12 Orionis - eine Spiegelmessung

  • Hallo allerseits,


    Mein Freund Thomas hat sich neulich ein gebrauchtes 12-er Spiegel aus der Orion UK Produktion gekauft und wollte wissen, ob das eine gute oder eine schlechte Entscheidung war. In der Hoffnung, dass ich nicht schon wieder der Bringer der schlechten Nachrichten sein werde, habe ich den Spiegel zur Messung angenommen. Der erste Eindruck war gemischt. Der Spiegel hatte eine sauber plan geschliffene Rückseite aber einen welligen und leicht konisch verlaufenden Rand. Der Rand war sehr wahrscheinlich so wie der Rohling aus der Gussform raus gekommen ist, ohne jegliche Nachbearbeitung. Die Seitenlagerung wird nicht leicht zu lösen sein.


    Spiegelsubstrat scheint Pyex zu sein: hat eine gelb-grüne Farbe und der Spiegel ist überraschend leicht. Mit 38mm Randdicke verspricht es eine sehr solide Grundlage für einen 12-Zöller f/4 zu sein.



    Als alle Erstes habe ich jeweils 4 Interferogramme für zwei Spiegelpositionen: einmal bei 0° (Index auf 12Uhr) und dann bei 90° (Index auf 3Uhr).


    Bei 12 Uhr:


    Und bei 3 Uhr:


    Man sieht jetzt schon, dass der Randbereich ("die Kante") etwas abgesunken ist.


    Da ich die Interferogramme nicht zurück drehe, ganz kurz mein Workflow:


    - Die IGs bei 0° per FFT in Wellenfronten Umwandeln
    - Die Wellenfronten mitteln und als "Avg00.wft" speichern
    - Die IGs bei 90° per FFT in Wellenfronten umwandeln
    - Die 4 Wellenfronten mitteln und als "Avg90.wft" speichern
    - Die "Avg90.wft" 90° zurück drehen und als "Avg90-R.wft" speichern
    - Die Avg00.wft und Avg90-R.wft mitteln und als "AvgSpiegel.wft" speichern. Das ist jetzt das Ergebniss der Messung und ist die Grundlage für weitere Auswertungen.


    Ich filtere normalerweise noch die oberen Ortsfrequenzen heraus mit der Option "Zernike Smoothing" und wähle normalerweise Ordnung 22. Das hat den Vorteil, den Randbereich viel besser zu wiedergeben als die Low Pass Filter Option.


    Die Oberfläche:



    Und die Zernikes:



    Es zeigt sich ein sehr guter Spiegel. Mit 90% Strehl - inklusive der abgesunkene Kante - und praktisch kein Asti, ist das bei 300mm f/4 eine super Leistung. Es kommt nicht sehr oft vor.


    Der Wellenfront Profil (bei 550nm) sieht so aus:


    Das Löchlein in der Mitte (20mm Durchmesser) wird komplett vom Fangspiegel abgedeckt und spielt keine Rolle.


    Im Foucault sieht man, dass die Oberfläche mit Parabolisier-Spuren übersät ist. Das ist die Mikro-Rauheit die man auf einem sehr guten Spiegel nicht haben soll.




    Man sieht hier auch den Effekt der abgesunkenen Kante: der rechte Rand sollte leicht leuchten.


    Für die Qualität der Oberfläche auch im Rochi-Bild - hier intrafokal, mit 5LP/mm:



    Und zu Letzt die MTF-Kurve:


    Mit Strehl 90%, praktisch Astifrei und insgesamt eine sehr gute Korrektur wäre der Spiegel auf meiner privaten Qualitätsskala als sehr gut einzustufen. Wenn man 5mm am Rand abblendet, wird der noch besser. Ob das sich lohnt weiß ich nicht, hoffe aber, dass Thomas den Test machen wird. Der Spiegel kriegt jedoch Punktabzug wegen Rauheit und verpasst nur knapp die Qualifikation für den "Sehr guten"-Bereich.


    Der Kauf war eine sehr gute Entscheidung. Ich bin jetzt neugierig, wie das alles am Stern aussieht.



    Viele Grüße,
    Horia

  • Hallo Horia,


    danke fürs Messen und das Einstellen hier! Ich denke auch, dass sich daraus ein schönes Reiseteleskop machen lässt und hoffe, dass ich auch mal dazu komme [:p]! Eigentlich wollte ich ja keine Teleskope mehr bauen [;)] aber was soll man machen, bei ewig so schlechtem Wetter!? Darf ich deinen Bericht für meine HP übernehmen?

  • Hallo Horia,
    schöne Dokumentation einer Spiegelvermessung. Alles präzise auf den Punkt gebracht mit nachvollziehbarer Auswertung und schönen Beispielinterferogrammen.
    Auch Deine Interpretation gefällt mir. Trotz der "rauhen Oberfläche" und Strehl von "nur" 0,9 ist der Spiegel schon sehr gut. Zumindest kann ich aus meiner Erfahrung sagen, dass man mit so einem Spiegel am Stern und am Planeten bei entsprechender Luft seine Freude haben wird[;)]
    Interessant finde ich die Tatsache, dass Orion UK anscheinend auch anders kann[:D]
    Grüße, und CS, Matze

  • Hallo Thomas,


    selbstverständlich, mach das.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> Eigentlich wollte ich ja keine Teleskope mehr bauen aber was soll man machen, bei ewig so schlechtem Wetter!?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ja, das stimmt leider.


    Viele Grüße,
    Horia

  • Hallo Miteinander,


    vielen Dank, Horia das du hier deine Auswertung vorgestellt hast. Das könnte für FFT- Könner so etwas wie eine Muster- Auswertung sein [^]


    Zufällig besitze ich ebenfalls einen 12“ F/4 von Orion UK.
    Diesen hab ich in Zuge der Vorstellung des PDI im Vergleich mit anderen Interferometern gründlich vermessen, darunter auch mit der Option "Zernike Smoothing Order 23", siehe


    <b>Bild 29</b>


    aus


    http://www.astrotreff.de/topic…PIC_ID=143437&whichpage=3


    Man erkennt daraus:
    1. Orion UK kann (manchmal) auch noch einen Tick besser als Strehl 0,90;-)


    2. Bei einem sehr guten Spiegel spielt es für das Strehl- Ergebnis keine nennenswerte Rolle ob man mittels FFT =&gt; Zernike Smoothing oder nach der älteren Streifenmethode auswertet.
    Das mit der Streifeauswertung geht nur leider bei großen, lichtstarken Spiegeln nicht mehr so richtig. Da ist FFT und Zernike- Smoothing ein Segen. Es ist wohl auch so dass bei „Order23“ ein wesentlicher Teil der in Foucaultbild sichtbaren Strukturen im Stehlwert erfasst wird.
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Der Kauf war eine sehr gute Entscheidung. Ich bin jetzt neugierig, wie das alles am Stern aussieht.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Das finde ich ebenfalls. Vermutlich wird man bei Sterntest nichts „schlimmeres“ sehen als bei dem letzten Bild mit der OF- Sterntestsimulation.

    Gruß Kurt


    Edit: Tippfehler korrigiert.

  • Hallo Kurt


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> Orion UK kann (manchmal) auch noch einen Tick besser als Strehl 0,90;-)<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Das ist sehr interessant. Langsam, langsam, verbessert sich meiner Meinung über Orion-Spiegel. Ich habe vor einiger Zeit für einen Freund und Astro-Kollege einen Orion Spiegel gemessen und war entsetzt. Der Kollege hatte den Spiegel, ca 8 bis 10 Jahre alt, in einem Newton eingebaut gehabt und hat nach einiger Zeit das Gerät aufgegeben.


    Das Kunstobjekt sah so aus:




    und hatte einen Strehlwert von 0%:



    Das Ding wurde als Rohling weitergegeben.


    Deswegen, es ist gut zu sehen, dass es doch auch besser geht.


    Viele Grüße,
    Horia

  • Hallo Horia,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">...Das Kunstobjekt sah so aus: <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    ein Spiegel als Kunstobjekt kann, muss aber keinen Strehl haben[:o)].
    Aus Beobachtungserfahrung mit einem null- strehligen 16-Zöller weiß ich zu berichten dass man mit so etwas doch noch seeehr viel am Himmel sehen kann.


    So ein Nullstrehl- Prüfergebnis hat aber noch etwas anderes tröstliches. Man muss sich nicht mehr zwingend um die im Foucaulttest erkennbaren Strukturen kümmern[8D].


    Gruß Kurt

  • Hallo Horia,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">ca 8 bis 10 Jahre alt<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    bist du sicher, ich habe irgendwie in Erinnerung, dass der Spiegel Ende der 80er Jahre gekauft wurde?! Dann könnte man ja von einer deutlichen Lernkurve sprechen [;)]

  • Hallo Thomas,
    so ein Spiegel darf einem nicht oft passieren, sonst ist man recht schnell weg vom Fenster. Ich hab auch einen Orion Spiegel, der auch über 0,9 Strehl gekommen ist. Ich denke, dass das heute die Regel sein sollte.
    Viele Grüße,
    Roland

  • Hallo Thomas,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Klotzi</i>
    <br />Hallo Horia,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">ca 8 bis 10 Jahre alt<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    bist du sicher, ich habe irgendwie in Erinnerung, dass der Spiegel Ende der 80er Jahre gekauft wurde?! Dann könnte man ja von einer deutlichen Lernkurve sprechen [;)]



    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Du hast recht. Das kommt davon, dass in meinem Unterbewusstsein das Ende der 80-er nur 8 bis 10 Jahre her ist. [:I]


    Viele Grüße,
    Horia

  • Hallo Horia und Mitleser


    interessante Messungen!
    Seit Kurt's 12" f/4 wieder ein Orion Spiegel, der etwas taugt.

    Ein paar Anmerkungen zur Orion Qualität:


    1. 12" sind nicht 16"


    Ein brauchbarer 12" fällt mit Hilfe des Zufalls eher vom Band als ein 16". Bisher kenne ich keinen Orion mit 16" aufwärts wo das Protokoll auch nur annähernd gestimmt hat.

    2. Strehl 0.90 sind 14nm RMS surface


    Ich weiss nicht welcher Wert auf dem originalen Orion Zygo (sic) Protokoll steht. Meistens waren es 0.98++. Das wären 6nm RMS surface.
    Das wäre Faktor 2.3x besser!
    Da eine interferometrische Messung immer eine (komplexe) Höhenmessung ist, sind alle Messfehler zunächst mit den Höhen, und damit dem RMS, korreliert. Ein Irrtum um Faktor 2.3 ist ziemlich bedenklich. Auch wenn es in der optischen Wirkung "nur" der Unterschied von 0.90 zu 0.98 ist.
    Zwischen Strehl 0,80 und 0.42 besteht der gleiche Unterschied...


    3. Leider lassen sich die Strukturen im Foucault nicht einfach quantifizieren, ich vermute, dass es optisch nicht allzu viel ausmacht. Es lässt allerdings Rückschlüsse auf die Produktionsmethode zu.


    Dennoch: So eine "unruhige" Oberfläche würde kein Spiegelschleifer akzeptieren, schon gar nicht bei einem Spiegel in dieser relativ kleinen Größe.
    Zufällig weiss ich, wieviel Druck es braucht, um solche Strukturen zu erzeugen. Mit dem halben Körpergewicht ist man gut dabei!
    Auf diese Art kann man effektiv (nach der Parabolisier-Methode von Reiner Vogel) die Mitte vertiefen. Eine Art Grob-Bearbeitung.


    4. Was nützt es, wenn eine Firma lediglich bei den Protokollen konstant gute Zahlenwerte "produziert" und die tatsächlichen Werte der Spiegel mehr oder weniger zufällig zwischen Strehl Null und 0,96 schwanken?

    Bei einem "Ausreisser" könnte man ein Auge zudrücke, obwohl das mit Zygo nicht passieren darf. Aber ab Nummero 2 grenzt es an Betrug.


    Viele Grüße
    Kai

  • Hallo Kurt, hallo Kai, liebe Mitleser,


    (==&gt;)Kurt
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> Aus Beobachtungserfahrung mit einem null- strehligen 16-Zöller weiß ich zu berichten dass man mit so etwas doch noch seeehr viel am Himmel sehen kann. <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Das ist auch meine Meinung, auch wenn ich eigentlich perfekte Spiegel liebe. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viel man mit schlechten Spiegeln sehen kann. Davon unabhängig, ist der oben beschriebene Spiegel eindeutig nicht fertig und auf meiner persönlichen Qualitätsskala kommt er in der Kategorie "Rohlinge".


    (==&gt;)Kai
    Meine Erfahrung mit Orion Spiegeln ist viel zu klein um generalisieren zu können. Ich habe auch nie einen Orion Protokoll in den Händen gehabt. In solchen Fällen verfahre ich nach einer einfachen Muster: positive Erfahrungen wirken als kleinen plus Punkt (eine weiße Murmel) in der Vertrauenswürdigkeit Tüte; negative Erfahrungen wirken als riesig große minus Punkte, sagen wir ca. minus 27 weiße Murmeln Wert. Sind noch weiße Murmeln in der Tüte, ist alles gut.


    Viele Grüße,
    Horia

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