Petrus hat mal wieder Freiluft- Experimental- und Beobachtungspause für uns angesagt. Deshalb hab ich mit meinen schönen Spielsachen mal wieder im "Labor"
geforscht. Es geht um die Frage, wie weit muss die Temperaturdifferenz der Luft im optischen Strahlengang gemindert werden, damit sie keine optisch wirksamen Turbulenzen oder „Zellen“ mehr erzeugen kann. Im „Labor“ kann man natürlich nur den Nahbereich untersuchen. Besonders anfällig ist der Tubus im Bereich der Hauptspiegels. Außerdem ist hier bei unvollständiger Temperaturanpassung der Hauptspiegel die Quelle von Turbulenz.
Die erste Abbildung zeigt den Versuchaufbau.
Als Hauptspiegel wurde ein auf 70 mm abgeblendeter 8“ f/5 Parabolspiegel verwendet. Das reduziert die Überkorrektur beim Test mit einem künstlichen Stern annähernd im Krümmungsmittelpunkt. Zusätzlich wurde eine zentrale Obstruktion von 12 mm aufgeklebt. Als künstlicher Stern diente ein roter Laser- Pointer ohne Optik. Durch die Brennweitenverlängerung mit Hilfe der Barlow- Linse wird das Beugungsbild des künstlichen Sterns auf dem Chip der Webcam genügend groß gezeichnet.
Als Turbulenzerzeuger dient die 20 mm dicke Alu- Platte. Die kann sehr einfach durch kurzzeitigen Kontakt mit der Zentralheizung um einige °C erwärmt werden. Sie gibt ihre Wärme sehr langsam ab, so dass man nach ihrer Plazierung gemäß obiger Abb. genügend Zeit zur Beobachtung und Fotografie hat. Die Temperatur kann man jederzeit mit Hilfe der aufgeklebten el. Temperaturfühlers abgelesen werden.
Zur Darstellung der Turbulenzwirkung scheint mir das fokale Beugungsbild des künstlichen Sternes im Vergleich zu seiner ungestörten Abbildung besonders eindrucksvoll zu sein. Das sieht man im nächsten Bild
Die 4 Aufnahmen in der oberen Reihe wurden im Abstand von ca. 20 s aufgenommen, bei einer Temperaturdifferenz der Alu-Platte zur Raumluft von 4°C. Die Veränderungen der völlig chaotischen Beugungsbilder konnte man gut visuell verfolgen. Das untere Bild zeigt den Zustand des Beugungsbildes bei entfernter Alu- Platte. Man erkennt deutlich den ersten und dritten Beugungsring und ganz schwach auch noch den zweiten. Dieses Bild ist bei zentraler Obstruktion typisch.
Man kann nun auch mit “Abberator“ Turbulenz an einer Optik simulieren. Das Ergebnis ist im nächsten Bild dargestellt.
Fazit:
Die hier willkürlich eingestellte Temperaturdifferenz von 4°C scheint mir durchaus EIN praxisgerechtes Beispiel zu sein. Bei derart gestörten Beugungsbildern wird man nicht annähernd das theoretische Auflösungsvermögen für Sterne und ebenso wenig die bestmögliche Kontrastwiedergabe bei flächigen Objekten erreichen können. Bei größerer Öffnung wird der Störeffekt mit Sicherheit noch drastischer ausfallen, da die größere Optik höher auflösen kann. Will man die Leistungsfähigkeit der Optik bestmöglich ausnutzen, muss also für wesentlich bessere Temperaturanpassung im Teleskop gesorgt werden. Der Glaube an die Existenz von hochwirksamen 4“ großen atmosphärische Turbulenzzellen hilft hier nicht.
Nachtrag,
viele Beobachter werden sich weniger für irgendwie seeing- verquirlte fokale Sternbilder obiger Art interessieren. Deshalb hab ich die Wirksamkeit der selben Störquelle an Hand eines Planetenbildes verdeutlicht. Der Versuchsaufbau wurde entsprechend dem nachfolgenden Schema abgeändert.
An Stelle des künstlichen Sterns projiziert ein Okular mit Umlenkprisma das ca. auf 1/100 verkleinerte Bild der Vorlage in den Krümmungsmittelpunkt des Spiegels. Der bildet es dann im Maßstab 1:1 auf den Chip der Webcam ab. Auf die Barlow- Linse wurde verzichtet. Als Vorlage diente die Titelseite von S. u. W. 12/2000 mit den hoch aufgelösten Jupiter- Foto. Man muss wohl nicht lange rätseln, welches der beiden dargestellten Bilder unter Einwirkung der Alu- Platte als Turbulenzerzeuger entstanden ist. Diese wurde wieder auf 4°C über Raumtemperatur erwärmt.
Zur Unterdrückung des Rauschens wurden jeweils 5 Bilder mit „Giotto“ addiert. Der Test ohne Turbulenz eignet sich übrigens ganz hervorragend zum Training mit Bildbearbeitungsprogrammen, da man das Ergebnis sehr gut mit dem Original = Bildvorlage vergleichen kann.
Gruß Kurt