Wo der Schwan die Locken hat ...

  • Liebe Sternfreunde,


    Anfang November hatte ich eine unerwartet schöne und kurzweilige Nacht und nach einigen sehr schönen Galaxienbebeobachtungen im Drachen mit 12,5" hatte noch ein schönes Rendevouz mit dem schon leicht im Westen stehenden Sternbild Schwan.
    Befeuert durch einige sehr interessante Dunkelnebelbeobachtungen im Spätsommer wollte mir gezielt auch einige der Barnard-Nummern nordöstlich vom Schwanzstern Deneb anschauen.
    Kein Starhopp, nein, ein Objekthopp. Ideal für Faulis wie mich, die wenn sie erst einmal sitzen, nicht so gerne hin- und her schwenken.
    Aber zurück zu den Objekten, die eigentlich "Nichts" zeigen und dennoch faszinierend sein können. Begonnen habe ich nordöstlich vom Schwanzstern Deneb:


    <font color="orange">Barnard 356</font id="orange">
    Der größte der drei nördlich von NGC 7000 stehenden mit 8" erreichbaren Dunkelnebel.
    Bei 50-facher Vergrößerung schlängelt sich das Dunkelgebiet wie ein Tropfen durch eine Vielzahl von umgebenden Sternen. Vier hellere Sterne an den Rändern sind auffällig. Mitten drin schimmern gut 20 schwächere Sterne durch, wovon einige eine schöne Kette nach Süden bilden.


    <font color="orange">Barnard 352</font id="orange">
    Dieser Dunkelnebel folgt leicht südwestlich. Auch hier ist auf Anhieb eine kompakte sternarme Region zu erkennen, die sich klar vom sternreichen Umfeld abhebt.


    <font color="orange">Barnard 353</font id="orange">
    Er markiert den Nordrand von NGC 7000 und ist auf DSS-Aufnahmen im Gegensatz zu seinen nördlichen Kollegen kaum auszumachen. Aber visuell war das der Augenöffner der Nacht. Dieser Dunkelnebel ist sehr auffällig und deutlicher sichtbarer als der nur knapp nördlich liegende größere Komplex B 352.
    B 353 wirkt leicht länglich und endet jeweils zwischen zwei helleren Sternen. Zum Spaß habe ich mal UHC reingeschraubt und der Barnard 353 zeigte sich noch auffälliger, ja er war geradezu eingebettet vom Leuchten des Nordamerikanebels. Eine sehr schöne Erfahrung. Übersieht man sonst immer sehr schnell den diffusen nördlichen Teil des Nordamerikanebels durch die schönen Kontraste im Süden, so gefällt einem Kanada deutlich besser, wenn man sich von hinten durch die Brust annähert [;)].


    Bei so viel Dunkelheit musste etwas Abwechslung her. Zwischen den vielen Staubwolken es gibt zwei relativ große dicht nebeneinander liegende Sternmuster in dieser Region:


    <font color="orange">Calvet 1</font id="orange">
    Das Muster liegt nur ein halbes Grad östlich von B 356.
    Bei 40-facher Vergrößerung zeigt sich dieses Muster erstaunlich gut sichtbar in diesem Meer aus Sternen. Es sieht aus wie ein leicht verbogenes U, die Enden sind nach Süden verbogen. Wäre das U zu einem Kreis geschlossen, würde es aussehen wie einer dieser Stapelchips.


    <font color="orange">Leiter 2</font id="orange">
    Das Muster hatte Frank mir zuletzt empfohlen, weil es zur Zeit seiner Erstbesichtigung ein schöner Hingucker war. Je nach Willen des Betrachters wird ein Hufeisen oder ein Ei in diesem Muster gesehen.
    Es passt bei Aufsuchvergrößerung zusammen mit Calvet 1 wunderbar in ein Gesichtsfeld (1,8°) und ist etwa halb so groß wie Calvet 1.
    Die Sternketten ziehen mitunter doppelt ihren Weg. Ich habe eher ein Hufeisen gesehen und es wirkte durch die leichte Verzerrung etwas „geneigt“. Auch hier ist sehr erstaunlich, dass sich bei den vielen Sternen überhaupt noch Sterne zu einem Muster abheben.


    Aber zurück zu den Dunkelnebeln, unmittelbar nordöstlich wird es schon wieder dunkel.


    <font color="orange">LDN 961</font id="orange">
    Eigentlich eine Kette vieler Dunkelnebel, die im isDSA aber einheitlich als LDN 961 zusammengefasst wurden.
    Diese Struktur ist vage erkennbar, die Ränder wirken aber eher diffus.


    <font color="orange">Barnard 361</font id="orange">
    Einer der am besten sichtbaren Dunkelnebel überhaupt. Hm, dieser Bok-Globul war für mich irgendwie so deutlich, dass ich keine Aufzeichnungen gemacht habe. Vielleicht war ich auch zu fasziniert von einer kleinen nebligen Stelle nur 10‘ oberhalb von B 361. Nämlich …


    <font color="orange">IC 1369</font id="orange">
    Beim Blick in die Sternkarte entpuppte sich dieser kleine feine Schimmer als IC-Sternhaufen. Bei höheren Vergrößerungen zeigten sich einige recht locker angeordnete gleichhelle Sterne. Ein schöner Abstecher. Ach komm, noch ein Abstecher …


    <font color="orange">NGC 7048</font id="orange">
    Keine Nacht ohne Planetarischen Nebel [;)]
    Wieder so ein Schlingel, für den man zwingend einen Filter braucht. Bei Wissen um die Lage wird der PN zwar indirekt schwach sichtbar, aber deutlich besser zeigte sich der PN bei 110x mit UHC als schöne homogen helle Scheibe. OIII wirkte auch sehr gut, aber UHC fand ich schöner. Der PN wird im Süden von einem Stern flankiert und im Norden zeigte sich mit leichtem Abstand ein noch schwächerer Stern. Bei 240x zeigt sich der PN direkt auch ohne Filter, besitzt aber weniger definierte Ränder. Mit UHC und höheren Vergrößerungen hatte ich das Gefühl, dass die Westseite immer leicht heller wirkte … oder die Ostseite etwas dunkler.
    Ach, weil es so schön war, gleich noch einer…


    <font color="orange">Minkowski 1-79</font id="orange">
    Ein PN nur ein dreiviertel Grad nordöstlich von M 39. Fast hätte ich mich verhoben. Der PN soll genauso wie NGC 7048 ab 8" sichtbar sein, aber ich fand den PN in dieser Nacht echt schwer. Er wurde bei mir nach einigem Wurschteln erst bei 160-facher Vergrößerung und mit UHC sichtbar. Dann zeigte sich aber ein schwacher Ostwest elongierter Nebel. Mit OIII wird die Sichtbarkeit nicht besser. Zum höher Vergrößern nach dieser anstrengenden Suche hatte ich keine Lust mehr, ich wollte mir zum Abschluss die Augen verblitzen an …


    <font color="orange">Barnard 168</font id="orange">
    Den kennen die meisten sicherlich von Fotos. Aber vermutlich deutlich weniger haben ihn einmal visuell probiert. Diese Lücke habe ich für mich geschlossen.
    Sehr imposant, aber wie es so ist nach einer langen Nacht. Ein Minikommentar wie "... bei 40-fach ein imposanter dunkler breiter Strich, der nicht im gesamten Gesichtsfeld zu erfassen ist" hat es gerade so auf mein Diktiergerät geschafft.


    ...


    Es waren noch einige Objekte mehr in dieser Nacht und den Cocoon-Nebel IC 5146 habe ich natürlich auch mit allen verfügbaren Filtern und einigen Vergrößerungen durch probiert, aber das oben waren die Objekte, die für mich neu waren.
    Insgesamt hat diese Tour gut zwei Stunden gedauert und mich mit einem glückseligen Grinsen und einer Zigarre im Mund ... ähem Zigarre als blinden Fleck auf der Netzhaut meines linken Auges einräumen lassen.


    Zu einigen der vorgestellten Objekten habe ich wie gewohnt ergänzende Informationen beigefügt.

    Die Liste als PDF: http://www.mediafire.com/view/t473e5i55q9irrq/CygnusTour.pdf


    Beste Grüße


    Rene

  • Servus Rene


    Schöne Beobachtungen hast du da dokumentiert! Vor allem M 1-79 und NGC 7048 hst du hervorragend beobachtet! Sah ich mit 16 Zoll nur geringfügig mehr Details!


    M 1-79 sthet auch noch auf meiner Liste!
    Danke fürs Reinstellen! Coole Downloadliste!


    Viele Grüße Hajü
    http://www.astromerk.de

  • Hallo Rene,


    Wieder eine sehr schöne Objektauswahl abseits des Üblichen.
    Seit meinem Besuch unter Bortle 1 Himmel im Sommer bin ich ja ein
    kleiner Dunkelnebelfreund geworden. Deine beschreibung zu den Barnards
    klingt sehr verlockend und regt mich zur nachbeobachtung dieser
    Dunklen seite der Macht (bzw. Nacht) unter heimischen Himmel an. :)


    Sag mal, wie hast du eigentlich den Coocon Nebel gesehen ?
    Ich fande den selbst mit 18 zoll und Hß Filter schwierig da innere
    Strukturen herauszuarbeiten.


    Liebe Grüße
    Mathias

  • Hallo Rene,


    das ist wirklich eine schöne Tour ! In einer Himmelsgegend, wo auf relativ engem Raum eine Menge los ist, und dabei mit ganz verschiedenen Arten von Objekten.


    Ja, die spektakulären südlichen Bereiche des Nordamerikanebels, mit dem tollen Kontrast zwischen dem "Golf von Mexiko" und der umgebenden hellen "Küste", lenken gerne von "Kanada" ab. Mir gefällt die Nordkante mit dem Übergang in die sehr sternreiche Umgebung auch sehr gut. Und auf deine Anregung hin schaue ich mir das noch mal genauer mit Blick auf die Dunkelnebel an - der isDSA hat in dieser Hinsicht ja wesentlich mehr eingezeichnet als die Uranometria. Die Gegend um NGC 7026 und B361 finde ich auch toll; der nahe "Mottennebel" Sharpless 1-89 wäre was für größere Öffnungen, bei Uwe gibt es eine Zeichnung mit 16-Zoll bei Alpenhimmel.


    Etwas weiter östlich gibt es übrigens auch eine nette Region: Mit dem dichten kleinen Sternhaufen NGC 7062 und einer Sternfigur 45' weiter im NW, die an das Kreuz des Südens erinnert, und vor einem Dunkelnebel steht. Den dunklen Schlauch von Barnard 168 hatte ich zusammen mit dem Kokonnebel im 10-Zöller schon oft drin, und bei gutem Alpenhimmel kommt der Kokonnebel schon ganz ohne Filter recht deutlich heraus.


    Servus
    Ben

  • Servus Rene!
    Sehr schöne und ausführliche Beschreibung von nicht häufig beobachteten Objekten. Ich hab mir mal ein paar davon notiert, [;)] mit 16" sollten die gut gehen.
    Die Dunkelnebel sind eine Objektgruppe die bei mir bisher zu kurz kommt[V]!
    Besonders gefällt mir am Ende die Datenzusammenstellung der Objekt in Übersichtform.


    Grüße Roland

  • Vielen Dank für Euer Feedback liebe Freunde der Nacht!


    Hans-Jürgen und Roland - schön, dass Euch die Zusammenfassung am Ende gefällt, ein paar mehr von den beobachteten Barnards hätten es sein können in der Auflistung, aber dazu gibt es halt einfach zu wenig Informationen.


    Hans-Jürgen meinst Du, bei Minkowski 1-79 habe ich mit 12,5" schon viel rausgeholt? Ich werde ihn auf jeden Fall nochmal versuchen.


    Mathias - meine Aufzeichnungen zu IC 5146: ... bei 70-fach zeigt sich der Nebel mit OIII strukturiert und mit H#946; heller, indirekt sogar noch deutlicher. Am schönsten gefiel er mir aber mit UHC, dann werden einige dunklere Strukturen im Westen am deutlichsten. Bei höheren Vergrößerungen zeigen sich zwar mehr Strukturen, aber der Nebel wurde (mir) langsam zu dunkel.


    Ben, Deine Empfehlungen sind vorgemerkt.
    Für die Region um den Stern Sadr etwas weiter südwestlich gibt es eine schöne Detailkarte 1 im isDSA. Kennst Du sicher, ich weiß ;)
    Anfangs noch mit etwas Widerwillen habe ich mich im Sommer in zwei Nächten mit 8" und 12,5" dann aber mit wachsender Begeisterung durch diese Gegend gefressen, vermutlich ähnlich wie Roland - Seite aufschlagen und loslegen. Die Dolidze-Sternhaufen würde ich zwar nicht empfehlen, zu meinen Highlights dort gehörten neben den sehr interessanten Sternhaufen NGC 6910 und Teutsch 8 auch die Dunkelnebel, die erstaunlich gut zu sehen waren.
    Aber wo soll das wieder hinführen. Das allein wäre schon einen Beobachtungsbericht wert.


    Beste Grüße


    Rene

  • Hallo Rene!


    Wieder einmal sehr schön dokumentierte Beobachtungen von dir! Für mich sind besonders deine Beobachtungen zu den PNs interessant. NGC 7048 ist auf meinen Sommer-Touren immer nach dem nahegelegenen "Cheeseburger" NGC 7026 der nächste PN, meine Eindrücke sind deinen sehr ähnlich. Mi 1-79 ist sicherlich schwieriger, mehr als ein "unrundes" Nebelchen sehe ich nicht.


    Schöne Grüße, Volker. [:)]

    Deep Sky visuell, Mond und Sonne im Weißlicht mit 10" f/5 Dobson auf Selbstbau Birke-Multiplex  :dizzy:

  • Vielen Dank Volker,


    dann sind wir wieder beim Thema, den PN´s [:D]
    Mink 1-79 werde ich sicher nächstes Jahr nochmal mit 8" probieren, um zu sehen, ob er mit dieser Öffnung wirklich für mich machbar ist.


    Im Februar hatte ich mal eine Beobachtungszusammenfassung für Winter-PN im schwarzen Forum geschrieben, die werden langsam wieder aktuell. http://forum.astronomie.de/php…ke_und_Steve_#Post1139616
    Da sind jetzt keine Exoten dabei und sicher wurden alle schon mehr oder weniger intensiv hier beschrieben, aber vielleicht ist die Zusammenfassung für den einen oder anderen ja trotzdem interessant. Bis auf Abell 21 sind alle vorgestellten PN stadtbeobachtungstauglich.


    Beste Grüße


    Rene

  • Hi Rene,


    ich habe gerade mal deinen Bericht im schwarzen Forum gelesen. Abell 12 ist nicht einfach, manchmal wird man durch Reflexionen von &mu; Ori genasführt. Seltsamerweise ist der PN für mich leichter sichtbar, wenn die Bedingungen nicht so toll sind, etwa bei fst=5.5m. In meinem 10"er war er schön im 7mm Nagler bei V=180x zu sehen. Ein harter [OIII]-Filter ist aber nötig, ich benutze da einen Lumicon, verwende auch immer eine Fotografie des Objektes mit Umgebungssternen, um ganz sicher zu gehen. &mu; Ori sollte man dabei nicht unterschätzen. [:)]


    Viele Grüße, Volker.

    Deep Sky visuell, Mond und Sonne im Weißlicht mit 10" f/5 Dobson auf Selbstbau Birke-Multiplex  :dizzy:

  • Hallo Volker,


    im anderen Forum hatte Kai (fraxinus) damals auch einen guten Tip gegeben
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Natürlich habe ich gestern gleich nachgeschaut, speziell Abell 12.
    OIII ist Pflicht. Und Du musst den Stern raushalten, zB an den Rand schieben. Ist mit Ethos natürlich blöd.


    Ich habe mir ein Plössl für diese Zwecke präpariert:
    Ein Streifen Sonnenfilterfolie (1,5-2mm) mittig über die Feldblende kleben (Sekundenkleber) dann kann man einen den hellen Stern sogar noch minimal durchsehen!
    Schwarzer Karton oder Alufolie tuen es natürlich auch.


    Jetzt dreht man das Plössl im Auszug so, dass das der Stern in der jeweiligen Bewegungsrichtung durchläuft. Sehr bequem!


    Mit so einem Luxus ist Abell 12 ein richtig tolles Objekt.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Ich hatte seinerzeit auch nicht hoch genug vergrößert. Das soll sich diesmal ändern ...


    Beste Grüße


    Rene

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