Mit der AstroTrac in Süddeutschland im Urlaub

  • Hallo Freunde der Nacht,


    Anfang September war ich für zwei Wochen in Süddeutschland im (Astro-)Urlaub -- Schwarzwald und Walchensee war angesagt. Orte und Zeitraum waren so gewählt, dass bequem von der FeWo Astrofotografie möglich ist, mit freier Sicht und ohne störende Lichter.


    Mit dem Wetter hatte ich unglaubliches Glück. Kurz vor Abreise sah es zwar gar nicht so rosig aus, aber vor Ort gab es dann doch einen perfekten Tag nach dem anderen. Super Transparenz, dunkler Himmel; absolut kein Vergleich zu dem, was ich hier in OWL normalerweise vorfinde. Ein Unterschied wie Tag und Nacht, sozusagen, bzw. wie Dämmerung und Nacht :)



    Aufgebaute Astrotrac vor der Ferienwohnung in Raitenbuch (5D II + 15mm Fisheye, f2,8/30sec). Blickrichtung Norden. Das restliche Licht, welches das Haus in dieser Szenerie beleuchtet, ging gegen 1Uhr dann auch noch aus. Es handelte sich wohl um einen einzelnen, sehr ausdauernden einheimischen Fernsehgucker :)



    Blickrichtung Süden. 500Da + EF 4,0/17-40mm bei f4,0/ISO 800 und 17mm. 18x3min.


    Egal, welche Brennweite ich nutze, ich möchte immer noch das "Drumherum" sehen, also waren konsequenterweise von vorneherein Mosaike geplant. Weil die Wettervorhersagen aber nie richtig lagen und ich nicht einschätzen konnte, wie lange noch gutes Wetter herrschen mag, fing ich mit zusammenhängenden, in sich abgeschlossenen Motiven an. Zunächst zum Warmwerden der Schwan mit Umgebung:



    Zum Einsatz kam fast immer die modifzierte 500Da mit EF 1,2/50mm L bei f2,8/ISO 800. Jedes Einzelpanel ist als HDR von idR 15x6min + 5x30sec ausgelegt. Die kurzbelichteten Aufnahmen füllen die ausgebrannten Kerne der helleren Sterne aus und vereinfachen einige Nachbearbeitungsschritte. Gestitcht wurde hier (noch) mit Autopano Pro.


    Wegen der guten Qualität des Himmels wollte ich als Nächstes irgendwelche schwache Nebel möglichst im Zenith aufnehmen. Das Sternbild Kepheus bot sich an:



    IC1396 und Irisnebel im Kepheus (500Da + EF 1,2/50mm L. 11x6min f2,8/ISO 800)


    Eigentlich hatte ich hier vor, viel länger draufzuhalten, aber leider haben Wolken einen Strich durch die Rechnung gemacht. Trotzdem hatte ich den Rohdaten schon das Potential angesehen, so dass ich die gleiche Region am nächsten Tag mit dem 2,0/135mm an der 5D II angegangen bin. Die 5D ist nicht astromodifiziert, was aber für das Umfeld des Irisnebels keine Rolle spielt. Das Objektiv lässt sich schon bei f2,2 benutzen, ist dann aber extrem schwer zu fokussieren und benötigt unbedingt eine Fokussierhilfe. Ich benutze mit gutem Erfolg dazu "Fix-Fokus" mit Mikrometerschraube.



    Irisnebel und Umgebung (5D II + EF 2,0/135mm L. 15x3min + 19x6min bei f2,2/ISO 1600)


    Leider ist durch Schusseligkeit etwas schiefgegangen: Fast eine Stunde Belichtungszeit mit vergessener Bahtinov-Maske versenkt und dann ist auch noch die Kamera an das Stativ angeschlagen. Das habe ich zwar behoben, aber nicht bedacht, dass in einem solchen Fall die Astrotrac unbedingt zurückgespult werden muss, da der µController die genaue Position des Arms nicht mehr kennt und die Spindelgeschwindigkeit falsch ist. Folge: Alle weiteren Aufnahmen hatten zu kurzen Strichen verzogene Sterne, was mir vor Ort nicht aufgefallen ist :( ... es fehlen deswegen die kurzbelichteten Aufnahmen, um die ausgebrannten Regionen zu schließen.


    Die nächsten Tage ging es dann weiter mit einem großen zusammenhängenden Mosaik: Erst Kassiopeia, dann die Verbindung zum Schwan und in Folge mussten immer mehr Lücken geschlossen werden; ich kam wir vor wie ein Auftragsarbeiter vor... Gespannt war ich auf die Region um Polaris. So wichtig für Astrofotografen dieser Stern für die Ausrichtung unseres Equipments ist, so selten wird er belichtet. Dabei wimmelt es dort nur so von Nebeln und interessanten Strukturen:



    Polaris und der IGF (500Da + EF 1,2/50mm L. 15x6min + 5x30sec bei f2,8/ISO 800)


    Abseits der Arbeiten an diesem Riesenmosaik wollte ich aber unbedingt endlich einmal die Plejaden incl. der Taurus Molekülwolke ablichten.



    Jupiter, Plejaden und Hyaden. 2-Panel Mosaik mit 500Da + EF 1,2/50mm L. 11x6min links/15x6min rechts.


    So ein heller Planet macht ganz schön Probleme. Zum einen gab's einen dicken Blendenfleck, der zum Glück auf einigen Testaufnahmen nicht drauf war und ich somit echtes Hintergrundmaterial zum Herausoperieren hatte und zum anderen bin ich mir gar nicht sicher, ob eine großflächige streifenförmige Aufhellung quer durch das Bild geht, die von Jupiter verursacht ist und nicht weggeebnet wurde.


    Übrig bleibt nun noch ein Haufen Rohmaterial, das einmal ein Mosaik in mindestens der Qualität und Tiefe ergeben soll, welche die gezeigten Einzelpanels aufweisen.



    Milchstraße mit Polaris, Kassiopeia, Kepheus, Andromeda, Eidechse, Schwan. 16 Panels mit 50mm zu je 15x6min


    Eigentlich bietet PixInsight alles, was zum Bauen eines Mosaiks benötigt wird. Die Probleme stecken jedoch im Detail, so dass ich zunächst die Panels einzeln bearbeitet und dann in Autopano Pro geschmissen habe.


    Es ist jetzt aber ein guter Anlass, PixInsight "nach vorne" mit Theli zu ergänzen. Die optimale Zusammenarbeit wäre dann noch im Detail zu erarbeiten. Die GradientDomain-Module zum Mergen der Panels würde ich ganz gerne in PixInsight durchführen, Theli sollte mir die Projektion der Einzelpanels incl. Berücksichtigung der Objektivverzerrung durchführen (genau das kann PI nicht mit Bordmitteln).


    So, genug geschrieben. Hoffe, die Bilder gefallen dem einen oder anderen. Wenn das Mosaik mal in angemessener Qualität fertig werden sollte, mache ich nochmal einen Extrathread auf :)


    Grüße
    Rüdiger

  • Rüdiger,
    deine Bilder mit der DSLR sind für mich immer wieder echte Hingucker! Saustark! Wenn ich anfangs eine solche DSLR gehabt hätte, wäre ich jetzt sicher nicht bei einer CCD Kamera.

  • Diese tollen Bilder sollte man all den Neueinsteigern verordnen, die sofort DURCHS Fernrohr fotografieren wollen. Man kann mit kleinen Brennweiten SOOO schöne Sachen machen- aber alle wollen sofort mit 500, 900 oder sogar 2000mm Brennweite loslegen.


    Hartwig

  • Danke an euch alle für die netten Worte!


    Die Astrotrac wird in Zukunft noch oft zum Einsatz kommen, obwohl ich auch ein Zweitsystem mit Gotomontierung und längerer Brennweite am Zusammenstellen bin.


    Kurze Brennweiten haben ihren eigenen Reiz, dafür ist die Astrotrac ideal. Und wer ganz auf die Nachführung verzichten will, kann sich vom Buch "Zauber der Sterne" inspirieren lassen (Aufnahmen im twanight-Stil).


    Gleich durch ein Teleskop mit Mordsbrennweite fotografieren zu wollen, ist nicht der richtige Einstieg, da stimme ich Hartwig voll und ganz zu.


    Grüße
    Rüdiger

  • Hallo Rüdiger,


    als Fan von tiefen Aufnahmen mit kurzer Brennweite finde ich Deine Bilder einfach klasse. Tolle Arbeit. Kannst Du noch ein paar Worte zur EBV sagen, insbesondere, wie es Dir gelingt die Nebel aus dem Sternenhintergrund so schön herauszuarbeiten. Ich fotografiere im Moment gerne in H-Alpha (aufgrund des Standorts) und werde insbesondere bei kurzbrennweitigen Aufnahmen im Bereich der Milchstraße von der Sternenflut erschlagen. Oder braucht man für solche Ergebnisse zwingend auch die Farbinformationen?


    Viele Grüße
    Axel

  • Hallo Axel,


    bei so kleinen Brennweiten dominieren die Sterne in der Tat und die Bildbearbeitung empfinde ich als schwieriger als bei Verwendung langer Brennweiten, wenn zwischen den einzelnen Sternen reichlich "Luft" ist.


    Als Bearbeitungssoftware benutze ich fast nur PixInsight 1.7. Zum Verkleinern der Sterne und auch Abdunkeln verwende ich den "Erosions"-Operator ("dunkle Bereiche vergrößern"). Dies muss durch eine geeignete Sternenmaske unterstützt werden, die im Idealfall nur den Sternenrand und etwas Bereich drumherum erfasst. Ansonsten können filamentartige Strukturen zwischen den Sternen entstehen. Fitswork hat eine Sternen-Verkleiner-Funktion eingebaut, in Photoshop müsste man eine Sternmaske wohl erst über "Staub und Kratzer entfernen" und Differenzbildung aufbauen, bevor man den Erosionsfilter anwendet.


    Um die Nebel hervorzuheben, probiere ich immer verschiedene Techniken. Eine gut funktionierende basiert auf einer Weiterentwicklung des "Screen Mask Invert (SMI)"-Verfahren von Jerry Lodriguss, in PixInsight "PIP" ("Power of Inverted Pixels" im Modul "ExponentialTransform". In Photoshop nachzubilden durch Duplikat des Bildes mit Blendmode "Negativ multiplizieren" (englisch: screen) und Unterstützung einer aus der Luminanz gebauten und invertierten Ebenenmaske. Diese Verfahren verstärken leider auch das Rauschen. Dann hilft u.U. die Anwendung eines leichten Weichzeichnungsfilters auf der duplizierten Ebene. Dann wiederum bekommt aber alles einen Halo, als ob bei Aufnahme das Objektiv beschlagen war. Kann manchmal ein interessanter eigenständiger Effekt sein!


    Eine leistungsfähigere Variante zur Betonung der Nebel basiert auf einer Wavelet-Dekomposition des Bildes und wiederholtes Aufaddieren der großflächigen Strukturen auf das Bild, unterstützt durch eine Maske, die möglichst exakt die Sterne schützt. Dies erfordert viele einzelne Arbeitsschritte in PixInsight und ich meistere die Technik noch nicht so richtig. In meiner Bilderserie nur einmal angewandt und zwar um den intergalaktischen Flux Nebel um Polaris herum extremst hervozuheben.


    Grüße
    Rüdiger

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