Polierte Spiegelrückseite --> schnellere Abkühlung

  • Im Nachbarforum und anscheinend auch von einem namhaften Optiker wird behauptet, dass bei nach hinten offener Spiegelzelle eine polierte Spiegelrückseite die im Spiegel gespeicherte Wärme stärker abstrahlt als eine matt geschliffene Oberfläche.


    Ich habe zwar Thermodramatik und Kältetechnik studiert, finde aber keine mir physikalisch einleuchtende Erklärung dafür.


    Was meint ihr?

  • Daß eine so polierte Oberfläche von aussen einfallendes Infrarot reflektiert leuchtet mir ja noch ein, wieso sie aber besser Wärme abstrahlen soll erschließt sich mir auch nicht. Bei Thermosflaschen verspiegelt man ja die Aussenseite u.a. auch wegen der dadurch geringeren Wärmeabstrahlung. Nach dem Kirchhoff'schen Gesetz strahlt ein gut absorbierender Körper auch gut und umgekehrt. Eine polierte Glas-Oberfläche absorbiert sehr schlecht, also strahlt sie auch schlecht ab.
    Für konvektive Wärmeableitung wäre m.E. auch eine rauhe Oberfläche wesentlich besser, weil sie eine größere Oberfläche = größere Kontaktfläche = bessere Wärmeabgabe an die Luft hat.

  • Hallo Stathis,
    das müsste man mal praktisch austesten. Ich denke wenn die Rückseite rau ist müsste sie doch schneller auskühlen, da die Oberfäche größer ist. Ähnlich wie bei einem Heizkörper oder Im Computer die Aluteile für die Wärmebstrahlung die sind ebenfalls so gebaut das die Oberfläche größer wird. Es könnte aber sein, dass bei polierter Rückseite die Abkühlung gleichmäßiger erfolgt und die Spannungen durch unterschiedliche Temperatur zwischen Vorder und Rückseite kleiner sind.
    Das sind zumindest meine hochwissenschaftlichen Ideen [:D] zu diesem Thema.
    Ich denke der Unterschied kann aber nicht extrem sein und ich behaupte einfach mal das man das im Feld nicht merkt.
    Viele Grüße, Andreas

  • Hallo Leute,
    mit polierter Rückseite kühlt der Spiegel langsamer aus, da die Oberfläche kleiner ist.
    Dies ist von Vorteil, da die Vorderseite auch poliert ist. Somit findet weniger Verzug des Spiegelmaterials beim Auskühlen statt, da der Wärmeaustausch um den Spiegel gleichmäßiger stattfindet. Bei rauer Rückseite, wird diese schneller auskühlen als die Vorderseite und zu größeren Verwerfungen führen. Also ist eine polierte Rückseite für Gläser wie Pyrex, Borosilikat, Plateglas u.s.w. besser.
    Für Zero - Expansions Material, wie Zerodur, Sitall, ULE, Cervit ist die rauhe Rückseite für schneller Auskühlung besser, da diese formstabil bleiben.
    Viele Grüße
    Jörg

  • Hallo Stathis,
    ich habe das zuerst als Voodoo agbetan, auf der anderen Seite soll es von Roland Christen kommen, er soll es gemessen haben.
    Wie auch immer, ohne Messung ist der Sache nicht auf die Spur zu kommen, aber praktisch sehe ich kein Problem. Bei Sital gleich gar nicht.
    Ich habe einen 21" mit polierter Rückseite (nicht plangeschliffen, jungfreuliches Borofloat) und den 28" mit feingeschliffener Rückseite (sogar in komplett geschlossener Spiegelbox!) und kann keine auffälligen Unterschiede sehen. Der 28" krümmt sich anfangs immer extrem, liegt sicher an der Größe und dem Unterschied zwischen Rand und Mitte (25mm zu 10mm). Der hat sich auch im Messtand immer sehr "daneben" benommen, Strehl um die 0,01 war selbst 10 Minuten nach dem wohltemperierten Abwaschen die Regel. Ein paar Sekunden anfassen mit blanken Händen haben ihn aus der Form geworfen. Aber am Himmel sieht man komischerweise wenig davon.


    cs Kai

  • Hmm... Victor hats ja schon gesagt, eigentlich wäre eine rauhe und damit größere Oberfläche für die Abstrahlung (nicht Reflexion) besser. Die Argumentation von Jörg in Sachen gleichmäßiger Auskühlung sehe ich noch am ehesten ein. Da wäre aber die Frage ob das bei den dünnen Pizzen die heute üblich sind überhaupt noch eine Rolle spielt.


    Übrigens: Im Infraroten ist das Abstrahlvermögen von Aluminium deutlich schlechter als das von Glas. Nun sind Spiegelbeschichtungen normalerweise nicht dick genug als daß das Auswirkungen hätte, aber wäre die Schicht etwas dicker, dann würde sie als fetter Isolator wirken und wäre Auskühlverhinderer Nummer 1.


    Viele Grüße,
    Caro

  • Hallo Caro,
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> Im Infraroten ist das Abstrahlvermögen von Aluminium deutlich schlechter als das von Glas.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote"> Ja! Alu ist "hellgrau" und Glas ist "schwarz"[:D]
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Nun sind Spiegelbeschichtungen normalerweise nicht dick genug als daß das Auswirkungen hätte,<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote"> Es muss schon signifikant sein, den blankes Glas (Linsen, Schmidtplatten) beschlagen und vereisen ruck zuck. Spiegel fast nie, oder viel langsamer.


    Was die Sache kompliziert macht: Die Vorderseite zeigt Richtung kalten Himmel, nach Hinten ist es strahlungstechnisch nicht so kalt, da ist der Boden, Gras, Spiegelbox.


    Kai

  • Nochwas als ergänzendes Beispiel zu meinem obigen Posting.
    Ein Kühlkörper z.B. im Elektronikbereich ist in der Regel stark verrippt um eine größere Oberfläche zu erreichen. Wenn der gleiche Kühleffekt mit einem polierten Kühlkörper erreichbar wäre, hätten das alle Hersteller schon genutzt. Den Materialeinsparung am Kühlkörper, auch wenn es nur im Zentel-Cent Bereich ist, rechnet sich bei tausenden Stückzahlen schon.
    Viele Grüße
    Jörg

  • Hallo
    (==&gt;)Jörg: Ja ich sehe das auch so, mit der Physik.


    Abseits der Physik könne ich es mir auch so erklären.
    Roland Christen war ja Spiegelschleifer und dann erfolgreicher Geschäftsmann. Was macht auf Käufer zunächst großen Eindruck? Ein kosmetisch und esthetisch schicker Spiegel! Und eine polierte Rückseite ist totschick[:D]
    Hier der 12,5" Quartz Spiegel von Carl Zambuto für John Dobson, der Grund war hier nicht die schnellere Auskühlung, es war ein besonderes Geschenk:
    http://zambutomirrors.com/whyzambuto.html
    Rundum, incl Rand, nach optischen Maßstäben poliert (allerdings ohne Interferogramm[:D]), also echt ein feines Stück!
    John Dobson hat ihn übrigens in ein Sonotube-Papprohr verbaut. Einfach Cool!
    cs Kai

  • Hallo allerseits,
    bezüglich der IR-Strahlung könnte es etwas ausmachen. Die Frage ist, ob eine angeschliffene Glasoberfläche Strahlung mehr absorbiert oder lediglich mehr streut. Konkret, wenn ich mein Zimmerfenster mit Karbo 80 schleife, wird es dann dunkler im Zimmer? Wenn ja, dann hat Christen recht, der Spiegel strahlt bei polierter Rückseite schneller ab. Eine andere Frage ist, wieviel das ausmacht. Gruss Emil

  • Hi,
    also bei verrippten Kühlkörpern kommt es auf die Anströmung mit kühler Luft an, sorry, ich würde es damit nicht vergleichen.


    Was wohl eine Rolle spielen KÖNNTE, dass in einer rauen Rückseite sich Luftbläschen "festkrallen" eine Art Isolierschicht bilden und damit den Wärmetransport via Konvektion behindern. Ich hab aber keine Ahnung von Strömungslehre und Haifischhäuten...


    Was anderes kommt mir jetzt nicht in den Sinn.


    Gruß


    PS: Emil, Glas ist im allgemeinen für IR-Wärmestrahlung undurchsichtig.


    PPS: Stathis, hast Du vielleicht einen Link, dazu?

  • Hi Stathis,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Ich habe zwar Thermodramatik und Kältetechnik studiert, finde aber keine mir physikalisch einleuchtende Erklärung dafür.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    mir fällt dazu nur ein, dass es völlig egal ist, ob die Oberfläche nun poliert ist oder matt.
    Die Netto-Abstrahlung wird dieselbe sein.


    Bei einer glatten Oberfläche kann jeder Punkt derselben in den volllen Halbraum (2 Pi Sterad) ungehindert abstrahlen.


    Bei einer matten Oberfläche ist die Gesamtfläche zwar größer,
    aber die Abstrahlung erfolgt für die einzelnen Punkte nicht mehr über den gesmten Halbraum,
    da in deren "Gesichtsfeld" jetzt auch teilweise die (warme) Spiegeloberfläche liegt.


    Der Vergleich mit den Kühlkörpern hinkt.
    Bei den Kühlkörpern wird nicht die Wärmeabstrahlung ausgenutz, sondern die Konvektion.
    Kühle Luft strömt an den Kühlkörpern vorbei, und nimmt so die Wärme auf.
    Da ist es natürlich von Vorteil eine möglichst große Oberfläche zu haben.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Ja! Alu ist "hellgrau" und Glas ist "schwarz"<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Ich würde eher sagen Alu ist "weiss".
    Im Infraroten reflektieren praktisch alle Metalle sehr gut.


    Gruß,
    Thomas

  • Hi,


    Eine glatte/"spiegelnde" Oberfläche strahlt immer weniger ab als eine rauhe/unverspiegelte. Der "Optiker im Nachbarforum" hat aber noch ein anderes Problem: "gut reflektierend" im sichtbaren Bereich kann für das IR, wo der Spiegel kühlen muss, ales mögliche bedeuten. Der vergleicht wirklich Äpfel mit Birnen.


    Dass Glas schneller vereist als ein aluminisierter Spiegel liegt daran dass ersteres etwas rauher ist, daher leichter Wasser daran kondensiert und dann festfriert. Hat mit unserem Problem nicht wirklich was zu tun.


    Bezogen auf den Spiegel und dessen Auskühlung ist aber sowieso die ganze Frage denke ich nicht wirklich relevant, denn die Spiegelrückseite kühlt hauptsächlich durch Wärmeabgabe an die Luft, nicht durch Strahlung (Strahlung kann innerhalb der Erdatmosphäre nur in Ausnahmefällen gegen die Konvektion gewinnen, zumal die Spiegelrückseite auch niemals gegen ein 3K kaltes target schaut, wie es die Spiegelvorderseite tut). Von daher macht der gute alte Lüfter physikalisch immernoch viel mehr Sinn als aufwendiges Polieren der Rückseite...


    Viele Grüsse,
    DK

  • Hallo Kalle,
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">PS: Emil, Glas ist im allgemeinen für IR-Wärmestrahlung undurchsichtig.


    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    wäre schön,dann müsste ich kein IR-Sperrfilter kaufen, gäbe es keine Augenschäden bei der Sonnenbeobachtung durch Erwärmung der Netzhaut, weil das Okularglas würde alles IR abblocken.
    Gruss Emil

  • Danke Kalle für die Kurve. Wirkt überzeugend. Dann strahlt der Körper also bloss über die Oberfläche ab und dann gilt, was Thomas gesagt hat: <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Bei einer matten Oberfläche ist die Gesamtfläche zwar größer,
    aber die Abstrahlung erfolgt für die einzelnen Punkte nicht mehr über den gesmten Halbraum,
    da in deren "Gesichtsfeld" jetzt auch teilweise die (warme) Spiegeloberfläche liegt.


    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">

  • Hallo Stathis,
    wenn es tatsächlich nur darum geht die gespeicherte Wärme abzuführen hast Du Deinen Standpunkt sehr diplomatisch ausgedrückt. Es ist nun einmal so, daß die Abstrahlung und damit der Temperaturaugleich abhängig sind von Oberfläche und Farbe. Da kann auch ein nahmhafter Optiker nichts dran ändern.
    Ich kenne die Diskussion im Nachbarforum nicht eventuel wurde hier etwas falsch verstanden.
    Grüße
    Wolfgang

  • Vielen Dank für die rege Teilnahme.


    den Link zum Nachbarforum habe ich zunächst absichtlich weggelassen, weil die polierte Spiegelrückseite dort nur als Randthema auftaucht. Hier klick
    Meine Schlussfolgerung hat sich auch nach euren Beiträgen nicht geändert: Das schnellere Auskühlen durch polierten der Rückseite halte ich für Voodoo Zauber.


    Halten wir fest:
    - Die Wärmeübertragung durch Strahlungsaustausch zwischen Spiegelrückseite und dem Boden hängt von der Größe der Oberfläche, dem Emissionsgrad der Oberfläche und den Temperaturen von Spiegel und Boden ab (siehe Stefan-Boltzmann-Gesetz sowie Strahlungsaustausch zwischen Oberflächen)
    - Die Wärmestrahlung im für uns interessanten Bereich hat eine Wellenlänge von ca. 3-20 my (siehe Wiensches Verschiebungsgesetz) und dafür ist Glas komplett undurchsichtig
    - Der Emissionsgrad von Glas beträgt laut Michaels und anderer Quellen für poliertes Glas 0,92 und für mattes Glas 0,96. Demnach emittiert eine geschliffene Rückseite sogar etwas mehr als eine blank polierte, der Unterschied ist jedoch gering.


    Ich habe mal grob vereinfacht gerechnet und komme bei einem 50 cm Spiegel von +5°C gegen den Boden von 0°C auf eine Wärmeabstrahlung von ca. 3-4 Watt. Ob blank oder geschliffen ändert den Strahlungsaustauschgrad nur um 4% und die Wärmeabstrahlung nur um 0,2 Watt! Das ist ein wahrhaft homöopathischer Wert, die Wärmeabfuhr durch erzwungene Konvektion mittels Lüfter hätte eine ca. 100- fache Wirkung.


    Wer hat ein Infrarotthermometer + passenden Rohling mit einer Seite blank und der anderen geschliffen und misst mal nach?


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Caro</i>
    <br />Im Infraroten ist das Abstrahlvermögen von Aluminium deutlich schlechter als das von Glas. Nun sind Spiegelbeschichtungen normalerweise nicht dick genug als daß das Auswirkungen hätte,...<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Doch Caro, die Spiegelschicht ist dick genug, um im Infraroten einen Reflektionsgrad von 0,95 und damit einen Emissionsgrad von nur 0,05 zu erreichen. Damit ist die Wärmeabstrahlung nach vorne zum Himmel hin stark gehemmt. Genau das ist der Hauptgrund warum Spiegel viel später beschlagen als Linsen und nicht wie Dominik schreibt wegen glatterer Oberfläche.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: victor9000</i>
    <br />Für konvektive Wärmeableitung wäre m.E. auch eine rauhe Oberfläche wesentlich besser, weil sie eine größere Oberfläche = größere Kontaktfläche = bessere Wärmeabgabe an die Luft hat.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Das ist prinzipiell richtig, jedoch bildet sich eine Grenzschicht (auf der Oberfläche haftendes Luftpolster), die wesentlich dicker ist als die Struktur der geschliffenen Glasfläche. Man müsste schon richtige Kühlrippen anbringen, um den Wärmeübergang durch die Luftströmung (Konvektion) zu verbessern.


    p.s.
    Hier ein gut verständliches Skript, das ich gefunden habe:
    Grundlagen der Wärme- und Stoffübertragung
    p.s. Komplettes Skript, da Forensoftware Link zerhackt:
    http://www.uni-magdeburg.de/is…ng_Kapitel_1+2_WS0809.pdf

  • Hallo Stathis,


    Vorsicht, die 95% gelten für dicke Schichten. Das wären im sichtbaren Licht mehrere 100 Nanometer. Sowas willst du gerade bei Teleskopspiegeln ja aber nicht, denn dann wäre die ganze Polierei umsonst und die Güte deines Spiegels nur von der Gleichmäßigkeit der Verspiegelung abhängig. Betrachtest du dünne Schichten (bei Teleskopspiegeln üblicherweise unter 100nm Schichtdicke), sieht die spektrale Abhängigkeit der Reflektivität aber leicht anders aus. Es hat schon seinen Grund, warum die Kollegen von der Infrarotastronomie irgendwann auf Gold umsteigen.


    Das Kondensationsproblem ist ein ganz anderes, wenn auch interessantes. Kondensation funktioniert bei gleichem Material nachgewiesenermaßen an rauhen Oberflächen besser als an glatten. Bei Linse/Spiegel sollte das ja aber keinen großen Unterschied machen, Linse und Spiegel haben in polierter Form ähnliche Oberflächenrauhigkeiten. Ist also eine Linse tatsächlich durch sein Oberflächenmaterial schneller kälter (= mehr Kondensation) als ein gleich dimensionierter Spiegel oder spielen hier Unterschiede in der Bauweise und dabei insbesondere die Luftzirkulation die größere Rolle?


    Das bedeutet auch insbesondere: Welcher Effekt trägt jetzt wieviel bei? Was kühlt einen Spiegel effektiver aus, bzw. zu welchem Prozentsatz? Strahlung oder Wärmeabgabe an die Luft (auch ohne Lüfter)?


    Rein subjektiv würde ich jedenfalls sagen, auf Teleskoptreffen legen die ersten Fangspiegel-Föne nicht viel später los als die der Refraktorbesitzer.


    Viele Grüße,
    Caro

  • Hi nochmal,


    interessante Diskussion!
    Ich denke es besteht nun schon einige -auch experimentell unterlegte- Einigkeit dass das Polieren der Rückseite schon allein daher nichts bringt weil so und so der Haupt-Kühlmechanismus Konvektion ist, und nicht Strahlung. Was man nun echt noch diskutieren müsste ist die Frage der IR-Reflektivität von Aluminium im Infraroten (nicht nah-IR, denn der Spiegel ist ja nur 300K warm == 10 Mikrometer!). Ich denke nach wie vor die ist eher schlecht, daher kommt das langsamere Vereisen eher von der geringeren Rauhigkeit (auch wenn natürlich grundsätzlich das Argument von Stathis stimmt, dass hohe Reflektivität geringere Emissivität zwingend nach sich zieht).


    Viele Grüsse,
    DK

  • ...vielleicht habe ich mich bisher etwas verwirrend ausgedrückt [;)]
    Unabhängig von der Frage Abstrahlung vs. Oberflächenglätte im für Wassermoleküle relevanten 1-10nm Bereich (so und so weit unterhalb jeder optischen Relevanz, und mit den üblichen Verfahren auch nicht zu messen bzw. überprüfen), denke ich natürlich auch dass der entscheidende Unterschied zwischen Refraktor/SC und z.B. Newton ist dass Linse/Korrekturplatte weit vorne im Tubus sitzen, der Spiegel dagegen weit hinten. Der Tubus ist eine sehr gute Taukappe...

  • DK,
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Der Tubus ist eine sehr gute Taukappe...<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    erzähl das einem Gitterrohrdobson. [;)]


    Gruß

  • Hallo Stathis.


    Ich finde deine Betrachtung nachvollziehbar und sehe dies genau so. Keine nennenswert schnellere Abkühlung durch polierte Spiegelrückseiten.


    Warum polieren dann manche High End-Hersteller die Rückseiten?


    M.E. erstens, weil es professioneller aussieht.
    Zweitens, so ist hin und wieder zu lesen, (nein, ich habe keine Quelle) soll das Ziel die Verminderung von Spannungen sein, die durch den Schleifprozess durch Schäden in der Nähe der Oberfläche entstehen (subsurface damage).
    Diese Schäden werden durch wegschleifen dieser Schicht und anschließende Politur entfernt. Alternativ wird diese Spannungen enthaltende Schicht manchmal durch Ätzen mit Flußsäure entfernt (z.B bei den Rändern der Bohrungen in Cassegrain-Hauptspiegeln).


    So behandelte Optiken sollen bei Temperaturschwankungen weniger Änderungen in der Spiegelkurve zeigen.


    Grundsätzlich haben Teleskopspiegel, deren Vorder- und Rückseite poliert bzw die Floatglasoberfläche besitzen, zwei grundverschiedene Seiten:


    Die verspiegelte Oberfläche mit einem Emissionsgrad von etwa 0,05 und die unbehandelte Glasoberfläche mit einem Emissionsgrad von etwa 0,92.
    Wenn nun BEIDE Seiten verspiegelt wären, hätten wir symmetrische Verhältnisse.


    Könnte dies ein Vorteil sein?




    Gruß,


    Guntram

  • Hi nochmal,


    ich hab noch was zu der Randfrage warum Spiegel schneller vereisen als Linsen/Korrekturplatten (das hat mit dem eigentlichen Threadthema nichtmehr sehr viel zu tun, aber es gehört zum physikalischen Sachverhalt dazu, auch wenn es das Problem weiter verkompliziert):


    Beim Kondensieren/Festfrieren wird Wärme frei (Phasenwechselenthalpie!), und zwar garnicht so wenig, bezogen auf die Wassermenge. Damit die Eiskruste überhaupt wachsen kann muss diese Wärme abgeführt werden. Das geschieht unvermeidlich am ehesten durch Wärmeleitung an der Oberfläche die gerade zu-eist. Nun ist Aluminium (Spiegeloberfläche!) ein schlechterer Wärmeleiter als Glas (Linse!). Das kennt jeder, eine Glasscheibe fühlt sich kühler an als ein Alurahmen. Folglich hat es das Eis schon deshalb (alle anderen bisher genannten Umstände kommen noch dazu) leichter auf der Linse zu wachsen, denn die Wärme aus dem Phasenübergang kann dort schneller abgeführt werden. Passt auch mit der Alltagserfahrung: Stahlteile vereisen zuerst, dann Glas, zum Schluss Plastik (extrem schlechter Wärmeleiter).


    Wie gesagt, das ist sicher nicht der einzige Aspekt, alles andere spielt natürlich auch eine Rolle, aber es trägt eben bei.


    Viele Grüsse,
    Dominik

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