Bedeutung des heliozentrischen Weltbildes Umfrag

  • Schulzeit soll ja die beste Zeit des Lebens sein, da stimme ich teilweise zu. Ich schreibe eine Facharbeit und würde gern wissen wie andere denken. Also durch die Entdeckung von Kopernikus hat sich einiges Verändert. Was denkt ihr welche Bedeutung hat die Entdeckung des Heliozentrischen Weltbildes aus heutiger Sicht, was hat sie uns gebracht?<font size="5"></font id="size5"> <font color="blue"></font id="blue"><font size="2"></font id="size2">

  • Hi,


    nun zuerst einmal was begriffliches: Das heliozentrische Weltbild wurde nicht entdeckt. Man kann nur etwas entdecken, das es auch unabhängig von der Entdeckung geben würde - zum Beispiel eine Insel. Man hat entdeckt, dass die Erde um die Sonne kreist. Das dazugehörige Weltbild wurde erfunden, aufgestellt, entworfen...


    Was hat es uns gebracht. Zusammen mit der späteren Erkenntniss, dass sich die Planeten auf Ellipsen bewegen ganz klar folgendes:


    Dadurch können wir erst Himmelsereignisse richtig vorausberechnen (Sonnen- und Mondfinsternisse, Sternbedeckungen, Planetenstände...). Erst diese Erkenntnisse haben auch die Raumfahrt ermöglicht, welche wiederum unzählige Erfindungen nach sich zog, die unseren Wohlstand drastisch erhöhten!

  • Hallo Leute!


    Rolf hat absolut Recht, was die Definition angeht.


    Was das kopernikanische Weltbild uns gebracht hat, ist so einfach nicht zu beantworten. Internationale Kommisionen beschäftigen sich noch heute mit dieser Frage. Zu nennen wären die Astronomie, die Philosophie oder auch die Theologie. Und es ist bezeichnend, das etwa die katholische Kirche erst in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts zugegeben hat, das die Lehren Galileo Galileis und damit in der Konsequenz das kopernikanische Weltbild richtig waren. Zum Thema kopernikanische Wende gibt es - auch im Internet - sehr viel Material und ich kenne auch jemanden, der sich intensiv mit dem Thema befasst hat. Wenn Interesse besteht, könnte ich versuchen, einen Kontakt herzustellen.


    Zudem war Kopernikus nicht der erste, der auf ein heliozentrisches Weltbild kam. Die Pythagoräer und hier besonders Aristarch von Samos haben schon im antiken Griechenland die Möglichkeit einer heliozentrischen Welt gelehrt. Leider hatten sie nicht die Möglichkeit, dieses auch zu beweisen, sodass sich dann das geozentrische Weltbild des Aristoteles durchsetzte.


    Ganz große Probleme hat übrigens die Astrologie mit Kopernikus, da er dieser Irrlehre mit den heliozentrischen Weltbild quasi die Glaubensgrundlage entzogen hat, was die Astrologen aber bis heute nicht anerkannt haben. Bei denen ist das Weltbild immer noch geozentrisch!


    Viele Grüße

  • Hallo Herr der Ringe,


    ein Superthema, über das eine meiner Schülerinnen auch schreiben wollte (zieht um und muss nun an neuer Schule schreiben). Ich könnte hier spontan genügend zu schreiben, um ne´ Facharbeit voll zu kriegen. Das muss aber deine eigene Leistung bleiben. Doch einige Punkte möchte ich dir mit geben, auf die man aus naturwissenschaftlich betrachtender Perspektive nicht ohne weiteres kommen würde. Ich selbst widme mich dem Thema immer ausführlich Anfang ds Jahrgangs 11 in meinem Religionsunterricht (bin also für den Himmel eher im metaphysischen Sinne zuständig, habe aber auch ne Astro-AG.). Die Bedeutung der kopernikanischen Wende liegt m. E. auf drei Gebieten:
    1) natürwissenschaftlich: Hierzu müssen wir uns als ´alte astronomische Hasen' wohl am wenigsten auslassen!
    2) theologisch: Stichwort "Irrtumslosigkeit der Bibel?" mit Blick auf Josua 10. 12f, wo es u. a. heißt "Sonne, bleib stehen über Gibeon...", woraus man messerscharf schloss, das sich normalerweise die Sonne um die Erde drehe, da Gott sonst die Erde hätte anhalten müssen. Ferner: Hatte das frühe Christentum die Kultur der heidnischen Antike (als Kultur seiner ärgsten Verfolger) noch weitgehend abgelehnt, gelang es der hochmittelalterlichen Scholastik, das heidnisch antike Wissen (Aristoteles geschlossenes Weltbild) und dessen Logik mit dem christlichen Wissen zu integrieren. Diese wichtige integrative Leistung des angeblich "finsteren" Mittelalters schien wieder zu zerbrechen in dem Augenblick, als Galilei das heliozentrischen Weltbild zur Gewissheit macht. Ferner ging mit Galilei der Vorrang der Deutung der Welt von der Theologie (als Königin der Wissenschaften) an die aufgehende empirische Naturwissenschaften verloren (Wer hat das Deutungsmonopol?).
    3) politisch-ideologisch: der wohl allgemein am wenigsten ästimierte Aspekt. Bis zur kopernikanisch(-galileischen) Wende wurden selbstverständlich die gängigen Kosmosvorstellungen zur Legitimation politischer Macht ge- bzw. missbraucht. Man glaubte die hierarchisch strukturierten Ordnungen, welche in den Gesellschaften vorherrschten, quasi als gottgegeben im Kosmos wiederzufinden: So wie schon laut heidnisch-antiker Vorstellung (Aristoteles) der Himmel hierarchisch auf dessen Mittelpunkt hin geordnet war (also auf die Erde hin), weil dort nun nach christlicher Vorstellung das von Gott geliebte Menschengeschlecht lebte; so zeigte sich diese "gottgewollte" Hierarchie genau so auf der Erde selbst wieder in der Rangordnung in der Natur: Der Mensch als "Krone der Schöpfung", dann die Tiere, die Pflanzen und die unbelebte Natur. Aus diesen Paradigmen konnte leicht geschlossen werden, dass unter den Menschen abermals eine Hierarchie aus König/Kaiser (Imperium) und Papst (Sacerdotum) an der Spitze, sowie Klerus, Adel und 3. Stand gottgewollt sei. Als Galilei nun die von Kopernikus hypothetisch formulierte (und als solche von der Kirche tolerierte) Weltsicht nun zur Gewissheit machte, brachte er das kosmologische Paradigma zur Legitimation der Feudalgesellschaften (kaum bewusst) mit zum Einsturz (das zweite brachte dann Darwin im 19. Jhdt zum Einsturz). Dass die politischen Denker diese Auswirkungen schon im 17. Jhdt. begriffen, dafür seien hier nur zwei Indizien benannt: Scheinbar modern mutet an, dass der französische Monarch Ludwig XIV. sich als "Sonnenkönig" betrachtete, da er den von Kopernikus und Galilei verursachten Paradigmenwechsel vollzog. Der Kapitalfehler war aus heutiger Sicht aber, dass er an der Praxis weiterhin festhielt, die Kosmosvorstellungen seiner Zeit zur ideologischen Legitimation seiner politischen Macht und der Feudalgesellschaft heranzog, aber dies nicht mehr sehr lange: Am Ende des Jahrhunderts, an dessen Beginn die Auseinandersetzung mit Galilei stand, schrieb John Locke schon erstmals von der Möglichkeit der Gewaltenteilung und damit der Beseitigung absoluter Macht und es waren gerade die Sonnenkönige, deren Throne als erste kippen sollten (das brauchte dann noch knapp 100 Jahre, was nur aus heutiger Sicht sehr lange scheint).


    So weit mal ein paar Tipps, auf die man eingehen könnte.


    viel Spass bei der Arbeit und gutes Gelingen


    Hubertus

  • Hey,
    noch einen kleinen Klacks Senf:


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Rieger</i>
    <br />Hallo Herr der Ringe,


    (das zweite brachte dann Darwin im 19. Jhdt zum Einsturz). <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    ... und Freud das dritte.


    Klaren Himmel


    Peter

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Rieger</i>
    <br />Zu deinem "Senf", Peter:


    Nach den großen "Beleidigungen" war die freudsche nach der kopernikanischen und darwinschen wohl die dritte, doch zu Freuds Zeiten wurden mit oder ohne ihm keine Feudalgesellschaften mehr legitimiert, so gesehen blieben es nur zwei Paradigmen.


    Hubertus
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Die Demontage der Väter in der Theorie über ödipale Strukturen versetzte den feudalen Gesellschaften den endgültigen Schubs ins Abseits. Damit war den Feudalgesellschaften auch die familiäre Legitimation endgültig entzogen.[;)]


    Klaren Himmel


    Peter

  • hallo allerseits,
    meine meinug zu was hat uns das heliozentrische weltbild gebracht: 1.) philosophisch : eine relativierung des mittelpunktwahnsinns der
    menschen.
    2.) physikalisch : Die Geburt der Himmelsmechanik, und damit der
    (modernen) naturwissenschaft.
    gruß willy.

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