Buchrezension "Das 4%-Universum"

  • Das 4% Universum
    Dunkle Energie, dunkle Materie und die Geburt einer neuen Physik


    Autor: Richard Panek
    Verlag: Hanser
    363 Seiten
    Preis: 24.90 €
    ISBN: 978-3-446-42689-4


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    © Hanser Verlag
    Mit freundlicher Unterstützung
    des Verlages


    <b>Klappentext: </b>


    <i>Es herrscht Nacht im Universum. Was wir sehen und wahrnehmen können, macht nur 4 Prozent des Kosmos aus. Der Rest besteht aus mysteriöser dunkler Materie und dunkler Energie. Temporeich und packend schildert der New-York-Times-Journalist und PEN-Award-Gewinner Richard Panek die Jagd der Astrophysiker nach den unbekannten Bestandteilen des Weltalls.
    </i>


    <b>Rezension: </b>


    Zwei Themen, die die Forschung nach wie vor und sehr intensiv beschäftigen: dunkle Materie und dunkle Energie. Vielleicht werden wir noch zu Lebzeiten hinter das Geheimnis kommen, vielleicht wird es aber auch für ewig zu den „unerreichbaren“ Weisheiten gehören. Doch wie sind die Wissenschaftler überhaupt zu der Erkenntnis gekommen, dass es da noch mehr geben muss?


    Darüber berichtet Richard Panek in seinem Buch: „Das 4% Universum“. Er erzählt nicht nur die Geschichte der Entdeckung, dass unser Universum zum grössten Teil aus unsichtbarer Materie besteht, sondern auch die Entstehung einer neuen Forschungsrichtung: der Kosmologie. Oder wie der Untertitel es darlegt „einer neuen Physik“. Doch die Kosmologie ist weit mehr als nur eine neue Physik. Sie hat das Denken, Sehen und Handeln der Wissenschaftler grundlegend verändert.


    Den Einstieg in die Geschichte bietet ein Ereignis, welches noch gar nicht so lange her ist: im Jahre 1965 entdecken zwei Forscher an den Bell Laboratories durch Zufall eine Störquelle, die in allen Richtungen gleich intensiv strahlt. Ohne es zu wissen, haben sie etwas entdeckt, was die Wissenschaft und ihr Verständnis von dem was ist, war und sein wird grundlegend verändern wird.
    Von diesem Moment an, nimmt die Geschichte ihren Lauf. Die Forscher beginnen Galaxien zu erforschen und stellen – mit Erschrecken – fest, dass die Rotationsgeschwindigkeit mit der Distanz zum Zentrum nicht abnimmt. Irgendetwas muss dort sein, dies ist die Geburtsstunde der „dunklen Materie“.
    Doch es soll noch schlimmer kommen: zwei konkurrierende Forscherteams kommen durch ihre Untersuchungen an fernen Supernovae zu dem Schluss, dass das Universum beschleunigt expandiert. Die nun sogenannte „dunkle Energie“ sorgt für Aufsehen und Furore.


    Richard Panek zeigt die einzelnen Stationen der Entwicklung der Kosmologie zur anerkannten Wissenschaft auf und verdeutlicht dabei nicht nur die enorme Bedeutung technischer Neuerungen. Er offenbart dem Leser auch, wie die Forscher ihre Erkenntnisse erarbeiten und verarbeiten. Dabei wird ebenfalls deutlich, dass die Wissenschaftler nicht immer nach der gleichen Methode forschen – es gibt viele verschiedene Maxime. Und - nicht immer stossen neue Erkenntnisse auf Begeisterung in der Wissenschaft. Oftmals wird – auch Offensichtliches - rigoros abgelehnt, die Entdecker werden zu Aussenseitern degradiert, bis die Indizien und gegebenenfalls Beweise erdrückend werden.


    Am Anfang hat man so gar nicht das Gefühl, dass man ein Sachbuch liesst. Richard Panek versteht es geschickt die Geschichte so zu erzählen, als wäre es ein Roman und kein Buch über Physik. Manchmal kommt ein wenig Verwirrung auf: der Autor unternimmt sehr viele Flashbacks und dann kommt die Chronologie durcheinander. Manchmal merkt man erst ein paar Seiten später, dass man wieder am Ausgangspunkt zurück ist, denn er zeigt nie an, dass die Rückschau zu Ende ist. Die Rückschauen sind sehr wichtig für das Verständnis der Zusammenhänge, dennoch wäre eine bessere Zuordnung über öfter einfliessende Jahreszahlen sicher hilfreich. - Besonders wenn die Flashbacks über mehrere Seiten gehen....


    Wahrlich, das Buch ist kein Krimi, sondern ein Sachbuch. Doch an so mancher Stelle steigt die Spannung fast ins Unermessliche: Welche der beiden Forschergruppen wird die Entdeckung zuerst bekannt geben?
    Der Autor schreibt sehr lebendig und versetzt sich in die einzelnen Personen hinein, vor allem die vielen Zitate, Dialoge und Ausschnitte aus Vorträgen tragen hier dazu bei.
    Mich hat wirklich fasziniert, dass man das Gefühl hat, direkt dabei zu sein. Die Forschungsergebnisse mit den Augen des Forschers zu sehen, seine Gedanken mitzudenken. All das macht diese Geschichte so faszinierend und belebt.
    An einigen Stellen, zumeist zu Beginn der Kapitel ist es verwirrend, da man nicht weiss, ob er von sich redet oder aus der Sicht der Wissenschaftler. Aber dies sind einzelne Stellen und spätestens nach einer Seite kann man sich wieder einordnen.
    Richard Panek wechselt immer wieder die Perspektive. Sodass man nicht nur einseitig den Wettlauf mitbekommt, sondern beide Seiten ihre Gefühle zum Ausdruck bringen können.


    Der Autor hat die Themen sehr gut recherchiert und viele, auch unveröffentlichte, Interviews verwendet. Man merkt, dass er sich sehr für die Themen interessiert und dort einiges an Leidenschaft mitbringt. Er kann die Grundlagen zu den einzelnen Experimenten und Erkenntnissen verständlich wiedergeben. Und er schafft es dem Leser klar und deutlich wiederzugeben, aus welchen Daten die Wissenschaftler auf was schliessen. Seine Erklärungen sind für Laien ausreichend (um die Zusammenhänge und die Folgen zu verstehen) und geben einen guten Einblick.


    Dennoch komme ich nicht umhin auch Fehler zu bemängeln. Die inhaltlichen Fehler halten sich, soweit ich das beurteilen kann, in Grenzen, bis auf eine Sache: eine Rotverschiebung von z = 0,48 entspricht nicht 4,9 Lichtjahren. Hier wurde einfach der, doch entscheidende, Faktor „Milliarden“ vergessen, ob bei der Übersetzung oder schon vorher, kann ich nicht beurteilen. Für den Laien ist es aber sehr verwirrend, wenn die Supernovae plötzlich doch nicht so weit weg sind, wo die Wissenschaftler doch genau das Gegenteil suchen.


    Dann muss ich sagen, habe ich mich sehr über die doch recht häufigen grammatikalischen Fehler gewundert. Ich vermute, dass hier die Übersetzung nicht fehlerfrei von statten gegangen ist und deswegen Buchstaben fehlen oder Sätze einfach keinen Sinn ergeben, so wie sie dort stehen.



    <b>Fazit: </b>
    Das Buch ist sehr unterhaltsam und ich habe selten ein Astronomie-Buch gelesen, welches ich wirklich als spannend empfunden habe. Richard Panek versteht es Wissenschaft in einer Art zu erzählen die lebendig, ergreifend und für jeden verständlich ist – und das ist es, was dieses Buch ausmacht: das Gefühl live dabei gewesen zu sein. Man spürt die Leidenschaft der Wissenschaftler und natürlich seine eigene, die er durch seinen Erzählstil zum Ausdruck bringt.
    Trotz kleinerer Fehler, die sich bei der Übersetzung eingeschlichen haben: Hut ab vor dieser Leistung. Ein sehr empfehlenswertes Buch.

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