Exoten in der Cygnuswolke

  • Liebe Sternfreunde,


    ich bin Ben noch ein Versprechen schuldig und möchte es heute, da der Schwan langsam wieder gut beobachtbar im Zenit zeigt, einlösen.
    Letztes Jahr sollte ich für Christophers Recherchen zu Sternassoziationen die Cygnus-Wolke mit meinen mittleren Öffnungen durchpflügen. Dafür eignet sich hervorragend die Detailkarte 1 im isDSA (nein, ich bekomme kein Geld von Ronald [;)]).
    Beim Blick auf die Objektbezeichnungen - überwiegend Dolidze-Haufen – stellte sich bei mir zu Beginn etwas Widerwillen ein. Dolidze-Sternhaufen sind dafür bekannt, dass deren Mitglieder sich kaum vom Umfeld abheben und nur mit viel Phantasie als Sternhaufen erkannt werden können. So war es auch. Aber daran waren sicher meine verwendeten Öffnungen von 8" und 12" Schuld, kleinere Teleskope sind hier sicherlich förderlicher. Dennoch beobachtete ich die Region in zwei Nächten mit wachsender Begeisterung und möchte Euch hier die Objekte vorstellen, die mich am meisten beeindruckt haben (Bildquellen jeweils: Aladin lite / DSS2):


    <font color="orange">NGC 6910</font id="orange">
    Sternhaufen / R.A. 20h23m08s / Dekl. +40°46'30" / Größe 8'x 8' / Entfernung 5.000 Lj. / 50 Mitglieder

    Seinerzeit der Ausgangspunkt meiner Reise. Der Sternhaufen ist sicher kein Exot, aber ganz eindeutig ein Hidden Champion.
    In Aufsuchvergrößerung fiel mir eine gebogene Linie feiner Sterne zwischen zwei hellen Sternen auf. Bei 70-fach wurde der Haufen interessanter, 11 schwächere Sterne standen so um die beiden helleren, dass der Eindruck eines Schaukelpferdchens auf zwei Rädern entstand. Und da hat´s bei mir geklingelt! Mathias hatte den Rocking Horse Cluster nämlich ein paar Wochen vorher mal empfohlen, aber ohne die NGC-Nummer zu nennen.


    <font color="orange">Feibelmann 1</font id="orange">
    Sternhaufen / R.A. 20h17m47s / Dekl. +38°02'00" / Größe 5'x 5'


    Feibelmann 1 ist ein interessanter Sternhaufen (oder Sternmuster?), der sich im Glanz des 4m9 hellen Sterns P Cyg versteckt. P Cyg ist ein eruptiv-veränderlicher blauer Hyperriese vom Spektraltyp B2 und einer der hellsten Sterne unserer Milchstraße.
    Mit 12" und 70-fach sah ich ein eigenartiges asymmetrisches und nicht so recht greifbares Glimmen ähnlich einem schwachen Reflexionsnebel um diesen Stern. Ab 240x traten erste kleine Lichtpünktchen im Osten und Süden aus dem Hintergrund hervor. Mir hat das Versteckspiel gut gefallen.


    <font color="orange">Barnard 145</font id="orange">
    Dunkelnebel / R.A. 20h02m48s / Dekl. +37°40'00" / Größe 35'x 6'

    Der Nebel wirkt auf Fotos recht unscheinbar, ich fand ihn aber sehr auffällig mit 8" und 12" mit gut sichtbaren Rändern. Im Nebel selbst soll sich ein Dolidze-Haufen verstecken. Den habe ich wohl übersehen ;)


    <font color="orange">Dolidze 1a</font id="orange">
    Sternhaufen / R.A. 20h09m43s / Dekl. +36°30'10" / Größe 4'x 4'


    Hey, juhu, hat es doch ein Dolidze-Haufen unter die Top 5 geschafft :D
    Der in unmittelbarer Nachbarschaft stehende Dolidze 1 war schon ein Burner unter den Haufen dieses Katalogs, der Haufencharakter war ausnahmsweise recht schnell erkennbar, bei Dolidze 1a hatte ich dann eigentlich nichts erwartet, deutet das „a“-Anhängsel doch meist auf etwas noch Schwächeres hin. Aber weit gefehlt.
    Mit 12“ und bei 70-fach bildeten 5 Sterne eine Ostwest gezogenen und nach Norden gebogene Kette. Im Osten bilden gut 5 Sterne eine Art Pfeilspitze, ich sah also einen geschwungenen Pfeil. Bei 110-fach kamen noch einige schwächere Vertreter hinzu. Der mit Abstand auffälligste Dolidze und visuell deutlich markanter, als auf dem DSS-Bild zu erkennen. Ach was, DSS habe ich weg gelassen, weil man ihn da eigentlich nicht erkennt.


    <font color="orange">Teutsch 8 </font id="orange">
    Sternhaufen / R.A. 20h02m26s / Dekl. +35°18'34" / Größe 1'x 1' / 8 Mitglieder

    Zeichnung: Mathias Sawo mit 10" und 357-fach, Norden ist oben, Osten links


    Ganz am Ende der Nacht und nach dem vergeblichen Versuch, den Tulpennebel Sh 2-101 zu erhaschen, schwenkte ich zu diesem Haufen, der zum Highlight der beiden Nächte wurde. Mit 8" bildeten vier gleichhelle Sterne eine "Box". Beim Höhervergrößern hatte der Haufen eine kleine Überraschung für mich parat. Dann bildete sich westlich nämlich ein leichter nebliger kurzer Schweif. Ich vermute in der ersten Nacht 2 bis 3 schwächere Sterne, die ich aber nicht auflösen konnte. In der zweiten Nacht mit 12" und 240-fach wurden westlich dann tatsächlich drei ganz schwache Sterne sichtbar, die eine gerade Kette nach Südwesten bildeten. Robert hat mit 8" in der Box natürlich sofort einen Zweifachstern erkannt. Das habe ich leider total übersehen. Aber wie gesagt, der Schwan ist wieder im Kommen …


    Hier noch eine Gesamtübersicht:


    Beste Grüße


    Rene


    PS: Wer mehr über die Cygnus-Sternwolke erfahren möchte, dem empfehle ich einen Blick auf die <u>Seite von Johannes</u>

  • Schöne Zusammenstellung der Cygnus-Wolke , Rene [:)]


    NGC 6910, auch erst eine "Spätendeckung" von mir, wirklich schön anzusehen und auch bei aufgehellten Himmel empfehlenswert.


    Teutsch 8 (damals auf deine Empfehlung) hat mich noch mehr faziniert, allerdings muss dabei auch das Seeing mitspielen.
    Ich musste damals zumindest ewig vergrößern bis der Kasten aufgelöst war. Sicherlich das kleinste Sternhäuflein das ich jemals
    im Okular erblickt habe und deswegen auch so reizvoll.


    Die anderen kannte ich noch nicht.


    Liebe Grüße
    Mathias

  • Hallo Rene,


    schön, dass du nach dem Reisebericht über die Gegend am Nordrand des Nordamerikanebels wieder in den Schwan zurückgekehrt bist ! Um in einer der reichsten Regionen der nördlichen Milchstraße zu stöbern, und dabei auch ein paar richtige "Exoten am Wegesrand" mitzunehmen. Wie oft war P Cygni für mich ein Ankerpunkt beim Starhop zum Crescentnebel, ohne dass mir aufgefallen wäre, dass er von dem subtilen Haufen Feibelmann 1 umgeben ist. Und die beiden Doolidzes hatte ich auch noch nie bewusst im Okular. Das will ich mir im Sommer mal genauer anschauen [:)].


    Das zentrale Viereck von Teutsch 8 kenne ich als Teil eines längeren Pfades von Eta bis P Cygni, den ich immer wieder mal entlang wandere: Dabei nehme ich Cygnus X-1 mit; sichtbar ist natürlich nur der Begleiter des Schwarzen Loches, aber das Wissen darum ist der Reiz. Und komme danach an den "Ballungsgebieten" um NGC 6871, 29 Cygni und dem sehr kompakten Haufen IC 4996 vorbei. Und mittendrin ist da noch die Wolf-Rayet Blase WR 134: Mit indirektem Sehen konnte ich schon im 120mm Refraktor sowohl bei 29- als auch 47-facher Vergrößerung blickweise einen kleinen Bogen erkennen - mit OIII-Filter bei guten Bedingungen. Eine genaue Beschreibung von WR 134 ist auf Reiner Vogel's Astro-Homepage zu finden, Rubrik "Wolf-Rayet Nebel".


    Servus
    Ben

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: BenN</i>
    <br />
    ... Dabei nehme ich Cygnus X-1 mit; sichtbar ist natürlich nur der Begleiter des Schwarzen Loches, aber das Wissen darum ist der Reiz...
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Ganz meine Meinung Ben! Der Reiz um das Wissen ... da hätte ich gleich noch eine schöne Empfehlung für Dich:
    <u>Bica 1 + 2</u>
    - die beiden Sternhaufen stehen unweit von NGC 6910, da hat Christopher ganze Arbeit geleistet bei seinen Recherchen. Ich kenne die Sternhaufen bislang nur aus meiner Fotografenzeit, will sie visuell diesen Sommer aber unbedingt nachholen.
    Vielen Dank für Deine zusätzlichen Empfehlungen. Ein paar schöne Standardobjekte wie der von Dir erwähnte Crescent-Nebel oder M 29 sollte man auf jeden Fall auch besuchen.
    WR 134 klingt auch sehr interessant, den Nebel hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm, aber das hole ich ebenfalls diesen Sommer nach.


    Hallo Mathias, da haben wir uns wirklich schön gegenseitig die Bälle zugespielt, stimmt.
    Ich habe vor zwei Wochen aber wieder festgestellt, dass für Sternhaufen schon ein wenig guter Wille notwendig ist. Bei einer kurzen Führung am Nachthimmel für die Freundin meiner Tochter wollte ich - nachdem Mars, M 13 und M 57 gut ankamen - noch NGC 6910 präsentieren. Das war fast ein Stimmungskiller für die Mädels. Ich glaube, die haben nur mir zu Liebe so getan, als ob sie ein Schaukelpferd dabei erkennen[;)]


    Beste Grüße


    Rene

  • Hallo Rene,


    ein schöner Bereicht, vielen Dank, vor allem etwas auch über Objekte die man bei gegenwärtigen Aufhellung gut sehen kann. Die Dolidze- und Teutsch-Haufen sind für mich völlig neu, das ist etwas für die kommenden Nächte.
    In der Region gefällt mir NGC 6781 und die Sternkette, an dessen Ende er sich befindet besonders gut.


    beste Grüße


    Thomas

  • Lieber Thomas,


    vielen Dank!
    Mit Deinem Doppel-6"er hast Du auch noch genau das richtige Teleskop für viele Objekte in der Region. Interessant wäre, wie gut sich Teutsch 8 in Deinem Bino zeigt.


    Du meinst sicher <font color="orange">NGC 6871</font id="orange">
    20h06m27s / +35°47'24" / Größe 30' x 30'
    Bei dem Haufen zieht sich eine markante 1° lange Sternkette sich von Nordost nach Südwest in Richtung des Haufens und das Ganze erinntert entfernt an Kemble’s Kaskade ...
    Der Sternhaufen hätte meiner Auffassung nach sogar eine Einzeldiskussion verdient. Das aber eher, weil ich mir nicht sicher war bei der Beobachtung, da ich im Vorfeld eine Quelle hatte, die nur 15 Mitglieder angibt. Ich habe aber etwas völlig anderes wahr genommen. DSS kann auch hier wieder nicht annähernd den visuellen Eindruck widerspiegeln.
    Mit 12" und bei 50-fach wurde der Haufen mit einigen helleren (und vielen schwächeren Mitgliedern, falls die dazu zählen) sichtbar. Ich habe insgesamt 70 bis 80 Sterne in diesem Feld geschätzt und einige Sternketten durchzogen den Haufen, meist nordsüdwärts. Direkt im Osten schmiegte sich eine weitere kleinere Ansammlung von Sternen (Biurakan 1) an den Haufen.
    Vermutlich sind für NGC 6871 kleinere Öffnungen von Vorteil.


    Beste Grüße


    Rene

  • Hallo Rene,


    obwohl es schon gesagt wurde, will ich doch bekräftigen: WR 134 ist unbedingt zu empfehlen. Man sieht das Objekt auch auf Deinem Foto. Wenn Du von der Spitze des Pfeiles, der auf Dolidze 1a weist, eine Pfeillänge nach unten gehst, und dann ein klein wenig nach links, siehst Du eine sichelförmige Struktur, die nach links geöffnet ist. Das ist WR 134. So schön der Tulpennebel ist: Er ist selbst mit großen Öffnungen nicht leicht zu sehen. Dagegen ist WR 134 viel heller. Und an Dramatik überbietet er die Dolidze und Berkeley Haufen bei weitem.


    Viele Grüße
    Johannes

  • Hallo Johannes,


    doppelte Empfehlungen wirken auch doppelt gut [;)]
    Deshalb unterstütze ich das gern nochmal mit einen Bild vom CCD-Guide - Bildautor Tommy Nawratil und der Wiederholung des <u>Links</u> zu Reiners Seite:

    Und zur Veranschaulichung der Lage hier nochmal der DSS-Ausschnitt vergrößert:

    Beste Grüße


    Rene

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: mikuneko</i>
    <br />


    Du meinst sicher <font color="orange">NGC 6871</font id="orange">
    20h06m27s / +35°47'24" / Größe 30' x 30'
    Bei dem Haufen zieht sich eine markante 1° lange Sternkette sich von Nordost nach Südwest in Richtung des Haufens und das Ganze erinntert entfernt an Kemble’s Kaskade ...


    Vermutlich sind für NGC 6871 kleinere Öffnungen von Vorteil.


    Beste Grüße


    Rene
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Rene,


    ja, ich meinte natürlich NGC 6871 da war ein Zahlendreher. Mir geht es wie dir, es ist manchmal gar nicht so klar, welche Sterne nun exakt zu welchem Sternhaufen gehören. Schon bei kleiner Öffnung, bereits in einem größeren Fernglas, ist der gesamte Bereich ein Genuß.


    An die anderen Objekte, Z.B. WR 134 werde ich mich dann demnächst ran machen.


    beste Grüße


    Thomas

  • Hallo Rene,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> Ich habe vor zwei Wochen aber wieder festgestellt, dass für Sternhaufen schon ein wenig guter Wille notwendig ist. Bei einer kurzen Führung am Nachthimmel für die Freundin meiner Tochter wollte ich - nachdem Mars, M13 und M 57 gut ankamen - noch NGC 6910 präsentieren. Das war fast ein Stimmungskiller für die Mädels. <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ja, rund um das Sommerdreieck fehlen halt auch richtig spektakuläre offene Sternhaufen, die das "normale Publikum" vom Hocker reißen könnten - hell und sternreich zugleich. M11 gehört dazu, ein absolutes Highlight, aber dann sehe im Milchstraßenbereich Adler - Schwan - Cepheus nichts annähernd Vergleichbares. Erst in der Cassiopeia kommt mit dem super-reichen Haufen NGC 7789, und eingeschränkt M52, wieder was richtig Tolles. Und am Herbst-Winterhimmel wird man dann so richtig verwöhnt: Mit h+Chi und M37 zwei Offene Sternhaufen allererster Güte, und dazu mit M38, M36, M35, M67 oder M46 noch eine Reihe weiterer Highlights. Nicht zu vergessen natürlich die Plejaden, aber die sind ja sowieso was ganz eigenes.


    NGC 6633 ist am Sommerhimmel natürlich ziemlich hell, aber eben nicht so kompakt, sondern nur relativ locker gestreut. Mir gefallen auch die dichten Haufen NGC 6819 oder NGC 6939 sehr gut, aber es fehlt die Helligkeit, um in Fernrohren mittlerer Größe so richtig zu beeindrucken - da gibts beim Herzeigen nicht die vielen "Ooh's", "Aah's" und "Boah ey's" wie bei M11, h+Chi oder M37 [:D]. Mei, schade dass Bica 1+2 so stark vom Staub heruntergedimmt werden, die wären sonst ja extrem spektakulär ! Die werd ich mir auf deine Empfehlung hin aber trotzdem unbedingt reinziehen, allein schon "wegen dem Reiz um das Wissen", was da hinter dem Staub liegt [:)].


    Servus
    Ben

  • Hallo Ben,


    da haben wir beiden Sternhaufenfuzzies uns ja schön gefunden [;)].
    Aber Thema hier war ja die Cygnuswolke und Umgebung, deswegen vertiefen wir das Thema "Sternhaufen im Allgemeinen" lieber in einem neuen/anderen Thread. Letztes Jahr gab es da schon einen schönen.


    Ich bin gespannt auf Deine Bica-Erfahrung.


    Beste Grüße


    Rene

  • Hallo Rene,


    letzte Nacht konnte ich ein paar Objekte in der Cygnuswolke beobachten. Bei Teutsch 8 musste ich im 11" SCT ziemlich hoch vergrößern, um alle 8 Sterne einigermaßen sehen zu können. WR134 konnte ich auch sehen.


    In B145 sind etwas weniger Sterne als in der Umgebung, war für mich aber nicht so wirklich als Dunkelnebel erkennbar. Hier noch nicht erwähnt und deutlich Stadt-tauglicher sind die vielen Doppelsterne in der Cygnuswolke. Ein paar Doppelsterne sind am Westrand von B145, 1° weiter nordöstlich ist ein Doppelstern-Ring! Der orange leuchtende Stern SAO 69335 (HJ 1470) bildet mit 3 weiteren Doppelsternen einen Halbkreis, der von ein paar unauffälligeren Doppelsternen zu einem schönen Ring ergänzt wird.


    Viele Grüße,
    Ronny

  • Hallo Ronny und alle anderen,


    <b>WR 134</b> konnte ich letzte Nacht ebenfalls beobachten. Mit 12,5" habe ich zunächst viel zu nah an dieser kleinen Vierer-Sternkette Ausschau nach der Sichel gehalten, bis mir ein ziemlich breiter leicht gekrümmter Nebelstreifen etwas abseits im Nordwesten der Sternkette auffiel. Die Enden/Ausläufer haben sich mir in dieser Nacht nicht erschlossen.


    <b>Barnard 145</b> habe ich mir auch noch einmal vorgenommen. Ich muss sagen, das ist einer der schönsten Barnards, die ich bislang beobachten konnte. Am eindrücklichsten wirkte der Dunkelnebel bei Aufsuchvergrößerung. Das sind bei mir 40-fach, 1,8° GF und 8,9 mm AP. Der Nebel zeigte sich sehr auffällig inmitten dieses hellen Milchstraßengebietes und ich habe lange überlegt, woran mich sein Aussehen erinnert. Dann hat es bei mir gedämmert - sein Gesamtaussehen wirkt das Wal-Galaxie (NGC 4631) nur ohne Licht bzw. als Negativabzug [:D]. Bei meiner nächsten Vergrößerung 50-fach und 6 mm AP war der Nebel noch immer prägnant, wirkte aber nur dann genauso auffällig, wenn ich das Teleskop leicht bewegt habe. Bei 70-fach (4,4 mm AP) wurde wurde der GN dann unscheinbarer und war gerade noch zu erkennen.
    Ronny, schade, dass der Barnard bei Dir nicht so eindrucksvoll zu sehen war - ich denke schon, dass Du mit größtmöglicher AP beobachtet hast.
    Ich muss da heute Nacht nochmal ran, ich habe Deine Doppelsternempfehlungen nämlich völlig vergessen gestern. HJ 1470 ist ja schön in der Detailkarte des isDSA eingezeichnet.


    Viele Grüße


    Rene

  • Lieber Rene,


    angeregt durch diesen Thread uns insbesondere durch Deinen letzten Beitrag habe ich die letzte Nacht vor allem verwendet, um diese Gegend nochmal mit neuen Augen zu durchforsten. Zum Einsatz kam ein 5"-Doppelrefraktor bei 26-fach (2,8° GF, 4,8mm AP) und 67-fach (1,2° GF, 1,9mm AP).


    <b>WR 134:</b>
    So gerne hätte ich mal einen Wolf-Rayet-Nebel mit eigenen Augen gesehen. Reiner Vogel schreibt, der Nebel ginge gut mit 8" an städtischem Standort, mein Doppelrefraktor entspricht einem Mono-Refraktor mit etwa 7", ein Versuch war es also wert. Alle Register gezogen, UHC, OIII, keine sichere Sichtung.
    Aber jetzt weiss ich genau, wo ich suchen muss, und freue mich schon auf die nächste Gelegenheit, bei einem Teleskoptreffen eine größere Öffnung verwenden zu dürfen.


    <b>Barnard 145:</b>
    Dunkelnebel sind mein Steckenpferd. Manche "entdecke" ich beim Herumstromern, manche suche ich gezielt nach Betrachtung von Fotos. Was mich bisher immer von B 145 abhielt, war die auf Fotos zu sehende Verunklarung durch Vordergrundsterne. Ich habe letztes Jahr mit kleineren Instrumenten (vor allem einem 25x80mm Fernglas) beiläufig nach B 145 gesucht, ohne Erfolg. Nun gelang's mit diesem 5-Zoll-Riesenfernglas auf Anhieb.
    Mit 26-fach war die Form des Dunkelnebels auszumachen. Mit 67-fach wurde sie richtig deutlich, besonders die nach Osten weisende lange Spitze. Sehenswert! Einmal erkannt, war der Nebel jedesmal sofort zu sehen wenn ich über die Gegend strich.


    <b>Barnard 144, Fish on the Platter</b>
    Das grosse Aha-Erlebnis in dieser Nacht war Barnard 144, auch als "Fish on the Platter" (Fisch auf dem Anrichteteller) bekannt. Im Übersichtsbild am Ende von Rene's Eingangspost ist das die grosse dunkle Fläche welche die rechte untere Bildecke dominiert.
    Bei 67-fach waren eine Segementierung von Kopf und Kiemen des Fisches zu erkennen, nach Südwesten gefolgt vom 3 Grad grossen Rumpf, besonders deutlich um Eta Cygni herum. Für diese Wahrnehmung war diese mittlere Vergrößerung absolut nötig, um genug schwache Sterne hervorzubringen um die Stellen mit geringer Sterndichte (also die Dunkelnebel) als solche zu erkennen. 26-fach reichte nicht.


    Johannes Brachtendorf hat Barnard 144 ausführlich behandelt, kann ich nur empfehlen, gerade auch um eine Vorstellung der Erscheinung des Fisches zu bekommen:
    https://homepages.uni-tuebinge…Beobachtungsprojekt2.html


    Der Interstellarum Deep Sky Atlas enthält übrigens zwei Stolpersteine:
    1. Der auf der Detailkarte D1 gezeigte Dunkelnebel LDN 862 - also der Kopf des Fisches - sitzt meines Erachtens ein ganzes Stück zu weit nach Norden. Mann vergleiche mit den Fotos bei Johannes! Das hat mich zunächst mächtig irritiert!
    2. Auf Seite 29 im Atlas steht die Beschriftung "Fish on a Platter" beim kleinen, visuell praktisch unbeobachtbaren Nebel B 341. Doch B 144 ist der Fisch, nicht B 341.


    Rene, ich bin sehr froh, dass Du Dein Widerwillen überwunden und Dich so gründlich mit der Cygnus-Sternwolke beschäftigt hast. Mir ging es seinerzeit eigentlich nur um die Assoziationen in dieser Region. Nun hast Du mir die Augen für diese Dunkelnebel geöffnet!


    Beste Grüße, Christopher

  • Hallo, ein Nachtrag zu <b>Barnard 144, Fish on the Platter</b>:


    Heute nacht - die 5. in Reihe in dieser Schönwetterkatastrophe! - habe ich mich wieder intensiv mit B 144 beschäftigt und möchte meine obigen Kommentare ergänzen. Wie zuvor verwendete ich ein 5"-Doppelrefraktor bei 26-fach (2,8° GF, 4,8mm AP) und 67-fach (1,2° GF, 1,9mm AP), diesmal zusätzlich auch bei 36-fach (2,1° GF, 3,5mm AP).


    Zuvor hatte ich den Cirrus-Nebel mit Filtern bei 26-fach angeschaut: in einem Okular ein UHC-S Filter, im anderen ein O-III Filter. Wunderbare Kombination an jenem Nebel. Ich dachte, ich schaue mal, was diese Kombi am grossen Fisch Barnard 144 bringt. Aaaaaaah - die Offenbarung! Auf einmal war der Fisch von Kopf bis Schwanz klar zu sehen und angenehm zu erfassen. Ich konnte mich kaum losreissen.


    Das Sehfeld von 2,8° war zudem perfekt: so konnte ich sowohl Ostrand als auch Westrand der Dunkelnebel-Struktur stets im Feld halten während ich ihn über seine 4° Länge von Nord nach Süd abfuhr.


    Weitere Tests folgten:
    O-III raus, in beide Rohre UHC-S bei 26-fach: Der Fisch gerade noch da, aber nicht mehr markant.
    Filterlos bei 26-fach: Der Fisch war weg, wie gestern!
    Filterlos bei 36-fach: Der Fisch kam, war aber schwierig zu halten, ditto Barnard 145.
    Filterlos bei 67-fach: Der Fisch war da, musste aber etwas mühsam abgefahren werden, GF 1,2° ist zu wenig. Barnard 145 deutlich, wie gestern.


    Fazit:
    1. Wer ein Doppelteleskop oder ein Grossfernglas mit Wechselokularen verwendet, kann durch <b>gemischte Filterverwendung</b> einiges erreichen!
    2. Barnard 144, der grosse Fisch auf dem Anrichteteller, braucht in noch größerem Maße als die meisten anderen Dunkelnebel genau die richtige Kombination von Objektiv und Okular, sprich von Vergrößerung, AP, Gesichtsfeld - dann aber ist er ein Highlight!


    Übrigens ist der Teller, auf dem der Fisch angerichtet ist, schlicht die Cygnus-Sternwolke.


    Beste Grüße, Christopher

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