Hi Leute!
Kaum zu glauben, aber schon wie vor vier Wochen sorgt eine mehrtägige Hochdruckwetterlage in den Bergen zur Neumondzeit für beste Beobachtungsbedingungen. Die Höhen locken mit 25% Luftfeuchte in der Nacht bei 5 Grad Plus, wohingegen im Tal 80-100% Luftfeuchte bei eher 0 Grad anzutreffen ist. Schon faszinierend die Inversionswetterlage. Mehrere Nächte hintereinander war mir zu kompliziert, aber eine Nacht – die musste genutzt werden: From Dusk till Dawn!
In der Nacht vom 16.11. auf den 17.11. (Datum geändert, hab mich erst im Tag vertan) hieß es: Deepsky bis der Arzt kommt, 10 Stunden lang.
Wie da hoch kommen?
Novemberzeit=Bergbahnrevisionszeit. Glücklicherweise gibt es da noch die Wendelsteinbahn. So ziemlich die einzige, die in Bayern dieser Tage noch in Betrieb ist. Praktischerweise in der Region gelegen, welche ich ohnehin schon mehrfach zum Beobachten besucht habe. Der Hauptgipfel liegt auf gut 1800 m. Da man dort nicht bleiben darf über Nacht, peilte ich den Nachbargipfel an, auf etwa 1700 m. Ich staunte nicht schlecht, als ich da eine kleine ausgebaute Plattform antraf, die aussah, als hätte sich die jemand eigens fürs Sternegucken zurechtgezimmert: Klarer Fall, hier geht’s die Nacht über hin.
Naja, in real hat der Boden zu sehr vibriert, sodass ich mich letztlich daneben hingestellt habe.
Doch zuallererst musste ich erst mal hier hoch:
Sieht fies aus, ging aber.
Da ich den letzen Teil des Weges wegen Schnee/ Eis zuerst ohne Gepäck erkundete, hatte ich keine Kamera dabei, als ich kurz vor der Dämmerung ein sagenhaftes Panorama zu Gesicht bekam.
Ärgerlich.
Ein wunderschönes Orange umspielte die scharf abgegrenzten Zacken der umliegenden Bergspitzen, die nicht den Hauch von Dunst zeigten – nicht einmal gegen das Licht blickend. Der Himmel war von klarstem Blau.
Zur Dämmerung sah das Ganze später so aus:
Für bessere Übersicht dann 25%-Stufe wählen...
Die Bedingungen
Was der Himmel in petto haben würde, ließ sich schon an der Dämmerung ablesen. Der Platz selbst lag jedoch so exponiert, dass die Ortschaften in nah und fern in den Fangspiegel zu leuchten drohten bzw. mich zum Teil blendeten. Meine Streulichthülle wollte ich zunächst nicht verwenden, um die Windanfälligkeit gering zu halten. So nutzte ich die Zeit des restlichen Mondscheins zur Standplatzoptimierung (Abblenden durch Sträucher etc.). Letzten Endes entschied ich mich für den Streulichtschutz.
Jedoch stieg zunächst der Dunst aus den Tälern auf. Der Nebel im Tal breitete sich immer weiter aus. Irgendwann wurde das meiste des störenden Lichts durch den Nebel verhüllt. Viel schneller als ich erwartet hätte. Ein höchstfaszinierendes Schauspiel: eine dünne Hochnebelschicht schwebte förmlich über den Lichtern. Blickwinkelbedingt konnte ich noch unter die Nebelschicht schaun – wie ein schwebendes Tuch kann man sich das vorstellen. Der Nebel kroch immer weiter voran, bis sogar die hartnäckigste Lampe nur noch ein diffuses orangenes Glimmen in den Wogen des Nebels erzeugte. Zumindest in Blickrichtung. Hinter mir blieb es leider frei, sodass noch das eine oder andere Licht potenziell störte. Wenigstens kein blendendes Licht mehr in Hauptbeobachtungsrichtung!
Irgendwann kam im Lauf der Nacht ein dauerhaftes Lüftchen auf. Bei 5 Grad Lufttemperatur auf Dauer kein wirklicher Spaß, aber mit der richtigen Kleidung erträglich. Dumm nur, dass der Reisedob sowas gar nicht mag. Es wackelte derart, dass man schlichtweg meschugge beim Beobachten wird. Gegen Mitternacht nahm ich den Streulichtschutz und gegenlichtblende ab und meine selbstgebaute noch nicht perfektionierte Blendentechnik (unterschiedlich große Lochblenden) kam zum Einsatz. Testweise brachte das nahezu den gleichen Effekt wie die Gegenlichtblende.
Die Nacht begann zunächst mittelprachtig-nicht besser als guter Landhimmel, aber immerhin knochentrocken und wolkenlos. Zum Morgen hin wurde die Sache deutlich brillianter, aber die 7 mag wurden wohl nicht erreicht.
Ans Eingemachte - Die Beobachtungen
Wie schon vor einem Monat am Nebelhorn waren v. a. diverse Arp´s das Ziel und ausgesuchte Galaxien, welche ich mir einmal notiert habe:
- Arp 318 (um NGC 833), Arp 99 (NGC 7450,-47,-49), Arp 78, 86, 210, 304
- NGC 6140 in Draco, NGC 925 im Dreieck, NGC 7479 Peg, NGC 4013 Uma
- Schlüssellochnebel NGC 1999 im Orion
- Erdnussnebel 2371/72: erneuter Besuch zwecks Sichtung der Halofragmente
- Geplant waren auch Kometen, wovon ich letztlich nur K5 Linear tatsächlich vor den Spiegel bekam.
Auftakt bildete die 6140, welche ich auf einem Bild reecht interessant fand aufgrund drei nahegelegener Sternchen. Die Gx war vergelichsweise einfach mit 12m6 zu erkennen. Der visuelle Anblick war recht unspektakulär, aber immerhin recht nett anzuschaun als Ensemble mit den Sternen.
Ebenfalls durch ein Bild im forum angeheizt, schwenkte ich auf die 925. Ein überraschend helles Objekt, großflächig oval, mit einigem an Struktur, welche als Spirale aber nicht dingfest gemacht werden konnte. Ein lohnenswertes Objekt! Die allgemein hier bekannte 7479 hatte ich letztens versäumt, jetzt war es endlich soweit! Auf Anhieb zeigte sich indirekt an beiden Enden des großen Ovals eine gebogene Struktur, welche ich aber nicht über den Ansatz hinaus verfolgen kann.
Von den Arps möchte ich hier nur 2 herausgreifen. Das Dumme ist nämlich, ich habe meinen Stift zu hause liegen lassen und bin auf meine Erinnerung angewiesen. So wähle ich hier meine Highlights aus. Am meisten hat mich die 99 interessiert – ein wunderschönes Ensemble, im wesentlichen gebildet von 3 Galaxien, 2 etwas schwächere sind auf bildern erkennbar: NGC NGC 7450,-47,-49 waren problemlos erkennbar. Die auf bilder spektakuläre 7549 zeigte sich nur als längliches Fleckchen. Ich erkannte zudem eine weitere Galaxie, auf die man stößt, wenn man von der 7550 ausgehend die Strecke 7550-7547 ums doppelte verlängert – rechtwinklig und in Richtung von 7549. Leider zeigt meine Redshift-Version die Gx nicht an, weshalb ich mich beschreibungsmäßig hier verrenken muss. Offenbar gibt es in der NGC-Historie Ungereimtheiten bezüglich dieser NGC. Benanntes Phantom ist jedoch eindeutig auf Bildern als Gx zu erkennen. Im 12“er war sie indirekt erkennbar, aber nicht ganz einfach. An die schöne kleine Spirale 7558, die wohl auch zur Gruppe gehört, kann ich mich nicht entsinnen, sie gesehen zu haben. Visuell ein insgesamt schwaches Ensemble ohne auffällige Details und ohne größeren Reizwert in kleineren Instrumenten – leider. Aber ab 16“ sicher eine Reise wert...
Von den angepeilten Arps fand ich Arp 210 am schönsten. Eine ungewöhnliche Helligkeitsverteilung, die bei der kleinen ovalen Gx graduell von einem Ende zum anderen verläuft, erinnert an die eines Kometen. Durch die Nähe zu einem helleren Sternchen und auch durch die größere Eigenhelligkeit von ca. 11m ein echter Hingucker!
Der Schlüssellochnebel war eine Überraschung. Hier sieht man mal wieder, wie fatal sich ein allgemein bekanntes spektakuläres Objekt auswirkt. Hochinteressante kleinere Objekte führen ein Schatten-Dasein. Wäre der Orionnebel nicht direkt darüber, wäre ser Schlüssellochnebel m. E. Das spektakulärste Objekt der Umgebung. Ein kleiner Nebelball zeigt schon bei Aufsuchvergrößerung eine kleine dunkle Höhlung. Man kann hier locker auf eine AP < 1 gehen. Muss man wohl sogar, um das ungewöhnliche Objekt in voller Pracht zu sehen. Toll.
Zum Morgen hin wurde der Himmel langsam zu dem, was man Hochgebirgshimmel nennt. Die Transparenz wurde sicher auch von dem nebel gefördert, welcher im Tal das Licht der Zivilisation abhielt. Das letzte Objekt der Planung war NGC4013, welche ich mir in meiner Kartenkopie markiert habe, aber nicht mehr wusste, warum. Entweder, weil es eine hellere schöne dünne ist oder ein Staubband hat. Sowohl als auch! Zwar zeigte sich nicht direkt ein Staubband, aber der Anblick im Okular ließ die Vermutung zu, dass da ein Staubband sein muss, um es vorsichtig zu formulieren. Schwer zu beschreiben. Muss ich nochmal besuchen.
Meine herbstliche Liste war abgearbeitet und ich peilte persönliche Favoriten und bekanntere Ziele an. Das bekannte Duo M 81/ 82 stand sehr hoch und ich wollte mal an M 82 schauen, was an Details so geht. Kurzum: Das nächste mal muss ich unbedingt an Zettel und Stift denken. Eine unglaublich von Dunkelstrukturen gekennzeichnete Galaxie, hell und groß – warum können nicht alle Galaxien so sein? Ein Wahnsinnsteil. Das nächste bekannte Duo: M 108 und M 97. Ich konzentrierte mich auf M 97. Eigentlich nur aus Jux und Dallerei auf gut 200fach gegangen, versuchte ich Details zu erfassen. Die Augen waren recht schwierig – das hatte ich schon besser gesehen. Überraschung: es blitzte mehrfach der Zentralstern auf. Ich hatte gar nicht unbedingt vor diesen zu sehen, wusste nämlich nicht, wie hell der war. Im Nachhinein stellte ich fest, der hat wohl 16 m.
Ein persönlicher Favorit von mir ist in Leo am Kopf zu finden: NGC 2903. Hier zeigten sich Ansätze der Spiralstruktur, ähnlich wie bei 7479, nur breiter. Endlich mal Strukturen und nicht bloß ovale Flecken! Ein wunderschönes Objekt – bereits im Vierzöller ist die Gx bei gutem Himmel ein hübsches Ziel, nur ohne Spiralstruktur.
Obwohl es wie gesagt permanenten Wind von ca. 25km/h gab, war das Seeing erstaunlich gut. Hier sieht man, dass Wind nicht unbedingt was mit Seeing zu tun haben muss. Jupiter zeigte, obwohl das Teleskop wackelte, unglaublich viele Strukturen im 4,7 mm Okular. Bei f/5,3 an Jupiter mit so einer Brennweite gut arbeiten zu können, ist schon echt selten. Ich habe mich freiwillig minutenlang verblitzt am Jupiter, es war einfach zu schön. Die Monde habe ich noch nie so eindeutig flächig gesehen in meinem 12er. Hier könnte man tatsächlich Transitzeiten korrekt bestimmen...Es war zudem gerade ein Schattendurchgang zu beobachten, in einer Schönheit, die ich bisher nur von Bildern kannte. Einfach traumhaft.
Vorher stattete ich nochmals (s. Bericht vom Nebelhorn) dem Erdnussnebel einen Besuch ab. Ich habe mir bei 200-über 300fach die Augen minutenlang verbogen, aber die Halofragmente konnte ich nicht entdecken. Die Bedingungen waren auch nicht ganz so gut wie beim letzten mal, dennoch sehr gute Transparenz und gutes Seeing. Einziges Problem die Wackelei durch den Wind. Meinen Spiegel müsste ich auch unbedingt mal reinigen (offener Tubus is halt anfällig). Bei einem letzten Teleskoptreffen hatte ich nur noch Licht wie ein 10er vom Kollegen...
Irgendwann stach das Zodiakallicht in den Himmel hinein. Man könnte meinen, ein Skybeamer wurde eingeschaltet. Deepsky im Löwen wurde praktisch sinnlos. Ich versuchte den Gegenschein zu sehen, aber in der Richtung gab es zu viel Lichtverschmutzung, als dass ich da was hätte identifizieren können.
Abgerundet wurde die Beobachtungsnacht noch mit einem Boliden um 21.56 Uhr – ca. -4 m0 und grünlich. Vermutlich zerplatzt. Und: mit einem Kometenbesuch bei K 5 Linear, lange ist´s her, dass ich im Scope einen Kometen anvisiert habe. Ein nettes kleinschweifiges Bürschchen, sehr leicht zu finden im 12er.
Zum Abschluss noch ein paar Eindrücke vom Beobachtungsplatz am Morgen:
Hier oft anzutreffen: Die Gemsen
Um 9.45 Uhr gings wieder mit der Gondel hinunter, wo ich noch gemütlich in der friedlichen ruhigen und sonnigen Umgebung meine letzten Vorräte verspeist habe, bevor es in den Zug ging.
Schöne Grüße,
Norman
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