklassen, ergibt das fast schon eine exponentielle Funktion.


    So kommt man schon an diesem Beispiel ungefähr genau zu dem Ergebnis, das Du selbst schon gewonnen hast. Gewinnt man eine Größenklasse mit dem Gerät, ist man gleich in ganz anderen Dimensionen unterwegs.
    Das mit der Formel ist ne schöne Idee für trübe Novemberwochen, aber ich fürchte viel zu viel Arbeit für wenig Effekt ;)


    CS
    Norman

  • Hallo Martin,


    danke für die Belehrung, wäre ganz und gar nicht nötig gewesen.
    Mit Deiner freundlichen Erlaubnis hier noch eine zweite Info, sie sollte Stathis' Frage beantworten:
    topcat starten--&gt;Ordnersymbol anclicken--&gt;Katalog der Wahl aus vizier wählen --&gt;Histogramm (nach mags sortiert) anzeigen, ggf. Daten abspeichern. Fertig ist die Statistik, über welche Objektkategorie (oder auch Einzelobjekte - stellare Daten von [Kugel-]sternhaufen findet man in vizier ja auch zuhauf) Ihr auch immer wollt, den NGC, LEDA oder sonstige. Auch auf die großen Surveys kann man direkt zugreifen. Ebenso ist die Berechnung eigener Spalten in topcat möglich (z. B. Flächenhelligkeit anhand von Vmag und d); Histogramme kann man entsprechend auch hierüber erzeugen.
    Was topcat ist? Aber gerne: http://www.star.bris.ac.uk/~mbt/topcat/. Muss auch gar nix mehr programmiert werden.


    Ganz lieben Gruß,
    Arndt


    P.S.: Hier noch ein Bild vom Imag-Histogramm der LEDA-Galaxien:

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