Horizontalparallaxe

  • Guten Abend,


    Durch die Erdrotation verändert sich die scheinbare Geschwindigkeit des Mondes vor den Sternbildern im 12-Stunden-Rhytmus um etwa +/- 1° (?). Bei der Präzision der Sternmessungen in der Antike hätte dieses Phänomen auffallen müsssen (?). Weiss jemand, ob das damals als Epizykel gedeutet worden ist? Diese Schwankungen müssten eigentlich auch Schüler mit einem Jakobstab bei Vollmond nachmessen können. Hat jemand Erfahrungen damit?
    Danke und viele Grüße
    M. Wenzel

  • Nábend:


    Ich vermute, was das historische angeht, dass du genauer sagen müsstest, was du mit "in der Antike" meinst. Wiki sagt in Bezug auf Ptolemaios, nach dem ja das geozentrische System oft heißt:


    "Um astronomische Beobachtungen mit diesem System in Einklang zu bringen, war es allerdings notwendig, alle Himmelskörper auf ihren Bahnen weitere Kreise (Epizykel) um diese Deferenten ziehen zu lassen - siehe Epizykeltheorie - und teilweise noch weitere Bewegungen um die primären Epizykel. Durch den Einsatz solcher (gegeneinander leicht geneigter) Bahnen konnte Ptolemäus sein Modell mit den damals noch freiäugigen Beobachtungen in Einklang bringen."


    Das ist also ca. 100 nach Chisti Geburt. Dann hätte der Mond auch mindestens einen Epizykel verdient. Wenn man so etwas genau wissen will, muss man aber eigentlich immer Urtexte lesen, was man so liest ist oft falsch.


    Was das praktische angeht: Ich glaube nicht, dass Schüler mit Jakobstab freihändig auf ein Grad genau messen können. Das was so freihändige Beobachtung heißt, fusste meinem groben Eindruck nach auf fest montierten großen Instrumenten zum Peilen, Tycho Brahe beispielsweise hat jahrzehntelang hervorragende und teure Arbeit durchgezogen, riesige Quadranten in Stein mauern lassen, nur um für damalige Begriffe total übertrieben genaue Messungen machen zu können. Was sollte das denn bringen?? Das jemand sich diese Arbeit gemacht hat, ist kaum verständlich, aber Kepler hätte ohne das nicht anfangen brauchen. Diese Genauigkeiten werden Schüler auf die Schnelle nicht erreichen können, war mindestens meine Erfahrung, ich hatte mal zwei, die das versucht haben.


    Die moderne Technik für Schule wäre meiner Meinung, mit freistehender Kamera Fotos zu machen und Abstände zu hellen Sternen in Pixeln auszumessen. Ich weiß, dass Schulen so etwas gemacht haben, um Planetenschleifen in Sternkarten einzeichnen zu können. Beim Mond braucht man eine Schönwetterphase und muss helle Sterne trotz hellem Mond auf den Bildern finden. Der Kerl rast ja jeden Tag hinfort, wann kann man schonmal 7 Tage hintereinander ein Foto machen...


    Das fällt mir so auf die Schnelle ein, vielleicht ist das aber falsch und du hast eine gute Idee, wie es doch geht. Ich würde mich gar nicht so sehr auf die Schwankung der Geschwindigkeit festbeißen, es wäre doch schon ein schönes Ergebnis, wenn man sieht, wie der Mond durch die Tierkreiszeichen zieht. Und dieses Frühjahr abends immer an Venus und Jupiter vorbei. Aber auch das: ich würds mit irgendeiner Digiknipse dokumentieren. Ich habe vor ein paar Tagen ein Foto von Venus und schmaler Mondsichel mit einer Canon 1000d gemacht, da waren ein paar blasse Wassermännersterne drauf eindeútig festzunageln. Leider sind die Sterne zwischen Wassermann und Widder nicht übertrieben hell.


    In ein paar Tagen zieht glaube ich Venus an Uranus vorbei.


    Grüße!


    Matthias

  • Hi,
    so blöd waren die Leute der Antike nicht. Schau mal in "Ptoelemäus Almagest Buch 4" (deutsche Übersetzung hier)<blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Zitat mit Auslassungen (...), damit man dem Satz besser folgen kann:
    Da die Entfernung, in welcher sich die Sphäre des Mondes von dem Mittelpunkte der Erde befindet, nicht ... so bedeutend ist, dass die Größe der Erde zu ihr das Verhältnis eines Punktes hätte, so ist davon die notwendige Folge, dass die vom Mittelpunkt der Erde ... (die) durch das Zentrum des Mondes ... gezogene Gerade ... durchaus nicht mehr für die sinnliche Wahrnehmung der Geraden zusammenfällt, die von irgendeinem Punkte der Erdoberfläche gezogen wird.


    Almagest, Buch 4 Einleitung<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Deutliche kann man die standortabhängige Parallaxe nicht beschreiben, oder?


    Gruß

  • Hallo Martin,
    stell den Jakobstab auf ein Fotostativ und Genauigkeit steigt. Unterschätze die Peilhilfen nicht. Z.B. schafft die Peilung mit dem Kartonsextanten von Astromedia Genauigkeiten von 15 Bogenminuten. (Profisextanten schaffen 1 Bogenminute) Der Jakobsstab wird um so genauer, je kleiner die Winkel sind und z.B. Mond-Unterkante vs. Mondoberkante wird der sicher hinkriegen (das sind 0,5°). Prinzipbedingt hat der natürlich keine Chance gegen den Sextant. Parallaxefehler beim Ablesen (Augenöffnung beträgt nachts bis zu 8mm) sowie die Peilung in zwei Richtungen bleiben. Außerdem braucht man Übung (wie beim Schießen).


    Für Positions- bzw. Winkelmessungen benutzten Astronomen früher den Quadranten der festinstalliert (nach Süden) die Höhe der Meridiandurchgänge ermittelte. Wenn man sich dazu die Durchgangszeiten aufschreibt, hat man auch die zweite Koordinate in ungeahnter Genauigkeit.


    Gruß


    PS: Einen künstlichen Horizont kann man sich mit einem Teller Wasser als Spiegelfläche ebenfalls selbst bauen.
    PPS: In Horizontnähe darf man die Lichtablenkung durch die Atmosphäre nicht vergessen

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!